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Dresdner Journal : 16.06.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-06-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189306161
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930616
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930616
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-06
- Tag 1893-06-16
-
Monat
1893-06
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 16.06.1893
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18S3 137. Fnitag, dm I«. Joni. aimd«. d*r»G»Wr»I»» »» vr.scko» , »»» „ ?L. do» -«» 1,1—r». ckootmrtm» ?»,»»,,vi«M- MrKik » N»rK; «—«rt»»Id ä«, <t-ut»ct»»» S»is^« tritt kost- uoä 8t»»p»I»u»<;ll»ze Küm». Lm»»Io« Hi»on»«r»r >0 kf. kür äe» K»um ein« L»il« U»i»« KcyriN »0 Kf. vot»r ,,k>ii^ei»ockt- äi« L«l» SO ?L L*i 1'sdollsll- uoä LitkornoLt» eot«pr. Xutootü»G. Lr»eK«l»«»r . TtLUct» mit Sro»L»bm« 6»r 8c »o- u ?«ierb»<s« »deml». kvrimprocü - X»»vt>lu»», Str. ILA». DttÄllerIomNÄ. Für die Geiamtletvmg verantwortlich: ^ofrat Gtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. LstpstU: ^>. Lram<t»t«tt«r, Looumiio^r 6s« vreocloer ckouriml»; Lomdur« LorlM Vt«a L«tp«tU >»»«1 >r,,1»a «nuUllM« «. N.I Lfaascm.'t cim <e ko-ter, >«lM Vi»» -U»»»d«rU »r»U r«tp«tU -rr»»tt>u^ «. ». UüoeK»»! /kuck ^Soi«, K»rt» Looöoo LorUa «r»»ktor1 ». DaN-« «S t,'o., KorU» /Nl>aii6e«6ant, >r««l»a: L'mU A»»»vr: t). Lcöü«k«r,' NsU« «. /. Lasst ck O». v Iler»«»x«derr Löoizl. Lipsäitioa 6e» Oreräoer ckouro»!«. vroockeo, Lviozsritr. SV. ksrviproek-^osektu»: Lr. 1LVL. ^2!»-» Zur gef. Beachtung. Diejenigen Bezieher, welche unser Blatt nach einem andern Aufenthaltsort nachgesendet zu haben wünschen, bitten wir, mit der be züglichen Bestellung gleichzeitig die an die Post zu entrichtende Überweisungsgebühr einsenden zu wollen. Dieselbe beträgt im ersten Monat eines Vierteljahres 60 Pfg., im zweiten Monat 40 Pfg. und im dritten Monat 20 Pfg. Auf ausdrücklichen Wunsch besorgen wir die Nachsendung unter Kreuzband. Die Gebühren hierfür richten sich nach dem Gewicht der einzelnen Sendungen. Komgl. Expedition des Dresdner Journals. (Awingerstraße Nr. 20, in der Nähe des neuen Poftgebüudes.) Fernsprech-Anschluß Nr. 1295. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische und telephonische Fachrichten. Berlin, 16« Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Bis Mittag sind 174 Wahlresultate bekannt ge worden; gewählt wurden 7 Konservative, 7 Nano- nalliberale, 2 zur deutschen Reichspartei, 1 zur freifiuuigen Bereinigung, 23 zum Zentrum, 6 zur freisinnigen LolkSpartri, 16 Sozialdemokraten, 1 Antisemit, 1 Pole, 3 Elsäßer und 1 Däne. ES werden voraussichtlich 106 Stichwahlen stattfinden. Paris, 1S. Juni. (W T. B.) Der heutige Ministerrat beschäftigte fich mit der infolge des herrschenden Futtermangels eingrtretenea Ver billigung der Kleischpreise. Die Regierung beab sichtigt, die Situation für die Massenfabrikation von Aleischkonferven für die Armee und die Marine au-zunützen. Paris, 15. Juni. (W. T. B.) In der Kammer brachte bei der Frage über die Mittel zur Bekämpfung deS aus der Trockenheit resul tierenden Rückgangs der Biehpreise der Deputierte Dörouldde eiuen Antrag ein, welcher auf 3 Monate eine Aufhebung deS Zolles für Futter und eine Ermäßigung deS Zolle- für Mais, Hafer und Gerste auf die Hälfte fordert. Er verlangte für diesen Antrag die Dringlichkeit, welche der Acker- dauminister Viger und Meline bekämpften. Darauf wurde die sofortige Diskussion mit 325 gegen 222 Stimmen abgelehnt. Der Deputierte Mackau brachte sodarn den Antrag ein, den Kutterzoll bis zu einer neuen Regelung vorläufig zu suspendieren. Der Minister Viger bekämpfte die sofortige Diskussion, welche jedoch mit 273 gegen 230 Stimmen beschlossen wurde. Der Minister für Ackerbau, Viger, erklärte, er halte die Aufhebung der Abgaben auf Futterstoffe nicht für nützlich, er überlasse jedoch der Kammer die Verantwortlichkeit für ihr Votum. Die Vorlage wurde mit 371 gegen 105 Stimmen mit der Ab änderung angenommen, daß die Steuern, Zoll- und Spticherabgaben auf Futterstoffe bis zum 1. Januar 1884 aufgehoben werden sollen. Pari-, 16. Juni. (Tel. d. DreSdn. Journ.f Rach einer Meldung des „GauloiS" soll da- Leiden deS Präsidenten Carnot sich als eine Ent zündung des Blinddarmes herausgrstellt haben. Kunst und Wissenschaft. MargotS Träumt. Bon Hermann Heiberg. » (Fortsetzung. Alexander rief dem KutscherHalt zu, sprang blitzschnell vom Wagen herab und eilte, einen Wall überspringend, hin auf. Aber Luisella — denn sie war e» — wehrte ihm heftig mit den Händen ab. Ihre hohe Gestalt schien zu wachsen, sie warf den Kopf zurück, streckte di« Arme aus und rief mit gebietender Gebärde: „Bleibe! Bleibe! Nur einmal wollte ich Dich noch vor Deinem Abschied sehen." Und al» er nicht hörte, schürzte sie ihr Gewand und eilte wie auf SturmeSflügeln den Berg hinab. Al» Alexander, sicher glaubend, sie noch einholen zu können, atemlos die Höhe erreichte, war sie bereit- in ein grünes Wiesenthal, durch da» ein vielgewun- deneS Bächlein seine silberne Straße zog, hinabgeeilt. Er sah sie in ihrem dunkeln Gewände an dem Wasser entlang eilen und den Weg nach dem hinter dem Tannenrevier austauchenden Granitzhof nehmen. Noch einmal ließ er seine Stimme laut und sehn süchtig erschallen: „Luisella! Luisella I" Aber sie wandte sich nicht um, sondern floh, al» ob sie noch immer verfolgt werde. So stand er denn ab von seinem Beginnen, wan derte langsam zurück und bestieg den Wagen wieder, vor dem die Stuten bereit» ungeduldig kopfnickend den Sand der Landstraße aufscharrten. Einer Nachricht der „Lauterue" zufolge sei die GrsuudheitCaruotSeruftlich erschüttert uud gebe zu Besorgnissen Aula-. Dresden, 16 Juni. Die Ergebnisse de» Wahlkampfe», welcher am ge strigen Tage in ganz Deutschland nach einer sechs wöchigen, auf da» Erbrttertste von allen Parteien ent falteten agitatorischen Thätigkeit auSgefochten worden ist, liegen bisher noch längst nicht in ihrer Gesamtheit vor. Ein Telegramm au» Berlin von heute nachmit tag meldete, daß daselbst bis heute mittag erst 174 Wahlergebnisse bekannt geworden sind, daS ist noch nicht die Hälfte der zu besetzenden RetchStagSmondate. ES wäre daher verfrüht, wollte man heute schon ein Urteil über den Ausfall der Wahlen und über die nächste Zukunft, der wir in unserem politischen Leben entgegengehen, abgeben. Immerhin aber geben die bis jetzt bekannten 174 Ergebnisse der diesmaligen Wahl ein eigentümliches Gepräge, daS in der bisher unerreichten Höhe von Stichwahlen besteht, die zu er ledigen übrig geblieben ist Unter den genannten 174 Ergebnissen sind nicht weniger al» 106, welche einer derartigen Entscheidung harren. Zumeist sind eS Sozialdemokraten, die mit Vertretern dieser oder jener Partei zur engeren Wahl stehen. Die Frage, ob die Sozialdemokraten einen erheb lichen Zuwachs an von ihnen entsendeten Reichsboten zu verzeichnen haben werden, läßt sich aus dem bisher bekannt Gewordenen noch picht mit Bestimmtheit be antworten, wenn auch anzunehmen ist, daß dieser Fall eiutritt. Immerhin muß man aber bedenken, daß daS vorzügliche Nachrichtenwesen dieser Partei und deren hauptsächlichste Verbreitung in den großen Städten, wo die Ergebnisse schneller bekannt werden, als in den Landbezirken, Grund dafür sind, daß die sozialdemokratischen Errungenschaften schneller und eher bekannt werden als diejenigen der anderen Parteien, daß also die sozialdemokratischen Erfolge in den noch ausstehenden Ergebnissen nicht mehr mit der gleichen Häufigkeit auftreten werden wie bisher. Im Königreich Sachsen insbesondere haben die Sozialdemokraten sechs von den Sitzen behauptet, die sie bisher inne hatten; der siebent n Kreis, den sie .vertraten (Mittweida Frankenberg), werden sie mög licherweise behalten, denn die Entscheidung ist dort noch nicht gefallen. Einige kleine Ortschaften stehen hier noch aus und sie sind ausschlaggebend, denn die Stimmenzahl auf Seite deS konservativen hält sich mit der des sozialdemokratischen Ver treters fast genau die Wage, da letzterer vor läufig nur ein Mehr von 8 Stimmen seinem Gegner gegenüber zu verzeichnen hat. Eine starke Einbuße haben indessen die Konservativen zu verzeichnen, die 5 Wahlkreise verloren haben, einen davon (Bautzen) schon mit Sicherheit an die Antisemiten. Ob letztere auch die anderen vier Wahlkreise gewinnen werden, werden die Stichwahlen lehren, zu erwarten ist eS allerdings wenigstens in drei Fällen. Auch die Reichspartei hat — abgesehen von dem auf die Kon servativen übergegangenen Zschopauer Kreise — ebenso wie die nationalliberale, einen Sitz eingebüßt, die beide von den Antisemiten erstrebt werden und von diesen daS eine Mal gegen einen Sozialdemokraten, das andere Mal gegen einen Anhänger der frei sinnigen Volkspartei zu verteidigen sind. Im ganzen genommen, haben also in Sachsen am gestrigen Tage die Antisemiten die meisten Vorteile errnngen, die allerdings erst bei den Stichwahlen, welche für Sachsen auf Sonnabend, den 24. d. M., festgesetzt sind, praktisch zu Tage treten werden. In den 23 sächsischen Wahlkreisen haben in 12 Stichwahlen staltzufinden, gerade in noch einmal Wer jemals die Trennungsschmerzen der Liebe empfand, der weiß, daß durch sie den Dingen um uns her das rechte Licht und die rechte Farbe ge- nommen wird. Man versteht nicht mehr, allein zu genießen; die Gedanken auf einen Gegenstand ver einigt, haben keine Kraft für etwa- anderes Und so erging eS Alexander, nachdem er von Luisella Abschied genommen hatte. Was ihn an sie fesselte, war zunächst daS, waS nicht erklärt werden kann. Man liebt nach einem unbegreifbaren Gesetz deS Müssens. Aber Alexander liebte Luisella auch um ihrer Eigenschaften willen, um Eigenschaften, die sie von Tausenden unterschieden. Ihre Schönheit, ihre Klugheit, der Adel ihrer Seele, ihr entschlossene» Wesen, daS Seltsame, Geheimnisvolle, das sie umgab, waren die Magnete, die ihn anzogen. Überdies be stätigte ihre Umgebung die vorteilhaften Eindrücke, welche sich ihm aus dem Verkehr mit ihr gebildet hatten. Selbst Margot, die nicht immer ganz unbefangen, sondern häufig nach Laune Urteile abgab, war voll ihres Lobes gewesen. Auf seine Frage, wie sie über ihre Freundin denke, erwiderte sie ihm: Luisella hat keinen Fehler! ES sei denn daß ihr Wille so stark ausgeprägt ist, daß man sie beinahe trotzig nennen könnte. Ich sah aber doch immer nur Überlegtes und Verständige- von ihr. Schon in der Pension, wo wir un» kennen lernten und enger be freundeten, war sie bekannt wegen ihrer stolzen Ent schiedenheit. Etwa» andere» freilich ist e», wenn Du mich nach meinen persönlichen Empfindungen ihr gegenüber fragst. Luisella ist mir nicht immer gleich sympathisch, aber ich gebe zu, daß die» an mir, nicht ssviel Kreisen al» im Jahre 1890. Die unerfreulichen Erscheinungen de» Wahlkampfes werden also im größeren Teile de» Landes noch anderthalb Woche fortdauern und jedenfalls in nicht minderem Maße zu Tage treten al» bisher. Wie sich bei den Stich wahlen jeder einzelne Wähler, dem daS Wohl des Vaterlandes am Herzen liegt, zu verhalten haben wird, kann, wenn die Antisemiten erklären, nachdrücklich für die Sicherheit deS Reiche- nach außen und die dazu von der Reich-regierung erhobenen Forderungen ein treten zu wollen, nicht zweifelhaft fern Hoffen wir, daß auf diese Weise wenigstens einige Lichtblicke noch fallen in die Düsterheit de- gestrigen Tages! Lagesgeschichte. Dresden, 16. Juni. Se Majestät der König nahmen im Laufe de- heutigen Vormittags die Bor- träae der Herren StaatSminister und DepartementS- chesS der Königl. Hofstaaten im Residenzschlosse ent gegen. Hierauf erteilten Se. Majestät im großen Ballsaale der zweiten Etage Audienz an über hundert Herren, welche für die aus Anlaß deS Allerhöchsten Geburtstages empfangenen Gnadenbeweise (Orden! - Verleihungen, Beförderungen) dem Landesherrn ihren Dank abstatteten. Nach Beendigung der Audienz verfügten der Monarch Allerhöchstsich nach Billa Strehlen zurück. Ihre Majestäten der König und die Königin werden Allerhöchstsich morgen, Sonnabend, nach Rehefeld begeben und im dortigen Königl. Jagd hause bis Montag Aufenthalt nehmen. Von Rehefeld au» werden Beide Königl. Majestäten Montag abend im Sommerhoflager zu Pillnitz eintreffen. Dresden, 16. Juni Der kommandierende General Se. Königl. Hoheit Prinz Georg wohnte heute vormittag in Begleitung de» Chefs de- Generalstabes Oberst Frhrn. v. Hausen und deS Hauptmanns im Generalkommando Heintze der Besichtigung des 1. KönigS-HusarenreAmentS Nr. 18 in Großenhain bei, nach deren Beendigung Höchstderselbe sich mit Gefolge nach Leipzig begab. DreSden, 16. Juni DaS Ministerium^ de» Innern hat die Stichwahlen auf Sonnabend, den 24. Juni, anberaumt. Berlin, 16. Jupi. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin brachten den gestrigen Tag, den Sterbetag weiland Kaiser Friedrichs IN., in stiller Zurückgezogenheit zu. Gegen Mittag statteten die Majestäten dem Mausoleum in der Friedenskirche einen Besuch ab und legten, nach Verrichtung einer stillen Andacht, einen Kranz am Sarkophage nieder. — Dem Theaterintendantursekretär Palaschke zu Berlin wurde das Ritterkreuz 2. Kl des Königl. Sächs. AlbrechtsordenS verliehen. — Der Bundesrat versammelte sich gestern zu einer Plenarsitzung. Vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für daS Seewesen, für Handel und Ver kehr und für Justizwesen, sowie die vereinigten Aus schüsse für Handel und Verkehr und für Eisenbahnen, Post und Telegraphen Sitzungen. — Der „Reich-anzeiger" schreibt: „In einem „Der russisch: Gegenvorschlag" überschriebenen Artikel bringt die „Neue preußische Zeitung" ein — anscheinend dem Entwurf eines autonomen Maximaltarifs ent nommenes — Verzeichnis von Abänderungen, vor nehmlich Zuschlägen zum gegenwärtigen russischen Zolltarif mit der Behauptung, dasselbe bilde den Inhalt eines russischen Gegenvorschlags an Deutsch land, indem letzterem der Fortgenuß des gegenwärtigen russischen Zolltarifs mit gleichzeitiger ungünstiger Be handlung anderer Staaten als Aequivalent für die Herabsetzung der deutschen landwirtschaftlichen Zölle angeboren worden sei. Wir sind zu der Erklärung ermächtigt, daß der deutschen Negierung ein Vorschlag an ihr liegt. Sie läßt mich ihr Übergewicht niemals fühlen, dazu ist sie zu zart gesinnt, aber in ihrer Nähe bin ich häufig gedrückt. Menschen, die sie oberflächlich beurteilen, nennen sie ein wenig überspannt. Darüber mußt Du Dir selbst ein Urteil bilden!" — Nachdem Alexander einige Zeit auf der Reise ge wesen war, gelang eS ihm, seine Gefühle einiger maßen zu beruhigen. Sein Augenmerk richtete sich wieder auf die ihn umgebende Welt, und als endlich die Zerstreuungen in London und Paris seinen Ge danken eine andere Richtung gaben, verblaßte vorüber gehend Luisella- Bild in seinem Innern. Er half selbst mit aller Gewalt eine Neigung unterdrücken, die so völlig aussichtslos erschien. Nach achtmonatlicher Abwesenheit vom Herrenhof entschloß sich Alexander, allmählich müde deS Reisens, die Heimreise anzutreten. Er wollte nur noch die französische Schweiz, namentlich Genf, besuchen und dann über Bern, Basel und Frankfurt am Main nach Hause zurückkehren. Seine Eltern schrieben sehr glücklich über diese seine Absicht und auch seine Schwester Margot ließ ihn wissen, daß sie die Tage bi» zu seiner Wiederkehr zähle. Als Alexander am Abend vor seiner Abreise von Genf eine der Blöcken überschritt, die über die rasch dahinbrausende Rbone führen, sah er auf derselben einen kleinen grauvürtigen Mann neben einem Teleskop stehen. Dieser trat sogleich an Alexander mit der Aufforderung heran, sich den bestirnten Himmel, ins besondere auch da» geheimnisvolle Bild de» hell glänzenden Monde» ansehen zu wollen. Alexander entsprach der Bitte, drückte, nachdem seine Neugierde dieser oder ähnlicher Art von seiten der russischen Regierung zu keiner Zeit gemacht worden ist." — In der „Hildesheimer Allg. Ztg." lesen wir: „Wir werden ersucht, bekannt zu geben, daß der Leib arzt der in Kissingen weilenden Königin Marie von Hannover Hrn. AmtSrat Sander-HimmelSthür autorisiert hat, nach seinem Ermessen bekannt zu geben, daß sich die Königin Marie vollständig mit lhrem Sohn, dem Herzog von Cumberland, in der zu stimmenden Haltung zur deutschen Militärvorlage eins wisse. Zeugen für die Richtigkeit dieser Meldung sind die Herren Senator Jost und Bürgervorsteher Brehme aus Hildesheim." Hamburg, 15. Juni. Der Senator Vr. Otto Mönckeberg, der erst am 28. November v. I. an Stelle des verstorbenen Bürgermeisters vr. Petersen erwählt worden war und bis dahin das Amt de» Präsidenten der Bürgerschaft bekleidet hatte, ist gestern früh gestorben. — Der Senat hat gestern sämtlichen Hamburger Reedern, Schiffsmaklern, Auswanderer- expcdienten und AuswandererlogiSwirten folgende Verfügung zugehen lassen: Hamburg, den >2. Juni. ES wird hierdurch zu Ihrer Kenntnis gebracht, daß ein Hoher Senat zur Verhinderung der Einschleppung der Cholera beschlossen hat, den trotz ausdrücklichen Verbots noch immer fortdauernden Zuzug russischer Auswanderer nach Hamburg nunmehr polizeilich zu verhindern. Demgemäß wird vom lk Juni d. I ab nicht allein den mit der Eisenbahn aus den hiesigen Bahnhöfen ankommenden, sondern auch den etwa zu Fuß oder aus dem Wasserwege der Hamburgischen Grenze sich nähernden russischen Au Wanderern daS Betreten deS Staats gebiets durch polizeiliche Organe verwehrt werden Zur Vermeidung von Mißverständnissen werden Sie au»« drücklrch noch daraus lingewiesen, daß die- Verfahren selbst verständlich auch auf solche Auswanderer Anwendung finden wird, welche sich im Besitz von Fahrkarten oder von aus reichenden Eeldmirteln befinden. Ls wird Ihnen anheim- gegeben, Ihre Agenten im In- und Auklande in einer jeden Zweisel auSschließenden Weise über dir von den Hamburgischen Behörden beschlossenen Maßnahmen zu verpönt igru und Vor sorge zu treffen, daß nach dem tb. Juni d. I. russische Aut Wanderer bis ans weiteres nicht mehr nach Hamburg befördert werden, da ihnen die Aussicht aus Einschiffung vom hiesigen Hasen aut gänzlich abgeschnittrn ist. Reisende au» Rußland, welche mit Kajüttsahrkarten sür Amerika versehen sind, »erden von der Zurückweisung selbst verständlich nicht betroffen. Der Senator, Ches der Polizei und Präses der AuSwanderbehörde. Lappenberg Wien, 15. Juni. Sämtliche Wiener Blätter besprechen die Ausführungen der Jungtschechen in der gestrigen Plenarsitzung der österreichische» Delegation und die Entgegnung, welche sie durch den Grafen Kalnoky gefunden haben. Die „Neue Freie Presse" führt au-, die Reden der »irr Jungtschechen haben nur den eiuen Ekwinn gebracht, daß Gras Kalnoky das Wort ergriffen hat. Von der Rede des Ministers sa-t das Blatt, daß sie höchst wichtige Besicht-Punkte enthrlie. Gras Kalnoly wollte durch eine leise Anspielung zeigen, dnß er wisse, wie sehr die Kraft der Monarchie von den Strömungen im Lotte und von der rnneren Po.itik abhängr. Ein scharfes Ohr könne aus d r Rede des Grasen Kalnoky heraushören, daß der innere Hader ein ernster Faktor sür Lie äußere Srellu> g der Monarchie zu werden drohe, und wenn auch Bras Kalnoky sich gehütet habe, Partei zu ergreifen, so sei es doch kein Zusall, daß er gerade tn der Rcpjik gegen die Jungtschechen seinen Wunsch nach inneren Frieden aussprach Tie Rede deS Bräsen Kalnoky erhebe sich zu ernster Bedeutung, und sie werde lange in der politischen Diskussion nachlliugen. Die Aufforderung der Jungtschechen zu einer Umkehr in der Politik habe Bras Kalnoly mit der höchsten Energie zurück- gewiesrn. „Graf Kalnoky," so schreibt daS Blatt, „hat sehr gelassen und kaltblütig gesprochen. Die Jungtschechen tragen die Schuld an dem unseligen inneren Hader, und jetzt möchten sie noch die äußere Rube stören. Es ist ein Glück, Laß ihre Macht sich mit ihrem Willen nicht deckt. Die Warnung des Grasen Kalnoky wird ihnen im Ohre klingen, denn sie zeig», daß die Jungtschechen an der ehernen Grenze, wrlche durch die Existenzbedingungen des Reiches gezogen ist, zerschellen müssen ' Das „Fremdenblatt" schreibt: „D:e Rede des Grasen Kalnoly war, gleich seinen vorangeaangenen Erklärungen, rin erneute Bekräftigung unseres Festhaltens an der bisheriges Polilik, an der Treue sür den Dreibund an dem Entschluss" befriedigt worden war, dem Besitzer de» Fernrohr»* ein Geldstück in die Hand und wandte sich zum Gehen. In demselben Augenblick schritten zwei jüngere Damen auf den Alten zu und begrüßten ihn mit Worten, aus denen hervorging, daß sie ihn nicht zum ersten Male sahen. Alexander schaute ohne sonderliche Neugierde auf, war aber nicht wenig überrascht, als er eine der Damen mit gleichsam gebanntem Auge den Blick zum Monde erheben sah und in ihr — Luisella erkannte! Nachdem sie eine Zeit lang durch daS Teleskop geschaut hatte, trat ihre Begleiterin an dasselbe heran und hörte, während sie durch daS GlaS emporschaut«, an, was aus deS geschwätzigen Mannes Munde drang. Luisella aber, welche Alexander inzwischen bemerkt und erkannt hatte, blickte ihn, das Haupt zurückgcwendet, starr an, legte die Hände auf die Brust und verharrte in dieser bewegungslosen Stellung. Überraschung, Erstaunen, Furcht und Freude zugleich malten sich auf ihrem Antlitz. Als nun aber Alexander ganz dicht an sie heran- trat, wich sie zurück, schüttelte mit einem flehenden Ausdruck das Haupt und sagte, jede Einleitung um gehend: „ES würde natürlich sein, wenn wir un» der Freude de» Wiedersehens hingäben. Erfüllt sich doch der höchste Wunsch meines Lebens durch den Zufall unserer Begegnung. Und doch darf e» nicht sein, doch ist dieses Zusammentreffen ein Unglück für un» beide. — O, gehen, gehen Sie! Ich beschwöre Sie!" ging eS bittend über ihre Lippen. Alexander schwankte, was er Luisella auf ihre Worte erwidern solle. Sein Herz trieb ihn, auf sie einzusprechen und zu versuchen, ihren Entschluß zu
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