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Dresdner Journal : 05.07.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-07-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189307051
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930705
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930705
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-07
- Tag 1893-07-05
-
Monat
1893-07
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 05.07.1893
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Eröffnung ging ein Gotte-dienst vorher, und zwar für die Mitglieder der evangelischen Kirche um N Uhr in der Schloßkapelle, wo der Hof- und Domprediger, Konsistorialrat Vieregge unter Zugrundelegung ve- Texte- Psalm 3, VerS 3 und 4, die Predigt hielt; für die Mitglieder der katholischen Kirche wurde um '^12 Uhr in der St. HedwigSkirche von dem Propst vr. Jahnel eine Segen-andacht gehalten. Nach Be endigung der kirchlichen Feier versammelten sich die Mitglieder de- Bunde-rat- im Marinesalon, während die Generäle, die Wirklichen Geheimen Räte, die Räte erster und zweiter Klasse und die Obersten bez. Regi- ment-kommandeure unter der Tribüne auf der Lust gartenseite de- Weißen Saale«, die Abgeordneten de« Reichstag« aber gegenüber dem Throne Aufstellung nahmen. Die Mitglieder de« diplomatischen CorpS nah men in den Logen Platz, welche sich auf der nach der Kapelle zu belegenen Tribüne befinden. Sobald die Ab geordneten zum Reichstag im Weißen Saale versam melt waren, erschienen die Bevollmächtigten zum BnndeSrat und stellten sich link« vom Throne auf. AlSdann erschienen Se. Majestät der Kaiser in Be gleitung der hier anwesenden Prinzen deS Königl. Hauses sowie deutscher Fürstenhäuser nebst Aller höchstem und Höchstem Gefolge und wurden beim Eintritt von der Versammlung mit einem dreimaligen Hoch empfangen, welche« der Abg. Dieden ausbrachte. Hierauf geruhten Se. Majestät aus der Hand des Reichskanzler«, General- der Infanterie Grafen v. Caprivi die Thronrede, welche wir bereits gestern in ihrem Wortlaute mitgeteilt haben, entgegenzunehmen und, daS Haupt mit dem Helm bedeckt, zu verlesen. Nach Verlesung der Thronrede trat der Reichskanzler vor den Thron und erklärte den Reichstag für er öffnet. Se. Majestät der Kaiser verließen hierauf unter erneutem, von dem Königl bayerischen Bevoll mächtigten zum Bundesrat Grafen v. Lerchenfeld- Köfiring ausgebrachtem Hoch, in Begleitung der Prinzen, «ach allen Seiten huldvoll grüßend, den Saal, womit die Feierlichkeit ihr Ende erreicht hatte. — Die Kommission für Arbeiterstatistik erörterte in ihrer Sitzung vom 30. v. MtS. die Frage, inwieweit das ihr vorgelegte statistische Material über Arbeitszeit, Kündigungsfristen und LehrlingSverhält- msse im HandklSgewerbe der Ergänzung bedürfte und auf welchem Wege diese Ergänzung zu beschaffen wäre. Man kam überein, Ermittelungen anzustellen über die gegenwärtige Dauer der Arbeitszeit der Ver käufer in Ladengeschäften und die Durchführbarkeit einer gesetzlichen Beschränkung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Lage des Ladenpersona's und der berechtigten Interessen des kaufenden Publikums, ferner darüber, ob die Einführung einer gesetzlichen Minimalkündigungsfrist sich empfehle. DieJnteressenten- vereinigungen fallen hierüber befragt werden. Auch über die Verhältnisse der in kaufmännischen Geschäften angestellten Hausdiener, Packer rc sollen Erhebungen gemacht werden Der Reichskanzler hat beschlossen, auf die von der Kommission angeregten Erhebungen über die Verhältnisse der jugendlichen und weiblichen Arbeiter und die Arbeitszeit der erwachsenen Männer in der Hausindustrie einzugehen. Die Kommission »rat in ihrer Sitzung vom 1. Juli in die Beratung über die Verhältnisse der in Gast- und Schank wirtschaften beschäftigten Personen ein, wobei mehrere Wirte und Kellner als Auskunftspersonen zugezogen waren — Tie neue Militärvorlage ist bereits dem Reichstag zugegangen. Dieselbe entspricht dem Antrag Hucne und enthält nur einige unwesentliche Ab weichungen die wir bereits in der gestrigen Nummer des „Dresdn. Journ." milteilten. ÄuS der der Vor lage beigebenen Begründung heben wir solgende Sätze hervor: Hat man sich von der Notwendigkeit der Änderung unserer HeereSorganisation, wie sie geplant »st, überzeug», dann kann mit der Ausführung derselben nicht ge ögert werden, und zwar umso weniger, als ein Apriltermin aus milbürisch technischen Gründen zu einer derartigen grundlegenden Änderung der ge samten Hreresorganüatioa sich nicht eignet und eine in ihren Fo'gen nicht zu unterschätzende Verlängerung der Übergangszeit zur Folge haben müßte. Auch die zur Zeit nob bestehenden Offiziers- und lnler- offiziersmanquemenl« bilden «ein Hindernis. Denn die ersteren find schon jes« so weit zurückgegangen, daß sie biS zum Ein tritt in die neuen Verhältnisse ganz ausgeglichen sein werden; bei dem roch im Wachsen befindlichen Andrange zur Offiziers lauft» >hn werden selbst die infolge dieses Gesetzentwurfs neu hinzutrcienden Stellen in absehbar r Zeit gefüllt sei». Die Zahi der Unterojfniermaoquements ist ebenfalls erheblich im Mückgange Die Erhöhung der Kapitnlantenlöhnung und die Einführung eines Kapttula'ioushandgeldes werden die Deckung des ne» i-lniui-etentie" Bedarss an Unteroffizieren beschleunigen ve» u^cr.k M.l licht»« ^.e» gewal.toe Ernst der Lage soll nur an unsere Pflichten un- erinnern und uns ein dringlich mahnen, sie nach alter guter sächsischer Art mit voller Treue und Gewissenhaftigkeit zu erfüllen Die Afroschule hat die ihr vorgezeichneten Pflichten in drei Worte zusammengefaßt und mit weithin leuchtenden Zügen sich an die Stirn geschrieben, in die uns wohl bekannten Worte: Okrioto, patriae, stnäir» Und ich »erflehe diese Worte so: Afra will die ihr anvertraute Jugend heranziehen und die Jugend in Afra soll sich heranziehen lassen erstlich Obrwto im Sinne jenes PauluSworted, das mir einst in Afra als Konsirmulionsspruch mit auf den Lebensweg gegeben wurde: Ich schäme mich des Evangelium» von Christo nicht, denn es ist eine Kraft Gottes, die da selig macht alle, die daran glauben; und dann patriae in dem Sinne, daß hier oem Vaterland« Söh e heran- «Aükdet werden sollen, die im Charakter gesest gt mit ManneSmut für ihre Überzeugung eintreten, die Verständnis besitzen für die hohen sozialen und ethischen Aufgaben unsere» StaatSlebenS und die getragen sind von glühender Begeisterung für unsere teuere sächsische, für unsere geliebte deutsche Heimat, und endlich otuäiis in dem Sinne, daß hier die Jugend durch die Pflege edler Wissenschaft erkenne wa» wahr rst, wolle na« gut ist, liebe was schön ist und daß sie auf Grund der hier in ihr Herz und Gemüt eingepflanzten und in ihr innerste« Denken und Fühlen übergegangenen idealen Lebensauf fassung den Mut gewänne, um mit voller Überzeugung und darum auch mit »oller Siege-gewißheit einzutreten in den Kampf gegen den heutzutage so «veil verbreiteten und doch in alle Wege nicht berechtigten nackten Materialismus und verderbenbringenden Pessimismus Wenn, wie ich zuversichtlich hoffe, Lehrer und Lernend« Tritt die neue Orgaaifatio» am t. Oktober 1SV» rin, so kann die Verstärkung dr- Heere« mit der regelmäßigen, schon »nter Zugrmidekegung der verkürzten Dienstzeit bemessenen Rekriitrneinftellni'g rvo» erfolgen und di« Durchführung der verkürzten Dienstzeit mit der regelmäßigen Rekruteueinstrüni-g INS« vollzogen sein. Die Zahl der im Herbst l8S» nach zwei jähriger Dünstzeit z» entlassende» Mannschaften wird gegen bisher nidt erngejchiäast werden. Die infolgedessen bei ein zelnen Waffen nicht »all erreichten Etat-stärken treten für di« Urbergang«zeit di« t. Oktober >»»» al«Eem-inenmarqnemen.« in Erscheinung — über den Personenwechsel in der Zu- sammensetzung des neuen Reichstag« schreibt die „Schles. Ztg": In 18S Wahlkreisen hat ein Wechsel in der Person des Abgeordneten stattgefunden, der aber nur in 93 Fällen mit einem Wechsel in der Parteistellung verbunden war; wir rechnen dabei die beiden freisinnigen Gruppen al« eine einzige Partei. An dem Personenwechsel sind beten ligt Preußen mit 109 von 236, Bayern mit 24 von 48, Sachsen mit 19 von 23, Württemberg mit 5 von 17, Baden mit 4 von 14, Hessen mit 5 von 19 und da« übrige Deutschland mit 28 von 50 Wahlkreisen. Beson ders stark sind an diesem Personenwechsel innerhalb der Partei beteiligt: da« Centrum mit 37 unter 96 gewählten Abgeordneten; e« handelte sich dabei um die Ersetzung der Anhänger der Militärvorlage und der zweifelhaft erschei nenden Mitglieder durch stramme Nachfolger Lieber«; ferner die Konservativen mit 22 von 74 gewählten Abgeordneten, was hauptsächlich eine Folge der Agitation de« Bunde« der Landwirte ist; die Freisinnigen mit 10 von 36, wa« voraus zu erklären ist, daß einige ältere Mitglieder auf die parlamentarische Wirksamkeit verzichteten, daß ferner Rickertsche durch Richtersche Gesolgsmänner ersetzt wurden. Bei den Nationalliberalen sind die 8 Personenwechsel wohl meist eine Folge de« Verzichtes der früheren Mandatsinhaber. In Preußen zeigt sich der Personenwechsel am stärksten in der Provinz Sachsen, wo 12 von 20, in Pommern, wo 8 von 14, in Schlesien, wo 16 von 35, in Ost preußen, wo 8 von 17, in Hessen-Nassau, wo 9 von 14, in Hannover, wo 10 von 19, und in Rheinland, wo 12 von 35 Mandaten ihren Inhaber gewechselt haben; in einigen Provinzen kommt die Zahl der Mandat«, welche d'« Partei gewechselt haben, denen, die nur die Person gewechselt haben, sehr nah«: nämlich in Schleswig-Holstein ist in 4, in Posen in 3 Fällen Personen- und Partei- Wechsel gleichmäßig eingetreten; in Hannover entfallen auf 10 Personen 9 Parteiwechsel und in Hessen-Nassau auf 9 Personen- 7 Parteiwechsel; ähnlich steht es im Groß« Herzogtum Baden, wo 4 Mandate in der Person und in der Partei gewechselt haben, während z. B. in der Pro vinz Schlesien den 16 Personenwechsel nur 5 Parteiwechsel und in Bayern gar den 24 Personenwechsel nur 3 Pariei wechsel gegenüberstehen — Es ist natürlich, daß unter solchen Umständen die Zahl der Neulinge sich unter die Parteien sehr verschieden verteilt Von den 74 konser vativen Abgeordneten haben nicht weniger al« 43 im vorigen Reichstage nicht gesessen, von den 50 National- lrberalen 30, von den 96 Zentrumsleuten 38, von den 24 Reichsparterlern 14, von den 44 Sozialdemokraten 15 und von den 36 Freisinnigen 14 Neu sind ferner 8 Anti semiten, 1 Welfe, 4 von der süddeutschen Volkspartei, 4 Polen und 3 Elsaß Lothringer — Der Versuch der Herren Barth und Rickert, in Berlin eine Organisation der Freisinnigen Vereinigung zu schaffen, ist als gescheitert anzu- sehen, da sich, wie die „Volkrztg" wissen will, die große Mehrzahl der zu einer Besprechung über diese Angelegenheit eingeladenen edemaligen Sezessionisten gegen eine derartige Organisation erklärt hat. « — Man wird sich entsinnen, daß nach der Reichstags auflösung am 6. Mai der Aufruf der Zentrumsparter, obwohl die Fraktion unmittelbar nach der Auslösung zur Feststellung des Aufrufs zusammengetreten war, lange Zeit nicht erschien und erst am 24. Mai veröffemlicht werden konnte. Mancherlei Meldungen über die Gründe, welche die Veröffentlichung in so auffälliger Weise ver zögerten, wurden damals vorgebracht Seitdem der Land tag wieder zusau mengetreten ist, sind in parlamentarischen Kreisen neue Nachforschungen ungestillt worden über die wirklichen Ursachen dieser Verzögerung. Einzelne ultra- montane Abgeorrnete haben aus ihrer Mißstimmung kein Hehl gemacht, unv heule herrschte im Foyer dcS Abge ordnetenhauses kein Zweifel mehr darüber, daß die V.r- zögerung lediglich einem Gewaltakt des Abgeordneten vr Lieber entsprungen ist, dem aber schließlich sich alle Mitglieder des Vorstandes mit einer einzig'» Ausnahme gefügt haben. Bei der letzten Beratung der Zentrums- fraktion des Reichstags zur Feststellung de« Wahlaufruf« ist nämlich, wie der „Köln. Ztg." benchtet wird, — ab- weicheno von dem früher» Gebrauch, der nur die Grund richtung, nicht den unbedingten Wortlaut festlegte — die jenige Stelle des Aufrufs, welche sich auf die Militärvor lage bezieht, von der Fraktion im Wortlaut festgesetzt worden Dabei wurde vermieden, sich gegen die Einzel heiten der bisherigen Vorlage auszusprechen und nur rm allgemeinen eine ablehnende Haltung festgehalicn Als nun der Wahlaufruf den einzelnen Vorstandsmit gliedern zur Unterschrift zugesandt wurde, stellte sich zu in Fortführung altbewährier Tradition dieser aftanischen Pflichten sich immer erinnern, diesen hohen Zielen mit aller Kraft nachstreben werden, dann wird auch die Zukunft von Afra groß und schön sich gestatten. Und daß dies geschehe, das ist unser Glückwunsch, unser Gebet für diese Schule am heutigen Tage Gott wolle eS gnädig erhören!" Die Worte Sr. Excellrnz des Hrn Minister» machten auf die Verfammlung sichtbar einen tiefe» Eindruck Dar« nach sprach der Rektor von St Afra, Hr. Oberschulrat vr. Peter in längerer, öfter» duch Zeichen des Beifalls der Versammlung unterbrochener Rede über die Wand lungen, die St Afra in seiner äußeren und inneren Organi sation während der letzten 50 Jahre durchgemacht habe. Die Rede war durchweht von der innigsten Dankbarkeit gegen Gott, gegen da» Königshaus und di« hohe Staat« regieruug, der St. Afta jederzeit ein Gegenstand besonderer Fürsorce gewesen sei, und gab der Hoffnung auf eine weitere gedeihliche Entwickelung der altberühmten Schule Ausdruck E» folgte der „Römische Triumphgesang" von Bruch, vorgetragen vom Schülerchor, dann eine gewandte deutsche R de des Oberprimaner« Kohlschütter, durch die er im Namen der Schüler da« Gelöbnis unverbrüch licher Dankbarkeit und Treue gegen da« erlauchte Hau« Wettin ablegte Danach schilderte der Unterprimaner Klinger in einer schwungvollen lateinische» Elegie di« Reize de« neuen Schulgartens Beide Schüler wurden von Sr. Majestät durch huldvolle Worte aut gezeichnet. Der Aktu« schloß mit dem Gesänge der Beethovensche» Kompo sition de« Gellertschen Liede» „Die Ehre Gotte« au« d«r Natur". Unter dem brausenden Klang« eine« vom geh. Regierung«rate Amt«hauptmann ». Kirchbach aus S«. Majestät '»»«gebrachte» Hoch« verließe» AllerhSchstdieselben die Aula und geruhten m v«r Wohnung de» Hrn Rektor« Peter mit Jillerhöchslflm-m Gesolge ein Frühstück em- zunehmen, zu welchem auch die Herren Geh Rat vr. Petzoldt, Professor vr Br«g.r, Rektor der Landesuniversität 'hrer Überraschung heran», daß der von der Fraktion fest- gestellte Wortlaut n unurehr eigenmächtig abgeändert worden, vr. Lieber hatte inzwischen au» eigener Machtvollkommen heit den folgenden Satz eingefchoben: ,Ln diesem Sinne wird der Wldeispruch gegen die Militärvorlage Caprivi und den von de» verbü»deten Regierungen ausgenommenen Anttag Huenr im Vordergrund der jetzigen Wahlbewegung stehen, da« Feldzeichen de« Zentrums »n der Wahlschlacht sein." Dieser eingeschobene Satz, de, sich unbedingt gegen den Antrag Huene aussprach, fand Widerspruch bei den einzelnen Vontandsmitgliedern E« bedurfte natürlich Zeit, ehe sie sich der Reihe nach der hohen staat«männischen Einsicht eine« I)r. Lieder unterwarfen. Nur ein einzige« Vorstandsmitglied ist fest geblieben und hat nicht dem ausgesprochene» Beschlusse der Fraktion entgegenhandOu wollen. Man hat schließlich auf seine Unterschrift ver zichten müssen, damit endlich am 24. Mai der Aufruf überhaupt erscheinen konnte Ader schon heute bricht sich in einzelne» Zentrumskreisen die Überzeugung Bahn, daß Hr Lieber mit diesem Gewaltakt sich eine unverzeihlich« Thorheit hat zu schuld«» kommen lasten, und man sieht cemgemäß in unseren parlamentarischen Kreisen den bevor stehenden Sitzungen der ZentrumSfraktion de« Reichstag« mit umso größerer Spannung entgegen, al« gleichzeitig darin auch die feierlich« Ausschließung de« Dekan« Leander und einiger anderer Zentrumsherren, sowie die feierliche Aufnahme Fu«angel« erfolgen soll Daß Hr. Lieber auch hier seinen Willen durchsetzen wirv, unterliegt natürlich bei dem vollständigen Fehlen aller besonnenen Elemente im gegenwärtigen Zentrum nicht dem geringsten Zweifel. Wien, 4. Juli. Die „Neue Freie Presse" ver öffentlicht an leitender Stelle ein Interview ihre- Buda-Pester Korrespondenten mit dem ungarischen Ministerpräsidenten und Finanzminister vr. Wekerle über die Rückwirkungen der Silderkrise auf die im Zuge befindliche Balutaregelung in Österreich- Ungarn Zunächst warnte Hr. vr. Wekerle davor, sich durch unerwartete Ereignisse und Zwischenfälle be irren zu lassen. Allerdings sei die Goldbeschaffung eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Durchführung der Valutareform Nun fei ein Wertmesser — das Silber — wesentlich im Preise gesunken und der andere — das Gold — teurer geworden, aber nur dem Silber gegenüber. Da man das Gold nicht gegen Silber erwerbe und der Preis des Papiergeldes sich auch bisher nicht auf Grund des Silberpreises, sondern von demselben ganz unabhängig gebildet habe, so könne der PreiSfull des Silbers auf die österreichischen Ver hältnisse keinen wesentlichen Einfluß üben. DaS Sinken des Silberpreises sei auf die Erhöhung des DiSagios von keinem Einfluß gewesen, sondern nur jener Ver trauensmesser, welcher bei allen derartigen finanziellen Umgestaltungen auf das Disagio erhöhend einwlrke. Wenn die Übergangsperiode zu Ende gehe, werde auch das Disagio verschwinden. — Die österreichisch- ungarischeMonarchie besitze heute mehr als 330Millionen Gulden Gold und man könne unmöglich behaupten, daß das noch fehlende Gold, dessen man bedürfe, nicht in verhältnismäßig kurzer Zeit erworben werden könne. Bisher sei daS RegierungSprogramm vollstän dig durchgesührt worden. Das letztere erireise sich als ein durchaus zutreffendes, weil man daS Silber als Wertmesser für unbrauchbar erklärt habe, und gerade die jüngsten Ereignisse dokumentieren schlagend, daß daS Silber in dieser Eigenschaft tatsächlich unbrauch bar sei. Wenn man zur reinen Goldwährung übergehe, was noch von mancherlei Umständen abhänge, so daß außer den Silberkronen gar kein Silbcrgeld im Ver kehre bleibe, so werde daS verwertbare Silber der österreichisch ungarischen Monarchie ungefähr l50 Mil lionen Gulden betragen obschon aller Voraussicht nach ein größerer Betrag von Silbe, krönen werde ausge prägt werden müssen, als das vorläufig festgesetzte Kontingent. Der effektive Verlust btstände daher in der Differenz der VeikaufSsumme vor und nach dem Preisfalle. Betrüge die letztere fogar 10 Prozent, so ergebe sich ein Verlust von 15 Millionen Gulden, wenn einmal nach der vollständigen Durchführung der Valutareform die Verwertung des überfchüssigen Sil bers überhaupt an die Reihe kam«. ES wäre der denkbar verfehlteste Schritt gewesen, wenn die Regier- ungen, um das DiSagio zu bekämpfen, Gold in den Verkehr gebracht hätten; denn diese Maßregel hätte gewiß zum Verluste des Goldes geführt, und man hätte dieses emittierte Gold nicht rasch wieder er langt. z^z Pari-, 3. Juli. Tie Unruhen im Quartier latin bilden zur Zeit daS Tagesgespräch Tin Ausschuß der Studentenschaft tagte feit dem frühen Morgen im Cafe de la Source, um die Kund gebungen, welche man ferner beabsichtigt, zu regeln. Geh Schulrat vr. Vogel, Geh Regierungsrat vr Waentig, Oderkonfistorialrat Vr. Ackermann, Amtehauptmann Geh Regierungsrat v. Kirchbach, Oberstlieutenant Srmig und Professor vr. Flath« hinzugezogen wurden. Danach wohnten Se. Majestät dem Schauturnen der Schüler im großen Schulgarten bei und sprachen dem Oberlehrer Köhler für die musikalischen und turnerischen Leistungen der Schule Aller- höchflseine Anerkennung aus. Während nun S«. Majestät den neuen Schulgarten unter Führung de» Rektor« genauer zu besichtigen geruhte», versammelte sich der Coetu« zur Fest, spersung im Coenakel Al« die Mahlzeit im Gange «rar, er schienen hier zur größten Freude der Schülerschaft Se. Majestät Nachdem der erste der Alumnen, Göhler, ein Hoch auf Se. Majestät ausgebracht hatte, hatten Se. Majestät die Gnade darauf zu erwidern: „Ich leere mein Glas auf da« Wohl der altehrwürdigen Fürsten- und Landesschule St Afra, vivat, oresoat, Soraat" Selten hat da« Cönakel eine so begeisterte Schülerschar geseben, wie in diesem Augenblick«, da Se. Majestät der aftanischen Jugend zutranken Vom Cönakel begaben Sich Se. Majestät noch der Wohnung de« Rektor« zurück, um dort noch den Kaffee einzunehmen, und gingen von da mit dem engeren Gefolge in die AlbrechtSburg, um Ihr« Majestät die Königin zu begrüßen. Ünterde« wanderten die Festteilnehmer hinunter in dir Stadt zum Saale de« Gasthauses zur Sonne, wo um 2 Uhr da« Festmahl beginnen sollt«. E« war ein schöner Gedanke, daß b«i diesem Festmahl« di« Altasranrr nach Jahrgängen der Rezeption geordnet zusammensaßen. Da« schwierige Werk der Taftlordnuna verwaltet« Hr. Stift« syndiku» Francke mit großer Umsicht An der Ehrentafel bemerkter, wir Ihre Excellmze» die Herren SaatSminister v. Metzschundv Seydewitz,G«. Excellen z den M inister de« Königl. Hause« v Nostitz-Wallwitz, den Geh Rat vr Petzoldt, den Geh RegierungSrat Waentig, Geh Schulrat Bogel al« Räte de« Kultu«wmifterium«, de« Rektor der Universität Leipzig Prof vr. Brieger, den Vorstand de« Festau«schuffe«, Er schickte vormittag- eine Delegation an den Abg. Millerand ab, der sich bereit erklärte, auf der Kammertribüne von Dupuy Rechenschaft zu verlangen. Einige 30 Studenten erboten sich, Beiträge für die Bestattung Ruger- zu sammeln ; e- heißt, daß sie binnen eiligen Stunden eine ziemlich große Summe aufbrachten Zu demselben Zwecke wird für heute abend ein Meeting veranstaltet und auf dem Boulevard Saint Michel ein Flugblatt verkauft werden. Doch hat jener Ans chuß sich bi-her vergeblich bemüht, eine Besprechung mit dem Vater Nuger- möglich zu machen. Man versichert, daß der Polizeikommisjär Lejeune denselben am Bahrchof in Empfang ge nommen, ihn zunächst in die Präfektur und dann in da- Ministerium geführt habe und daß die Regierung alle- Mögliche thue, seine Begegnung m»t den Studenten zu verhindern. Der Präfekt Loz- nahm heute mittag die Au-sage zweier Freunde Nuger-, Eoussinet und Boyer, entgegen, die sich vor dem Laf« d'Harcourt in der Gesellschaft de- Unglücklichen be funden halten Beide versicherten, daß sie obne Schwierigkeit den Polizeiagenten erkennen würden, der ihren Freund erschlagen habe. E-wurden ihnen daraufdie Agenten der Brigade vorgeführt, die vor dem Cafä d'Har court aufgestellt gewesen waren, aber sie erkannten dar unter den Schuldigen nicht. E- sollen ihnen jetzt die an deren Schutzleute gegenübergestellt werden, die an dem betreffenden Abend im Quartier Latin beschäftigt waren; aber da- Publikum würde sich ohne Zweifel nicht wundern, wenn diese- Verfahren kein Resultat lieferte. — In den Zeitungsberichten über die Studentenunruhen macht sich fast durchgehend-eine ter Regierung ungünstige Stimmung geltend. In den „DSbatS" liest man. «Diese Erstürmung eine» Kaffeehause«, welche« man zu einem wahn» Schlachtfeld macht, wo Verwundete und ein Slerbruder aufgehoben werden, steht iu schlechtem Verhältnis zu d«u gewöhnlichen Folge» einer Studentenkundgebuna, und eS ist unmöglich, daß sie da» Publi kum nicht beunruhige". — Im „Matin" wird folgende» geschrieben. „ES war Hrn. Dupuy Vorbehalte», der verant wortliche Urheber de« erstkn Morde» zu werd-u, den die Polizer feit I»7t in Pari» begangen hat. Die vorliegende Brutalität ist noch schlimmer, al» die Absetzung de« Präfekten von Seiue-et-Oife; aber sie zeugt für den nämlichen »erstes» zuftaud". — Der „G >ulois" schreibt: „Ohne gweisel wird LH Dupuy erklären, daß er seiue Agenten in Schutz nehm«, umsomehr, als er derselben in L Tagen für die SchließungderUrbrilS- börse, den schwarzen Punkt die'«. Woche, bedürfen wird. Er wirv heftig sein, da er nicht weiß, daß die Heftigkeit nichts mit der Festigkeit zu thun hat. Aber er wird schwerlich die Studenten ebenso wie feine Piäfcttrn behandeln können" — Die „Lan ter ne" sagt: „Diesmal ist da- Maß voll. Man muß ein für allemal darüber aufgeklärt werden ob Pari- wehr la- einer Baud: von Wilden prei-gegeben ist, welchen ihre Uniform da» Recht girbt, urschädliche Bürg r straflos niedcrzuschlagen " — Iw „Voltaire" wird n. a au-aeführt: „Man kann mit größter Bestimmtheit behaupten, daß Paris nicht mehr sicher ist, wenn die Schutzleute to-gelassen werden. El ist gefährlicher einem Agenten der Zentralbrigade, al- einer r ande Bag». Kunden zu begegnen.' — Im „Radikal" wird geschrieben: „Der Minister ist durchaus ve-antwortlich für diese-verbreche», wa' er auch zu s-iner Verteidigung sagen mag Er bat di« Hand gclrittt, welch« den unglückichen Nuger Has; der Polizei agent war nur sein gehorsames Werkzeug . .." * Paris, 4. Juli In der Volmittagssihung der Kammer bekämpfte der UnterstaatSsekretär Delcassv die Streichung des Kredits von 24 Millionen für Annam und Tonkin und erklärte sodann hinsichtlich der Verwickelungen mit Siam, er hvff» Vie Siamese» bald dahin zu dringen, daß sie den gerechten Forder ungen Frankreich- Genugthuung leisteten ES würde für Siam gefährlich sein, bei dem Widerstande zu be harren. (Beifall) — In den Wandelgängen de- Palais Bourbons gaben die Deputierten ihrem Un willen über die Anstifter der Unruhen lauten Aus druck und zeigten sich geneigt, die Regierung in allen Maßnahmen zu unterstützen, welche dieselbe gegen die Ruhestörer ergreifen wird. — Zum Schutze des Scnat- sind umfassende Anordnungen getroffen. — Der Polizeipräsekt Loze hat seine Entlassung ein gereicht. Dem Vernehmen nach gedenkt die Regierung dieselbe jedoch erst nach Wiederherstellung der Ordnung anzunehmen. — Ein Ausschuß der Studenten hat ein Manifest veröffentlicht, in welchem die Studieren- den aufgefordert werden, sich gelegentlich der Beisetzung Nugers ruhig zu verhalten und sich vor allem vor den Agents provoeatevr» zu hüten, welche die wahren Urheber der gestrigen Vorfälle seien. — Ans dem Boulevard Saint Michel, wo fast alle Läden geschloffen find, drohten heute vormitttag neue Zusammenstöße. Al- drei Polizeiagenten den Boulevard entlang gingen, wurden sie von den Manifestanten abgegriffen. Bon den Terrassen eine» Cafe- und selbst au- den Fenstern wurd:n Gläser und Flaschenscherben auf die Polizei geschleu- die Sprecher der Deputationen urm ve» L hrkrtoll-airm von St. Afra. Die Reihe der Toast« ei öffnete He. Ober schulrat Rektor Peter mit einem zündenden Toast auf Se 'Majestät den König Prof. Flathe sprach aus da« Ministerium de« Kultus dessen Haupt Se. Excellenz der Hr. Minister v Seydewitz nebst zwei Räten Afraner seien, während ein dritter, Geh Schulrat Vogel al« Lehrer zu Afta ge wirkt habe D«r Toast ,Sr. Excellenz de« Herrn Slaat«minister« v. Seydewitz war von besonderer Bedeutung, iveil der Hr. Kultusminister sich darin über die Stellung »»«sprach, die er zur Schutt esormfrage einnehme. Sein Bekennt»»«, daß er zwar die stärkere Berücksichtigung de« deutschen, natur wissenschaftlichen, mathematischen Unterrichte« in den »eueren Lehrplänen al» berechtigt anerkenn«, »brr an d«r klassische» Bildung al« de» Grundstein der Bildung überhaupt f«st- halte, rief stürmischen Jubel der ganz«» Versammlung hervor. Profi Angermann toastete auf di« Altasranrr, woraus Kirchenrat Schmaltz in lateinisch«, Rede dankt«. G«h. RegierungSrat Waentig sprach auf die gastlich« Stadt Meißen, die immer zu Afta in bestem Verhältnisse ge standen habe, Prof Fttischer auf den „cootns Largswiv»» soä v»»oiwrw" d«« Verein« ehemaliger Fürstenschüler, OberamtSrichtrr Caspari auf die Universität Leipzig. Maani- ficenz Prof. vr. Brieger dantt« al« Rektor der UniversitLt mit einem Hoch auf die aframsche Jugend. Superintendent Kohlschütter sprach mit Wärme und zugleich mit viel Humor gle,ä,fall« auf Jungafra, da« e« Keffer habe »» k«r Schule »l« seinerzeit Altafr». -Rektor Gehl«rt-Grimma brachte ei» Hoch auf v« Frauen der aftanischen Lehrer au«, Seminarkirektor Bucdensieg dankte im Namen de« Verein« ehemaliger Fürstenschüler, Recht«anwalt Reinhardt-Meißen sprach auf die Professoren Hultsch und Sturm, die al« Künstler da» Fest verschönt hätten Die weiteren Toaste wäre« nicht mehr vernehmlich, d« die Wogen der Fröhlichkeit «nv Be geiferung kein Silentium mehr auskommen ließe». — Inzwischen warm Ihr« Majestät Vie Königin mit Ihrer
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