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der Kronprinz in Kiel ein und wurden von Sr. Majestät dem Kaiser, dem Prinzen und der Prinzessin Heinrich und der Herzogin Adelheid von Schleswig- Holstein begrüßt Die Majestäten bestiegen bei der Jensenbrücke das Kaiserboot und suhren an Bord der „Hohenzollern". Die Flotte salutierte die Standarte der Kaiserin. — Nach telegraphischer Mitteilung aus London haben Se. Majestät der Kaiser an den Admiral Commerell folgendes Telegramm gerichtet, in wel chem Se. Majestät aus Anlaß des Unterganges des Panzerschiffs „Victoria" Seinem tiefsten Beileid und Seinem Mitgefühl mit der Lady Tryon und deren Kindern Ausdruck giebt. Kiel, L3. Juni. Soeben ist Mir die Nachricht von dem Untergange I. M. Schisse- „Viktoria' mit dem Ndmiral Sir George Try n urd 4VV tapferen Sekleuten zugegangen. Worte können Meinen Kummer über den Verlust eiies so edlen Manne- und eine- fo schönen Schisses nicht an-drücken. Als Admiral der Flotte betaure Ich aus tiefstem Herzen den Schlag, welcher dir britische Marine betroshn hat. E- ist ein nationale- Unglück. Meine Offiziere und Meine Seeleute lasse» durch Mich ihren Kameraden iu der britischen Flotte ihr wärmstes Beileid auSdrückcn. Zum Zeichen der Trauer habe Ich Be fehl gegeb m, aus Meinen Schiffen die britische Flagge nebst der unsrigcn aus Halbmast wehen zu lassen Wilhelm, Deutscher Kaiser, König von Preußen, Admiral der Flotte." In Kiel haben Se. Majestät, nachdem Allerhöchst- deiselbe Kunde von dem Untergange des englischen Panzerschiffes „Viktoria" erhalten hatten, zum Aus drucke der Teilnahme der deutschen Marine allen im Hafen liegenden Kriegsschiffen die englische Flagge zu setzen und mit der deutschen Halbstocks zu flaggen, an befohlen. — Bei ziemlich starker Brise aus Südwest begann am Sonnabend vormittag II Uhr bei Kiel die Re gatta für die Kriegsschiffsboote des Kaiserlichen Jachtklubs. Die Majestäten schifften sich um 10 Uhr auf dem „Meteor", Ihre König!. Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Heinrich etwas früher auf der „Irene" und Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz auf der Salonpinasse ein, fuhren nach Friedrichsort und gingen dort vor Anker, um die an der Regatta teilnehmenden Boote passieren zu lassen. — Der Vorsteher der Geheimen Registratur II des Auswärtigen Amtes, Hofrat Huot, erhielt das Ritterkreuz l. Klasse des König!. Sächsischen Albrechts- ordenS. — Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht die in der letzten Reichstagssession angenommene Wuchergesetz novelle. Dieselbe datiert vom 19. Juni 1893. — Da der deutsch serbische Handelsvertrag vom 6. Januar 1883 infolge der serbischerseits ein gelegten Kündigung am 25. Juni d. I. abläuft und der neue am 21. August v I. zu Wie» abgeschlossene Handels- und Zollvertrag mit Serbien noch nicht rati fiziert ist, tritt vom 26 d. Mts. ab für die serbische Einfuhr nach Deutschland bis auf weiteres der all gemeine Zolltarif wieder in Kraft. In der Behand lung der deutschen Einfuhr nach Serbien auf dem Fuße der Meistbegünstigung greift vor der Hand eine Änderung nicht Platz. („Nordd. Allg Ztg") — Die Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich setzte in den Sitzungen vom 19. bis 21. Juni die Beratung der Vorschriften über die Hypothek ohne Hypothekenbrief (88 1062 bis 1105) fort — Die „Nordd. Allg Ztg." schieibt zu den Wahl ergebnissen: Liegen auch die Ergebnisse der Stichwahlen noch sehr unvollständig vor, zweierlei ist doch aus denen de« ersten Wahlganges und den bereits vorliegenden Stichwahlent- scbeidungen klar ersichtlich Erstens, daß alles, was poli tisch reif genannt zu werten den Anspruch erheben darf, bereit ist, die Politik der Reichs, egierung nachhaltig zu unterstützen, namentlich auch in der für diese Reichstags wahlen insbesondrre zur Entscheidung gestellten Frage der Organisation und Verstärkung unserer Wehrkraft. Zwei lens aber spricht die Wahlentscheidung deutlich aus, wie das Land der FraktionS- und Parteipolitik überdrüssig ist, wie die Bürger verlangen, daß die politischen Geschäfte nach sachlichen Momenten und nicht darnach beurteilt werden, was der Parteikoterie nützen oder schaden mag. Wir halten dieses Wahlergebnis, gleichviel wie sich die Zusammensetzung des Reichstags im einzelnen noch ge stalten mag, für wertvoll, denn darin liegt der Ent wickelungskeim iür die Gesundung unserrs Parteiwesens und damit zugleich für eine den berechtigten Motiven zu- aä"alickere unk den unberechtiaten verschlossenere parla- „Mau sagt, ich sei ein Sonderling", erklärte er. „Wenn man jemanden einen solchen nennt, der nach augenblicklichen Stimmungen handelt und dabei im Thun und in der Zeitwahl von den sonstigen Ge wohnheiten der Menschen abwcicht, dann bin ich wohl einer. Aber ich meinte, Freiheit der Bewegung ist das höchste Gut des Menschen, und diese sich selbst ohne Zwang zu beschneiden, verrät einen sklavischen Unterordnungssinn. Nicht wahr, Sie begreifen das alles, Margot, und werden es nicht befremdlich finden, wenn ich nun einmal wieder Wochen lang fortbleibe oder so selten erscheine wie früher? Ich gehe mit dem Gedanken um, wilde Enten in No»wegen zu schießen. Das ist nämlich eine völlig andere Jagd, als die auf die hiesigen Tiere." (Fons, folgt.) Die Mustcraussührungen in (Hotda. Von dem Komitee sür die Opernaufführungen in Gotha wird uns mitgeteilt, daß die am 27. Juli d. I. zur Ausführung gelangende „Medea" (Oper in 3 Akten von Eheruvini) von Hofkapellmeister Mottl (Karls ruhe) dirigiert werden wird; die Regie leitet Ober- regisseur Harl cher (Karlsruhe). Es wirken mit: Frl. Doxat .Leipzig), Frau Mottl Standhartner (Karls ruhe), Frl. Altona (Coburg), Frl. Erma (Frankfurt a. M ), Frl. Hellmuth Biäm (Berlin), Theodor Reich mann (Wien), Georg Anthes (Dresden), Richard Richardi (Coburg). Am 29. Juli wird „Roth- käppchen" (Oper in 3 Akten von Boieldieu) unter der Direktion des Generalmusikdirektors Hermann Levi «.München) gegeben. Unter den Mitwiikenden be finden sich: Frl Renard (Wien), Frb Borchers (München), Frl. Farkas (Coburg), Karl Scheide- mentarische Mitarbeit an der Gestaltung der Zukunfts geschicke deS Vaterlandes. Der neugewählte Reichstag aber wird um seiner selbst willen, daran ist nicht zu »weifeln erlaubt, sich jener poli tischen Lehre nicht verschließen, welche in dieser mit so viel Schwierigkeiten ringenden und in so starker Zerklüftung errungenen Wahlentscheidung auch für ihn liegt Das Ansehen deS deutschen Parlaments kann nur dabei ge winnen, wenn dieses selbst den Motiven sich unterordnet, die für die Entscheidung der Wähler bestimmend waren, und dem Wohlergehen dec Nation wird der Reichstag die ersprießlichsten Dienste dann leisten, wenn er sich bei jeder Entscheidung vor Augen hält, unter welchem Horoskop seine Geburt stand — In der jüngsten Nummer der Wochenschrift „Die Station" veröffentlicht der ReichStagSabgeordnete Theodor Barth einen Artikel über „Die Regene ration der freisinnigen Partei", die in folgenden Sätzen auSklingt: „Da- Entscheidende sür die Zukunft de- politischen Frei sinn- wird immer sein : In welcher Weise soll unseren politi schen Grundsätzen eine verstärkte Anziehungskraft gegenüber den breiten Volksschichten »erschafft werden Von einem „Ruck nach recht-" kann dabei auch nicht im eMserntefien die Rede fein. Man kann von dem in allen Parteiprogrammen vorhandenen Ballast einige- über Bord werfen, um da-Parteischiff bequemer flott zu machen. Aber in ollen wesentlichen Punkten ist die liberale Weltanschauung mit dem bisherigen freisinnigen Partei programm fo eng verknüpft, daß eine erheblickere Änderung nicht in Betracht kommen kann. Aber man braucht auch nicht ouS dem Rahmen diese- Programms herauszutreten und kann doch da- politisch- Thätigke-tsgebiet erheblich erweitern Vor allem ist dabei da- Augenmerk auf die Bauern m d ländlichen Arbeiter zu richten. Der Spuk mit dem Bund der Landwirte wird bajd vorüber sein, und die Enttäuschung wird tie Bauern für eine liberale Politik nur empfänglicher wachen Schon bei den gegenwä tiaen Wahlen hat sich in manchen länd- licken Distrikten, wie z. B. in Pommern, ganz spontan eine lebhafte Bewegung gegen die konservativen Agrarier geltend gemacht ES bedarf nur einer geschickten Pflege und der schein bar sicherste konservative Besitz geht bei den nächsten Wahlen zum großen Teil in freisinnige Hände über. Auch von den städtischen Arbeitern kann man viele wi der- gewinnen. Das Beispiel von Bremen, woselbst den Sozial demokraten durch einen Kandidaten der Freisinnigen Bereinigung mit Hilse eines großen Teil- der Arbeiterstimmen da- Mandat wieder abgenomm n ist, wird nicht vereinzelt bleiben, wenn man nur den Kamps gegen die Sozialdemokratie nicht mit Zwangsmsß- regeln und anderen ordnungsparteilichen Mfttelchen zu sühren versucht, sondern unter Anerk nnung der vollen staatsbürgerlichen Gleichberechtigung der Arbeiter, durch ernste Reformen auf steuerpolitischem G,bitte und durch möglichst weite- Entgegen kommen bei allen gesetzgeberischen Versuchen zur Verbesserung der sozialen Lage der Arbeiter den Beweis liefert, daß die sozialdemokratische Verketzerung mit den Thatsachen im Wider spruch steht Also größere Freiheit d.r Bewegung und größere Selbst ständigkeit der einzelnen innerbalb der Partei, Heranziehung neuer Kräfte aus dem Kreise geistig freier Männer, welche dem Paneileben «ntfremdet waren: Entlastung des Parteiprogramm- von allem Nebensächlichen; stärkere Berücksichtigung der politi schen Interessen des Bauernstandes und der ländlichen Tage löhner und Wiedergewinnung wenigsten- eine- Teiles der in der Gefolgschaft brr Sozialdemokratie befindl'chen Arbeiter durch eine vorurteilslose und weitgehende liberale Gesetzgebung: das sind nach meiner Überzeugung die notwendigsten Mittel zur Regeneration des politischen Freisinns. Die alte freisinnige Partei ist tot. Es lebe der geläuterte und verjüngte Freisinn." Die „Köln. Zig." wird daraus aufmerksam gemacht, daß sowohl die jetzigen wie die letzten ReichstagS- wahlen in den beiden Kreisen Stadt Köln und Landkreis Köln aus gesetzwidrige Weise zustande gekommen und zweifellos nichtig find. Dem Wahl bezirke der S'adt Köln ist eine sehr große Anzahl von Wählern zugeschrieben worden, die unbedingt im Land kreise Köln hätten wählen müssen; das Wahlergebnis ist dadurch in beiden Wahlkreisen wesentlich verschoben und beeinträchtigt worden, es ist ohne weiteres nichtig. Offenbar hat der Regierungspräsident — so schreibt das genannte Blatt — von Köln angenommen, daß seit der Eingemeindung der Vororte Deutz, Nippes, Ehrenfeld, Lindenthal, Bayenthal n. s. w. in den Stadtkreis Köln, also seit dem 1. April 1888 die Be wohner dieser jetzt zur Stadt Köln zählenden Vororte nunmehr ihr Reichstagswahlrecht in der vergrößerten Stadt Köln auszuüben haben. Diese Annahme wider- sp'icht dem Sinne wie dem Wortlaute des deutschen Wahlgesetzes. Daß der Fehler erst fitzt entdeckt wird, ist dadurch zu erklären, daß man in Preußen so sehr die RechtSgiltigkeit der einzelnen Regierungsmaßregeln voraussetzt, daß sie im einzelnen nur höchst selten einer besonderen Prüfung unterworfen werden. — Nach einer vorläufigen Berechnung sind bei den Hauptwahlen am 15. Juni rund 1800000 sozialdemokratische Stimmen abgegeben worden. DaS bedeutet immerhin einen Zuwachs von 375000 Stimmen gegenüber den Hauptwahlen von 1890, aber das Ergebnis bleibt doch um ein Beträchtliches hinter den Hoffnungen der Sozialdemokraten zurück Als die ersten Wahlnachrichten bekannt wurden, schien eS noch, als ob das Triumphgeschrei deS „Vorwärt-", daß seine Partei 2 Millionen Stimmen aufbringrn werde, der Berechtigung nicht entbehre. Inzwischen hat sich heraus gestellt, daß einstweilen auch die sozialdemokra tischen Bäume loch nicht in den Himmel wachsen. Relativ viel bedeutender als daS Anwachsen der So zialdemokratie ist das des Antisemitismus, der eS auf rund eine halbe Million Stimmen gebracht hat gegen etwa 50000 vor drei Jahren. — DaS am Sonnabend publizierte Urteil des Landgerichts Homburg im Prozeß gegen den Redakteur des „Hamburger Echo", Fischer und den Rechtsanwalt Stadthagen in Berlin wegen Beleidigung deS Ham burger StaatSanwalteS Romen lautet für beide An geklagten auf 5 Monate Gefängnis. Außerdem ist Fischer zur Tragung von ^/, und Stadthagen zu der Kosten verurteilt. Wien, 24. Juni. Gestern mittag fand unter dem Vorsitze des Ministerpräsidenten Grafen Taaffe ein Ministerrat statt. Dem Vernehmen nach wurde, wie daS ,Frcmdenblatt" meldet, in demselben über den Text der GesetzeSnovelle verhandelt, welche die fernere Mitwirkung der Landtage bei der Organisation von Gerichten regeln soll. Daraus dürfte mit Recht ge schlossen werden, daß Graf Taaffe die Ansichten sämt licher Parteiführer bereit- eingeholt hat, als auch jene des Grafen Hohenwart. — Die Referenten des öster reichischen und des ungarischen Finanzministeriums traten, wie die „Neue Freie Presse' berichtet, gestern zusammen, rm die endgiltige Redaktion der den Parla menten im Herbste vorzulegenden Gesetzentwürfe über die Währungsreform vorzunehmen. An der Kon ferenz nahmen seilens des österreichischen Finanz ministeriums Sektionschef Fihr. v. Niebauer und Finanzrat l)r. Gruber, seitens des ungarischen Finanz ministeriums Hofrat Enyedy und Sektionsrat Popo vics teil. Tie Grundlage der Beratung bildeten die im österreichischen Finanzministerium ausgearbeiteten zwei Gesetzentwürfe über die Einführung der obligato rischen Kronenrechnung und über die teilweise Ein ziehung der Staatsnoten. Die Beratung erstreckte sich auf die beiden Gesetze in ihrer Gesamtheit, und es wurden auch die Bestimmungen über die An wendung der Kronenrechnung auf die Rechtsverhält nisse, welche in beiden Reichshälften selbständig fest- gestellt werden sollen, erledigt, wobei sich die Vertreter der ungarischen Regierung vorbehielten, nach den ge meinsam festgestellten Prinzipien dieSonderbestimmungen sür Ungarn gemäß den Verschiedenheiten der ungarischen Civilrechtsgesetzgebung selbständig zu formulieren. Die Beratung wurde gestern zu Ende geführt. Die ge faßten Beschlüsse wurden in einem Protokolle nieder gelegt, welches noch der Genehmigung der beiden Re gierungen bedarf. Die Österreichisch-ungarische Bank wird auf Grund der in der gestrigen Sitzung des Generalrates gefaßten Beschlüsse gleichlautende Zu schriften an die österreichische und die ungarische Re gierung richten, in welchen sie ihre Bereitwilligkeit erklärt, an der Einziehung der StaatSnoten durch Uebernahme von Gold gegen Silbercourantmünzen und Banknoten mitzuwirken. Die Regierungen werden diese Zuschriften beantworten unZ der Bank die entsprechen den Erklärungen abgeben. Das zwischen den Regier ungen und der Bank zu treffende Übereinkommen wird, wie dies auch im vorigen Jahre geschah, nicht in der Form eines Vertrages, sondern eines Notenwechsels abgeschlossen werden. Paris, 24. Juni. Der Präsident Carnot ist soweit wiederhergestellt, daß er im heutigen Mi nisterrate den Vorsitz sühren konnte. Tie Ärzte haben ihm jedoch einen mehrwöchigen Aufenthalt in dem benachbarten Marly, unweit von Saint-Germain, anempfohlen. Er wird demgemäß voraussichtlich an fangs der nächsten Woche dorthin übersiedeln und zweimal wöchentlich nach Paris kommen, um im Mi nisterrat den Vorsitz zu führen. — Ducret, der Redakteur der „Cocarde", und Norton, der Akten fälscher, befinden sich nunmehr hinter Schloß und Riegel Sie werden der „Veröffentlichung von Doku ment: n, welche die Sicherheit des Staates angehen", beschuldigt — aus welcher Formel aber nicht etwa zu schließen ist, daß die Gerichtsbehörde die Echtheit dieser Dokumente als erwiesen betrachte; im Gegen teil ist man durchaus von ihrer Uvechtheit überzeugt. Norton strllie sich selber dem Untersuchungsrichter auf Grund der Vorladung, welche in seiner Wohnung ab gegeben worden war, und wie es scheint, suchte er demselben durch eine hochfahrende Sprache zu im- panieren, ohne sich anfangs in Erklärungen über die Herkunft der Papiere, welche er der „Cocarde" aus- geliefert hat, einlassen zu wollen. Im weiteren Ver laufe hingegen legte er dem Untersuchungsrichter das Geständnis ab, daß die von ihm verkauften Aktenstücke gefälscht seien. Was Ducret angeht, so giebt er sich große Mühe darzuthun, daß er berechtigt gewesen sei, an die Echtheit dieser Papiere zu glauben. No,ton hat übrigens ein schlechtes Geschäft gemacht; eS war mit ihm ein Preis von 100000 FrcS. auSbedungen worden, von welchen er als Abschlagszahlung 10000 Fr cs. erhalten hatte. Nach dem unglücklichen AuSgange der Kammer Verhandlung gelang es Ducret und Genossen, sich diese Summe von Frau Norton in Abwesenheit ihres Mannes zurückerstatten zu lassen — Millevoye wurde gestern abend ebenfalls von dem Untersuchungs richter verhört und zeigte sich sehr niedergeschlagen. Die Sprache der Presse kann ihm keinen Zweifel da rüber lassen, daß die Sache verloren ist. DaS bei nahe einstimmige Urteil der Blätter läßt sich in folgen der Bemerkung des „Eclair" zusammenfasfen: „Der Prozeß ist geschlichtet; Hr. Millevoye und seine Freunde sind in dieser Angelegenheit nicht hintergangea worden, wie sie c» uns ciureden möchten; sie wußten sehr wohl, waS sie thaten und wohin sie gingen. Da da- Panamakomplott mißlungen uar, so wollte man e- wieder ausangen, und da man keine echten Papiere vorzuzeigen hatte, so zeigte man salsche vor." — Indessen sucht man noch hier und da eine Art von Entschuldigung für die boulangiftischru Skandalunlernehmer darin, daß sie nicht von dem obikurrn Norton hlnlergangen worden, sondern da- unbewußte Werkzeug eines höher stehenden Politikers gewesen seien. — Die Lobletsche „Petite R6- publique" ist schnell mt der Bezeichnung deS letzteren bei der Hand „Wer könnte Millevoye und Genossen diesen bösen Streich gespielt haben, wenn nicht Constans? Ist es wahr", sagt dieie- Journal, „daß sich während der vorgestrigen Lammer- sitzung Norton im Faubourg Saint-Horror-, in der Wohnung des Hrn de C, ehemaligen Boulangisten, jetzigen Hauptagenten des Hrn Lonstans auigehalten hat?" Die Art, in welcher die Angelegenheit gestern im englischen Parlament zur Besprechung gelangte, findet man in Paris ziemlich beschämend, wenn nicht für die Kammer, doch für die Regierung, welche die Dinge soweit gehen ließ. Es heißt übrigens, die englische Regierung sei von dem Vorgang wenig er baut, obgleich Lord Roseberry im Oberhause erklärt hat, er werde denselben auf sich beruhen lassen; und ein Zeichen dieser Unzufriedenheit findet man in der Nachricht, daß Lord Dufferin, der in der nächsten Woche hierher zurückkehren sollte, seinen Aufenthalt in England verlängern werde. — Die Gerüchte über Cornelius Herz dürften nach den sihr bestimmten Erklärungen der Ärzte Brouardel und Charcot endlich zum Schweigen gelangen. Dem amtlichen Gutachten, welches der Regierung zugestellt worden ist, fügte vr. Charcot einem Redakteur dcs „Malin" gegenüber folgende Bemerkung hinzu: „Die diabriische Krankheit, an welcher Cornelius Herz leidet hat den höchsten Grad erreicht Wie lange kann Herz noH leben? 8 Tage, 14 Tage, einige Monate ? Nie» and vermöchte cs zu sagen Er ist vielleicht in diesem Augenblicke tot Alles, was man von der Eiheuchelung seiner Krankheit ge'agt hat, ist tie reinste Erfindrng." * Pari-, 24. Juni. In dem heutigen Minister rate teilte der Unterstaatssekretär Delcassv ein Tele gramm des Obersten Archinard mit, wonach die letzten Anhänger des König- Samori sich unterworfen hätten. Der Marineminister Rieunier gab bekannt, daß der Oberbefehlshaber der Seedivision deS äußersten Ostens, Admiral Humann, erst in Saigon angelommen ist und von da sich nach Bangkok begeben werde, um dort feinen offiziellen Besuch abzustatten. — In der Deputierlenkammer brachte Dreyfus (äußerste Linke) einen Antrag ein betreffend eine Amnestie für alle wegen politischer Verbrechen oder Vergehen und an läßlich Streiks Verurteilten. Es wurde die Dringlich keit für die sofortige Beratung beschlossen. Der Ministerpräsident Dupuy bekämpfte den Antrag, da derselbe zu unfruchtbaren Agitationen ermuntern würde. WaS die wegen der Ausschreitungen anläßlich der Streiks Verurteilten angehe, so seien die Begnadigungen ausreichend Der Antrag wurde mit 337 gegen 115 Stimmen abgelehnt. — Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde beschlossen, da- Cadregesetz am Montag zu beraten. — Norton, welcher eingestand, alle an geblich der englischen Botschaft entwendeten Papiere gefälscht und die Fingerzeige für die Fälschung von Ducret erhalten zu haben, wurde abends einer langen Konfi ontation mit Ducret unterzogen. Die Papiere des Grasen Cesti, welcher von mehreren Seiten al» ein früherer Wahlagent Boulangers und gegenwärtiger Wahlagent Constans' bezeichnet wird und der an der Dokumentenaffaire beteiligt sein soll, wurden gerichtlich versiegelt. mantel (Dresden), vr. Raoul Walther (München), Franz Schlosser (Coburg) DaS Ballett wird vom Ballettmeister Jean Golinelli (Leipzig) geleitet. Am 30. Juli werden die beiden Preisoperu aufge führt, und zwar zunächst „Evanthia" (Oper in 1 Aufzuge von Paul Umlauft) unter Direktion des Generalmusikdirektors Hofrat Ernst Schuch (Dresden), unter der Regie des Direktors Lüpschütz (Berlin) und unter der Mitwirkung von Frl. Malten (Dresden), Frl Hellmuth-Bräm (Berlin), Karl Scheidemantel (Dresden), Georg Anthes (Dresden), Richardi (Coburg), und hierauf „Die Rose von Pontevedra" (Oper in 1 Aufzuge vou Joseph Forster) unter der Direktion von Hofkapellmeister Joseph Sucher (Berlin) und unter Mitwirkung von Frau Götze (Berlin), Frau Herzog (Berlin), Frau Steinmann-de Jonge (Berlin), Paul Bulß (Berlin), Robert Philipp (Bcilrn). Ballett unter Leitung des Ballettmeisters Iran Golinelli (Leipzig). Am 31 Juli findet alsdann die gleiche Aufführung wie am 30. Juli statt. Ein neues Klavierpedal. In Frankfurt a. M führte nach der , Franks. Zta." letzten Dienstag der be kannte Klavicrvirtuose, Hr. Max Schwarz daS von Hin LouiS Noebe in Homburg v. d H erfundene vier teilige Koppelpedal einem größt.nteils aus Sachverstän digen bestehenden Publikum vor. Wie der erläuternde mündliche Vortrag und die gewählten praktischen Bei spiele irwiescn, läßt sich der Gebrauch dcS Noebrschen Pedals von jedem geübten, verständigen Pianisten in kurzer Zeit erlernen; eS bietet anderen ähnlichen, wegen ihrer Komplizürtheit nicht in die Praxis aufgenommenen Erfindungen gegenüber den Vorteil, daß die vier, in zwei Gruppen zusommengelegten Pedale durch Kop pelung mittels einfachen Fußtrittes wie die gewöhn lichen Klavierpedal' gebraucht weiden können. Noebes Einrichtung gewährt die Möglichkeit, einzelne Noten oder Ak orde länger tönen zu lassen, sei es im Baß, der Mittellage oder im Diskant; ein Teil der Töne kann durch Hebung einzelner Pedale verstärkt und glanz voller gestaltet werden; durch Anwendung der Pedale lassen sich ganz neue, eigenartige Crekcendoeffekie er zielen; schließlich gestattet die Einrichtung, daß beim Vierhändigspielen jeder der beiden Spieler selbständig p.dalisieren kann. ES zeigte sich bei der Vorführung der Beispiele, daß die Noebesche Pedalteilung dem verständnisvollen Pianisten eine Reihe ganz neuer Ausdrucks mittel bietet. Die Anwesende« brachten dem Vortrag wie der Erfindung selbst, deren praktische Verwendung sich bereits eine Anzahl namhafter Vir tuosen angelegen sein läßt, lebhaftes Interesse ent gegen. DaS Hofertenkmal auf dem Berge Isel. H. NatterS Hoferdcnkmal wird im September d. I. auf dem Berge Isel enthüllt werden. Das Hoferkomitee hat an eine Erweiterung des Denkmals gedacht, die eine künstlerische Veranschaulichung der ganzen Bewegung, gleichsam eine plastische Erläuterui g der Thaten deS Helden und seiner Kampfgenossen sein soll, und den Wiener Bildhauer Professor H. Klotz mit der Ausgestaltung der Gruppen betraut. DaS von Klotz geschaffene Modell ist im Säulenhofe des Österreichischen Museums in Wien ausgestellt und wird in einigen Tagen zur Landesausstellung nach Innsbruck geschickt. Ter architektonische Aufbau, ten der Bildhauer gemeinsam mit dem Architekten Prof. Ginzel entwarf, zeigt m einem Halbkreise die Kampf genossen Hofers rn zwei Figurengruppen und deren Thaten in vier Rr liess an den Wangen des Halbrundes Die Gruppe rechts vom Beschauer stellt den ?. Haspin- ger, Peter Mayr von der Muhr und einen alten Landslüimer, die Gruppe links dcn Speckbacher, das Mädchen von Sp.ngrs und einen Schützen dar. Hinter der Gruppe rechts sieht man in der Architek tur des Halbiundcs als Reliefs „Die Schlacht bei SpingeS" und „Die Schlacht bei Sterzing". Hinter der Gruppe links sind die Reliefs „Fahnenschwur" und „Die Schlacht auf dem Berge Isel" angebracht. Die Gruppen sind sehr glücklich angeordnet, jede Einzelfigur ist charakteristisch, die Reliefs sind voll Lcbcn und Bewegung. Alles Figuralische soll in Bronze, das Architektonische in Sterzinger Marmor hergestellt werden In solcher Weise wird NatterS schönes Hoferdenkmal zu einem Denkmal der Tiroler Volkserhebung werden. Es wird wohl ein Dezennium verstreichen, dis diese Erweiterung deS Denkmals voll endet sein dürfte. Erdschwere. Subtile Experimente behufs Wä gung der Erde werden, wie !>r. Krigar-Menzel in der letzten Sitzung der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin berichtile, auf Kosten dcr Akademie der Wissen schaften seit 1884 ongestellt. Die Anziehung, welche ein Körper seitens der Erde erfährt, soll mit derjenigen verglichen werden, welche ein fremder Körper, in diesem Falle ein Bleiklotz von nicht weniger al- 8 cbm Größe, also beinahe 2000 Zentner Gewicht, auf ihn ausübt. Von anderweitigen Versuchen, welche man bisher zu demselben Zweck gemacht hat, unterscheidet sich die