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Dresdner Journal : 19.05.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-05-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189305193
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930519
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930519
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-05
- Tag 1893-05-19
-
Monat
1893-05
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 19.05.1893
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W114. Freitag, den 19. Mai, abends. 1893. f-- isewiy ro, n, a, r, '/,«» V 6. 7, «, 7^, Ui " » 2, 3, S, 10, 11, >, 8, S, erschen chtn 6, , «, 8, a und 2, 3, U2 V., hldcrg testen Jn- rgeht dem» trüge :ton, ill in daher Sri. Non, >csru tätter eilen, Neu» liden, ea«, für I Re» echt :rein Skv" ör. ditiis, 'ür all« ltlandeS en. -III. Masse. Ninaten, all« veanxaprel,, vnOffa«» * U»r^ 30 kS, d«I 6« üeuliodan ?o»t»o»t»lt«a viertat- JUueliad 3 ttnrd; nu»«erk»lk 6e, «lvutacde» Kaiot»« tritt I'oit- nncl 8tswpelruicdl<^ dinru. Linaslns tluwvasrn: 10 kf. L»dü>»aixunx»rvdlldr«»: ttr a« Laum einar ^arpaltenen 2silo ^lsin« kadriN 20 ?f. Vater äi« 2«l« 30 ?L 8«i 'r»k«Ilea- uacl 2iffera»Ltr eatipr. ltalaotrlaz Lraedvlnear rR^iiod mit Xaaaakm» äer 8oaa- a koiertajs« »deaäa. karaiprecd-Xasctllass: dlr. 1285. Dres-nerZaurMl. Für die Gesamtlettung verantwortlich: L)ofrat Otto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. ^vvakmv ran ^vtünäl^unxen ausvärtsr l.«iprix: />. 8owwi»«,»uür äv» Or^-»liut:r Journale-, Lamdarn S«rl>a Visa S»,«I Sr«,I»> rraaktart ». N.: 1/ooeenrte«« voAlrr, L«r!ia-Vi»a N»a>darz- kr»^ I.«tp»is-I'r»atkmt ». lt. Nüackaa: /tat/, lt/o««,' k»rti Loackva SrrUa kraaUurt ». I« »tatl^art: Oaud« <t (.'o., 3«rUa: /nra/>clr«tla»«1, >r«»I»a: ^-nit Ladal^,' Laaaorrr: <7. Lctü«tler, L»N, ». 3.: Larct cö <7o. Ilerauzxeberr Lüaixl. Lrpeäitioa 6«.» vresäoer Journal». Orvaäea, ^«ia^eretr. 20. kernrprscd-Xoscdlua»! Ur. 1285. Zur gef. Weachtung. Diejenigen Bezieher, welche unser Blatt nach einem andern Aufenthaltsort nachgesendet zu haben wünschen, bitten wir, mit der be züglichen Bestellung gleichzeitig die an die Post zu entrichtende Überweisungsgebühr einsenden zu wollen. Dieselbe beträgt im ersten Monat eines Vierteljahres 60 Pfg., im zweiten Monat 40 Pfg. und im dritten Monat 20 Pfg Auf ausdrücklichen Wunsch besorgen wir die Nachsendung unter Kreuzband. Die Gebühren hierfür richten sich nach dem Gewicht der einzelnen Sendungen. Löuigl. Expedition -es Dresdner Journals. Fernsprech-Anschluß Nr. 1295. Amtlicher Teil. Dresden, 16. Mai. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Pfarrer Franz August Albert Janicaud in KottmannSdorf da- Ritterkreuz 1. Klasse vom AlbrechtSorden zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Geheimen RegierungSrathe Wittgenstein bei der KreiShauptmannschaft zu Leipzig daS Comthur- kreuz 2. Elaste vom Albrechtsorden zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Brandversicherungs-Oberinspektor a. D. Damm, vormals in Bautzen, jetzt in Dresden, das Ritterkreuz 2. Claste vom AlbrechtSorden zu verleihen. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische und telephonische Nachrichten. Karlsruhe, 18. Mai. (W. T. B.) Se. König!. Hoheit der Gro-Herzog ist vou seinem Unwohlsein wieder hergestellt; derselbe nahm die üblichen Lor- trLge entgegen und wohnte der zur Feier deS vierzigjährige« Bestehens des Hostheaters statt- grhavKn Festvorstrlluvg bei. München, 19. Mai. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der Führer der National-Liberalen, Bankdirektor Schau-, ist heute vormittag gestorben. München, 19. Mai. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Professor Keuckhohn von Göttingen ist gelegentlich eines Besuches hier gestorben. Wien, 18. Mai. (W.T.B.) Se. Majestät der Kaiser empfing Heutevachmittag den seit gestern hier weilenden Prinzen Gaston von Orleans. — Se. König!. Hoheit der Gro-Herzog von Hessen folgtenach seiner Rückkehr von dem AuSfluge nach Laxenburg, woselbst er an einer Pirutschade teilgenowmen hatte, einer Einladung der Kronprinzessin-Witwe Stefanie zum Diner, an welchem der Kaiser und die Erzherzöge Otto, Ferdinand und Ludwig Viktor teilnahmen. Der Kaiser stattete nachmittags dem Prinz Regenten Luitpold von Bayern einen Besuch ab Der Prinz-Regent Luitpold besuchte alle iu Wien anwesenden Mitglieder deS Kaiser hauses. Rom, 18. Mai. (W. T. B.) In der Kammer erklärte bei der Beratung des Budgets deS Aut. wärtigen der Deputierte Pougliese, er sei mit der Politik deS Ministers Brin unzufrieden, weil er den legitimen Empfindlichkeiten deS Landes nicht gtWhaend Rechnung trage, sogar so weit gthe^zu^ Kunst und Wissenschaft. Die Madonna deS Botticelli. Rovelle von Lothar Brenkendorf. 11 (Fortsetzung). Mächtig und unwiderstehlich quoll eS wie heiß leiden schaftliches Begehren in dem Herzen deS Malers auf, er hörte kaum noch, was Melanie sprach — er sah einzig ihre gefährliche, verführerische Schönheit, und als sie nun mit einer harmlos unbefangenen Frage ihr strahlendes Antlitz von dem Bilde hinweg ihm zuwandte, da mußte er gewaltsam an sich halten, um nicht irgend eine Thorheit zu begehen. Verlegen nur stotterte er eine Antwort hervor, um dann ihre Hand zu ergreifen und sie stürmisch an seine Lippen zu pressen. Melanie entzog ihm diese Hand nicht sogleich und das strahlende Lächeln verschwand nicht von ihrem Gesicht; aber mit bewundernswürdiger Sicherheit wußte sie der eigenartigen Situation gerade im rechten Moment ein Ende zu machen. Je weniger eS Herbert gelang, seine Verwirrung zu verbergen, desto natür licher erschien die Unbefangenheit, mit der seine Be sucherin sich jetzt in der liebenswürdigsten Weise von ihm verabschiedete und wie eitel Musik schlug ihm jede- Wort ihrer melallischeu Stimme an doS Ohr. ,Mein Vater hat Ihnen von unserem kleinen Feste gesprochen," sagte sie, als sie bereits in der Thür stand, „ich darf doch wohl Ihre Zusage mit nehmen — nicht wahr?" „Ich werde mir eine Ehre daraus machen —" stammelte er, obwohl eS ihm dunkel zum Bewußtsein zulassen, daß Oesterreich Ungarn ungeachtet der bestehenden Allianz Italien nicht immer freund schaftlich behandle. Pougliese besprach sodann die Befestigung von Biserta seitens Frankreichs, durch welche bestehende Verträge offenkundig verletzt würden und daS Gleichgewicht im Mittelmeere schwer bedroht würde, und f.agte an, ob daS Kabinett entschlossen sei, in Paris empfinden zu lassen, daß Italien, gestützt auf die Verträge und mit Zustimmung der Kabinette von London, Berlin und Wien, die Umgestaltung BisertaS in einen befestigten Platz nicht dulden könne. Der Redner erörterte hierauf die Bestrebungen, welche Krank reich in Bezug auf die Zwischenzone zwischen Tunis und Tripolis hege. Madrid, 19. Mai. (Tel. d. DreSdn. Journ.) In Pereiro, Provinz Orense, entstanden anläßlich der Veranstaltung einer Festlichkeit Streitigkeiten, wobei zwei Einwohner getötet und etwa zwanzig verwundet wurden. Dresden, 19. Mai. Die stürmische Schlußsitzung der böhmischen Landtages. x Den Jungtschechen ist es allerdings unter dem gröbsten Mißbrauch der parlamentarischen Straflosig keit nunmehr gelungen, den Schluß des böhmischen Landtages zu erzwingen, bevor derselbe über die von ihnen so heftig bekämpfte Trautenauer Abgrenzung-- Vorlage das ihm von der Regierung abverlangte Gut achten abgegeben hatte. Dieser Erfolg ging sogar noch über ihre Absichten hinaus, insofern durch daS vorzeitige Ende der Landtagssession den böhmischen patres oooseripti auch die Möglichkeit benommen wurde, die Verhandlungen über den LandeShauShalt zu beendigen. Aber diesen Mehrersolg, für den ihnen daS Land schwerlich Dank zollen wird, mußten sie mit in Kauf nehmen, nachdem sie zur Erreichung jenes Zweckes zu Mitteln gegriffen haben, die jede weitere Thätigkeit parlamentarischer BertretungSkörper unmög lich machen. Noch am Tage vor der Schlußsitzung des böhmischen Landtages hieß eS, daß die Jungtschechen andere^ weniger radikale Vergewaltigung-mittel wählen würden, um zu ihrem Ziele zu gelangen. Sie haben sich mit den Alttschechen in- Einvernehmen gesetzt, um mit ihnen einen gemeinschaftlichen AktionSplan zu verein baren. E- wurde den Alttschechen zugemutet, sich an det von den Jungtschechen vorgeschlagenen Obstruk tionsdebatte zu beteiligen, um sie auf diese Weise zu hindern, den von den Großgrundbesitzern etwa ge planten Antrag auf vorzeitigen Schluß derselben zu begünstigen. Die Alttschechen lehnten diesen Vorschlag zwar ab, da sie nach außen ihre Unabhängigkeit von der jungtschechischcn Parteileitung nicht in Frage ge stellt sehen wollten, aber sie stellten den Jung tschechen ihre Mitwirkung in anderweitiger, ihre „maßvolle Haltung" minder kompromittierender Richtung in Aussicht. Die Jungtschechen hatten hier auf beschlossen, vorerst einen Versuch zu machen, den Landtag durch ihr Nichterscheinen beschlußunfähig zu machen, und ihn auf diese Weise außer stand zu setzen, eine Abstimmung über den die Abgrenzungs vorlage betreffenden Bericht des Ur. Funke vorzu nehmen, und erst, wenn dieser Versuch fehlschlagcn sollte, zu den äußersten Mitteln ihre Zuflucht zu nehmen. Inzwischen wollte die jungtschechische Partei leitung noch einige Einschüchterungsversuche gegen dcn Adel in Scene setzen, um letzteren die Entrüstung des Volkes gegen sein verräterisches Vorgehen im Land tage fühlen zu lassen. Es wurden in der späten Nacht stunde von dazu erkorenen thatkräftigen Patrioten eine kam, daß er noch cor einer Viertelstunde fest ent schlossen gewesen war, die Einladung auszuschlagen. Dann fühlte er wieder für einen Moment die Be rührung einer weichen, lebenswarmen Hand, die sich mit sanftem Druck in die seinige schmiegte, er hörte das Rauschen ihres Kleides, den verhallenden Klang ihres leichten Schrittes, und eS war ihm, als ob irgend ein verborgenes Licht, das noch soeben alles um ihn her mit blendender Helligkeit übergossen hatte, mit einem Mal von unsichtbarer Hand ausgelöscht worden sei. Mit schwerem Kopfe wandte er sich wieder seinem Bilde zu. Noch zitterte die Erregung der letzten Minuten in seinen Nerven; aber eS war doch schon in demselben Moment, da Melanies bestrickende Schönheit nicht mehr unmittelbar auf seine Sinne wirkte, etwas wie der Beginn einer Ernüchterung über ihn gekommen. Er dachte an das Gespräch, welches er vor drei Tagen mit seinem Freunde geführt, und an die Entrüstung, mit welcher er damals die Zumutung zurückgewiesen hatte, sich um die Gunst der MillionärStochter zu bewerben. Sein Benehmen während deS kurzen Alleinseins mit ihr wollte ihm jetzt fast wie ein schmählicher Verrat erscheinen, den er an seiner eigenen Würde begangen, und er nahm sich vor, nicht länger an sie zu denken. Durch ein rückhaltlose- Versenken in seine Arbeit wollte er die Erinnerung an die kleine Scene ver scheuchen; aber eS war augenscheinlich das schlechteste Mittel, welches er dazu gewählt hatte. Denn während er sich an dem fast vollendeten Kopse deS schönen jungen Alcibiades zu schaffen mochte, klang ihm mit voller Deutlichkeit jedes Wort im Ohre wieder, da- Anzahl von Fenstern in der adeligen Ressource und im PalaiS de- OLerstlandmarschallS tingeschlagen, und in der Abendausgabe der „Nar. Lisch" anderweite empfindlichere „Abrechnungen" mit dem böhmischen Adel angekündigt. Früh am Tage der entscheidenden Landtagssitzung hatten sich in den zum LandtagSgebäude führenden Straßen, insbesondere auf dem Radetzkyplatze, zahl reiche Personen eingefunden, um sich auf irgend welche Weise an dem zu gewärtigenden „historischen Mo ment" zu beteiligen. Der Fünfkirchenplatz selbst wurde von der Polizei freigehalten, um etwaigen Kund gebungen der Volksmenge vor dem LandtagSgebäude vorzubeugen. Im Landtagssaale selbst waren zu Be ginn der Sitzung um All Uhr die Deutschen und, Großgrundbesitzer fast vollzählig erschienen, dagegen glänzten die Jungtschechen und auch die Alttschechen bis auf einige wenige Ausnahmen durch ihre Ab wesenheit. Nach Erledigung der Präsidialmitteilungen sollte die Vorlesung deS Berichts über den Kommis sionsbeschluß in Angelegenheit der Errichtung deS Trautenauer Gerichtskreises vor sich gehen. Da erhob sich der jungtschechische Abg. Dr. Engel, um den Antrag auf Auszählung deS Hauses zu stellen. Diesem Anttag hat der Oberstlandmarschall Fürst Lobkowitz sofort Folge gegeben, um schon nach wenigen Minuten die Thatsache festzustellen, daß die Zahl oer im Saale anwesenden Abgeordneten 137 betrug und da zur Beschlußfähigkeit die Anwesenheit von nur 122 Abgeordneten notwendig ist, der Landtag that- sächlich die zu Abstimmungen nötige Stimmenzahl auswieS. Sofort nach dieser Erklärung strömten die jungtschechischen und alttschechischen Abgeordneten in den Sitzungssaal, worauf der Jungtschrche vr. Kut schera in eindringlicher Rede nochmals den Oberst landmarschall beschwor, die Verhandlung über den Bericht deS Or. Funke von der Tagesordnung abzu setzen. Aber vergeblich; Fürst Lobkowitz erteilte — allen Vorstellungen dieses jungtschechischen Redners zu trotz — vr. Funke daS Wort zur Berichterstattung. Kaum hatte der Berichterstatter die ersten Worte ge sprochen, da erfolgten unbeschreibliche Scenen. ES wurde gezischt, geschrien, mit den Füßen gestampft, mit den Fäusten auf die Pulte geschlagen und an derer ohrenbetäubender Lärm iuL Werk gesetzt, und schließlich als l)r. Funke sich anschickte, seinen Bericht den Stenographen ins Ohr zu diktieren, gegen letztere selbst ein Angriff unternommen, um sie an der Auf zeichnung des Berichtes zu verhindern. Nach wieder holten, aber vergeblichen Versuchen, der wüsten Scene ein Ende zu machen, verließ schließlich der Oberst landmarschall den Präsidententisch und bald darauf auch den Saal. Seinem Beispiele folgte auch der Statthalter. Nach Verlauf einer halben Stunde kehrte, nachdem im Saale der Lärm etwas nachgelassen hatte, der Oberstlandmarschall wieder zurück, um die Er klärung abzugeben, daß er im Sinne des 8 15 der Geschäftsordnung die Sitzung aushebe. Langsam entfernten sich die Abgeordneten aus oem Saale und unter diesen waren die Jung tschechen die letzten, die den Weg nach Hause antraten. Sie befürchteten, der Oberstlandmarschall plane eine plötzliche Wiederaufnahme der Sitzung, um in hinter listiger Weise die so vereitelte Verhandlung über den fraglichen Kommissionsbericht doch noch zu ermöglichen. Deshalb beschlossen sie, für dielen Taz in ihren Woh nungen zu verbleiben, um auf etwaige Einladung sich sofort wieder in den Landtagssaal zu begeben. Unter der Einwirkung der eben geschilderten Sturm scene im Landtage und der verfügten Aufhebung oer Sitzung versammelten sich die deutschen Abgeordneten und beschlossen, daß ihr Klub sich in Permanenz erkläre und nicht auseinander zu gehen habe, ohne mit vollem Nachdruck seinen Einfluß bezüglichder weiteren Entwickelung der augenblicklich außer Rand und Band Melanie zum Lobe seines Bildes gesprochen hatte, und gegen seinen Willen umschmeichelte ihn aufs neue die Vorstellung, ein wie köstliches Ding eS um den Besitz eines Weibes sein müsse, das dem Schaffen deS Mannes Schritt für Schritt mit dem feinen Ver ständnis einer künstlerisch veranlagten Natur und mit der warmen Anteilnahme eines liebenden Herzens zu folgen vermöge. Als er nach Verlauf einer halben Stunde plötzlich inne wurde, daß er so gut wie nichts fertig gebracht habe, gab er den Versuch auf, sich durch seine Arbeit auf andere Gedanken zu bringen, und kleidete sich zu einem Spaziergange um. Ehe er die Thüre seines Ateliers hinter sich schloß, ließ er noch einmal den Blick über den einfachen, schmucklosen Raum dahin- siiegen, und die Empfindung, wie armselig doch eigentlich dies alles sei, hatte sich ihm nie zuvor so lebhaft und unabweiSlich aufgedrängt, als in diesem Moment. Wieviel leichter hätte eS ihin nicht werden müssen, sich in daS glückliche Zeitalter der schönheitSvurstigen Hellenen zurückzuträumen — wieviel fruchtbringende Anregung hätte er nicht für sein Bild empfangen müssen, wenn er sich ganz nach seinem Wohlgefallen mit allem Schönen und Prächtigen hätte umgeben können, was ein Malerauge erfreut! Zum ersten Mal eigentlich kam es ihm überzeugend zum Bewußtsein, wie gewaltig doch der reiche Künstler dem armen gegenüber von vornherein im Vorteil sei, und eine bi- dahin kaum gekannte Bitterkeit über die un gerechte Verteilung der irdischen Güter stieg in seinem Herzen auf. geratenen Fragen auf die entscheidenden Kreise zu üben. Auch die Alttschkchen traten zu einer Beratung zusammen, um zu der augenblicklichen Lage Stellung zu nehmen. Es handelte sich darum, ob nicht die sofortige Niederlegung der Abgeordnetenvollmachten zu erfolgen habe, aber auch diesmal beschloß der alt» tschechische Klub, vorläufig abzuwarten, wie sich die Lage weiter entwickeln werde. Nur l)r. Mattusch, einer der tschechischen Unterzeichner der Wiener Ver einbarungen, zog es vor, seinen Wählern die MandatS- niederlegung unter ausführlicher Angabe der Gründe mitzuteilen. Jungtschechischerseits hat man, um das Eisen zu schmieden, so lange es heiß ist, für die kommende Nacht umfassende Straßenkundgebungen geplant, die jedoch an den Vorsichtsmaßregeln der Polizeiorgane scheiterten. Spät in der Nachtstunde traf aus Wien die Meldung von dem im Ministerrat beschlossenen Schlüsse des Landtags ein, nach deren Bekanntgabe die Ruhe überall wieder einkehrte. Die Jungtschechen können sich endlich eines poli tischen Erfolges rühmen, aber — wie ein Prager Blatt zutreffend bemerkt — eines solchen, den das Fausttecht herbeigeführt hat und der keinen Wert und keine Dauer haben kann, wenn nicht von der berufenen Seite durch vollständiges Zurückweichen daS Faust recht in der böhmischen Landesvertretung sanktioniert wird. Im Interesse ihres eigenen Ansehens, nicht nur zur Entwirrung der durch blindwütige Leiden schaft verknoteten böhmischen Frage, wird die Regierung aller Voraussicht nach darauf bedacht sein müssen, auf dem Verwaltungswege vorzugehen, denn der Umstand, daß die Verbohrtheit der Gegner einer ehrlichen Schlichtung des nationalen Streites den ordnungs mäßigen Gang der Landtagsverhandlungen einfach unmöglich macht, darf nicht die ganze RegierungS- Maschine in- Stocken bringen. Tagesgelchichte. * Berlin, 19. Mai Se. Majestät der Kaiser sind gestern abend 6 Uhr 10 Min. in MuSkau ein getroffen. Auf dem festlich dekorierten Bahnhof wurden Se. Majestät vom Grafen Hermann v. Arnim und Grafen v. BiSmarck-Bohlen empfangen, worauf die Fahrt zum Schlosse erfolgte. Auf dem Wege dahin bildeten die Vereine Spalier, die zahlreich herbei geströmte Bevölkerung begrüßte Se. Majestät mit be geisterten Hurrarufen. — Wenn an die Nachrichten darüber, war in der vorgestrigen StaatSministerialsitzung verhandelt ist, schon wieder allerhand Betrachtungen wesentlich zu dem Zwecke angeknüpft werden, Stimmung gegen die Regierung bei den Wahlen zu machen, so erinnern die „B. P. N." daran, daß alle angeblichen Meldungen über Staatsministerialverhandlungen auf Kombination und nicht auf authentischen Quellen beruhen. Ist deshalb überall Vorsicht solchen Meldungen gegen über geboten, so besonders dann, wenn dieselben, wie in dem vorliegenden Falle, zum Ausgangspunkte agitatorischer Stimmungsmache dienen sollen. That- sächlich ist, wie das genannte Blatt schreibt, in der gestrigen StaatSministerialsitzung weder die Militär vorlage noch irgend ein anderes der von den Kon jekturenmachern beliebten Themata verhandelt worden. Wenn insbesondere jetzt versucht wird, aus Anlaß jener Mi.teilungen mit angeblichen Monopolabsichten der Regierung bei den Wahlen zu krebsen, wie dies bereits der Wahlaufruf der Herren Richler und Payer unternimmt, so kann versichert werden, daß Ausstreuungen dieser Art nach wie vor jeder that- sächlichen Unterlage entbehren. Es handelt sich bei den selben lediglich um die Gewinnung der von solchen Plänen in erster Linie berührten Berufsklassen zur Füllung der WahlkasseundfürdieWahlurnen. DasTabakmonopolhat 1881 nach beiden Richtungen zu gute Dienste qe- Mit finsterer Stirn wandte er seiner geliebten Arbeitsstätte den Rücken, und seine Laune war nicht besser geworden, als er nach Verlauf von Stunden zurückkehrte. Er versuchte, eine neue Skizze für daS Ellingersche Deckengemälde zu entwerfen, aber was er auch beginnen mochte — in der Stimmung, die ihn jetzt beherrschte, wollte ihm nichts gelingen, und dieser fast unerträgliche Zustand innerer Zerrissenheit und Unruhe peinigte ihn ebenso auch während der folgen den Tage, die bis zu dem Feste im Hause des Kom merzienrats noch vergingen. Als ihm mit der Post die schön gestochene Ein ladungskarte für das Fest zugekommen war, hatte er noch einmal für eine kurze Zeit mit sich selber ge kämpft, ob er sie nicht doch mit einer Ablehnung be antworten sollte, und als es dann nach den Gesetzen der Schicklichkeit zu spät dazu geworden war, da reute es ihn, daß er es nicht gethan. Denn er konnte ja nicht länger im Ungewissen darüber sein, daß Melanie Ellinger seit ihrem Besuch in seinem Atelier einen verhängnisvollen Einfluß auf sein Leben gewonnen hatte und daß es vielleicht nur noch einer einzigen, ähnlichen Versuchung bedurfte, um ihn all' seinen bis herigen Grundsätzen und Ueberzeugungen untreu werden zu lassen. Immer häufiger und immer länger versank er inmitten seiner Arbeit in müßige Träu- mereien, die seine ärmliche Umgebung in eine mit oller Üppigkeit deS Reichtums geschmückte verwandelten — und wenn es auch seltsamerweise zuweilen ge schah, daß er in solchen Träumen ein weibliches Wesen an seiner Seite wähnte, welches nicht Fräulein Me lanie Ellinger- stolze Züge trug, sondern vielmehr Aehnlichkeit mit der holdseligen jungen Unbekannten
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