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Dresdner Journal : 07.04.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-04-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189304078
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930407
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930407
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-04
- Tag 1893-04-07
-
Monat
1893-04
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 07.04.1893
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* Berlin, 6. April. Ihre Majestät die Kaiserin erteilten am DienStag mittag dem bisherigen Königl. Sächsischen Militärbevollmächtigten Generalmajor v. Schlieben die nachgesuchte AbichiedSoudienz. Auch gestern erteilten Allerhöchstdieselbe einige Audienzen. — (B. P. N.) Nachdem der Bundes rat den Gesetz entwurf gegen gemeingefährliche Krankheiten soweit fertiggesteUt hat, daß derselbe der Volksvertretung unterbreitet werden konnte, liegt ihm von gesetz geberischen Arbeiten hauptsächlich noch die Novelle zur Gewerbeordnung vor, welche dcn Gewerbebetrieb im Umherzieheu betrifft. In dieser Angelegenheit waren schon längere Zeit hindurch von den zuständigen Reichsbehörden Erhebungen veranstaltet, als inr Anfang November v. I. Bayern beim Bundesrate den Antrag stellte, über einen Gesetzentwurf von 13 Artikeln, be treffend die Änderung der Gewerbeordnung, Beschluß zu fassen. Der Entwurf wurde in Beratung gezogen und hat seitdem verschiedentliche Erörterunzen erfahren. Man ist im allgemeinen ein g darin, daß dem seß haften Kleingewerbe ein Schutz gegen die Konkurrenz des Hausfi rhandels gewährt werden mutz, jedoch sollen auch die berechtigten Interessen des letzteren sowie der Handelsreisenden nicht geschädigt werden. Er ist sehr schwierig, hier die richtige Grenze zu ziehen und ge setzliche Bestimmungen zu treffen, welche beiden Zielen gerecht werden. Tie Verhandlungen dürsten demnach in nächster Zeit wohl noch nicht zum Abschluß ge bracht werden können Bei dem gegenwärtigen Stand der Arbeiten des Reichstages, dem noch eine ganze Anzahl von Gesetzentwürfen zur Erledigung vorliegt, ist es überhaupt nicht sehr wahrscheinlich, daß demselben eine Gewerbeordnungsnovelle über den Hausierhandel noch in der laufenden Tagung zugestellt werden wird. — Im „Neichsanzeiger" ist zu lesen: Die „Franks. Ztg." erwähnt in ihrer Nr. 92 vom 2. d. Mts. mehrere in der neuesten Zeit vorgekommene Fälle von „Miß handlungen Deutscher in Brasilien" und spricht die Befürchtung aus, daß sich unter den Geschädigten auch Reichsangehörige befinden. Bezüglich des in dem Artikel an erster Stelle erwähnten Friedrich Haensel, der am 1. November v. Js. bei seiner Verhaftung von der Polizei in Porto Alegre m den Rücken geschoßen worden und nach wenigen Tagen seiner Verwundung erlegen war, ist dies nicht der Fall. Er war, wie die „Franks. Ztg." selbst angiebt, Deutsch.Brasilianer, und es war auö diesem Grunde die Angelegenheit mit Rücksicht auf die brasilianische Staatsangehörigkeit d:s Getöteten der amtlichen Einwirkung der deutschen Vertreter in Brasilien völlig entzogen. Erne weitere Ausschreitung der brasilia nischen Polizei hat am Weihnachteadend des vergangenen Jahres in Säo Paulo bei Gelegenheit des Weihnachts festes des dortigen Deutschen Allgemeinen Arbeitervereins stattgefunden, wobei zwei Reichsangehörige mit der blanken Waffe verletzt und ihre Musikinstrumente vernichtet worden find. Der brasilian sche Minister des Auswärtigen hat gegenüber dem Kaiserlichen Vertreter in Rio, der sich der Interessen d:r Geschädigten ohne Verzug warm angenommen hat, eingeräumt, daß die Polizeivrgane im Unrecht gewesen feien, und die Entlassung der Schuldigen aus dem Polizei corps versprochen, während die Frage der Entschädigung der betroffenen Reichsangehörigen gegenwärtig noch der Erörterung zwischen dem Kaiserlichen Konsul in Säo Paulo und den dortigen Lolalbehörden unterliegt. Was endlich den dritten, in der,,Frankfurter Zeitung" zur Sprache gebrachten Fall anlangt, der sich am Sonntag vor Fast nacht in Curitiba im Staate Parana zugctragen haben soll, so ist der diplomatische Vertreter des Reichs in Rio tele - graphisch angewiesen worden, den Sachverhalt zu unter suchen und, wenn die Interessen von Reichüangehörigen dabei verletzt worden sein sollten, bei der brasilianischen Regierung mit allem Nachdruck die energische Bestrafung der etwa schuldigen brasilianischen Beamten, sowie die Ge währung einer vollständigen Entschädigung für die be troffenen Deutschen zu beantragen. — Zu den (gestern von uns wiedergegebenen) Bemerkungen der „Köln. Ztg." erklärt die „Frei sinnige Zeitung" des Abg. E. Richter: „Was die freisinnige Partei betrifft, so besteht bekanntlich (!) innerhalb derselben kein Fraktionszwang, außer in Fragen des Parteiprogramms. Wer in Widerspruch tritt mit dem Parteiprogramm, scheidet damit natür lich von selbst aus der Partei aus. Bei der Militär vorlage ist von Fraktionszwang überhaupt nicht die Rede; es handelt sich um die Frage, ob und wie weit es erforderlich ist, das Volk in finanzieller und per soneller Beziehung für Heereszwecke neu zu be lasten ..." Der „N. A Z." berichtet: Darnach würden die „Freisinnige Zeitung" und ihre Hinter männer wohl aus der freisinnigen Partei ausscheiden müssen; setzen sich dieselben doch alle Tage mit dem Parteiprogramm in Widerspruch, dessen die Heeres- verbältnisfe betreffender Satz bekanntlich lautet: „Er- stupge yer^elzuiuyren. PH feye llar, ganz klar. Hätte es das Unglück gewollt, daß Marcel das Opfer geworden wäre, dann wäre dem Schändlichen die Sache noch leichter gewesen, denn er wußte ja mit Bestimmt heit, daß der Mörder meines Verlobten mir nicht mehr unter die Augen treten konnte — und dann hätte er für alle Zukunft die Bahn frei gehabt! Ja, so ist's, so ist es — ich könnte darauf einen Eid ablegen!' „Ich verstehe Sie noch nicht ganz Jener Eytzing hat doch nicht —" „Jener Eytzing hat alles Mögliche gethan, um mich von hier sortzubringen, um mich in die Fremde zu versetzen, in das Haus einer Verwandten, wo er den Herrn spielen — wo er mich mit seiner wahn sinnigen Leidenschaft verfolgen und überrumpeln konnte; darauf ging all sein Sinnen und Trachten. Solange zwei Nebenbuhler neben ihm lebten — denn auch Heissenstein strebte nach meiner Hand — schien ihm eine Wetibewerbung hoffnungslos, und mit Recht. So bald es ihm aber gelungen war, den einen aus der Welt und den anderen aus der Gegend zu schaffen, änderten sich die Dinge. Er stand allein auf dem Platze, um unter der Maske des ergebenen Freundes, des Opferwilligen, des Mitleidsvollen sein Netz aus- zuspannen, hoffend, daß er es eines Tages leicht werde zusammenziehen können." ,Loe, Sie sind erregt; ist es nicht Ihre Phan tasie, die Ihnen da einen Streich spielt und Sie auf falschen Weg führt?" „Nein, nein, nein! E» ist so, sage ich Ihnen. Schon zu allem Anfang ahnte ich, daß dieser Mann mir näher treten wollte, als mir lieb war: meine ab lehnende Haltung mochte ihn bewogen haben, sich VW Haltung der vollen Wehrkraft des Volkes, volle Durch führung der allgemeinen Dienstpflicht bei möglichster Abkürzung der Dienstzeit." — Wie da» offizielle Organ deS sozialdemokra tischen Partei Vorstandes seinen Lesern über die Mckitär- vorlage berichtet, davon au- dem heutigen „Vorwärts" nachstehende Proben: »Die Mililärvorlaßt. .Kölnisch«', .NorLteuifche', in- gesamie ZriiungSgrsirde der Reakiion, ist raftlo- sür die Mitiiürvoil^ge «hütig. Eisri« sind di- offiziösen Vogelsteller dabei, ihre Lcinnuicn und Rehe aufzustellen, hoffend, d>b die Simpel ihnen in- Larn flie Gelogen, gelrogen, gesSlich», entstellt wird nach Roien; olle, au» die schäbigsten Kniffe der Biemarckei wcrd-a von den gennffenl»sen Vogelsteller» gebraucht. Drohungen wechseln ab mit Schmeicheleien, hinter den Kulissen aber spielt sich unablässig ab der Kuhhandel des Kompromisse-. Darüber mögen sich die Wähler nicht täuschen: die bürgerlichen Mehrheit-Parteien mogeln und munkeln, wa- das Zeng hält. Sorge Las Volk dasür, daß es nicht hinter-Lrcht geführt werde, sehe eS seinen bürgerlichen Vertrelern aus die Finger. Die einzige Partei die von Anfang an offen und eins-ch ihre Losung hatte: Kernen Mann und keinen HellerI ist die Sozial demokratie ' — Die internationale kriminalistische Ver einigung, welche ihre sür den verflossenen Hochsommer geplante dritte LandeSversammlung der Landesgruppe Deutsches Reich wegen der Choleragefahr vertagte, trat heute hier zusammen, um an den kommenden Tagen ihre B.ratungen wieder aufzunehmcn. Wie die gedachte Ver einigung, zusammengesetzt aus den hervorragendsten Prak tikern und Theoretikern der Strafrechtspflege aller Kultur staaten, sich auf dem an sich richtigen Grundbestreben auf gebaut hat, im Kampfe der Gesellschaft gegen das Ver brechen die erfahrungsgemäß überall gleichmäßig austretenden Grundformen verbrecherischer Neigungen und Erschein ungen zusammenzustellen, so hat sie es durch die w'ssen» schaslliche Gründlichkeit und doch praktische Verständigkeit ihrer Beobachtungen verstanden, sich in den Brennpunkt aller strafrechtlichen Neformbewegungen zu stellen Wo immer die Vereinigung ihre Tagung abhält, werden des halb auch ihre Beratungen und Verhandlungen mit ge spanntem Interesse verfolgt Auch die hier zur Erörter ung gelangenden Fragen, die Behandlung der verwahr losten und verbrecherischen Jugend, wie die Reformbedürstig- keit der Bestimmungen un Reichsstrafgesetzbuch über dre korrektionelle Nachhaft sind so einschneidender Natur und greifen auf so mannigfache Gebiete des öffentlichen Lebens und seiner gesetzlichen Regelung im modernen Rechtsstaate über, daß die fachmännische Behandlung dieser Probleme von Bedeutung sein wird. In der Behandlung des erste ren von beiden Themen, zu deren Berichterstatter der Staatsanwalt vr Appelius berufen ist, befindet sich die Vereinigung im Einklänge mit allen Stimmen, die sich öffentlich erhoben haben, um die Grenze der Strafmündig keit vom zwölften bis auf das vierzehnte Lebensjahr hin- auszurücken. Dabei wird vor allem dann aber auch die staatlich überwachte Erzielung der verwahrlosten Jugend, vie landesgesetzliche Errichtung von Erziehungsämtern und eine besondere reichsgesetzliche Regelung der sür Bestraf ung und staatliche Überwachung jugendlicher M ssethäter erforderlich erscheinenden einheitlichen Behandlung zur Er örterung kommen — Zu dem Fall Kurtz schreibt die „Kölnische Zeitung": Die vor einigen Wochen inRoun wegen Epionageverdachts erfolgte Verhaftung und spätere Ausweisung des württem- bergrschen RoßarzteS Kurtz giedt von n uem Gelegenheit, fist- zuslellen, wie wenig genau die französischen Zeitungen und nicht minder die französischen Behörden es mit der Wahrheitsliebe zu nehmen pflegen, sobald eS sich darum handelt, deutsche Unterthanen inS Unrecht zu setzen. D-r ministerielle „TempS" trägt kein Bedeuten, solaendr ihm off nbar von der Re„ierung zugestellte Nole zu veröffentlichen. Er schreibt: Man wird sich eireS jungen Mannes, Reserveoffiziers im Deutschen Heere, erinnern, der, auf der Rückkehr von einer Reise nach England, sich ohne bekannten Zweck in Rouen ein- gewieter hatte und w-gen Spionageverdachts verhaftet worden war. Nrch einer schleunigst geführten Untersuchung wurde beschlossen, der Sache keine weitere Folge zu geben. Doch wurde dem Kurtz (dies ist d r Name des jungen Mannes) ein Ausweisungsbefehl auf dem Verwaltungswege zugestellt. Dieser Ausweisung hat er sich sofort unterworfen, nur bat er, zuvor seine Familie und den deutsch n Botschafter von dein, was ihm g schehen, unterrichten zu dürfen. Da die Übe Mittelung des Brieses des Kurtz an den deutschen Bot schafter einige Verzögerung erlitten hatte, so hat der Botschafter Graf Münster unsern Minister der auswärtigen Angelegen heiten darauf aufmeiksam gemacht (eu suit, ta rewargus). Hieraus beschränkt sich, glauben wir, der Schritt des Bot schafters, von dem eine au» Berlin an einen unserer Kollegen gerichtete Depesche spricht Soweit der , Demos'. Um die Wahrheitsliebe dieser osfi- ziösen Meldung zu kennzeichnen, begnügen wir uns damit, fistzustellen, daß Hr. Kurtz nicht erst den Bries an den Botschafter Grasen Münster gerichtet hatte, nachdem er dcn Ausweisungsbefehl erhalten hatte, sondern bereits volle acht Tage vorher, daß die französischen Behörden in Rouen es verstanden haben, diesen und einen gleichzeitigen Brief des Hrn. Kurtz an dcn deutschen vizekousul in Rouen, in dem gleich zeitig am'lichcs Einschreiten nachgesucht wurde, vom tv. bi- zum 26. März widerrechtlich zurückzuhalten, und daß diese Briefe tum deutschen Botschafter und dem deulichen vizekonsul erst zugestellt woiden sind, nachdem Hr Kurtz bereit- den fran- zulückzuzwhen; er legte feine zudringliche Art ab, hielt sich mehr im Hintergründe und heckte seine Pläne im Stillen aus, während wir ihn sorglos als unschädlichen, ungefährlichen Menschen betrachteten. Dann trat er wohl auf den Plan, aber bescheiden, schüchtern — kurz, wie ein Freund, der nicht undeli kat sein und uns doch seine Freundschaft beweisen will. Meinen Vater verstand er schnell um den Finger zu wickeln und in ihm erwartete er im ent scheidenden Augenblicke einen Bundesgenossen zu fin den ; daS wäre ihm auch kinderleicht gelungen. In Venedig spielte er sich dann als den Melancholischen auf, den Mann, der sich einsam, traurig fühlt und der auf das weibliche Mitleid rechnet, um ihm die Ausführung seines Planes zu erleichtern. Als ihm diese Berechnung mißglückte, zog er andere Saiten auf: war eS Komödie oder Ernst — kurz, er trat vor mich hin und schwor, sich zu meinen Füßen zu erschießen, wenn ich seine Liebe nicht erwidere oder doch wenig stens seinem Flehen, ihm die Hand zu reichen, nicht ein williges Ohr leihen wolle. Ja, im Fieber des Wahnsinns beteuerte er sogar, zu jedem Verbrechen um meinetwillen bereit zu sein — obwohl ich kein solches von ihm verlangte — aber jetzt weiß ich, daß er damals wahrgesprochen, daß er sich unbewußt selbst verraten, daß er um meinetwillen bereits ein Ver brechen begangen hatte!" Sie hielt erschöpft inne, nach Atem ringend und die Gedanken zu sammeln suchend, die in einem wilden Tanze durch ihren Kopf wirbelten. „Und Marcel selbst? Wir erklären Sie sich sein Verschwinden, sein beharrliche- Schweigen?" „Ja, da» ist mir noch ein dunNer Punkt — zum »öMr» vod«a »crlaffcn hatte. Die Raarntr Behörden hab.» formt i» umfassendster und vorsichtigster Weise dasür gesorgt, Hrn. Kurtz völlig hitllo- und fchutzlo- zu la en, so lange er aas frunzösilchem Bode» weit!«. Loß der deutsche Bols l äster, nachdem er Kenntnis von dieser brrspiellvsen Brbaadluag eine« völlig unschuldigen Deutschen erhalten batte, fick, dank begnügt haben sollte, Hrn Devellr aus die Brirsverzög»rung ausmerl'am zu machen, da« wird der „DempS" sicherlich nur sranzösischen Lesern ausbinden können Gras Münster pflegt in solchen Dingen eine recht deull-che Sprache zu sühren, und Ler „Demps" wird ganz gerwu wissen, doß der Gus auch in diesem Falle eS nicht an Deutlichkeit und Bestimmtheit fehlen gclasfen hatte. Für uuferr deutschen Landsleute in Ler Heimat aber lehrt dieser Fall aus« neue, daß der Deutsche a>S solcher in Frank, eich schütz os und rechtlos ist und daß ein A senthalt iu diesem Lunde sür ihn dir bedenklichsten körperlichen und moralischen Ersah:en mit sich bringen kann. Hr. Kurtz, der Sohn deS bekannien Stuttgarter Leihftallbesitzers, Ha le be kanntlich eine Reise nach England und der Normandie unler- nommen, um dort seine Kennlniffe in der ausländischen Pieide- zucht zu erweitern, in Reuen hatte er dazu um so b sser Eelegenheit, weil dort ein Freund v » ihm wvhnle, der ihm bei seinem Streben dehilsl-ch war. Ec hat i ichtS Arges od.r irgend Verdächiiges begangen; aber er war ein Deutscher, und da» allein genügte sür die stanzvsischen Behörd-n, lh wie einen Verbrecher zu behandeln und ihn acht Tage eiuzusperren. Daß die sronzöjische Regierung hinterher nicht einmal den Mut hat, der Wahrheit die Ehre zu geben, ist auch ein Beitrag zu den politischen Zu ständen in Frankreich, die seit einem halben Jahre dort enthüllt worden sind. Prag, 6. April. Die heute wieder aufgenom- mene Landtagsseffion von 1892 — die letzte Sitzung fand am 27. September v. I. statt — ver- fpriHt allen Anzeichen zufolge und namentlich mit Rücksicht auf die Kampfcsstimmurg der Junglfchechen eine befonders lebhafte zu werden. Uutec anderem soll auch die Adrrßangelegenheit wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden, nachdem von jung tschechischer Seite in der letzten Landtagssitzung bereit em Adreßantrag und Entwuif eiugebracht worden ist. Tas jungtschechiscke Haupidlatt, die „Nar. Listyh for dert heute die Alitfchechen mit großem Pathos auf, ihrer Adresse beizutreten und mit ihnen die Stimme an den Thron zu erheben „für das Recht, die Bedürf nisse und das Wohl des schwergeprüften Vaterlandes und des leidenden Volkes." „Ermannt Euch" — ruft das Gregr'fche Blatt den Alttschechen zu — „in kriti scher Zeit zu einer patriotischen That. Nehmet unsere Adresse an oder bringt eine eigene Adresse ein, darauf kommt eS ja nicht an, aber schweigt nur nicht feige und stumpfsinnig zu den langen und unerträglichen Unbilden, seid nur nicht klein in großer Heil". . . . Der Geist, der aus diesen Worten deutlich spricht, läßt leider nicht erwarten, daß Mäßigung und Ent gegenkommen aus jungtschechischer Seite vorherrschen werden. — In der heutigen Landiagisitzung hat die Regierung sich sofort mit mehreren Vorlagen ein gestellt; dieselben betreffen die Ausscheidung der bezüglichen Gemeinden und die Errichtung von Bezirksgerichten, sowie eine» KreisgerichteS, und zwar je eines Bezirksgerichtes in Jansdorf, Dittersbach und Gabel, dann die Errichtung eines deutschen KreisgerichtSsprengelS mit dem Amts sitze in der Stadt Trautenau für die Bezirksgerichts- sprengel Arnau, Hohenelbe, Marschendorf, Rochlitz, Schatzlar und Trautenau des Kreisgerichtssprengels Gitschin, dann Braunau und WekelSdorf des KreiS- gerichtSsprengels Königgrätz. Der Landtag wird um sein Gutachten im Sinne der Gesetze vom 11. Juni 1868 und 26. April 1873 ersucht; ferner teilte die Regierung mit, daß dem Landtage in der nächsten Zeit auch eine Regierungsvorlage, betreffend die Er richtung eines (tschechischen) KreiSgerichts mit dem Amtssitze in der Stadt Schl an, zugehen wird.... Den seit der Vertagung des Landtags verblichenen Ab geordneten widmete der Oberstlandmarschall Nachruse, wobei auf deutscher Seite der besonders warme Ton, mit welchem der Oberstlandmarschall deS verstorbenen Abg. Emil Müller gedachte, mit lebhafter Befriedig ung wahrgenommen wurde. Unter den eingebrachtcn Interpellationen befinden sich drei an den Sta.thalter gerichtete Anfragen in Bezug auf die mit der Heinrich- Angelegenheit im Zusammenhänge stehenden Vorkomm nisse. Die erste belriffi kie Abweisung der Denkschrisl des Prager StadiverordneienkoUeziumS in Sachen des deutschen Schul- w-sens in Prag. Es wird geiragt, ob der Slatihatier die fachlichen Darlegungen der Denkjchrift der unparienfipen Er wägung zu unterziehen gedenke und ob die Prager Stadt- vemelung hoffen löune, daß von ihr der nngerechisertigte ver dacht der Ungunst und Feindseligkeit, in welche sie durch die vusjührungen mehrerer Mr'glieder der deutschen Abteilung des Landesschulrats gebracht worven ist, genommen werde, sobald der Statthalter die Ausführungen der Denkschrift aeprüst haben wird Die zweit«. Interpellation betrifft die Verhandlungen des Landesschulrats, dem vorgeworfen wird, daß er sich zahl reiche Verletzungen des grsetzichen Zustandes zu Schulden Teil wenigstens. Daß er schwer krank gewesen, sogt er ja -- aber vor dieser seiner Erkrankung hätte er wohl ein Lebenszeichen geben können, wenn er nicht irgendwie zum Schweige« gebunden war. O, auch dahinter steckt Eyhing! Er versteht sich darauf, die Menschen seinen Wünschen gefügig zu machen. Daß Marcel gegen mich eine Beschuldigung vordrachte, wie sie in seinem Briefe enthalten ist, dazu mußte er gewichtige Beweise haben, die Gewißheit, daß ich ihn feige verlassen, nachdem doch ich teilweise die Ursache des unglücklichen Zwischenfalles gewesen; auf Un bestimmtes hin würde er sicherlich nie das Vertrauen zu mir verloren haben, dessen bin ich gewiß. Irgend jemand mnß ihm also schwarz auf weiß bewiescn haben, daß ich seiner unwürdig sei, daß ihm nichts übrig bfiibe, alö mir zu entsagen. Die natürliche Ver mutung ist die, doß jener Teufel auch hier die Hand im Spiele gehabt hat . . . Und jetzt, Hans, ist der Moment gekommen, wo man den Misfithäter in den Schraubstock spannen kann: er wird dieser Tage auf feiner Besitzung erwartet — vielleicht ist er sogar schon hier; man darf ihn nicht mehr entwischen lassen, man muß ihn zu Boden drücken und ihn zum Be kennen der Wahrheit zwingen." „Glauben Sie, wenn ich etwa einen unerwarteten Einfall, ihn zur Rede stellte —" „Nein, nein, nur das nicht! Sie wären Ihres Lebens nicht sicher!" „Aber was fällt Ihnen ein, Zoe! Wir leben doch nicht mehr in der Zeit deS Mittelalter»." .Halten Sie einen Menschen, der ohne Zögern eine Reihe von Schurkenstreichen begangen hat, nicht zu allem fähig? Lauert der bedrängte Wolf nicht kommen loffe und fragt de» Statthalter, ob derselbe dahi» wirk,» wolle. Laß di« bezüglichen ü-tlsiüad« abgcfchasft werd«n Dir drilt« JmrrprllaUon endlich fragt, womit d r Stanhaltrr da- .beleidigcnde Vorgehen" in Angelegenheit der Denkfchrist de- Prager Siadtverordneieakolleginm- eatfch ildigen wolle un> ob «c Re Aulführnogen in feinem Schreiben an d«n Bürger- meister »idercufrn und der Sladt gevügenLe Senugihnung »n geben aedenke. Die erste Interpellation stammt von alttsckechischer Seite, die anderen 2 sind von jungtschechischen Abgeord neten eiugebracht. Die AuSsüh? ungen sämtlicher drei Interpellationen geben einen Vorgeschmack der De- batten, die in Sachen des Landesschulrats stattfinden werden. Paris, 5. April. Die Presse fährt fort, dem neuen Ministerium Dornenkränze zu flechten. „Man erzählt in den Gymnasien", sagt Ranc im „Paris", „von einem alten Professor, der, wenn er in seiner Klasse starke Lücken bemerkte, zu sa;en pflegte: „Ich sehe auf diesen Bänken viele Schüler, welche abwesend sind." Dasselbe ließe sich von dem Dupuyschen Kabinett behaupten; man sieht dort Minister, die nicht zugegen sind und die zugegen sein müßten. Es springt in die Augen, daß man bei der Bildung dieses Kabinetts mehr mittels Ausschließung, als mittels Auswahl verfahren ist. Man hat über dies den Eindruck, daß Hr. Dupuy ebensowenig wie Hr. Meline, Herr seiner Bewegungen war. Es scheint, daß man dem Vorsatze, einen oder zwei Männer beiseite zu lassen, alles andere hintangesetzt hat. Diese Art von OstracismuS wird sehr un angenehm. Die große Angelegenheit ist die bevor stehende Wahlschlacht. Wir sind dem Augenblicke nahe, wo daS republikanische Land das Bedürfnis empfinden wird, das Steuer iu den Händen erprobter und entschlossener Männer zu sehen. Alle diejenigen, welche Hrn. Dupuy kenne», rühmen seine guten Eigen- schäften; daS Unglück ist, daß nur fehr wenige ihn kennen. Er weiß nichts vom Verwaltungspersonal, und das VerwaltungSpersonal weiß nichts von ihm. Ich wünsche, daß meine Unruhe nicht gerechtfertigt fei; aber ich kann mich nicht der Furcht erwehren, daß auch daS Ministerium Dupuy noch nicht das Ministe rium der Wahlen sein wird." — Dem „GauloiS" wird aus London berichtet, daß in dem Befinden Corn. Herz' eine bedeutende Besserung eingetreten sei. Seit einigen Tagen bemecke man einen eifrigen Verkehr zwischen London und Bournemouth. Corn. Herz soll begriffen haben, daß er sich nicht lange mehr der Notwendigkeit entziehen könne, vor dem Richter in Bow Street zu ericheinen; er soll sich daher entschlossen haben, freiwillig nach London zu gehen, um seine Verteidigung vorzutragen. — 6. April. Heute sind Kammer und Senat zusammengrtreten, um die ersten Erklärungen deS neuen Kabinetts entgegenzunehmen. Diese besagen in der Hauptsache folgendes: Die Regierung verkenne nicht die Schwierigkeiten der allgemeinen Lage, aber sie könne mit Befriedigung die vollkommene Ruhe im Lande und dessen beständiges Vertrauen zu der Re publik verzeichnen Jeder Tag bezeuge die Überein stimmung deS allgemeinen Stimmrechts mit den demo- kratischen Bestrebungen und den republikanifchen Ein richtungen Die Regierung lade das Parlament ein, dem Lande den Eindruck eines normalen prrlamen- tarischen Leben» zu verschaffen und sich streng an dasjenige ArbeitSprogramm zu halten, das die Gesetz gebung würdig abschließe. Namentlich würden die sozialen und wirtschaftlichen Gesetze und die Gesetze über die Produktivgenossenschaften und die landwirt schaftlichen Kreditvrreine zu beraten fein. Das nächste Werk der Kammern sei die alsbaldige Bewilligung des Haushalts für 1893. Tie Regierung werde mit allen Kräften auf die Verständigung der Kammer mit dem Senat hinarbeiten, sie hoffe, daß ein neues vor läufiges Zwölslel nicht erforderlich sein werde, und daß sie rechtzeitig das Budget pro 1894 werde ein bringen können. Die Erklärung drückt zum Schlüsse die Erwartung aus, daß die Kammern ihre Mitwirkung einem Kabinette nicht versagen werden, dessen Mit glieder Männer von redlichem Willen seien, Ue ihre ganze Ergebenheit und Leib und Seele der Republik un> Frankreich widmeten. Die Kammer nahm nach der Verlesung der Regierungserklärung auf Verlangen des Finanzministers Peytral die letzten Abschnitte deS Haushalts und das Budget inr ganzen nach den zu erst gefaßten Beschlüssen an Peytral verpflichtete sich, ein Einvernehmen mit dem Senat hcrbeizufüh-en, zwecks Bewilligung dcr Börscnstcutr. Tie Sitzung wurde unterbrochen, um die Entschließungen des Senats zu erwarten. Dieser überwies das Budget auch aus den AugenbUct, oer gunstlg lft, oem gefähr lichsten Verfolger an die Gurgel zu springen? Nein, er muß überrascht, unversehen. gepackt werden, und zwar so, daß er niemandem einen Schaden zusügen kann." „Sie glauben also, daß das Gericht am besten so gleich auf den Plan träte?" ,Das weitere überlasse ich Ihnen. Ich fühle mich nicht klug genug, da einen Nat zu geben; nur wieder hole ich meine Warnung: Nehmen Sie sich in Acht, er ist ein gefährlicher Mensch, der, um sich zu retten, vor gar nichts zurückschrecken wirs." „Ermächtigen Sie mich vor allem, dem Richter, der bisher die ganze Angelegenheit geführt hat, unsere Unterredung mitzuteilen? Er ist ein gerecht denkender Mann, der jetzt schon halb und halb von Marcels Schuldlosigkeit überzeugt ist und ohne Zö gern nach bestem Eimcssen Vorgehen wird, um den wahren Schuldtragenden zur Verantwortung zu ziehen" (Fortsetzung folg' ) * Sonnabendvesper in der Krcuzkircht, nachmittag« 2 Uhr: 1) Sonate für Orgel (^«-äur, l. Satz) cvn Jof. Rheinberger; 2) Zwei kurze Chor- gefänge: ») „Lepulto Domino signatum esd wovll meotum", Motette von Jakob Handl (geb um 1550, gest. 1591). d) „Ulanllits coeli!" geistliche- Lied von Karl Ed Henng (1809-79); 3) „Jesu» Ehristu-, unser Herr und Heiland", alte- geistliche» Lied für eine Singstimme und Orgelbegleitung (op. 64 Rr 4) von O-kar Wermann, gefangen von Frau V v. Knapp--
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