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Dresdner Journal : 05.04.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-04-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189304050
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930405
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930405
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-04
- Tag 1893-04-05
-
Monat
1893-04
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 05.04.1893
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W77. Mittwoch, den S. April, abends. 1893. vemxüpret«, vrsiäo» vi«rt«IjLl>rlick it Karle LS kk , d« 6ei»t»Lk«n v>ert«t- ^Utilbct» L Starte; au»«-rkall> äv» itvutocbeo N«»cl»»» tritt ko»t- uaä Ltempelruicbla^ Niu««. Liorelas Kuwweru: 10 kk. XuNüockixuaxixvdüNi'vur kLr 6eu Nauru eiusr ^e»s>alt«>nr!o Leit« Nleio« kekrik» jü kf. Unter ..kin^esaorlt" 6re Leit« bv Ns. Ü«i luNsNeo- unä Utfferoaata eutirpr. XulscUiaz. Lr»eNvlueu: ^^licN ruit ^uiuaNrns äsr 8uon- u Nerert»^« absua». r»ru»precN->to»cNlu»-: lir. 12SL. DresdnerHonrnal. Für die Geiamtteimng verantwortlich: ^ofrat Gtto Banck, ssrofesior der Litteratur- und Kunstgeschichte. ^uuuNm« von Lntiiiaälxunxv» au8«ärt»« L,ip»x: H. Lruntirtrtter, NomminiouLr cle» 1>rc«Iuer Journal»; L«odurU viril» Vr«u v»««l vr«»l»u rr»»ils«rt a. >l! <t- t vAter, v«rlio-V>»a -N»wkur^- vr», xrauiltus« ». ». Hüllrdoo: Luci, k»ri, Louriou »«rliu - eravirsurl ». « - Slattxart: /-«uü« L'o., Lirliu: /n« <i/irtr»r/u»,t, Lr»,l»u: L'mU La/-atS,- L»uuov«r: (,'. Lc/lüSdier/ H»U» Luret <s 6Ä. Herausxeker« Küoi^I. LLpeäition <te» Dresäoer äournat». Lroscten, ^«ioxerstr. LV. k«rusprscN-^osct>lu8»: !^r. 1295. Ämtlicher Teil. Dre-den, 5. April. Se Durchlaucht der Prinz Carl Anton von Hohenzollern ist gestern Abend 7 Uhr -10 Min. nach Potsdam abgereist. Se. Majestät der König haben den Hofopern, sängerinnen Irene v. Cyavanne und Marie Wittich das Prädikat „Königliche Kammersängerin" Allergnädigst zu ertheilen geruht. Se. Majestät der König haben der Clavier- Virtuofin Carreüo-d'Aldert in Coswig das Prä dikat „Königliche Kammervirtuosin" Allergnädigst zu ertheilen geruht. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische und tetcpyonische Kachrichten. Karlsruhe, 5. April. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Der Kunsthistoriker Lübke ist heute gestorben. Agram, 4. April. (D. B. Hd.) Lie in Syr- mirn wohnenden Serben bereiten eine große Kund- aedung vor zur Erlangung der Abtrennung Syrmienß von Kroatien und Herstellung der Auronomie. Paris, 4. April. (D. B. Hd.) In dem Untersuchungsgefängnis sind mehrere Tvphusfälle vorgekommen, weskalb die sofortige Räumung keSirlb^n angeortnet wurde. Die Gefangenen sind unter starker Eskorte nach anderen Gefängnissen überführt worden. Paris, ö. April. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Die radikalen Journale bezeigen im allgemeinen Sympathie für das n ne Ministerium, in welchen die vorgeschrittenen Republikaner würdig vert.eten seien, ^ie Mchr^abl der a deren republikanischen Morgenblätter äuß.rt sich mit Vorbehalt und stellt nur unter gewissen Beki. gungen ihre Mit wirkung in Aussicht. DaS „Journal drö Dödats" erklärt, eö müsse die RegierungSaktc erst abwarten und halte vorläufig mit dem Vertrauen zurück. DaS neue Kabinen bedeute einfach eine Station. Lie konservativen Blätter erk nnrn den ehren- hasten Eharaktrr des Ministerium-, an; dasselbe werde jedoch nicht von langer Dauer seia. Madrid, 5. April. (Tel. d. Dresdn. Journ) Lie Königin-Regcntin unterz'ichnete daS Dekret, betreffend eine einprozentige Steuer auf Börsen- glschäfte. Madrid, 5. Avril. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Zn einer Versammlung von Mitglieder» der M hrheit in der Kammer und des Senats sprach Sagasta vertrauensvoll über die finanzielle Lage. Die Versammlung beschloß, Arm jo den Vorsitz in der Kammer anzubiet-n; das Portefeuille deS Auswärtigen würde Sagasta interimistlsch ver walten. London, 5. Apr l. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich begab sich gestern abend an Bord der Jacht „Viktoria und Albert", welche bei Tagesanbruch nach Vlissingrn in See geht. St. Petersburg, 4. April. (D. B. Hd.) Entgegen anderweiten Meldungen wird versichert, daß Professor l»r. Haffkin nach Indien «dreiste, um dort seine Eboleraimpfungsmethode auf Men- scheu zu prüfen. Christianis, 4. April. (D. B. Hd) Die kon servative Partei ist jetzt bereit, ein GeschäftS- min sterium zu bilden, wenn das Ministerium Stern seine Entlassung fordern sollte. Emil Stang wird Arncberg, Thorne, HöchstegerichtS- assessor Ernst Motzfeldt (a!S StaatSminister in Kunst und Wissenschaft. Der böse Geist Stoman von A. G. v. Suttner. bl (Fortieyung.) HanS hatte sich bereits an den Tisch gesetzt und zu lesen begonnen. Gespannt blickte der alte Holzinger hinüber, während der zw ite Zeuge mit scheinbarem Interesse die Zimmerdecke studierte, um ja nicht neu gierig oder unbescheiden zu scheinen. Hier und da wieder vernahm man von drüben einen Ausruf, dann streifte sein Blick Holzinger, der mit hochbefriedigter Miene vor sich hinnickte und dem anderen zublinzelte, bis HanS plötzlich aufiprang „Holzinger, Sie haben da einen Fund gemacht, der nicht mit Gold ausgewogen werden könnte!" HanS war auf den Alten zugeeilt und schloß ihn in seiner Erregung in die Arme. „Ich danke Ihnen im Namen meines Bruders und im eigenen —Sie sind unser Retter gewoiden!" „Aber Herr Baron Hans!" stotterte der Diener, dem vor Freude und Stolz ganz weinerlich zu Mute wurde und da er nichts weiter zu sagen vcrmochte, zog er die Hand des jungen Mannes, den er al» Knaben ost »n seinen Armen getragen, an die Lippen. HanS machte sich hastig loS: „WaS thun Sie, alter Freund! Nin, nein, Sie verdienten eher, daß Ihnen auf diese Weise gedankt würde Kommen Sie, hören Sie, Sie haben daS Recht erworben, alles zu wissen." Und er laS ihm mit vor Erregung bebender Stockholm), Professor Hagerup, Jakob Sverdrup rnc-Birck Reickenwald berufen: al Kriegsminister wrrdln Hoff, Nyquist uud P. O. Nielsen genannt. „Wenn das Storthmg nickt bewilligt was nötig ist", schreibt das letrnde konservative Blatt, „dann ist es die Pflicht und das R cht der Regierung, die Obliegenheit deS Storthinges in dieser Be ziehung zu thun." Alexandrien, 4. April (D. B. Hd.) Der neue Mahlt Mohamed el Sherif hat den Kalif Abdullah in Omdurman aufgeforkert, seine Herr schaft niederzu'egen. Als Antwort darauf ließ letzterer den Abgesandten deS Mahdi enthaupten und die Befestigung Chartums wiederh rstellen. Dresden, 5. April. Rußland und Bulgarien. Es ist eine ganz merkwürdige Erscheinung, daß in Rußland mit denselben Empfindungen von Bulgarien gesprochen wird wie in Frankreich von Elsaß-Loth- ringen — merkwürdig, well der geschichiliche Prozeß, mittelst dessen Elsaß Lothringen in den Besitz Frank reichs gelangte und na- fast zweihundert Jahren von Deutschland zurückgewonnen wurde, doch richt die ent fernteste Analogie mit dem Verhältnisse bietet, welches irgend wann zwischen Rußland und Bulgarien be standen hat. Nichtsdestoweniger ist das russiiche Nationalgesühl nicht minder erregt durch den Ge danken, daß Bulgarien dem Einflüsse Rußlands ent zogen ist, wie das französische Nationalgesühl durch die Thatsache, daß Elsaß Lothringen nicht mehr zu Frankreich gehört, und wenn einmal ein französischer Kriegsminister gesagt hat, daß daS fran zösische Volk immer nur wie hypnotisiert nach dem Loche »n den Vogesen blicke, so ist es nicht weniger wahr, daß in Rußland alles politische Sinnen und Empfinden sich unabwendbar um Bulgarien dreht. Man betrachtet in Rußland diejenigen, welche mit dem selbständigen Bulgarien sympathisieren, als Feinde, geradeso wie man in Frankieich jeden für einen Feind hält, der den französischen Anspruch auf Elsaß Lothringen nicht als begründet erachtet, und wie es für einen Fran zosen ein Wagnis ist, von einem freiwilligen Verzich.e auf Elsaß Lothringen zu sprechen, so gehört es auch zu den seltensten Ausnahmen, daß ein Russe sich unter sängt, ein objektives Urteil über das Recht der Bulgaren auf eine selbständige nationale Entwickelung zu äußern. Als vor Jahren einmal der greise Bartholemy Saint- Hilaire den Mut hatte, seinen Landsleuten die endliche Aussöhnung mit den unwiderruflichen geschichtlichen Thatsachen anzuraien, wurde er fast wie ein Verräter verketzert, und wenn ein Russe sich vermißt, von Bulgarien anterS als wie von einem Lande zu reden, das von Gottes- und von Rechtswegen unter Rußlands Gewalt gehöre, so reibt man sich vor Verwunderung un willkürlich die Augen, weil eine solche Unbefangen heit mit den gewohnten Kundgebungen des offiziellen russischen Nationalgefühls schwer zusammenzureimen ist. Die „N Fr. Pr." macht in einer vortresflich ge schriebenen Betrachtung neuerdings auf diese Er scheinung aufmerksam und knüpft daran eine sehr sach gemäße Erörterung des Verhältnisses zwischen Ruß land und Bulgarien, wie es sich gegenwärtig dar stellt und wie es sich bei mehr Unbefangenheit auf russischer Seite freurdlicher als es zur Zeit ist ge stalten ließe. Gerade weil man in Rußland allgemein merkwürdigen Vorstellungen und Empfindungen bezüg lich Bulgariens huldigt, sagt das Wiener Blatt, üben russische Stimmen, welche von dem allgemeinen Chorus abweichen, einen besonderen Reiz, dem man sich nicht leicht zu entziehen vermag Man erwartet nicht, daß irgend wer in Rußland so unvorsichtig sein könnte, den Koburger als einen legitimen Herrscher zu be zeichnen, aber eS ist schon genug, daß von russischem Munde eine Ehrenrettung SlambulowS versucht und für daS bulgarische Volk das Recht auf unabhän gige staa'licke Existenz reklamiert wird. In dem „Rußkij Wjestnik Heinersehr geachteten russischen Monats- schlifl, finden wir einen solchen „weißen Raben", und wenn wir auch weit entfernt sind, zu glauben daß dieser vereinzelte Flügelschlag politischer Unbefangen heit auch nur das leiseste Echo in den maßgebenden St. Petersburger Kreisen wecken werde, so meinen wir doch, daß es sehr ersnulich wäre, wenn man der Stimme d^S „Rußkij Wjcstnik' wenigstrns eine symp tomatische Bedeutung beimessen dürfie. Ganz gewiß ist er richtig, daß die bulgarischen Emigranten durch ihr' unausgesetzten Umtriebe gegen das eigene Vater land großes Unheil in Rußland angelichtet haben, indem sie den Glauben bestärkten, daß das bulgarische Volk sich nach dem russischen „Befreier" sehne und die Herrschaft des Prinzen Feidiuand, wie die Thätigkeit Stombulows, nur mit Unwillen ertrage. Von dem Beispiele Dragan Zankows und der bulgarischen Abenteurer, welche sich zu Putschen und Verschwörun gen Hergaben, schloß man auf das gesamte bulgarische Volk. Die greifbaren Thatsachen standen damit rin klarsten Widerspruche, sie bewiesen daß im Gegen teile die Fehler der russischen Politik die bulgarischen Sympath en für Rußland zerstört und d .ß Tondu- kow Korsakow und Kaulbars die Konzepte der russi schen Politik mutwillig durchkreuzt halten. Doch um zu solcher Einsicht zu gelangen, bedarf es einer großen Selbstoerleugnung, und wenn diese in Rußland noch nicht vorhanden ist, wenn man noch immer glaubt, das bulgarische Volk werde schließlich selbst die russi sche Bevormundung zurückwünschen, so ist dieser Irr tum gerade so verzeihlich, wie es bemerkenswert und erfreulich ist, daß langsam die Eikenntni- zu dämmern beginnt, wie sehr man sich auf dem bisherigen Wege die Bulgaren entfremdet hat, anstatt sie durch wohl wollendes Gewähreulassen in dem Banne der Inter essen- und StammeSvelwandtschaft fistzuhalten. Es ist doch in Rußland, wo das öffentlich gesprochene oder geschriebene Wort stets von der Rücksicht auf die maßgebenden Intentionen bee n- flußt wird, weniger gleichgiltig als anderwärts, wenn eine Stimme sich vernehmen läßt, die vor Irr tümern warnt und zur Umkehr mahnt. Und der ,Rußk>j Wjestnik" ist nicht die erstbeste Stimme, aus 'fiinen Spalten hat einst Katkow zum russischen Volke geredet, und heule noch gilt er als ein Organ einfluß reicher konservativer Kreise. Wenn also im „Rußkij Wjestnik" gesagt wird, man habe in Rußland von Stambulow eine falsche Vorstellung, er sei ein zm ifel- loser bulgarischer Patriot, der die Interessen seines Volkes wahrnehme, w nu ferner zugestanden wird, daß das bulgarische Valk zur Unabhängigkeit berech tigt sei, und daß Rußland unrecht thue, ihm die Er langung derselben zu erschweren, so ist dies nicht ephemere politische Kannegießer«, sondern ein bedeut sames Zeichen, daß es auch im Zarenreiche verständige Leute giebt, welche die Unersprießlichkeit deS ewigen Rcsrarns von den bulgarischen „Usurpatoren" er kenne» Allerdings, weder die Voraussetzungen noch die Schlußfolgerungen dieser Erkenntnis entsprechen der Selbstlosigkeit und Uneigennützigkeit, von welcher das nichtrussijche Europa seine Sympaihien für Bul garien bestimmen läßt; es ist eine arge Selbst täuschung, wenn der „Rußkij Wjestnik" meint, daß Ruß and nur die Unabhängigkeit Bulgariens zu be günstigen brauche, um die Trennung Stambulows von dem Prinzen Ferdinand herbeizusühren. Das Um gekehrte ist wahr. Gerade weil Stambulow ein bul garischer Patriot ist und weil er auf jedem Schritte seiner dornenvollen Arbeit an der Emanzipation Bul- Stimme den Brief Marcels vor. DaS Schreiben an Zoe, das in der Hauptsache dasselbe enthielt, hatte er in die Tasche gesteckt „So, jetzt wollen wir sogleich ans Werk gehen," sagte er nach B.endigung. „Jetzt heißt es, leine Minute weiter verlieren. Ich werde vor allem den Beamten aufsuchen, der die Angelegen heit unter sich hat, und ihm die Augen öffnen." , Freilich, freilich, das ist das Notwendigste!" stimmte der Alte bei. „Aber ich bitte Sie, Herr Baron, nehmen Sie uns mit; er ist ein mißtrauischer Mann, der sich vielleicht nicht so ohne weiteres be- kchieu lassen wird, und unsere Zeugenschaft dürste notwendig sein." „Nun, ich glaube er wird wohl nicht an meiner Ehrlichkeit zweifeln. Übrigens, wenn Sie wollen, werde ich Ihnen gerne Ihren Willen thun." Bald darauf rollte der Wagen mit den drei In sassen Poltenbruun zu. Doktor Herz hatte eben in der Umgebung eine Gerrchtskommission abgeha'ten und kam fast gleich zeitig mit den anderen angefahren. Als sich ihm HanS näherte, schi-n er denseld.n nicht glech zu erkennen, denn er blickte .hn fragend an und griff nur leicht an den Hut. „Dürfte ich Sie um eine Unterredung bitten?" versetzte HanS ohne Umstände. „Ist eS sehr dringend, denn ich —" „Sehr dringend", bestätigte der andere. „Es han delt sich um die Angelegenheit meiner Bruders Marcel Tannenberg." „Ah, richtig, Baron Tannenberg! Ich denke, eS wird Ihnen ja bekannt sein, daß die Affaire in da» Stadium de» Schlummers versetzt wurde," sagte er etwas ironiich, „ich kann Ihnen daher keine Auskunft geben, die für Sie Jnleresse hätte." „Ich verlange auch keine Auskunft — im Gegen teil, ich bringe eine solche." „So?" Ter Beamte blickte dem Besucher for schend ins Gesicht, dann nach kurzer Überlegung: „Bitte, wollen Sic mich in meine Kanzlei begleiten." „Also Sie bringen mir eine Auskunft?" Hub er an, nachdem er dem andern einen Siuhl zugeschoben hatte. „Sollte sich Ihr Herr Bruder gefunoen haben?' „Auch daS." „Und noch etwas?" „Gewiß. Ich daif wohl voraussetzen, daß Sie mich ohne Voreingenommenheit anhören werden, Herr Doktor? Ich begreife vollkommen, daß Sie, als pfl'chtgetreuen Deamien, dieser Aufschub, den ich der Freundschaft hoher Persönlichkeiten verdanke, irritiert, daß er Ihnen unrecht geschienen haben mag — aber ich denke auch, daß Sie, als gerecht füh.ender Mann, nun schließlich über diese Unterbrechung selbst froh sein werden?" „AlleidingS war ich mit dieser Verfügung, die den Anschein der Eigenmächtigkeit hotte, nicht einverstanden Doch wenn Sie mich in die Lage versetzen, einen Irr tum meinerseils einzusehen, so wird mir Kas sicher sehr willkommen sein." „Ich erwartete diese Antwort von Ihnen. Nun bitte ich Sie, mich den ganzen Hergang erzählen zu lassen." Und HanS berichtete sogleich in allen Einzel heiten daS Ergebnis seiner letzten Forschung in Stein- brunn Dann zog er den B.ief Marcel» aus der Tasche und überreichte denselben dem Beamten. gariens die Erfahrung machen mußte, daß das Inter esse der bulgarischen Selbsterhaltung mit dem Jiter- csse der russischen Balkanpolitik kontradikiorisch zu sammenstieß, deshalb erblickt er vor allem in der Sicherung des Thrones eine Bedingung der Wohlfahrt Bulgariens. Und Karin ist das b'ilgari che Volk mit ihm einig, welches sogar willig zustimmt, daß die Versassungsbestimmungen über die Konfission deS Fürstenhau es geändert werden, um die Krone auf dem Haupte des Fürsten, den rS sich selbst gewählt h t, zu festigen. Immerhin aber und trotz der spezifisch russischen Prämissen, von welchen sie aus geht, ist die Erwägung des „Rußkij Wjestnik" ein Fingerzeig, welcher der ri ssischen Balkanpolitik einen Ausweg aus der jetzigen Sackgasse weist. Wen»» man in St. Petersburg sich entschließen könnte, Bulgarien seinem Schicksale zu überlassen, an den Patuotismur Stambulows zu glauben und der feindseligen Cchmollpoliük zu entagen, welche, wie das neuliche Rundschreiben dargethan hat, von Zeit zu Zeil noch immer wieder in die Vellei- täten d»r Bevormundung zu ückfällt, so würde das, was man die bulgarische Frage nennt, in allseitigem Interesse aus der Welt geschafft sein. Denn die russische Unterstellung, daß andere Mächte einen Ein fluß auf Bulgarien besitzen oder anstreben, ist doch nur der Reflex dessen, was Rußland will. Nicht einmal die Türkei, geschweige Österreich-Ungarn ver langt etwas anderes, als daß Bulgarien in dem Fongange seiner nation-len Entwickelung sich selbst über lassen bleibe, nachdem sich die Vorau; sicht, daß es durch die Fülle seiner Lebenskraft dazu befähigt sei, bis jetzt unwidersprechl'ch bewährt hat Nur so lange Rußland sich dieser Erkenntnis vn schließt und besondere Rechte in Bulgarien beansprucht, besteht für Bulgarien und für den Frieden Europas eine Gefahr. Wenn die Anschauung des „Rußkij Wjestnik' an den maßgebenden Stellen in PeterLbu.g Bekenner findet, welche mächtig genug sind, um die pa islavistiichen Einflüsse niederzuringen, so ist in Zukunft die Mög lichkeit nicht ausgeschlossen, daß das bulgarische Volk von dem Drucke des Mißtrauens gegen Rußland be sreit w>rd. Zunächst freilich ist zu solchem Optimis mus ein Anlaß noch nicht vorhanden, und die ver nünftige Sprache der russischen Monaisschrift bat nrchr ernen psychologischen als einen politischen Wert. Eine Schwalbe macht bekanntlich keinen Sommer. Aber zweifellos beginnt man, wenn auch widerwillig, vor der beharrlichen K aft, mit welcher Bulgarien in seiner Entwickelung sortschi eitet, einen gewissen Respekt zu empfinden, und auch das ist ein Gewinn, den sich die bulgarische Regierung auf ihr Conto schreiben kann. Lagesgelchichk. Dresden, 5. April. DaS am 1. d MtS. heraus- gegebene 11. Stück des Neichsqesetzblattes ent hält: Verordnung, betreffend die Übertragung landes herrlicher Befugnisse auf den Statthalter in Elsaß- Lothringen; Bekanntmachung, betreffend Ergänzung der dem internationalen Übereinkommen über den Eisen- bahnfrachtverkehr beigefügten Liste. * Berlin, 4 April. In dem Reichsjustizamt haben bekanntlich vor einiger Zeit Verhandlungen mit Sachverständigen über die Grundzüge eines Binncnschisfahrtsgesehes für Deutschland stattgefunden. Tie B«handlungtn haben einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen, als an fänglich vermutet wurde, und mehrfach zu bemer kenswerten Ergebnissen geführt. So ist u. a. der Grundsatz des SeerechtS, inhalts dessen für Ver bindlichkeiten und Schadenersatzansprüche aus dem Betriebe der Seeschiffahrt nur die sogenannte t'or- tune lle mar haftet, bei der Binnen'chiffibrt dahin 2 „Sonderbar! Ein ganz melkwürdiger Fall!" sagte dieser, nachdem er gclcfin hatte. „Daraus ginge ja hervor, daß sich Herr v. Eytzing ein ganz ver brecherisches, ein infames Spiel mit dem Gerichte und dem Hauptbeteiligien erlaubt hätte." Er las noch einmal und schüttelte wiederholt den Kopf; dann stützte er denselben in die Hand und blickie eine Zeitlang nachdenklich auf den Tisch vor sich hin. Endlich faßte er Hans ins Auge: „Herr Baron, entschuldigen Sie, wenn ich jetzt eine Frage an Sie stellen werde, die Sie möglicherweise verletzen mag: Hallen Sie auf Ehre und Gewissen diesen Biles für echl? Fassen Sie das nicht so auf, als wollte ich Ihnen nahe treten; ich weiß welch' auSgizeichnetni Ruf Sie als Staatsdiener und Mensch geni'ßen — allein, sagen Sie mir nach Ihrer vollsten Überzeugung: Ist Ihnen nicht der Gedanke gekommen, taß jemand, der Ihrem Bruder wohl will, da einen Versuch zu seiner Rettung gemach» hat?" „Ich glaube, die beiden Zeugen erwähnt zu hab-n, welche unten bereit stehen; der eine von Ihnen ist, wenn auch nur ein schlichter Mann doch eine Amts Person, die —" „O, ich meine es nicht so. DaS, war Sie mir über die Auffindung des Briefes gesagt haben, finde ich vollkommen glaubwürdig; allein, wäre es nicht möglich, daß eben jemand diese» Dokument früher in den Schrank praktiziert hätte?" „Da kann ich Ihnen nur auf mein Ehren wort versichern, daß ich die Handschrist meine» Bruders erkenne — daß ich keinen Augenblick an der Echtheit zweifle. Zum Vergleiche und zur Beurteilung
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