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Exptd u. Redaktion rreStzen-Neustadt «. Meißner Gasse 4 Die Zeitung erscheint rteustag, Lanuerstai und eonnabend früh. AVonnemenl»« Preis: Rerteljährl. M. 1,50. Zu beziehen durch die kaiserlichen Post» «stalten und durch unsere Boten. Bei freier Lieferung ins HauS erhebt die Posi noch eine Ge bühr von 25 Pf. 59. Jahrgang. Sonnabend, dm 20. März 1897. Inserate werden bis Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: dieispalt. Zeile 15 Pf. Unter Eingesandt: SO Pf. Jnseratcn- Rnnahmesteücn: Die Arnoldische Buchhandlung, Jnvalidcndank, Haasenstein LVogler, Rudolf Mosse, G. L. Daube « To. in Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., G. Kohl, «esselSdorf u. s. w. Sächsische Doch MG Lin unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmamr Amtsblatt für die kgl. Amtshauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden- für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dre Tharandt und Moritzburg. Verantwortlicher Redakteur und Verleger Herrmann Müller in Dresden. ' WWUWLWWWWW ZUM 100. Geburtstage Kaiser Wilhelm s des Großen Alwin Aamer. So schrieb er seinen edlen Namen ein Auf manches Ruhmesblatt der Weltgeschichte: Bald als der Feldherr, der im Feuerschein Der Schlachten welsch« Tücke macht zu Nichte; Bald als der Meister, der auf ficherm Grund Des Reiches Hallen neu beginnt zu bauen; Bald als der Vater, aller Schmerzen kund, Zu dem die Seinen voller Liebe schauen! . . . Denn heute ist's, daß ein Jahrhundert schwand, Seit uns der hehre Zollernsproß geboren, Des kühnen Sinn, de» eisenstarke Hand Die Vorsehung dereinst sich auserkoren, Der Einheit Band trotz Bosheit, Trug und List Um Deutschlands Stämme treu und fest zu spannen, Und Grimm und Groll und Zorn und Bruderzwist — Woll s Gott: für alle Zeiten! — zu verbannen!.. . Dem lauen Lenzwind gleich, der rings erweckt Zu neuer Lust verzagte Menschenherzen, Mit frischem Grün froh Berg und Thal bedeckt Und knospen läßt der Bäume Blüthenkerzen: Braust jubelnd ein gewaltiger Akkord Durch Deutschlands Gaun in diesen Frühlingstagen Und läßt in Ost und West, in Süd und Nord Getreuer Mänüer Herzen höher schlagen! Noch kein Jahrzehnt ist's, daß ihn Gott uns nahm, Des Sohnes Heimgang sanft ihm zu verhüllen: Und schon will uns sein Bild so wundersam wie das des alten Fritz mit Ehrfurcht füllen: . . . Du deutsches Volk! D halt Dich seiner werth, Pflanz' in der Jugend Herzen sein Gedächtniß Und pflege treu und schirme mit dem Schwert, Wenn s gilt, die deutsche Ninyeit: sein Vermächtnis! Oft stieg ihm wohl aus ferner Jugendzeit Ein Bild empor, ihn mahnend, stark zu bleiben: Er sah des Lande» Noth, der Mutter Leid, Des Korsenkaisers übermüthig Treiben ... Voll neuer Urast dann schritt er seine Bahn Zum hohen Ziel! . .. „Mit Gott!" stets als Devise!.. So zwang er Feindesmacht und Thorenwahn, Der echte Sohn der Königin Luise! . . . IleuMeton. DI« Erbschaft. Kriminal'Roman von Ludwig Habicht. (Nachdruck verboten.) (12. Fortsetzung.) DaS »Ach!", da- hier den Lippen de- Grafen entfloh, rief ein flüchtige- Roth und ein verlegene» Lächeln auf dem Gesichte des Malers hervor, nichts- destoweniger antwortete er: »Ich bin der Meinung, daß kein- der großen geschichtlichen Ereignisse sich ohne die Hilfe der Frauen vollzogen hat; denn ihr Einfluß ist überall zu spüren. Sind Sie damit einverstanden, daß ich Erika ein» weihe?- »Wenn Sie ihrer Verschwiegenheit und Vorsicht gewiß zu sein glauben.- »So gewiß wie der meinigen!- versicherte mit großer Lebhaftigkeit der Maler. »Und was gedenken Sie zu unternehmen?- »DaS vermag ich augenblicklich noch nicht zu sagen; da- muß da- Ergebniß der Berathungen unter uns drei Verschworenen sein-, antwortete schon wieder im lustigen Tone Seefeld. »Sind Sie geneigt, sich daran zu beiheiligen?- »Wenn Sie mich nicht für ein störende- Element ansehen-, erwiederte der Graf nickend, aber gleich darauf stieß er einen schweren Seufzer au-. Da- Pfarrhau- in Wiesenburg war in Sicht ge kommen und er warf die Blicke nach dem blühenden und jetzt so verödeten Garten und nach den verhangenen Fenstern, hinter welchen der schwer heimgesuchte Pfarrer in halber GeifleSumnacktung seiner völligen Auflösung entgegenschlummerte. Der Unterschied zwischen dem Einst und Jetzt, zwischen den Hoffnungen, mit denen er dieser trauten Stätte de» Frieden- entgegengereist war und der Zerrüttung, die er daselbst vorgefunden, griff ihm von Neuem mn schneidendem Weh anS Herz; aber dadurch ward auch seine Energie roachgerufen. »Ich komme!- fügte er, ohne Seefeld'» Antwort abzu- warten, hinzu. Sie verabredeten Stunde und Ort; dann trennten sie sich mit kräftigem Händedrucke; denn von hier ab hatte Theodor seinen Weg nach Kunitzdorf und der Maler nach dem Schlöffe, jeder für sich allein, fort« zusetzen. Die gemeinschaftliche Aufgabe, der sie sich gewidmet, hatte au» den beiden recht ungleich gearteten Männern, die bi-her nur oberflächliche Bekannte gewesen, Freunde gemacht. Eine ähnliche Wandlung war zwischen dem Maler und Erika vor sich gegangen; die Bedingungen für eine solche waren allerdings in ganz anderem Maaße vorhanden gewesen. Hatte Seefeld in seinem leichtbeweglichen Künstler- sinne, so lange Lydia ihm erreichbar erschienen, zwischen ihr und Erika geschwankt und war er, nachdem er durch den Pfarrer erfahre», daß sie für ihn verloren sei, der Meinung gewesen, er habe sie und lediglich nur sie ge liebt, so batte ihr Tod wiederum einen Umschwung in seinen Gefühlen hervorgebracht. In der tiefen Trauer um die Dahingeschiedene, in der ungeheueren Empörung über da- au dem geliebten Mädchen verübte abscheuliche Verbrechen hatten sich Seefeld und Erika zusammengefuuden und nun hielten sie wieder zu einander in der festen Ueberzeugung, daß der wahre Uebelthäter erst noch zu finden sn. Während der Schloßverwalter geneigt war, Albert Ortler für den Schuldigen zu halten und seine Frau von dem Ver dachte gegen die alte Gräfin Kunitz sich noch immer nicht frei zu machen vermochte, trat die Tochter mit großer Entschiedenheit für deren Schuldlosigkeit ein und hatte auf die Vorhaltungen, e- sei außer diesen Beiden doch Niemand vorhanden, der von Lydia'- Tod sich einen Bortheil versprechen gekonnt, immer nur die eine Antwort: »Die Wahrheit wird an den Tag kommen. Gott wird eS nicht zulaffen, daß ein so heimtückische-, empörender Verbrechen ungesühnt bleibt, daß Un- schuldige dafür leiden müssen und die wahren Schuldigen die Früchte ihrer Missethat ernten dürfen Könnte ich doch etwa- zu ihrer Entdeckung beitragen." Diefer Wunsch sollte ihr nun erfüllt werden. Der Maler forderte sie am Abende auf, mit ihm einmal wieder jenen Spaziergang zu machen, der seit Lydia- Tod und der Erkrankung de- Pfarrer- nur noch selten stattgefunden hatte. Sie wählten al- End. ziel den Wiesenburger Kirchhof und Erika legte Bumen- gewmdf auf da- frische, noch unbegrünte und von nieder gekennzeichnete Grab der Freundin Erst auf dem Heimwege theilte ihr Begleiter ihr unt, was er heute während seine- kurzen Aufenthalt» w Erfahrung gebracht hatte und wa» zwrschen ihm und dem Grafen verabredet worden war.