Volltext Seite (XML)
Wärme, des Gefühls und starker Empfindung. Er ist also auch in kleineren Werken immer Humanist. Er hat auch in den Romanzen seine Ideale verwirklicht, denen er Zeit seines Lebens treu gewesen ist. Beethoven liebte seine achte Sinfonie in F-Dur, op. 93, ganz besonders. Er hatte sie im Sommer des Jahres 1812 geschaffen. Als sie am 27. Februar 1814 in Wien uraufgeführt wurde, war die Aufnahme vom Publi kum recht kühl, worüber sich Beethoven maßlos ärgerte. Er meinte, sie habe deshalb nicht recht gefallen, ,,eben weil sie besser sei“. Also ging es Beethoven schon so wie vielen nach ihm —• und mancher von den Hörern, der heute dieses Werk begeistert be klatscht, mag sich fragen, ob er die achte Sinfonie, wenn er bei der Uraufführung damals dabeigewesen wäre, nicht auch mit Kühle aufgenommen hätte. Das Werk ist humorvoll in seiner Grundhaltung. Vielleicht ist der Ausdruck ,,heiter“ besser — nur darf man nicht denken, daß Humor und Heiterkeit unbedingt Lachstürme entfesseln müßten. Beet hoven hat in diesem Werk einem starken Optimismus Ausdruck verliehen. Er geht Hand in Hand mit einem verschwenderischen Reichtum an Geist und Witz, den man aller dings erst restlos erkennt, wenn man musikalisch geschult ist. Dann allerdings erweckt dieses Werk ein feinschmeckerisches Entzücken und nötigt dem Kenner die bewundernde Hochachtung vor dem musikhandwerklichen Können Beethovens ab. Da ist zum Beispiel der zweite Satz, das Allegretto scherzando, von einer klanglich so feinen, damals als revolutionär geltenden Art, daß man erstaunt ist, beim schon sehr ohrenleidenden und schon weitgehend schwerhörigen Beethoven solche delikaten Klänge zu hören. Der erste Satz beginnt unvermittelt mit dem pulsierenden, frischen ersten Thema. Das zweite Thema ist eine ebenso lebendige Ländlermelodie, während ein Thema, das gesang lichen, lyrischen Charakter hat, nur als musikalischer Nebengedanke auftaucht. Der zweite Satz wird heute zu Beethovens glücklichsten Eingebungen gerechnet, ob gleich er im Schluß dieses Satzes die damals übliche italienische Manier zu musizieren parodiert. Das Menuett ist derb, ziemlich grobschlächtig. Das Trio beschwört Alt-Wien: Hörner und Klarinetten spielen gemütlich, begleitet von den virtuosen Triolen eines Solocellos. Alles, was Beethoven an guter Laune und an Froh sinn in sich trug, hat er im Schlußsatz losgelassen. Es kichert und lacht in diesem Satz, in welchem eine so übermütige Stimmung herrscht, daß Ludwig Spohr meinte, es wirke auf ihn, als ob jemand mitten im Gespräche die Zunge heraussteckte. Vielleicht nahmen dies damals die kühlen Konzertbesucher übel? Dieses Schlußrondo ist jedenfalls ein Meisterstück — und die ganze Sinfonie in ihrer geschlossenen Heiterkeit ebenfalls. Johannes Paul Thilman VORANKÜNDIGUNG: Sonntag, 4. 5.: 9. Philharmonisches Konzert, Solist: Prof. Roloff, Berlin Sonnabend, 10. 5.: Öffentliche Hauptprobe zum 9. Beethoven-Abend Sonntag, 11. 5.: 9. Beethoven-Abend Sonntag, 18. 5.: Außerordentliches Konzert mit Prof. Hermann Abendroth Sonntag, 25. 5.: 10. Philharmonisches Konzert, Solist: Prof. Wührer, Wien Sonntag, 1. 6.: (1. Pfingstfeiertag) 1. Serenade in Pillnitz Montag, 2. 6.: (2. Pfingstfeiertag) 1. Serenade in Pillnitz 3704/7 PI 111-9-5 452 1.3 298953/52