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ZUR EINFÜHRUNG Die Ouvertüre Nr. 2 zur Oper Leonore (Fidelio)hat Beethoven im Jahre 1805 komponiert. Sie ist eigentlich die erste der Leonorenouvertüren, die er für die erste Bearbeitung der Oper Fidelio herstellte. Jetzt zählt man das nachgelassene Werk op. 138 vom Jahre 1807 als die erste Leonorenouvertüre und die eigentlich erste (op. 72) als die zweite. Die Ouvertüre faßt die Oper ,,Fidelio“ musikalisch zusammen. Die Geschehnisse der Oper sind hier musikalisch konzentriert. Das Stück von der Gattentreue, von der Unter drückung durch Tyrannen und der Befreiung ist in der Ouvertüre in einer so unvergleich lichen Art dargestellt worden, daß in ihr eigentlich schon alles gesagt wird, was in der Oper später nur noch erläutert und genauer ausgeführt wird. Beethovens Kunst, ein ganzes Drama durch Musik lebendig werden zu lassen, hat gerade mit dieser zweiten Ouvertüre zu Leonore (wie die Oper Fidelio ursprünglich hieß) einen Gipfel erklommen. Die düsteren Klänge der Einleitung, der große Orgelpunkt auf C zu Beginn des Allegros deuten die Unterdrückung an; die hinter der Bühne ertönende Trompete gibt das Signal zur Befreiung; der strahlende Schlußteil des Werkes kündet vom Jubel der Befreiung. Es ist Beethoven mit dieser Ouvertüre etwas Unvergleichliches gelungen. Nicht nur, daß er ein musikalisches Meisterwerk komponiert hat, sondern daß er einen der größten menschlichen Gedanken, die Freiheitssehnsucht, das Verlangen nach Freiheit, zum un sterblichen Ausdruck brachte, ist sein großes Verdienst. Er ist gerade deshalb, weil er nicht nur allein Musiker, sondern Verkünder von Menschheitsidealen ist, einer der größten Künstler aller Zeiten. Das Duett für Sopran und Tenor (,yNei giorni tuoi felici“) und Orchester von Ludwig van Beethoven ist ein fast unbekanntes Werk von ihm. Paul Bekker erwähnte es in seiner großen Beethoven-Biographie gar nicht. Josef Schmidt-Görg gibt das Werk an. Nach ihm ist es 1802/03 komponiert worden nach einem Text von Metastasio (dem Textdichter für Scarlatti, Hasse, Händel, Mozart). Das Duett wird als eine späte Frucht seiner Stu dien bei Salieri angesehen, der ihm die Gesangsbehandlung der italienischen Sprache bei- bringen sollte. Es ist bekannt, daß Cherubini, für Beethoven das über alles geschätzte und verehrte Vorbild, 1805 bei seinem Aufenthalt in Wien Zeuge des Durchfalls des Fidelio war und ihn darauf zurückführen wollte, daß Beethoven sich zu wenig mit Vokal musik befaßt habe. Er schenkte ihm deshalb die Gesangsschule, die am Pariser Konser vatorium eingeführt war. Aber das schon einige Jahre vorher komponierte Duett zeigt, daß Beethoven durchaus sangbar und dankbar für Singstimmen schreiben konnte. Es ist, trotz der Verbeugung vor dem italienischen Geschmack, ein echter Beethoven, dem es um Gefühlsausdruck und echte Empfindung ging und der außerdem dem Orchester eine reiche Begleitung zuwies. Auch die Soloszene ,,Primo amore“ ist ein Studienwerk, das Beethoven bei Salieri ge schrieben hatte. Sie hat einen Einschlag theatralischer Pathetik. Beethoven hat sich in diesem Falle den Anforderungen des italienischen Theaters und des auf ihn üblichen Pathos wunderbar angepaßt. Man nimmt an, daß dieses Werk kurz vor 1800 entstanden sei.