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Dresdner Journal : 30.03.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189303308
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930330
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930330
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-03
- Tag 1893-03-30
-
Monat
1893-03
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 30.03.1893
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* Berlin, 29. März. Se. Majestät der Kaiser begaben Sich heute vormittag nach dem Artillerie» schießplatze bei Jüterbog, wos.lbst dec Monarch einer Gefechtsübung der Infame leschießschule beiwot nt n. Nach Schluß der Übung nahmen Se. Majestät der Monarch noch an eimm an Ort und Stelle servierten Frühstück teil und kehrten dann nach Berlin zmück. — Gegenüber der immer aufs neue in Umlmf gesetzten Nachricht eS handle sich bei den deutsch- russischen Verhandlungen zur Gewinnung einer Basis für einen eventuellen Handelsvertrag auch um die Wiederzulassung derBeleihungSfähigkelt russischer Werte seilens der Reich-bc-nk, wird der „Post" von unterrichtUer Seite besonders nachstehendes bemerkt: Deutschland könne sich doch unmöglich darauf ein lassen, eine Garantie dafür zu übe, nehmen, daß die russischen Werte, um welche eS sich handeln würde, auch ferner gut blnben Wollte es sich dazu ver pflichten, so müsse ihm auch di» Möglichkeit gegeben sein, einen Einblick in die russischen Finanzvtlhäünisse zu gewinnen. — TaS aus dem Anlrare Rintelen hervorgegan- gene, vom Reichstage beschlossene Gesetz, durch wel ches verhütet werden soll, daß die vom Reichitage auf Grund ter Abfassung verlangte Unterbrechung von gegen seine Mitglieder geiichtetcn Strafver fahren Verjährung und damit Straflosigkeit hcrbei- sühre, ist nach erfolgter Zustimmung des Bundesrats unter dem 26. d. Mis. Allert öchst vollzogen und heute am lich publiziert worden. Nach demselben wird der 8 69 des Slrofguetzbuchs für dus Deutsche Reich durch nachstehende Bestimmung ersetzt: Die Verjährung ruht während der Zeit, in welcher auf Grund gesetzlicher Vorschrift die Straf verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann Ist der Beginn oder die Fortsetzung eine» Strafverfahrens von einer Vorfrage abhängig, deren Entscheidung in einem anderen Verfahren erfolgen muß, so ruht die Verjährung bis zu dessen Beendigung. Ist zur Strafverfolgung ein Antrag oder eine Ermächtigung nach dem Strafgesetz erforderlich, so wird der Lauf der Versah, ung durch den Mangel des Antrages oder der Ermächtigung nicht gehindert. — Seit langem hat sich das deutsche Publikum daran gewöhnt, in den ihm zu Gesicht kommenden französischen Zeitungen als stehenden Artikel lügenhafte Berichte und gehässige Auslassungen über Dinge und Personen in Deutschland zu finden. Jever Deutsche, der in fremden Orlen gelebt hat, welche durch die,Agcnce Havas", die osfigöje flau ösische Telegraphenagentur, n.it Depeschen vcrse en werden, kennt deren tendenziöse Nach richten über alles, wiS Deutschland betrifft. Der deutsche Leser ist dagegen allmählich abgestumpft worden und schenkt dem ganzen Treiben wenig Beachtung. Man geht bei uns von der Anschauung aus, das; die haßerfüllten und unqualifijierba>en Beschimpfungen, welche di; za llosen größeren und kleineren französischen Hetzblätter tagtäglich über alles, was uns Deutschen teuer und h ilig ist, er gießen, im Grunde auf lhre Ui Heber zurückfallen und in den Augen der gebildeten Welt nicht Deutschland, sondern Frankreich herabsetzen und entwürdigen So berechtigt an sich diese Auffassung ist, schreibt die „N A. Z", so unter schätzt man doch jene Erscheinungen, wenn man sie einfach verächtlich beiseite schiebt. Gerade die Thaisache, daß jene Blätter fortgesetzt gegen ihre bessere Überzeugung schreiben und mit vollem Bewußtsein Lügen auf Lügen über Deutschland und Deutsche verbreiten — man b> sucht nur an die bekannten „Berliner" Artikel des giößten Pariser Boulevardblattes zu erinnern —, giebt >enem Treiben eine ernste Bedeutung; sie zeigt, daß diese Kost, die jeder anderen gebildeten Nation auf die Dauer ungenießbar erschiene, dem französischen Leser zusagt, und daß in Frankreich alles, was gegen Deutschland gefaxt und gedruckt wird, schon darum all in sicher ist, mit Be gierde und Genugtbuunq ausgenommen zu werden. Lediglich die korrekte Haltung der sich seit 1871 folgenden französischen Negierungen Hal eS bisher zu verhindern ge wußt, daß die wüste Hetzerei noch nicht in kriegerische Thaten umacsetzt wurde Aber mit Bedauern und nicht ohne Befürchtungen muß konstanert werden, daß neuer dings auch französische Staatsmänner anscheinend der Ver suchung nicht widerstehen können, durch ungerechte und feindselige Akte gegen Deutsche sich bei der großen Menge den Beifall zu erringen, den sie durch andere Negierungs- hanvlungen außer stände waren sich zu sichern. In zwei Fällen hat sich die französische Ne ierong über die durch die Panamaangelegenheit hervorgerufenen inneren Schwierigkeiten durch die in Frankreich ihren Zweck nie verfehlende Ablenkung der erre ten Volk, leidenschasten auf Deutsche hinwecznhclfen gesucht In kurzem Zwischen räume sind zwei deutsche Korrespondenten wegen angeblicher unwahre'. Berichte über Fränkisch und dessen Zustände worden obgleich die G-nndlasiik-it der gegen Nucyocm oa^ Bund ourch eine unerklärliche Laune des anderen zerrissen war, nahm man es ihr noch im höchsten Grade übel, daß sie es wagte, an frühere Zeiten zurückzudeuken, jene Leute zu kennen, die mit ihr nichts mehr gemein haben wollten. Sie flüchtete ln eilten Seitengang und dort, auf eine Bant hinsiakend, vermochte sie den Schmerz nicht länger zurück uhaltcn. Aber auch >hr Stolz war jetzt wachgerufen. Mil welchem Rechte hat sie dcr Bruder des einnigen Verlobten so von oben herab zu behan deln g wagt? War sie eiwa ein Geschöpf, das nichts anderes verdiente, als veracht» -gsvoll vermieden zu werden? Wer durfte sich das Recht herausnehmen, ibr eine ähnliche Beleidigung ins G.sicht zu schlendern? Wer? Soeben hatte cs einer gethan, und noch dazu einer, dec eher allen Grund gehabt hätte, reuig zu sagen: „Verzeihen Sie meinem Bruder, er hat schlecht, er hat ganz ungtaüblich schlecht an Ihnen gehandelt!" Ganz verwirrt und nievergeschmetiert saß sie da — jetzt mit Thranen des Schmerzes — jetzt mit sol chen des Zornes kämpfend . . . und wenn EytzingS Stern ihn in diesem A igenblicke herbeigeführt hätte, er würde vielleicht die günstigste Minute gefunden haben, um zur Verwirklichung seiner Wünsche zu ge- lang°n. Schon um den Beleidiger zu züchtigen, hätte sie vielleicht demjenigen, der «hr ergebenster Freund zu lein beteuert, gesagt: „Vorerst stellen Sie dwien Mann dort zur Rede, der mir durch Worte und Benehmen einen Fmstichlag versetzt hat — und w.nn das ge schehen, dann fordern Sie den Preis für den Dienst — er soll Ihnen gewahrt sein." Aber sie blieb allein; niemand verirrte sich in diesen schmalen Baumgang, niemand kam, sic zu trösten, sie erhobenen B> schuldigungen dargethan war. Da« Recht der siavzösischen Regierung, jeden ihr mißliebigen Fremden auch ohne Angabe de« Grunde« auizuweisen, ist un- benreitbar, aber der Appell an den Haß eines Volkes ist stet« ein gefährlich.-« Werkzeug, und der einmütige Beifall«» jubrl der gesamten französischen Presse, so wohlihuend er in die Obren der derzeit»..» Machlbater klingen mag, ,st doch zu teuer ei kaust mit ter Scbürung jener Leidenschaften, in denen da« fritdensbedütstige Europa eine permanente Kriegsgefahr zu erblicken gewählt ist. Die brüllende und johlende M.npe, die vor zwei Tagen den ausgewiesenen Deutschen und seine Familie mit Stein- und Schnutzwüifen ver folgte, vervollständigt da« Sitten- und Stimmungsbild, da« uvS Frankreich heute bietet. Der Ruf „L Lvrlin, ü Oertia", der im Jahre 1870 die Straßen von Paris erfüllte, war auch nicht das Produkt des Augenblicks, sondern einer allmählichen, systematischen Aufreizung des Naiwnalgefühls. WennalSÄuSkunftsmrttelgegen Panama und andere Skandale die Entfessel ung des Lolkshasses gegen einzelne Angehö rige der deutschen Natron benutzt wird, so läßt sich nicht allzuschwer ermessen, was wir zu erwarten haben, wenn größere und ern» stere Schwierigkeiten durch Ablenkung nach außen beseitigt werden sollen. Darin liegt die ernste Lehre, welche die letzten Vorkomm nisse in Parrs enthalten. Der Wunsch und die Hoffnung, daß die angedeuteten Konse quenzen nicht eintreten werden, enthebt nicht der Pflicht, jene Symptome aufmerksam zu beobachten und die Mahnung auszusprechen, vor Überraschungen auf der Hut zu sein. — (K.C) DieHäupter der internationalen Sozialdemokratie sind am vergangenen Sonntage zu Biüssel versammelt gewesen, um dort den Faden zn spinnen, an dem der internationale Soziausten- kongrcß, der vom 6. bis 13. August d. I. zu Zürich tagen wird zur bekannten „vollen und ganzen" Ein mütigkeit geleitet werden soll. Alr Vert eter der deutschen Sosialvemokratie waren die Herren Bebel und Liebknecht zu egen ferner nahmen an der „Vorkonferenz" die belgischen, holländischen, französischen und Schweizer Parteihäupter teil, nährend die englischen „Ge nossen" nur durch das Ehepaar Aveling vertreten waren. Die Londoner .Sozialdemokratische Föderation" hatte gegen die Brüsseler Vorkonferenz Widerspruch ei hoben, si? hegte wohl nicht mit Unrecht Mißtrauen gegen diese Zusammenkunft, die doch nur den Zweck hat, von vornherein den Gang der Züricher Kongreß- vcrhanrlungen festzulegen, die „Aroeiten des Kon gresses zu erleichtern", nennt es freilich der „Vor- wä>is". Und die Parteiläupter pflegen es den Dele gierten so leicht zu machen, daß diese einfach mit Ein stimmigkeit zu beschließen haben, was ihnen vorgelegt wird. Die „Genossen" beklagen sich ja auch garnichr darüber, sie sind ganz zufrieden, wenn ihre Schweizer Vergnügungsreise auf Kosten der „Arbeitergroschen"- Kasse nicht durch allzuviel Arbeit und Aufregung ge stört wird. Die Biüsseler „Vorkonferenz" hat dem gemäß verschiedene, Vor"beschlüsse gefaßt; so hat sie bestimmt, daß znm Kongreß nur diejenigen Gewerk- schasien, Parteien und Vereine sozialdemokratischen Charakters zugelasse» werden sollen, „die die Not wendigkeit der Arbeiterorganisation und der poli tischen Aktion anerkennen." Durch diese schlaue Fassung sind ohne weiteres die gefürch-eten Anarchisten und die „Jungen", die den „Par lamentarismus" bekämpfen, ausgeschlossen. Die sozi ldemokratischen Häupter bekennen sich also, zweifellos beeinflußt durch die deutschen Parteiführer, zu einer vorsichtigen Taktik, und wie zu Paris und Biüssel werden die Hauptfragen, betreffend die inter nationale Organisation und die geheime Aktion, hinter den Kubss n verhandelt werden. Was aber die öffent lich.n Kongießsitzungen betrifft, in denen die Redezeit der Delegierten auf nur zehn Minuten, die der Be richterstatter auf nur daS doppelte bemessen ist, so wnd die Welt über de „gemäßigte" Haltung der „Genossen" vermutlich wieder staunen können. Pari?, 28. März. Der Panamaausschuß im Palais Bourbon hielt grstern wieder eine Sitzung, die von seiner großen Verlegenheit zeugte. Er kann nicht darüber schlüssig werden, ob er seine Arbeiten sortsetzen, und wenn ja, in welcher Weise er sie fort- setzen soll. Die Republikaner Dupuy-Dutemps und Barthou haben darauf verzichtet, iyre Entlassung zu geben, weil ihre Freunde ihnen bemerklich machten, ihr Rückliitt würde den monarchistischen Mitgliedern des Ausschusses die Mehrheit geben. Sie bleiben also, aber sie bemühen sich, die Thäligkeit de- Aus schuss s auf ein möglichst geringes Maß einzuschränken. So bekämpften sie den Vorschlag, die Angelegenheit der vom Schwurgericht sie gesprochenen Mitglieder des niemand gellte sich ihr zue Verfügung, um die Schmach zu rächen, die man ihr angethan hatte. Lmge blieb si;, in ihre bitteren Gedanken ver sunken, sitzen, bis sie endlich ein Gefühl des Fröstelns aus ihrem Blüten wecke. Ob Stunden oder Minuten vergangen, seitdem sie sich hier nieder gelassen, wußte sie nicht einmal Sie erhob sich und cs war ihr im Anfang zu mute, als versagten ihr die Glieder den Dienst, als müsse sie wieder auf ihren Platz zurückiaumeln — dann aber fand sie doch die Kraft, den Weg nach ihrer Behausung anzu- trelen. (Fortsetzung folgt.) K. Kunstgewerbemuseum. Zu dem erfahrungs gemäß starken Besuche, dessen sich daS hiesige Kunst gewerbemuseum in den Osteifeiertagen erfreut, ist mit der Fertigstellung des MelallzimmerS nunmehr die im letzten Halbjahre begonnene Umgestaltung der allge meinen Abteilung vollendet worden. Es ist hierbei eine praktische Neuerung, deren sich wohl kaum ein anderes Museum rühmen kann, zum ersten Male durch gehends zur Anwendung gekommen. Sämtliche Wa,d- flächen des verhältnismäßig kleinen zur Verfügung stehenden Raumes sind mit drei übereinander an- gcordneten Gretterschichten von je 20 bis 50 cm Breite belegt worden, auf dencn die meisten Eisen- und Bronzearbeiten aufgeschraubt sind. Da die Bretter derartig eingerichtet wurden, daß sie einzeln heraus» zunehmen sind, verbindet diese Art der Aufstellung mit einer übersichtlichen Vorführung und einer mög lichsten Platzausnutzung gleichzeitig erne außerordentlich Pa'lamentS einer neuen Prüfung zu unterziehen. Guieysse von der Rechten meinte: „Die Geschworenen haben nur von einem allgemeinen Standpunkt, nicht vom Standpunkt der parlamentanschen Moral au» geurteilt; das Werk des Ausschüsse« kann somit durch die Entscheidung der Justiz nicht aufgei alten wcrden." — Barthou antwortete: „Ter Ausschuß darf sich nicht Vie Miene geben, den Ausspruch der Geschworenen anfechten zu wollen." Man kam schließlich überein, einen Berichterstatter zu ernennen, w lcher seine Vor» schlüge hinsichtlich dieser heiklen Frage dem Aus schuß zu unterbreiten habe. Er wird in den Oster ferien Zeit finden, über dieselben nochzudeuken. — — Ter „Eclair" brachte gestern einen heftigen Ar tikel der ehemaligen Ministers Flourens gegen die Kolonialpolitik des Ribotschen Kabinetts. Flou- rens kann sich nicht darüber trösten, daß er so lange von der Negierung fcrngehalten wird. In jenem Artikel tadelte er unter anderem die Erwerbung Ton kins, weil man sich dort in unmittelbarer Berühr ung mit China, dem bevölkertsten Lande der Erve, befinde; und er macht bezüglich DahomeyS den Vor wurf, dasselbe bringe Frankreich in die Nachbars.: ast der Engländer, „deren allzu große Nähe nicht immer vorteilhaft fit", und der Deutschen „als wenn es nicht genug wäre, dieselben an den Vogesen zu Nachbarn zu haben". DaS „Paris" antwortet dar uf nicht übel: „DaS sind wenigstens Gründe, die sich hören lassen. Hr. Flourens ist eS sich selber schuldig, für die Zukunft den Grundsatz auszustellen, daß künftig ein Land von seinen Nachbarn durch eine Zone von bestimmter Ausdehnung getrennt sein müsse und daß, wenn Deutschland sich irgendwo ftstsetze, Frank reich sich sofort entfernen müsse, um einer so ärger lichen Berührung zu entgehen " — Ba'ihaut ist gestern im Gefängnis von Ewmpes unicrgebracht worden, um seine fünfjährige Haft abzusitzen. Er kam dort in Begleitung zweier Agenten an; am Baku Hofe erwartete ihn der Unterpräsekl und der Staatcanwalt von Etampes m-t dem Direktor der Strafanstalt. Barh>.ut suchte sich eine gleichgiltige Miene zu geben, welche jedoch durch seine Leichendlässe und das Zittern feiner Hände Lügen gestraft wurde. Ein Omirrous führte ihn mit jenen Beamten nach dem Gefängnis, wo ihn eine gewöhnliche Zelle auf nahm. Von diesem Augenbli:e au heißt er nicht mehr Ba'ihaut, sondern Nr. 71. In derselben Ge fängnisabteilung befindet sich der Meliniterfinder Turpin. * Paris, 29. März. Tie Deputiertenkammer bewilligte für die Witwe Ernest Re, ants eine Pension von M00 Fres. Abg. dc Mun beantragte die ge richtliche Verfolgung der Personen, die zu einer blutigen Schlägerei in der Kirche von S-. Denis Anlaß gegeben hätten, ind,m sie den Prediger am Reden hätten hindern wollen. Der Mini terviäsident Ribot erwiderte, die gerichtliche Untersuchung sei bereits eingeleitet, die Pflicht der Negierung sei es, die Frei heit des Kul.us zu sichern, und das habe sie gleich am Morgen, nachdem die Unruhen vorgekommcn seien, gelhan — Der französische Anarchist Gujtave Mathieu ist endlich verhaftet worden, nachdem er seit den Pariser Dynamitattentalen vergebens gesucht worden ist Die Spuren MathieuS wurden aus Anlaß der jüngsten Verhaftung des belgischen Anarchisten Schouppe wiedergesunden, bei dem jener in Brüssel gesehen worden war. Die französische Polizei brachte in Erfahrung, daß Mathieu in Beziehungen zu zwei Anarchisten in St. Mechel-en-Thiorache, einem unweit der belgischen Grenze gelegenen Orte, stand. Diese beiden, Namens Albarez und Hennequin wurden über wacht, wobei es gelang, ein an den ersteren gerichtetes Telegramm obzufassen, in ein angekündigt wurde, daß ein „Genosse" an demselben Abende ei itreffen würde. Die Gendarmerie war auf dem Posten, sah Mathieu eintreffen und folgte ihm vorsichtig bis zur Wohnung des Albarez. Dort drang-n dann vier Gendarmen in Begleitung anderer Personen ein und bemächtigten sich der drei Anar chisten trotz deren heftigster Gegenwehr. Mathieu selbst hatte sogleich einen Revolver hervorgeholt, um auf die Gendarmen zu feuern, wurde jedoch hiervon nicht etwa durch die Gendarmen selbst, sondern durch einen, der freiwillig an der Expedition teilgenommen hatte, verhindert. „Ich werde Dich wiederzufinden wissen", rief der gesürchtete Anarchist, hinter dem die französische Polizei seit geraumer Zeit vergebens her gewesen ist, dem Heller der Gendarmerie zu. Nicht ohne Mühe gelang es dann, die drei Anarchisten, unter denen Mathieu mit aller Bestimmtheit rekognoszi rt leichte Handhabung der zu verleihenden Gegenstände. Durch einm glücklichen Umstand ist es der Ver waltung im Laufe deL vorigen Jahres gelungen, eine stattliche Anzahl schmiedeeiserner Thürbänder, Zug ringe, Schlösser, Lchloßttile nnd ähnliches, meistens der Gotik und der Frührenaffsance angehörend, zu erwerben, die jetz' znm ersten Male der Sammlung eingereiht er scheinen. Dieselben, welche meistens in einzelnen Teilen durchbrochene Arbeit zeigen, sind durch untergelcgten roten Stoff in sehr wukungt voller Weise zur Vor führung gebracht. Gleichzeitig möge erwähnt sein, daß seit kurzem daS vortrefflich gearbeitete schmiedeeiserne Oberlicht« git'er, das über der alten Eingangsthüre des Hansis der Firma Hartwig n Vogel am Altmarkt, angebracht war und bei dein kürzlich erfolgten Umbaue frei wurde, als G. schenk des Hrn. Vogel in den Besitz des Mn- seumS übergrgangen ist. Dasselbe wird, nachdem es von Farberesten und vom Roste gründlich gereinigt und mit einer Isolierschicht, die eine weitere Oxydation zn verhindern hat, versehen worden ist, gleichfalls im Museum Ausstellung finven. Es ist mit Freuden zu begrüßen, wenn derartige Arbeiten, die von der künst« lerischen und technischen Fertigkeit der Dresdner Hand- werker fiüh.rer Jahrhunderte Zeugnis ablegen, durch Überführung in das Kunstgewerbemuseum vor dem Untergänge sicher gestellt werden, gleichzeitig aber auch von unseren Handwerkern und Industriellen al- muster- giltige Vorbilder benutzt werden können Ausstellung der Kunstgewerbeschule. Wie stet» seit längeren Jahren erfreut auch an diesem Oster« wurde, in sichere Obhut zu bringen. — Gestern nach» mittag 3 Uhr soll auf belgischem Gebiet daS Duell »wischen dem Hamburger «apiiän Pietsch und dem französischen Kapitän Servan stattgesunden Haden; da« Duell verlief trotz dreimaligen KuzelwechselS unblutig. Rom, 27. März. Ter „Pol. Corr." wird von hier geschrieben: Nach Erledigung der dringendsten Geschäfte und nachdcm sie die Bewilligung zur noch maligen Verlängerung deS prov sonschen Budgets bi» Ende Mai erteilt, hat sich die Kammer die Oster ferien gegönnt und sich blS zum 10. April vertagt. Vor der Vertagung Hot der Kammerpiästdent Zanar- delli die ihm von dcr Kammer übertragene Er- nennung der aus 7 Mitgliedern zusammengesetzt!» parlamentarischen Kommission vorgenommen, welche mit der Prüfung der dem Berichte über die Banken beiliegenden Dokumente betraut wurde und der Kammer hierüber nach den Ferien be richten soll Tie betreffende Untersuchung dürfte noch viel Staub aufwirbeln, obwohl allgemein geglaubt wird, daß der Lärm, der in dieser Rrcytung von allen Seiten geschlagen wurde, stark übertrieben war. Daß auch Deputierte Bankgeschäfte machen und milBarken in Verbindung stehen, somit auch Wechsel ausstehen haben, ist eine ganz begreifliche Thatsache und niemand wird den Betreffenden daraus einen Vorwurf machen. Es handelt sih nur darum, zu wissen, ob und wie weit diese Deputierten durch unbefugte Einflußnahme auf die Geschäfte dieser oder jener Bank, oder durch Annahme von Geschenken bchufs der Beeinflussung ihres Votums sich einer strafbaren Handlung schuldig gemacht haben. Man glaubt allgemein, daß dabei Mißbräuche von seilen parlamentarischer Persönlichkeiten in Italien nicht, oder doch ganz vereinzelt stattgesunden haben. Eure sehr schwierige Aufgabe hatte dcr Kammerpräsident mit der Zusummeustellung der erwähnten parlamen- tanschen Untersuchungskomlwssion übernommen, da wohl kein einziger Deputierter zuUwrnahme dieser delikaten Aufgabe besonders geneigt sein konnte, und überdies die Wahl auf Personen sollen mußte, deren Cyarakler der Kammer eine Bürgschaft dafür bieten konnte, daß bei der Untersuchung jede Partcileidenschaft, jede Voreingenommenheit ausgeschlossen sein werde. Die Lösung der dem Kammerpiäsidenten übertragenen Auftabe war cine um so schwierigere, als vier von den sieben Deputierten, welche Zanardclli ausersehen hatte, die Annahme des ihnen angeborenen Mandats durchaus ablehntcn, sodaß der Kammerpräsident genötigt war, vier andere Deputierte zu wählen Das Arbcusprocramm der Kammer bis zum Juli d. h. bis zum Eintritte der Sommerferien, rst außerordent lich groß. Wenn bloß die allenvichtigsten Gesetze, welche noch der Erledigung harren, wie das Bank gesetz, die Finanzgeseze, die Budgets pro 1892/93 und 1893/94, die Universilätsfraze u s. w. durch beraten werden sollen, wird es besonders eifriger Thätigkeit der Kammer bedürfen, um dieie Arbeit in verhältnismäßig so kurzer Zeit zu beendigen. Vor läufig ist übrigens die öffentliche Aufmerksamkeit in allererster Reihe den bevorstehenden Festen bei Gelegen heit der Feier der silbernen Hochzeit des Königsprare» und den zu erwartenden Besuchen fürstlicher Gäste zugewendet. * London, 29. März. Fast scheint eS, als be ginne den oppositionellen Parteiführern in England allgemach vor den möglichen Folgen der Volks- verhetzung in Ulster bange zu werden. Alsirding» mag es den Begründern des „Wehrbunds von Ulster" mit ihren Drohungen nicht allzu großer Ernst sein; aber niemand vermag eine Gewähr/ zu bieten, daß die planmäßig geschürten Volksleidcnschaften nicht in einem unglücklichen Augenblicke mit elementarer Gewalt jede Schranke sprengen und namenloses Unheil herauf- brschwören. Dieser Befürchtung scheint sich auch Balfour nicht verfchließen zu können, daraus ist. seine leise Mahnung an die „loyale Bevölkerung von Ulster" zu Besonnenheit und Mäßigung zu erklären Er sprach sie in einer Unter, edung mit der Belfaster Abordnung aus; hierüber sowie über den Fortgang der Erregung in Ulster wird der „V Z." gemcldct: Die Abordnung aus Brlfast stellte sich gestern nach dem Empfang bei Gladstone auch Balfour vor Dieser erklärte, er teile d,e Ansicht, daß die Durchführung von Homerule beklagenswerte wirtschaftliche und poli tische Folgen haben würde. Eine Regierung, die ruck sichtUos den Frieden eines gedeihlichen Gemein- weßnS gefährde, lade sich in der That eine sehr schwere Verantwortlichkeit auf. Hoffentlich würde die unter der loyalen Bevö.kcnma Ulst rs rrMckte Ertnistnna in oc- feite die Ausstellung von Schüler ar eile:'. an dieser trefflich geführten und immer rüstig fort schreitenden Btldungsanstalt. Diese Bezeichnung Bil- dungsanstalt, die leider nicht für alle derartige Anstalten paßt, wird bei unS gedeckt nnd gercchifertigt durch eine Leitung vcn Seiten des Unterrichts, welche die Rechte des künstlerischen Geschmackes mit denen der technischen und praktischen Ansorderungen mit Eifer zu verbinden strebt. Es liegt in dem unabweisbaren Hochdruck, welchen die Modeströmung aus die Geschäfts Verhältnisse, ans Angebot und Abnahme ausübt, wenn jenes Verbinden von Zeit zu Zeit nur durch cin geschicktes Aussöhnen und Nechnungtragen ersetzt werden kann. Würde cs doch für ein einzelnes Institut fast daS Ende d.s Verkehrs bedeuten, wenn es für sich allein den Forderungen eines irre geleiteten Tagesgeschmacks ein taubes Ohr ent gegenhalten und den Weg idealer Kunstaus fassung ohne Rücksicht auf die minorennen Käufer beschreiten wollte. Nur mit Vorsicht kann h,cr eine geschmackerzichende Besserung allmählig angeoahnt weiden, aber nnmals wird cs der Kleinkunst, dem Kunstgewerbe und der Kunsttechnik ganz und gar ver gönnt sein, einer geistlosen und unschönen Mode richtung jedes Opfer zu versagen. Wir sprechen dieses Wort zur Verständigung deshalb an-, wnl wir gerade bei Gelegenheit dieser Ausstellung schon früher häufig genug und zwar von befähigten Beurteilern eine nicht gerechte Klage über Entwürfe, Vorlagen, Muster- zeichnungrn, Patronierarbrtten, Tapeten u. f. w in Bezug auf den darin dargelegten Geschmack vernommen haben. ES ist rücksichtsvoll festzuhalten, daß eS Ge werbe und Industrie mit Fabrikanten, Kaufleuten und
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