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Dresdner Journal : 11.03.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189303113
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930311
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930311
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-03
- Tag 1893-03-11
-
Monat
1893-03
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 11.03.1893
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Zweite Beilage zu ^7 58 des Al tSÄUtl* AöVkUülS» Sonnabend, den U März 1893, abends. s—»»—Eck—-«Sis-Sii-—— .» .1 n, - .tt m, Deutscher NrichM-. 63. Sitzung vom 10. März. Am Bundellratrtische: Preußischer Kriegsminister v. Kaltenborn, Staatssekretär v. Bötticher, Frhr. v. Marschall, u. a. Präsident v. Levetzow eröffnet die Sitzung H2Uhr bei schwach besetzten Bänken und doS HauS setzt die Beratung des MilitäretatS beim Kapitel „Militär justizverwaltung" fort. Abg. Hinz« (dcuisch freis ): Schon im vorigen Jahre ist über die Zahl der Selbstmorde in der Armee gesprochen worden. Die Militärverwaltung sagte damals, daß die Zahl der Selbst morde abnehme. Da- ist nach meinen Erfahrungen richtig. Ich milchte aber aus die Gründe der Selbstmorde eingrhen. Bei einer Anzahl von Selbstmorden ist die Ursache nicht ausgedeckt worden. Ja den Jahren von 187- bis 1888 sind bei SS,S Proz. der Selbstmorde die Ursachen nicht ausgedeckt worden Wie verhält sich die Militärbehörde hierzu- Begnügt sie sich damit, Berichte einzufordern oder werden die Organe der militärischen Rechtspflege angewiesen, in jedem einzelnen Falle dem tt runde nachzusorschen? AIS Ursachen sind in der Statistik angegeben: gekränkte- Ehrgefühl, Furcht vor Strafe, Unlust zum Dienst. Sind da Untersuchungen eingeleitet worden, was die eigentliche Ursache war? Eekiänktes Ehrgefühl ist als Grund des Selbst mordes fast nur bei Chargierten angegeben, bei den Gemeinen handelt es sich, zumal im ersten halben Jahre, meist um Unlust zum Dftust. Könnte hier nicht eine mir chtige Behandlung schuld lein? Das alles sind Dinge, die wohl beachtet «erden müssen. Eenrrallieutenant v. Spitz: So lange im Kriegsministerium über die Selbstmorde Auszeichnungen gemacht werden, stellt sich heran-, daß die Zahl der Sellstmorde in der Armee mit dem Verhältnis der Selbstmorde in den Provinzen, aus denen die Truppen sich rekrutieren, genau korrespondiert. Daraus ist zu schließen, daß hauptsächlich Ursachen in Beiracht kommen, die nicht mit dem militärischen Leben im Zusammenhang stehen. Die meisten Selbstmorde ersorgen aus Furcht vor Sirase. Bei Chargierten sind diese Selbstmorde im höheren Grade verbreitet wie bei Gefreiten und Gemeinen. Mit Sicherheit scheint daraus hervorzugehen, daß Mißhandlungen keinen vorwiegenden Grund zu den Selbstmorden bilden. Bei ISO OVO Soldaten sollen 119 Selbstmorde aus Chargierte, 59 auf Gemeine. Bei jedem Selbstmordsall findet unter Zuziehung eines Arztes eine genaue gerichtliche Untersuchung statt. Ein bedeutender Prozentsatz von Selbstmorden bei den Chargierten ist auch auf gekränktes Ehrgefühl zurückzufübrrn. Die Leute halten ihre Karriere für vernichtet, fürchten den Verlust des Civilversorgungsscheines «der schämen sich auch vor den anderen. Es ist nicht zu leugnen, daß die meisten Selbstmorde bei den Gemeinen im 1. Halbjahr erfolgen. Es kommt vor, daß manche drS Hinübertreten in die ihnen bis dahin völlig fremden Verhält nisse, den in den Kasernen herrschenden Kommandoton nicht ertragen können. Es können diese Verhältnisse, zu denen noch Heimweh kommt, einen Seelenzustand hervorbringen, der zu Trübsinn und Selbstmord führt. Die Untersuchungen, die sehr genau geführt werden, weil wir die Wahrheit wissen wollen, haben ergeben, daß 1,5 Prozent der Selbstmorde auf schlechte Behandlung zurück,»führen sind Bei Selbstmord aus ge kränktem Egrgeiz ist es schwer, die wahre Ursache zu finden. Wenn ein Unteroffizier von feinem Hauptmann vor den anderen Unteroffizieren fcharf angegriffen wird, so kann man bei einem etwaigen Selbstmord dem Hauptmann keine Schuld bcimessen. Der eine nimnit sich die Sache jo zu Herzen, daß er sich tötet, ein anderer bessert sich. Die Abnahme der Selbstmorde in der Armee ist keine große, aber eine gleichmäßige. In den letzten sechs Jahren haben die Selbstmorde um neun abge nommen. Abg Frhr v. Kültliugen (ReichSp): Der Hr Abg. Kunert hat gestern so reichhaltiges Material über Selbsten Mißhandlungen und Bestrafungen angeführt, daß man glauben sollte, es bestehe sür das Mililärstrafprozeßversahren schon die Öffentlichkeit logar in solchen Fällen, in denen ein Civilgericht die Öffentlichkeit ausschließt. Ich weiß nicht, was das zu thun hat mit der Einführung einer neuen Etrasprozeßordnung. E laubt Hr. Kunert vielleicht, daß nach Einführung einer solchen dergleichen Schandthaten aushören werden oder daß die Strafen gerincere sein werden- Ich hoffe, auch bei der Öffentlichkeit des Verfahrens wird die Schuldigen die volle Strenge des Gesetzes treffen, schon zur Warnung sür andere. In den Besitz des Materials, das vielleicht doch nicht ganz unanfechtbar ist, kann Hr. Kunert nur durch einen Vertrauen-mißbrauch gelangt sein. Ich habe große Bedenken in die Richtigkeit der Zahlen. Hr. Kunert sagte, der eine habe 17^ Jahre, der andere 11 Jahre erhalten Er sollte doch wissen, daß, wenn über mehrere Straf- thaten zusammen abgeurteilt wird, nickt sür jede Strafthat die bcjondere Slrase auscrlegt wird, sondern eine Gesamtstrafe, welche 15 Jahre auch bei der Militärstrafprozeßordnung nicht überschreiten darf. Mlt großer Befriedigung hat mich die Er klärung des Hrn Generalliculenaiits v. Spitz erfüllt, daß es der Militärverwaltung Ernst fei mit der Einführung einer neuen Militärstrafprozeßordnung. Schau im vorigen Jahre hat der Hr. Reichskanzler erklärt, er werde dafür sorgen, daß dre vom Reichstage gesetzte Reso.ution beachtet werde. Hoffent lich werd?» wir d e Vorlage in nächster Session erhalten. Bayern hat seit 1881 zchon eine andere MilitSrstrafprozeß- ordnung wie wir. Als I87<> Bayern zum Deutschen Reiche bei- -ral, l rß es sich seine Strasprozeßordnung nicht nehmen. Diese Prozeßordnung hat sich in Bayern bewährt und könnte wohl auch in Preußen zu unserem Nutz und Frommen eingefühlt werden. Zuzugeben ist, daß die Sache ihre Schwierigkeiten habe, ich glaube aber, der Reichstag wird die besonderen Verhältnisse vollauf beachten. Die Sache ist im Fluß und wird hoffentlich bald zu Ende geführt werden Auch von der .juotiti» militari!! kann man fagen, sie fei das kuncku- montnw regnoruw. Da« scheint mir nicht genügend Beachtung gesunden zu Haden. Ich schließe das auch au« der Stellung »er Auditeure. In der Mililärvorlage wird eine starke Ver mehrung der Mannschaften, demgemäß auch aller anderen zur Armee gehörenden Personen verlangt Nirgend» aber ist von einer Brrmrhrung der Auditeure die Rede. Ich hoffe, bei einer künftigen Reorganisation der Militärjustiz wird auch den Audi teuren eine bessere Stellung eingeräumt werden. Als ich in Württemberg in den Jnstizdie»st trat, »ar die Öffentlichkeit noch nicht erngesührt Bei Einführung derselben hatte ich allerdings mein Bedenken. In der Praxis sah ich, daß sich der Richler bei der Öffentlichkeit wohl befindet Nichts ist angenehmer für den Richter, als wenn man ihm vollständig in die Karten sehen kann. Dann ist alles Mißtrauen ausgeschloffev. Alles ist offen, klar, durchsichtig für jedermann, daS ist auch konservativ (Bei fall rechts.) Abg. Hinze (deutjch-freis.): Das Verhältnis zwifchen den Selbstmördern im Heere und beim Livil ist doch ein sehr ver schiedenes, der Prozentsatz ist in der Armee ein höherer Ich gebe aber zu, daß eS in dieser Beziehung in anderen Armeen schlimmer steht al- bei uns. Ich hoffe, es wird der Armee- Verwaltung gelingen, daS Verhältnis nach günstiger zu gestalten. Wenn auch »emg Selbstmordsälle auf Mißhandlungen zurück» gesührt weiden, jo bleibt doch noch die große Zahl derer bet denen die Urfache nicht aufgeklärt ist. Hier muß feiten- der Militärverwaltung näheres seftgestellt werden, dann wird eS noch besser »erden. DaS Kapitel wird bewilligt. Beim Kapitel: „Kommandierende Generäle" bemerkt Abg. Richter (deutsch - fteis): Bei Gelegenheit des Geburtstages des Kaiser» haben mehrere Generäle den Kaisertoast bei dem Festdiner, an dem doch auch Civil- personen und Männer aus allen Parteien teilnahmen, dazu be nutzt, um für die Militärvorlage zu sprechen. Es waren die- die «enerale Graf Walversee in Kiel, Lerke in Hannover, v. LewinSki in BreSlau und v. Stock, Gouverneur von Köln. Letzterer hielt eS noch sür richtig, zu versichern, daß Krieg kommen werde. Ich glaube nicht, daß d«S Handel und In dustrie in Köln besonder« beben kann Ich halte e« sür an gemessen, derartige Streitfragen in der Armee zu behandeln, besonder- aber halte ich derartige Au-führungen bei solche» Trinksprüchrn nicht sür angemessen, da niemand fick wegen der ungenügenden Motivierung der Beteiligung an der Veranstaltung entziehen kann. Ich meine, dabei müßte betont werden, Wa alle «int (Zustimmung link»), nicht, wa- Gegenstand des parla mentarischen KampseS ist. Der Titel wird bewilligt. Bei Beratung der Kapitels „Geldverpflegung der Truppen" erhält daS Wort Abg. Richter: Einzelne Fälle von Solbatenmißhand- lungen zu erörtern, ist unerquicklich, der Reichslaa kann sich aber der Verpflichtung nicht entziehen, solange die Öffentlichkeit beim Militäistrasversahren ausgeschlossen ist. In letzter Zeit sind in der Presse wieder zahlreiche Mitteilungen über solche Mißhandlungen gemacht woiden. Auch ich habe eine große Zahl von Zuschriften erhalten, war aber bis jetzt noch nicht in der Lage, das Material zu sichten. Ick habe die Überzeugung, daß die maßgebenden Personen die Mißhandlungen hindern wollen. Man muß sich umsomehr wundern, baß Mißhand lungen noch in solchem Maße Vorkommen, während sonst doch jeder W nk von oben sofort bis in die unterste» Reihen befolgt wird. BclvnderS handelt es sich um die Behandlung der Lehrer «äh rend ihrer ivwöchigen Dienst ,eit. Lieutenant StraßmüllermDüssel dorf ist deshalb gerichtlich verurteilt woiden, ich will aus diesen Fall daher nicht näher eingrhen. Nicht bekannt ist es m>r, ob auch in Osteiooe in Ostpreußen eine gerichtliche Berurtrilung erfolgt ist. Es handelt sich um 96 Lehrer, die von einem Premier lieutenant, besten Name leider nicht genannt worden ist, be- schimpst worden sind. Besonders verwerfe ich die veschimpsungcn der Lehrer mit Bezug aus ihren Beruf. Man muß sich fragen, wie es möglich ist, daß Leute von der Bildung eines Offizier- jo che Worte in den Mund nehmen. Vor einigen Tagen erhielt ich einen Brief von einem alten Mütterchen aus Jnschede Sie teilt mir darin mit, daß ihr Sohn, ein Trainsoldat, am 24. Fe bruar in Rendsburg gestorben fei. Sie glaube infolge von Mißhandlunsen, denn ihr Sohn habe ihr gejchrieben, daS Blut komme ihm aus Ohr und Nafe. Sie habe ihm geraten, An- ztige zu machen, er meinte aber, dann würde e» doch nicht bester. Als sie ihre Wahrnehmungen angezeigt habe, sei ihr erwidert worden, sie solle es nur lasten, ihr Sohn fei ja doch einmal tot. Ich bin natürlich richt in der Lage, zu sagen, ob eS sich so verhält, wie in dem Briese erzählt. Ich bin aber der Ansicht, daß die Sache genau untersucht und dos Re sultat öffentlich bekannt gemacht wird. In s-lchen Fällen wäre eine genaue Totenschau nötig. Es ist zwar gejagt worden, eine Totenschau existiere, ich halte es aber sür nötig, daß dazu auch eine richterliche Person, welche nicht im Militärverhältnis steht, zugezogen wirb. Außerdem ist es nötig, daß die Angehörigen genau über solche Fälle unterrichtet werden. Auch hier thäte etwas mehr Öffentlichkeit not. Eine Reform des Beschwerde rechts wäre ebenso am Platze. Mau fordert von uns jährlich Kvvoo Rekruten mehr. Unter den jetzigen Verhältnissen wird die E süllunz dieser Forderung noch mehr erschwert. Kriegeminister v. Kaltenborn: In dem Fall Schrag- müller in Düsseldorf hat die geiichtlichc Untersuchung und die Verurteilung des Schuldigen stattgesundcn, desgleichen in den Fällen in Osterode und auch in Schwerin, wo auch eine Ver urteilung erfolgt ist. Was den eben vorgelejenen Brief an- beirifft, so möchte ich bitten, ihn uns zur Verfügung zu stellen. Wir find vollständig bereit, nackzusorfchen, ob nicht in der Sache bereits eine Untersuchung eingelertet ist resp wie die näheren Umstände dabei find, denn daß daS alte Mütterchen den Bries selbst geschrieben hat, ist nicht so ohne weiteres ohne Beweis zu glauben. Eine allgemeine gerichtliche Totenschau findet statt. Eine Civilbchördc heranzuziehen, halten wir bisher leine Veranlassuug, eS wird aber jedenfalls ein Beamter der Heeresjustizverwaltung und ein vereidigter Offizier zugezogen. Desgleichen ist es Praxis, daß den Angehörigen eingehend mit geteilt wrrd, woran der betreffende Solbat gestorben ist. Wenn in dem belegten Falle nicht schon Remedur cingetreten ist, dann kann ich dem Abg. Richter versprechen, daß die Sache untersucht und ihm ihr Ergebnis mitgeteilt wird. Abg. Richter: Nach Sul, Wortlaut und Schrist glaube ich, daß die alle Frau den Bries, den ich dem Hrn. Kriegs- minister zupellen werde, selbst geschrieben hat. Damit nicht bei den Ellern gestorbener Soldaten eine falsche Vorstellung ein- tritt, ist es nötig, einen unabhängigen Richter bei der Toten schau mit zuzuzieyen. Abg. Hahn (kons.): Ich stimme in vielen Dingen dem Hrn. Abg. Richter bei. Auch ich halte cs sür erwünscht, daß solche Dinge nicht verkommen, und baß bei den Eltnn ver storbener Soldaten leine falschen Vorstellungen entstehen. Ich möchte aber auch meinerseits wünschen, daß in der Oeffcntlichkeit nicht falsche Vorstellungen entstehen, als ob solche Ding- in großer Zahl vorkämcn. (Sehr richtigI rechts.) Wir sind über zeugt, daß derartige Fälle nur sehr vereinzelt Vorkommen. Ich stimme auch dem zu, daß strenge Bestrafungen nötig sind. Im vorigen Jahre sind diese Dinge ausführlich erörtert worden. Da hat Hr. Richter gesagt, zur Bekämpfung der Sozialdcmo kratie fei es nötig, zu zeigen, daß auch bei der jetzigen Staais- und Gesellschaftsordnung solche Fälle derart eingeschränkt werden können, soweit dies bei Menschen möglich ist. Dem trete ich bei. Ich möchte mich nur dagegen wenden, als ob im großen und ganzen beun Militär die Linge nicht fo seien, wie sie sein sollten. (Beifall rechts.) Abg. Bebel (Soz -Dem) weist auf die Notwendigkeit hin, vor allem das Befchwerderecht zu verbefsern, un» gehl alsdann auf zahlreiche ihm zu Ohren gekommene Fälle grober Solaaten- mißhandlungen rin. Nach der Schätzung einer Artikels in der „Neuen Zeit" behandeln nur 20 Prozent aller Oifiziere und it» Prozent Rr Unteroffiziere ihre Untergebenen menschcnwürdig. Mit wie verschiedenem Maße gemessen werde, zeige der Umstand, daß ein Unteroffizier, der einen Soldaten zum Verschlingen einer glühend h»ißcn Kartoffel gezwungen und dadurch seinen Tod Herbeigesührt habe, neun Monate Gefängnis erhalten habe (Hört! Hört! links), während in Weißenburg zwei Soldaten für ein ganz geringjügigrs Jnsubordmationsoergehen außerhalb der Dien stes mit 1» Jahren schweren Kerkers bestraft worden feien. (Hört! Hört! links) Der Lieutenant v Salisch, der inCoblenz einen Livilisten von hinten erstach, wurde zu einem Jahr Festung ver urteilt (Hört! hört! links), und dieser Offizier, der in solch ehr- loser Werse einen Menschen ums Leben gebracht hatte, sei nach wenigen Monaten noch begnadigt worden. (Hört I hört! links.) Angesichts solcher Zustände habe Redner nicht die mindeste Lust, abermals sovoo Mann Rekruten mehr zu bewilligen unr sie ahne Schutz und Recht der Willkür der Vorgesetzten preiszugeben, die, wenn sie eine geringe Bestrafung erlitten, auch noch Aussicht hätten, daß sie ihnen durch Allerhöchste Begnadigung erlassen werde Vizepräsident Baumbach: Ich muß den Hrn Redner darauf aufmerksam machen, daß es nicht zulässig ist, das Allerhöchste Begnadigungsrecht zum Gegenstände der Kritik zu machen. Abg Bebel sührt im weiteren Fortgang seiner Rede aus, daß von hohen Stellen, neuerdings auch in Bayern, Erlasse gegen die Soldaten«ißhandlungen ergangen seien; wenn trotz dem keine Besserung eintrete, so beweise die», daß da» Übel seinen Ursprung nicht in den Personen, sondern in den Ein richtungen habe. Eine militärische Borbilduna der Jugend würde Bieler bessern. Der Strafprozeß und das Beschwerderecht bedürfen einer gründlichen Reform. KriegSmintsttr v. Kaltenborn: Die Heeresverwaltung wird stets dankbar fern, wenn Schäden ausgedeckt werden zu dem Zwecke, sie zu bessern. Die gestern und heute hier beliebten Bariationen über das Thema .Soldatenmißhandlungen und Militärgerichtsbarkeit. scheinen mir aber vollständig dieser Grundlage zu entbehren. (Ohoruse bei den Sozialdemokraten, stürmischer Beifall rechts.) Die Lcidenschasllichkeit der Angriffe, die Fälle vo» Beleidigungen gegen die Armee (Lebhafter Bei fall rechts) unter dem Schutze der Redefreiheit des Hause» (Stürmische Zwischenrufe von feiten der Sozialdemokraten, lebhafte Zustimmung rechts) lassen nicht daraus schließen, daß die Absicht vorliegt, die Armee zu verbessern (Ähr richtig!) Ich kann in dem Berfahren der sozialdemokratischen Partei, welche die Armee angegriffen hat, nur den Versuch sehen, Klaffenhaß auch in die Armee hineinzutragen. (Sehr wahr! recht».) Ich habe aber die Hoffnung, daß die Kameradschaft, da» feste Band, da» alle Glieder der Armee umgirbt, sich al» stärker bewähren wird, al» da» Bestreben, diese» Baad zu lockern und am Bestände der Arme« zu rütteln. (Stürmischer Beifall recht» ) E» ist »an allen Seite» zugestanden, daß alle Steven im Heere, von ter Allerhöchsten Person an bi» herunter zu den Hauptleute», aufs eifrigste bestrebt sind, den Übelständeo, welche in der Behandlung der Untergebenen bestehen, entgrgenzutreten. ES werden die eingehendsten Berichte über die zur Kenntnis kommenden Fälle eingelordert, und eS gilt al» eine Schande sür einen Truppenteil, in da» Berzeichni» solcher Vorkommnisse ausgenommen zu werden. Aber diese Dinge ganz aus der Welt zu schaffen, sind wir alle mit einander nicht im stände. (Sehr richtizl) ES kommen Temperament und Befähigung aus Seite der Lernenden, wie der Unterrichtenden dabei in Frage. Aus- jchreüungen werden immer voikommrn Die Heeresverwaltung bedauert aufS lebhafteste, wenn sie nicht zur Kenntnis der Vor gesetzten kommen. Kein Vorgesetzter darf sie ungesühnt lasten, er würde seine Pflicht verletzen, wenn er ihnen nicht nachginge, und die Folgen sür ihn bleiben niemals aus. Ich kann nur wiederholen: die Art und Weise, wie die Angriffe gesührt sind, drückt den Haß der Führer der Sozialdemokratie gegen die Armee aus, den ich allerdings vollständig begreift. (Ruse bei den Sozialdemokraten: Widerlegen Sie u»S doch!) Die Armee wird eben von Ihne» betrachtet, und mit Recht, als der Damm, der Ihren Bestrebungen entgegensteht. Tas Bewußtsein, dieser Damm zu fein, ist noch voll lebendig in der Armee, und Sie werden Ihren Zweck, diesen Damm zu zerstören, nicht erreichen. (Lebhafter Beifall recht».) Abg Lieber (Zentr.): Der Kriegsminister sprach den Gedanken aus, daß den Ausführungen des Abg. Bebel die Ab sicht zu Grunde liege, Stimmung gegen die Armee, wenigstens gegen die He-reSverwaltung, zu machen. Es fällt mir als Mitglied des Hauses nicht ein, über die Abnchten meiner Kollegen ein Urteil auszujprechcn Aber das wird der Abg. Bebel und werden feine politischen Freunde selbst nicht ver kennen, daß die Wirkung der Art seines Vorgehens keine andere fein kann als die, unsere hochverdienten, ehrenwerten Offiziere, die Armee, das ganze deutsche Volk aufs tiefste zu verbittern und die Würde unseres Reichstage- nicht nur, sondern auch unserer Nation wie unseres Heeres vor dem Aus lande aus das Tiesste herab jusetzen. (Beifall.) Die Beseitigung der voegetragenen Ülelstände wünschen nickt nor der Abg. Bebel und seine politischen Freunoe, sondern der ganze Reichs tag (Sehr richtig!), ebenso der Bundesrat. Der Allerhöchste Kriegsherr hat in einer Ordre vom 6. Februar 1890, Se. König!. Hoheit Prinz Georg in einem Armeebefehl vom 8. Juni 1891, ebenso die bayerische Militärverwaltung die ernsteste Absicht zu erkennen gegeben, derartige Mißhandlungen abzustellen. Ich meine, wenn wir einig im Ziel sind, so wird sich auch ein Mittel finden lassen, um dieses Ziel wirklich zu er reichen, statt daß man immer mit Reizungen vorgeht, die weit entfernt sind, diesen Zweck zu erfüllen. Über dre meisten der von den Abgg. Bebel und Kunert vorgetragenen Fälle können wir kein Urteil fällen, da sie gerichtlich nicht erhärtet sind. Ein Teil ist allerdings ger chtlich bereits erledigt und durch Strafe geahndet. (Ruf bei den Sozialdemokraten: Aber wiel) Darüber steht uns lein Urteil zu. (Lachen bei den Sozial demokraten) Ich sür meine Person hätte in einzelnen Fällen auch eine strengere Strafe gewünscht, aber das kommr der jedem richterliche-: Urteil vor, das sich die Kritik ge fallet! lasten muß. Was die gerichtlich nicht belegten Fälle anlangt, fo muß ich zugeben, daß uns kein anderes Mittel übrig bleibt, als solche einzelne Fälle vorzulragcn Das einzig Richtige aber ist es dann, diese >älle in Ruhe und mit Zurückhaltung vorzutragen. Es erscheint mir geradezu un erträglich, in der ersten Vertretung des deutschen Reichs die Anschuldigung gegen unsere Offiziere ,u hören, der Gemeine sei denselben mit dem Eintritt in das deutsche Heer schutzlos preisgegeben. (Rus bei den Sozialdemokraten: DaS ist That- jache! Widerspruch rechts.) Wenn Offiziere unter dem Schutz der Redefreiheit als ehil»s bezeichnet iverden, so kann das nur zur Erbitterung beitragen. Andererseits meine ick allerdings, daß, wenn auch nur der zehnte Teil der vorgetragcuen Fälle wahr ist, so ärgerliche Zustände vorhanden sind, daß auch ich nur den dringenden Wunsch ausjprechen kann, die Militärver waltung möge noch einmal eindringlichst erwägen, ob nicht diesen Ucbelständeu mehr als bisher begegnet werden kann. Ich bin mit dem KriegSminifter dahin einverstanden, daß, solange menschliche Einrichtungen bestehen, Menschlichkeiten Vorkommen, aber es giebt auch ein Maß, aus welches diese Menschlichkeiten herabgedrückt werden können, und dieses Maß müßte gerade auf dem Felde der Soldatenmißhandlungen angestrebt werden. Zur Beseitigung der Mißhandlungen würde die Öffentlichkeit des Verjährens beitragen. Die Erscheinungen, die wir im vorigen Jahre und jetzt hier mit größtem Mißbehagen sick haben voll ziehen sehen, sollten sich im Reichstage nicht einbürgern. Die Militärverwaltung lullte ernstlich daraus Bedacht nehmen, durch eine geeignete Dierstanwiisung an die Unteroffiziere, sowie durch schärfere und regelmäßige Beaufsichtigung den Grund sür solche Beschwerden zu beseitigen Mögen die Fülle ausgebauscht sein, etwas ist immer daran. Abg. Frhr. v. Manteuffel (kons): Im Namen meiner politischen Freunde und vielleicht vieler anderer im Hause möchte ich dem Hrn. Knegsminijter danken, daß er in jo beredten herz haften Worten eingetreten ist sür die Osfiziere und die Institutionen der Armee. (Beifall rechts.) Die Äußerung des Hrn. Bebel, daß nur 2V Proz. der Osfiziere und 10 Proz der Unteroffiziere die Untergebenen menschenwürdig behandeln, ist die größte Übertreibung, die jemals im Reichstage ausgesprochen woiden ist. (Sehr richtig! rechts.) Ich bin 6 Jahre preußischer Offizier im Dienst gewesen, und ich behaupte, daß von sämt lichen Osfizieren nicht 2 pro Mille mit den Leuten unwürdig umgehen; die Freundschaft, die oft bis zum hohen Alter zwischen Offizieren und Untergebenen besteht, liefert den besten Beweis gegen die Behauptungen des Hrn. Bebel. Die Vorgesetzten wachen ihrem Befehle gemäß aufs strengste darüber, daß keine Mißhandlungen voikommen. Den Fall des Hrn. v. Salisch kenne ich nicht, ich sage: uuäiatur ob altera, paru. Wenn die Angaben des Hrn. Bebel sich als wahr erweisen, dann bin ich bereit, das Verhalten auch sür ehrlos zu erklären. Die tollste Übertreibung war, daß die Leute der Willkür der Vorgesetzten recht- und schutzlos preisgegeben seien. Dabei hätte ich doch ein Eingreisen des Hr». Präsidenten erwartet Die Herren wissen: DaS, woran sie mit ihren Bestrebungen scheitern, ist die Armee. Da» ist es, was Eie ärgert. (Bersall rechts.) Abg Ltadthagen (Soz.-Lem): Gerade wer da» Militär liebt, muß wünschen, daß Mißstände in demselben ausgedeckt werden Daraus, daß die Militärverwaltung von den Unter suchungen über die im vorigen Jahre hier zur Sprache ge brachten Fälle nichts mitteilt, geht hervor, daß sie die Richtig keit derselben zugicbt. (Widerspruch rechts.) SriegSministrr v. Kaltenborn: Glücklicherweise ist der Vorredner nicht derjenige, welcher über die Qualifikation deut scher Offiziere zu emjcheidrn hat. Wir »erden uns durch Sie nicht dazu zwingen lassen, Ihnen die Entscherdungen, welche in den angesührten Fällen ergehen, auch noch mitzuteilen. Abg. Bebel: Gegenüber Ler leidenschaftlichen Art des Hrn. Ministers habe ich in aller objektivster Weise gesprochen und die Armee durchaus nicht beleidigt. Ich habe die Ueberzeugung, daß sich die von mir im vorigen Jahre vorgebrachten That- sachen nicht nur als wahr erwiesen, ja, daß noch mehr erwiesen ist, als ich behauptet habe. Haß gegen die Armee liegt uns sein, denn wir werden ihr keine Gelegenheit gebe», gegen uns vorzugehen. Hr. Lieber hat das Verfahren der Militärverwal tung gut geheißen, er Hal sich wieder riamal als freiwilliger Regierungslommissar erwiesen. Ich will nur noch hinzusügen, daß in der holländischen Kolonialarmee der Soldat berechtigt ist, den ihn mißhandelnden Unteroffizier niederzuschlagen. Staatssekretär v. Boetticher: Nachdem Hr Bebel im vorigen Jahre seine Klagen über Soldatenmißhandlungen vor- getragen hatte, war er meiner Ausforderung gefolgt, diese An gaben durch feine Beweismittel zu unterstützen, und ich danke ihm, daß er damals mir das Material unterbreitet hat. Wenn er jetzt vermutet, daß aus diesem Material noch viel schlimmere Thatsachen hervorgegangen seien, so irrt er. Ich hatte den Hrn. Krieg-Minister sofort ersucht, de» Behauptungen »ach z»gehen und die einzelnen Fälle zu untersuchen. Der KriegS- minifter ist daraus eingegangen und ich habe über jede« ein- »el»en Fall detaillierte Auskunft erhalten. Es hat sich ergeben, daß bei einem großen Teil der Fälle die Bebelschen Behaup tungen nicht nachgrwieftn werden konnten (Hört! rechts), und daß sie bei einem anderen Sachverhalt in einem weitaus mil deren Lichte erschiene». Weitcr hat sich in allen denjenigtn Fällen, bei denen Mißbrauch der Dienftgewalt in Frage kam, ergeben, daß von Seite der militärischen Behörd« eingeschritten und Remedur geschaffen wurde. Aus dir Einzelsälle einzu,ehe», hat hier keinen Zweck Welche Absicht dabei vorlieg», diese Klagen hier vorzubringen, fo w rden die Sozialdemo kraten zugeben müssen, daß die Vermutung begründet ist, sie »Hun es nicht bloß im Interesse der Remedur, sondern e< ist in der That daraus abgesehen, die höheren Vorgesetzte» bet der «rare und beim Volke in Mißkredit zu bringen (Abg. Bebel: DaS ist unwahr! Glocke des Präsidenten) Bringen Sie Ihre Beschwerden vor die rechte Schmieke! (Zuruf der Sozialdemokraten: Hier ist der Platz dafür!) Da sind wir anderer Meinung. Wer irgendwo im Lande eine Beschwerde hat, bringt sie bei der rechten Instanz an. Das ist besser, al- wenn Sie aus die nächste RerchSlagssi-ung warten und hier Erhebungen verlangen Ter Hr KciegSminister hat völlig recht, wenn er eS ablehnt, hier daraus rinzugehen. Soll er eigene Mißhandlungsliften ausstcllen für Sie- Er hat mehr zu thu». (Sehr gut! recht») Aber Ihre Deklamationen werden Gott sei Dank auch im Volke da» Vertrauen zur Armee und zu deren Leitung nicht erichüttein. (Bravo!) Vizepräsident Baumbach: Der Abg Frhr. v Manteuffel hat bei einer Äußerung des Abg. Bebel meine Rüge vermißt. Nach dem amtlichen Sfenogramm (welche» Redner verliest) hat der Abg Bebel seine Äußerung nicht in dem vom Abg Frhrn v. Manteuffel zitierten Sinne gethan. Ich habe den Eindruck gehabt, daß da» Urteil kcs Hrn. Bebel ja jehr weitgehend ist, daß eS sich aber innerbalb der pailamentarisckcn Redefreiheit gehalten hat und daß es seine Sache ist, sein Urteil zu vertei digen. Ich kann mich daher nicht rn schließen, Hrn Bebel zur Ordnung zu rusen. (Beifall links) Ab., v. Marquardien (nat. lib): Tar n ist die Mehr heit des Hauses einig, daß an der Ehre und dem Anseht» unseres Heeres r icht gerüttelt werden da s. Hr. Bebel hat da» Verdienst, auf die Erlasse Sr. Lönigl. Hoheit des Prinzen Seorg und des bayerischen KnegSministtrs hmgewieftn zu haben. Diese E,lasse bringen zum Ausdruck, daß alle- fern gehalten werden soll, was einem Unrecht nahe kommt Diese Gesinnung wird von meinen Freunden g«teilt Woc wollen alles Mögliche thun, um Mißhandlungen aus der Armee sernzuhalten. Em» der Mittel ist die Beurteilung durch unparteiische und gerechte Richter, dies wird unterstützt durch die Öffentlichkeit d S Brr- sahiens. Ich weiß, daß geiade hiergegen sich c-e stärksten Be- Lenken geltend machen. Die Praxis in Bayern aber hat ge zeigt, daß die Öffentlichkeit auch beim Mililärstrasversahrea wohl möglich und von gutem Erfolge ist. Abg. Frhr. «.Manteuffel: Wenn der Vorredner gemeint hat, daß das öffentliche Verfahren eine Gewähr sür die un parteiische und gerechte Rechtsprechung bieret. so nehme ich a», daß er damit nicht hat sagen wollen, daß d e militärischen Ge- richre nicht unparteiisch sind. Ich müsste das sonst aus das Entschiedenste zurückweijen Der Abg. Bebel meinte, er hätte die Behauptung, daß nur 20 Proz. der Osfiziere und io Proz der Untcroifiziere die Soldaten menschenwürdig behandelten, zitiert. Wenn man derartige Beweise für seine Behauptungen zitiert, fo mach» man Liefe Behauptungen auch völlig zu den seinigen. Mit der Erwähnung der beiden Befehle des bayerischen KnegSministers und Sr. königl. H»heit des Prinzen Georg beweist er nur, daß solche Vorkommnisse sich thatfächlich ere.gnet Hal en, daß aber von einer großen Zahl nicht die Rede sei» kann, und er beweist ferner dadurch, mit w.lch.r Strenge die Militärverwaltung dagegen eingeschritten ist. Mit diesen Aus führungen des Abg. Bebel wird es wohl ebenso gehen, wie mit seinen vorjährigen, über di: wir ja vom Staatssekretär v. Boctticher ei': Urteil gehört haben. Dadurch sind die ganzen Deklamationen der Herren jener Seite aus ihren richtigen W^rt zurückgesührt worden. (Lachen bei Len Sozialdemokraten.) Tan:, hat Abg. Bebel roch angeführt, wie fchlecht unsere Verhältnisse den holländischen gegenüber seien. Diese Verteidigung der hollän dischen Kolonialarmee ist ein Zeichen von der Größe seine« Patriotismus. Abg Lieber: Wir können unmögl ch un» auf den Stand punkt stellen, hier sei der richtige Ort, solche Angelcgenhstte» vorzubringen. Zuerst muß der geordnete Jnstanzrnzug erschöpft werden. Vor den Reichstag dürfen diese Dinge erst gebracht werden, wenn es ein anderes Mittel nicht mebr giebt, eine» eingewurzelten Mißbrauch abzustellen. Ucber die von Hr». Bebel vorgebrachten Fälle können wir nicht urteilen folglich könnte ick sie auch nicht widerlegen. Reichstag und Regierungen sind einig darin, daß die Mißhandlungen auf das Menschen- mögl ch geringste Maß reduziert werden. Abg. Bebel: Was Hr. v. Boctticher über die Untersuchung der von mir angeführten Thatsachen mitgeteilt hat, bestärkt mich nur in der Meinung, daß bei der Art, wir die Militär behörden verfahren, aus den Dingen überhaupt nichts herauS- kommt. Der Fall Schwengber aus neuester Zeit hat mir darin eine gute Lehre erteilt. Ich werde mein Material künftig nicht mehr den Herren aushändigen. Der Reichstag thäte künftig besser, solch: Dinge in einer eigenen Kommission zu untersuchen. Staatssekretär v. Bötticher: Ich kann ia dem Abq. Bebel seine Meinung nicht unterbinden, unv wenn er Ler M inung ist, daß ich eine objektive Auskunft nicht gegeben habe, so muß ich ihm überlassen, dieser Meinung zu folgen. Er wird mir nicht bestreiten können, Laß ich in vollständig loyaler Weise da» Ergebnis der Untersuchung seiner vorjährigen Angaben dar- gelegt habe Wenn der Vorredner für sick in Anspruch nimmi, Laß alle seine Quellen und Forschungen, die ja Loch nicht mit der Autorität einer behördlichen Maßregel angepellt siud, ein so unerschütterliches Resultat ergeben, daß er mit Lem Brustton der Ueberzeugung dann dieselben als unumstößliche Wahrheit hinstellen ka»n, so muß ich ihm doch sagen: Hr. Bebel, Larin gehen Sie zu weit! Die Bezichtigungen, die gegen Vorgesetzte nicht einmal von den betreffenden Soldaten selbst, sondern von Familienangehörigen oder Freunden vorgebracht sind, sind keineswegs gleich als bare Münze zu nehmen. Die Untersuch ung hat mit aller Sorgsaft stattgesunden und das Resultat ist das angeführte. Wenn Abg. Bebel gemeint hat, Ler Verlauf feiner Anregung habe ihn zu dem Entschluß gebracht, uns gar kein Material mehr zu liefern, dann glaube ich, ihn mit um so größerem Recht fragen zu können, was denn dann die ganze Geschichte für einen Zweck hat. Sie stelle» Behauptungen aus, und wenn wir sagen, seien Sie so gut und geben Sie uns Be weise für Ihre Behauptungen, so sagen Sie: Das fällt uns nicht ei», Sie machen doch nur Unfug damit. Das ist Loch auch dem blödesten Äuge klar, daß eine solche Behandlung nicht diejenige sei. die man in einem Parlamente vornehmen sollte. Abg Richter: Seit 20 Jahren hat der Reichstag unab lässig Lie Reform unsere» Milttärstrafwefens grsordrn. Wir sind in jedem Jahre vertröstet worden mit allgemeinen Wendungen, und jo auch diesmal. Bei dieser Gelassenheit der Militärverwaltung unserer Forderung gegenüber ist eS da- einzige und natürliche Pressionsmitlel, unablässig diese Fälle in immer größerer Zahl vorzubringeu, um die Regierung endlich zu zwingen, in der Richtung, wie wir e» verlangen, vorzugehen. Deshalb ist diese Debatte, auch wenn Übertreibungen unterlaufen sollten auch vom parlamentarischen Standpunkte durchaus berechtigt. Möge die Regierung darau« den Schluß ziehen, ihre Gelassenheit aufzugeben und endlich einmal gründ liche Äbhilfe zu schaffen. (Beifall.) Kriegsminister v. Kaltenborn: ES hätte der mehrtägige» Verhandlung in der eben besprochenen Richtung nicht bedurft, um die Gelassenheit, mit der in dieser Frage seitens der Heere»- verwaltung gearbeitet wird, zu beseitigen ES wird mit vollem Ernst und Anstrengung oller Kräfte seit 2 Jahren gearbeitet. Daß wir nicht einen Gesetzcntwurs vorlegen können, den wir nicht billigen und den Sie auch nicht billigen können, liegt aus der Hand. Wir können Ihnen keinen Gesetzentwurf vorlegen, als bis er sertig ist. (Heiterkeit links) Abg. Richter: Hr. v. Kaltenborn ist schon der sünste Krieg-Minister, von dem ich von demselben Platze aus dieselbe Erklärung vernommen habe. (Heiterkeit.) Da können Sie r« unS nicht übel nehmen, wenn wir auch da- schärjfte PressionS- mittrl anwenden, um endlich Abhilfe zu erzwingen. (Beifall.) Hiermit schließt die Debatte Der Titel wird bewilligt. Schluß fch6 Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend 1 Uhr. (Fortsetzung dieser Beratung; außerdem: Antrag Gröber, bekmend Einstellung eine» Strafverfahren» gegen den Abg. Stötzel.)
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