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Dresdner Journal : 09.03.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189303096
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930309
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930309
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-03
- Tag 1893-03-09
-
Monat
1893-03
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 09.03.1893
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M56. Donnerstag, den S. März, abends. 1893. WO» vr»»ä»» viertsIMürlick > »S Ns, d« Loo »»i»<rt <1eot»ek«-o visrtst- 2 »u»»erd»Id «le, ävuticdev k«ict»«» tritt ?o»t- on6 8tempelru»ckl»ss Kia»». Li»»«Io« ttummero: 10 kk. itakaockIxuox»xedüNr«i»r PL» 6«v kaum einer sse»p»>tsnea ^sils tleiner öadrikt ?0 l's. tlnter „Lin^eramit" äi« 2eils bv kk. Kai Ubelten- uoü ^itkernsatr «nt»pr. Auk»el>l»L- kraokelnvar l'L-liet» mit Au»o»üm« 6er 8onn- u. fsiertax« »kenäa. ksroiprsctr-^naodlu»»: lir. 12SL. DrcMerIo»mal. ^ür die GejamUettung verantwortlich: L)ofrat Gtto Banck, Professor der (Literatur- und Kunstgeschichte. Louadme Loklio-Ixunxeo an8«ärt»r Nowmioaionitr 6s» Ur>->>6uur Journal»; Lawdurx L»kNa V>»a l^iprt^ L»»»l vr«»I»a Pralltkur» ». N.: //a<»rn«trin <t H-lcr,' S»rI>a-Vi«a-8«mbuix- kr», l.»ip,iss-kr»lltlkurt » tk ktLllcdea: /iuti. r»ri» l-onäva L»rlm -kr»u>lturl ». H -Stuttx»rl: tt L»rlia: /»tatilienliant, Lr«,I»u: L'ntit Laaaovor: L7. Lc^ui«ter, k»u» a. s.: /iurct <e L.'». Ilerauüxederr Lvoizt. Lrpeäition 6e, Oresüner Journal«. l)rs»6eo, ^»inzerstr. 20. ksrunpioeü-AosLÜIu»«: ^'r. 1285. Amtlicher Teil. Dresden, 7. März. Mit Allerhöchster Genehmigung Sr Majestät des Königs ist dem Schiffseigner Moritz Jüngel aus Kleinwittenberg und dem Fischermeister Otto Emil Naumann hier für die von Ersterem am 12. August vorigen Jahres und von Letzterem am 21 November desselben Jahres unter eigener Lebens gefahr bewirkte Rettung eines Mädchens vom Tode der Ertrinkens in der Elbe die silberne Lebensrettungs medaille nebst der Befugniß zum Tragen derselben am weißen Bande verliehen worden. Nichtamtlicher Teil. TetegrapöisBe und tetephonische Nachrichten. Leipzig, S. März. (Privattel. d. DreSdn. Journ.) Se. Majestät dec König besuchten heute vormittag die Frauenklinik des Professor Ur. Zweifel und empfingen mittags 12 Uhr den Privatdozenten I>r. Cichorius im Palais in Audienz behufs Vorführung von Photographien von Reliefs an der Trajanssaule zu Rom Ihre Majestät die Königin besuchten die heilige Messe und besichtigten sodann den Bauplatz der katholi schen Kirche, sowie die städtische Markthalle; später empfinden Ihre Majestät die Vorstand»- -amen des AlbertvereinS in Audienz. Spremberg, S. März. (D. B. Hd.) Die hie sige Stadtmüdle, ein sehr bedeutendes Werk, ist gänzlich niedergebrannt. Der Schaden ist sehr bedeutend. Dar eS Salaam. S. März. (Tel. d. Dresdn. Journ., Bei Uniaqwira auf dem Wege von Mpwapma nach Tabora fand ein siegreiche- Ge fecht OirenS der kaiserlichen Schutztrupp-n statt. Die befestigte St-llung deS Häuptlings Masenta wurde nach zähem Widerstande unter bedeutendem Verluste de» Feinde» erstürmt. DieSseit» ist der Feldwebel Erttel gefallen, der Lieutenant Bothmer leicht verwundet worden; zehn ASkari» find teil» tot, teils verwundet. Lissabon, st. März. (W. T B.) Nach einer Meldung au» Mozambique hat der portugiesische Kriegsaviso ,,Mac Mahon" Schiffbruch gelitten. Kopenhagen, 8. März. (D. B. Hd.) Da» LandSthing hat in erster Lesung den Kinanzgesetz- entwurf für 18S3S4 unverändert in der Fassung des Folkething» angenommen und ihn einem so gleich gewählten Ausschuß übergeben. Von kon servativer wie moderater Seite wurde der Wunsch geäußert, daß in diesem Jahre ein ordnungSmäß ge» Kinanzgesetz zu stände kommen möge. Stockholm, 8. März. (D B Hd.) In einer am Montag unter Vorsitz König Oskar» abgehal- tenen norwegischen StaatSratösitzung sollen wichtige Beschlüsse bezüglich der norwegischen Streitfragen gefaßt worden sein. Die Influenza verbreitet sich mit großer Schnelligkeit in der Umgegend der Hauptstadt. In der zwei en Hälfle deS Februar sind dem ersten Provinzialarzt auS Södertelge, Warholm, Dalarö, Östhammar u. f. w. 215 ElkraukungS- fälle an Influenza gemeldet worden. Warschau, 8. März. (D. B. Hd.) Der Vor schlag betreffs Organisierung der Grenzwache al» selbständiges CorpS erhielt die kaiserliche Ge- aehmiqung. Die Grenzwache wird aber, entgegen Kunst und Wissenschaft. Der böse Geist. Sloman von A. G. v. Suttner. »0 (Fortsetzung.) „Ich danke Ihnen für die Auskunft/ versetzte der andere spöttisch. „Nun, ich finde ts gerade merk würdig, daß die Hülsen so schön passen; Sie können sich wohl nicht denken, warum — aber ich habe meine ganz besonderen Gründe. Deshalb nehme ich auch dieses Päckchen mit mir; es wird mir in der Folge noch wichtige Dienste leisten. So, eigentlich wären wir für heute fertig; ich habe vorläufig das gefunden, was ich suchte — mehr bedarf es augenblicklich nicht; ich will Sie also nicht weiter bemühen. Nur möchte ich Sie aufmerksam machen, daß Sie sich zur Ver fügung der Behörde halten müssen; eS ist sehr wahr scheinlich, daß man Sie nächstens als Zeuge vorladen wird." „Zeuge gegen wen — für was? ' „Das werden Sie alles bei Zeiten erfahren. Adieu einstweilen!" XI. „Haben Sie schon gehört?' „Freilich! Die ganze Stadt spricht ja von nicht» anderem." „Wer da» je geglaubt hätte!" - „Ader, mein Bester, da- lag doch Ptgentlich auf der Hand. Nur wunderbar, daß man nicht sogleich dem ursprünglichen Plane, nicht der aktiven Armee einverleibt. Zum Chef der Grenzwache wurde der Genrralli,ulenant der Artillerie, Swinin, er nannt. Bukarest, S. März. (Tel. d. Treidn. Journ) In der gestrigen Sitzung der Kammer beantwor teten der Kultusminister Jonesku und der Minister des Äußern Lahovary die Interpellation Fleva» über die allgemeine Politik. Letzterer wrcS die auf den König gerichtete Kritik Fleva» über die Haltung der Regierung bei der Hockzeitsfeier in Sigmaringen zurück und ebenso Fleva» Be hauptung, die Kinder deS Thronfo'gers würden Katholiken sein. Dieselben würden vielmehr sicherlick die oi thodore Taufe empfangen — Die Mitglieder ter liberalen Opposition erklärten, Fleva sei nicht berechtigt gewesen, in ihrem Nomen zu spiechen. Ler Senat nahm einstimmig daS Gesetz be treffend die Landgendarme ie, an. Konstantinopel, 8. März. (W. T. B.) Die Desinfeklion auf der Bahnstation Mustapha Pascka ist aufgehoben worden; der Eintritt in die Türkei ist damit nunmehr ein ganz unbehinderter Belgrad, 8. März. (W T.B.) Secks Radi- kalt sind als der Ermordung deS OrtSvorsteherö Lkscntievic von Gradovalz nerdäcktig verhaftet Worten. Die Verhaftung KaticS. der der Urheber- scka t dieses Mordes beschuldigt wird, ist noch nicht erfolgt. — Die liberalen und fortschrittlichen B!ätter tateln sehr hkftig die AufwiegelungS- versuche der Radikalen. Die radikalen Blätter machen die Regierung für dieselben verantwortlich. New Aork, 8. März. (W.T.D.) Heute nacht k1 Uhr wurde eine leichte Erdersckütterung zwischen der 8. und der 50. Straße in der Rich tung von Süd-Ost nach Nord West verspürt; hef- tiger war die Erschütterung auf Loi g-Jsland, wo mehrere Einwohner notdürftig bekleidet auS ihren Wohnungen flüchteten. Dresden, 9. März. Zeilbtlrachlungen cines Unbefangenen. X. DaS Wahlverfahren und der Geschäfts gang bei der Interessenvertretung. Haben wir uns von der Notwendigkeit und dem Nutzen der Interessenvertretung überzeugt, so muß die erste Frage d:e sein, wie diese Vertretung am zweck mäßigsten einzurichten sei. E^ wurde von mir bereits erwähnt, daß die Vertretung ein möglichst treues Ab- bild der im Staate vorhandenen berechtigte" Interessen geben soll, und zwar je r ach ihrer Bedeutung für die Gesamtheit und nach dem Verhältnis/, in welchem die verschiedenen, durch rin gemein ames Interesse unter sich verbundenen Gruppen der Bevölkerung gegenseitig zu einander stehen. Zuerst ist also festzustellen, welchen Interessen gruppen nach ihrer staaü chen Bedeutung der Anspruch auf eine besondere Vertretung im Rate der Gesamt heit zugestanden werden kann oder muß. Sodann ist auf Grund sorgfältiger amtlicher Zählungen seslzustellen, wie viele Vertreter jede Jnteresfengruppe im Ver hältnisse zu allen anderen haben muß oder darf. Hieran schließen sich die Bestimmungen über die Wahlen. Neben den Vorschriften über L.bensalter, Unbescholtenheit, Vollbesitz der staatsbürgerlichen Rechte und dergleichen muß un rläßliche Bedingung für die Wählbarkeit jedes Vertretcrs fein, daß er selber der von ihm zu vertretenden Berufs- oder Jnteressenklasse angehört, sonst kann er nicht wissen, wo die von rhm dahinter kam, daß alles wie mit Blindheit geschlagen war." „Eigentlich ja; jedermann mußte es doch aufsallen, daß Tannenberg so urplötzlich und noch dazu un mittelbar nach dem Ereignisse verschwand. Wenn man auf Reisen geht, nimmt man doch gewöhnlich von seinen Bekannten und Freunden Abschied, und be sonders in diesem Falle, wo die Verlobung —" „Ob die guten Leute drüben in Buchenfeld nicht von der ganzen Sache das Nähere wußten?" „Möglich; man vermeidet eben gerne Eklat, selbst wenn man durch die That geschädigt worden ist." „Wieso geschädigt?" „Nun, man versichert, daß Zoe Ragotz, obzwar verlobt, doch dem Prinzen nicht abgeneigt gewesen sei; Tannenberg soll davon Kenntnis gewoi nen haben, und das eben gab ihm den Gedanken ein, feinen glücklichen Nebenbuhler für alle Zeiten unschädlich zu machen." „Schrecklich! Ja, wenn man so in die Geheim- nissc dieser Leute Einblick erhielte, die sich als etwas ganz besonders Erhabenes fühlen, man bekäme da mehr als einmal schöne Dinge zu hören! ' „Der Verfall, der Verfall, mein Lieber!" „Traurig, aber wahr." „Man hat bereits Steckbriefe nach allen Welt gegenden erlassen, wie eS heißt" „Wenn man seiner auch nur habhaft wird — und wenn man dann, wa» die Hauptsache ist, auch nur ein abschreckendes Beispiel aufstellt und nicht die ganze Geschichte zu vertuschen sucht" „Dntmal wird man sich wohl hüten! DaS ganze Land schreit nach Rache; man würde ihn lynchen ..." Vertretenen der Schuh drückt. Ebenso notwendig ist eS, daß jede zu vertretende Jnteressenklasse eine Wahl- körperschoft sür sich bildet, in der nur Angehörige dieser Klasse stimmberechtigt sind. Bei der Fe^stellung dieser Klassen hat man sich an d'e vorhandenen ge setzlich bereits anerkannten und geordneten Einrich tungen anzuschließen Dabei wird sich ergeben, daß die wichtigsten dieser Einrichtungen ohne weiteres als Wahl- körperscl aiten benutzt we den können, z. B sür die Vertret ung der religiösen Glaubensgenossenschafien die Synoden, sür die Vertretung des großen Grundbesitzes die Kreis- stönde, sowie des bäuerlichen Grundbesitzes die in Sachsen bereits trefflich eingerichteten landwirtschaft lichen Vereine, für die Vertretung der Stadt- und Landgemeinden die Gemeinderäte, für die Vertretung von Handel und Großindustrie die Handels- und Gewerbekammern sür die Vertretung deS Arbeiter- standes die nach dem Gesetze vom 6. Juli 1884 ge- bildtten Berussgenvsfeuschaften mit ihren Ver'rauens- mäunern und Arbeiterverlretern, insbesondere für Bergarbeiter die Knappschaftskassen (Ges. vom 2. April 1884) Hier fußen wir überall auf Einrichtungen, die sich bereits emgelebt haben, wir stehen auf ge schichtlichem — was die Hauptsache ist, auf vater ländischem, echt deutschem Boden. Wir haben eS überall mit Personen zu thun, die des von ihnen vertretenen Fack es kui d'g und von ihren Fachgenossen als würdige Venrauensper onen anerkannt sind. Dabei kommt jedes Interesse und jeder Stund, auch der der bescheidensten A. bester, zu Gehör und Recht. Da freilich der auf solcher Grundlage herzustellende Reichstag immer nur auf eine gewisfe Kopfzahl der Vertreter beschränkt bleiben muß, ist eine Tei'nähme aller vollberechtigten Reichsbürger an den Wahlen nur dann möglich, wenn diese innerhalb der ver schiedenen Jmeressenklassen nicht unmittelbar, sondern durch Wahlmänner geschehen. Dies hat aber wieder den großen Vorzug, daß es bei den Wahlen um so ruhiger und besonnener zugehen wird. Bei solcher Einrichtung der Wahlen zur Reichs- Versammlung würden alle Mißstände und Ärgernisse, die wir jetzt beklagen, hinwegfallen. Vor allen Dingen wären wir befreit von dem vorlauten geschwätzigen Dilettantentum, das sich jetzt überall breit macht. Tie Angehörigen einer jeden Wählerklasse kennen ihre Leute am besten und bedmfen keiner zungenfertigen, au,Ur »glichen Ratgeber Der ganze Lärm nnd die gehässige Hetzerei, mit denen jetzt bei jeder Reichstags wähl ein ganzer Wahlkreis beunruhigt wird, hätten dann keinen Zweck mehr. Dagegen läge in dem Wahlversahren zugleich die Gewähr dafür, daß die Gewählten in dem Jnteressenkreise, für den si.' gewählt wurden, auch wirklich Sachverständige sind Die Neichsversammlung würde dann in allen Volkskreisen ein ganz anderes Vertrauen genießen, als sie nach dem jetzigen Wahlversahren beanspruchen kann. Tie Geschäsisbehandlung in den Volksvertretungen möchte freilich auch eine andere werden, als sie jetzt ist. Verbleiben würde den Abgeordneten das Recht, über den Voranschlag des Reichs- oder des Staats haushalts und den Rechenschaftsbericht zu beraten und zu beschließen, nur mit der Maßgabe, daß Verhand lungen und Beschlüsse, die mit der zur Beratung stehenden Rechnungspost nicht in unmittelbarem Zu sammenhänge stehen, unzulässig wären. Verbleiben würde ser, er das Recht, Gesuche einzubringen und Beschwerde zu führen über Gesetzes- oder Verfassungs- Verletzung. Für das Aufstellen der Gesetze selber wäre dagegen ein neuer Weg einzuschlagen. Gesetze zu entwerfen und abzufassen ist eine schwere Kunst. Sie will durch vielseitiges Forschen erlernt und durch längere Er fahrung grübt fein. Ein gutes Gesetz soll wie aus einem Gusse gemacht, in der Fassung kurz und be- So flüsterte man allenthalben in den Gruppen, die sich in den Straßen PottenbrunnS gebildet hatten. Die Aufregung war womöglich noch größer als an dem Tage, wo es geheißen, man habe Prinz Heissen- stein ermordet gesunden. Wie sich diesmal das Ge rücht verbreitet hatte, wußte niemand recht; es war plötzlich überall entstanden, jedem war es bekannt, ohne daß er sagen konnte, von wem er eS auS erster Hand hatte, denn jeder sprach davon und teilte es dem Nächstbesten mit, der ihm in den Weg kam. Eytzing, der sich zufällig in der Stadt befand, wurde am meisten mit Fragen bestürmt, denn er hatte ja auf befreundetem Fuße mit dem Verbrecher gestanden und verkehrte jetzt häufig«! als früher mit den Be wohnern von Buchenfeld. „Ich kann es nicht glauben! Ich kann e» nicht glauben!" rief er jenen zu, die seine Meinung hören wollten, und als man mit dem böswilligen Anspiel ungen auf Zoe herausrückte, wurde er unwirsch: „DaS sind schändliche Lügen! Weder ihr noch dem Prinzen fiel etwas Ähnliches ein; ich weiß eS genau, denn ich stand mit dem armen Herssenstein auf sehr vertrautem Fuße; er war halb und halb mit einer entfernten Verwandten verlobt, und dachte nie daran, sich hier zu binden, darum auch scheint mir diese neueste Entdeckung unglaublich. Hat Tannenberg wirklich daS Verbrechen begangen, so that er eS im Wahnsinn." Jetzt kam ihm Doktor Herz entgegen und flüsterte sogleich vorwurfsvoll: „Sle haben doch nicht etwa geplaudert? Alle Welt weiß schon vom Ergebnis der Untersuchung." „Ich? Sie sehen mich in einem Zustande furcht stimmt, srn von Zweifel und innerem Widerspruch, sorgsam in die gesamte übrige Gesetzgebung eingefügt, in jedem Worte abgemessen und erwogen sein. Da- ist keine Arbeit für cine vielköpfige Körperschaft. Bei der jetzigen Behandlung der Gesetze in den Volks vertretungen, wo an der Wortfassung geputzt und ge mäkelt, Bestimmung und Tragweite de» Entwurfs nicht selten durch Einschaltungen und Zusätze verändert wird, die manchmal nur einem augenblicklichen Ein falle entsprungen sind, werden die Vorlagen meistens nicht verbessert, sondern verschlechtert. Geseke beantragen kann jeder, Gesetze machen nur der Mann von Beruf. Tas Sprichwort sagt: „Schuster bleib' bei deinem Leisten." Muß sich der Staatsmann bescheiden, daß er nicht verstehe, irgend ein Gewerbs- erzeugnis ai'znfertigen, eine Maschine zu bauen oder dergleichen, so muß sich der Volksvertreter bescheiden, daß auch die SlaatLkunst ein Beruf ist, den sich nicht jeder anmaßen darf. Zweck und Aufgabe einer Volksvertretung ist über haupt nicht die Abfassung der Gesetze — denn darauf konml die heutige Art, Gesekesvorlagen bis ins einzelnste zu beraten, hinaus —, sondern den Gesetz geber von dem Einflüsse zu unterrichten, den die ge planten Vorschrifien ans das gan.e Volk oder einzelne Klassen desselben ausüben werden. Die Mitwirkung der Volksvertreter in der Gesetzgebung sollte daher nur eine zweifache sein: Beratung über den Plan und die Grundzügc eines beabsichtigten Gesetzes, die der Ausarbeitung des Gesetzes vorauszngehen hätte, und Eiklärung über Annahme oder Nichtannahnie der nach dem vereinbarten Plane ausgearbeiteten Gesetze. Eine Verhandlung hätte nur stattz^findeu bei der Vorberatung über den Plan und die Grundzüge des Gesetzes; jede Interessengruppe könnte hierbei ihre be sonderen Wünsche anbrmgen und müßte, dafern diese nicht durch Geiamtbeschluß des R.ichs- oder des Land tages befriedigt werden, berechtigt fein, ein Sonder gutachten einzureichen. Die Gesamtbcschlüsse und die von einzelnen Gruppen etwa eingereichten Sonder gutachten hätten die Unterlage sür die Ausarbeitung der Gesetze zu bilden; soweit es sich als unthunlich erweist, einzelne Gesamtbefchlüsse oder Sondergutachten im Gesetze zu berücksichtigen, müßten die Ablehnungs gründe bei der Vorlegung des Gesetzes von der Re gierung angegeben werden. Die Ausarbeitung de- Gesetzes wäre lediglich Sache der von der Regierung hiermit beauftragien Männer von Fach, eine Einzel- beratung über Wortfassung oder dergleichen dürfte nicht weiter stattfinden; die Schlußabstimmung hätte nur noch zu entscheiden, ob das vorgeschlagene Gesetz im ganzen angenommen werden soll oder nicht. Bei solcher GeschäfiSbehandlung könnte schneller und besser gearbeitet werden, als bei dem jetzigen Verfahren, das durch die Eitelkeit mancher Redner unnötig in die Länge gezogen wird. Die Reichs und die Laub tage könnten ihre Aufgabe in viel kür zerer Zeit erledigt haben, als jetzt; den einzelnen Ver irr lern würden nicht so schwere Opfer an Zeit zu- gemutet; auch solche, die im eigenen Geschäfte unent behrlich sind, — und gerade diese sind in der Regel die tüchtigsten — würden sich leichter entschließen können, die Vertretung des Jnteressenkreises, dem sie angehören, zu übernehmen. Dies um so eher, als auch der lästige Brauch, daß die Abgeordneten dann und wann vor einer sehr gemischten Wählerversamm lung eine Art Rechenschaftsbericht vortragen müssen, entbehrlich würde. Denn solche Wählerversammlnngcn — im Grunde nur eine Vorarbeit sür künftige Wahlen — sind, bei Lichte besehen, ein recht unnütze» Schaustück Ist aber durch die Zusammensetzung der Volks vertretung für sachliche und schnelle Erledigung der Gescbäste gesorgt dann erscheint es auch ganz unbe- 'N .1's ...M barer Aufregung! Hören Sie nur, was die Leute alles Schändliche sagen und erfinden. Eben wollte ich zn Ihnen gehen und Ihnen Vorwürfe machen, daß Sie daS Geheimnis so rücksichtslos unter daS Pu blikum kommen ließen. Man tritt da höchst ehren werten Leute nahe, bringt sie ganz ungerechtfertigt in Verleumdung, Leute, sür die ich gutstehe. Ich muß Sie dringend bitten, den Namen Ragotz wenig stens vor solchen infamen Verdächtigungen zu schützen. Jetzt fällt all' das — Gesindel über Baronin Zoe her und zerrt ihre Person in daS Gerede! DaS ist eine Niederträchtigkeit ohnegleichen, gegen die ich mich mit aller Gewalt auslehnen werde." „Aber mir fiel es nicht ein, nur ein Wort ver lauten zu lassen!" „Dann hat man in Steinbrunn geplaudert — oder etwa Doktor Ratmann, kurz, irgendwo ist da» Gerücht gezeitigt worden." „Mir ist daS Ganze unangenehmer, als Ihnen, da nun die Schritte erschwert werden dürften, die ich vorhatte. Ich wollte in Form eines Besuches bei Baron Ragotz vorsprechen, um gesprächsweise —" „Ich bitte Sie noch einmal, lassen Sie jene aus dem Spiele. ES ist schon gut, die vorschriftsmäßigen Schritte zu thun, aber auch das Gericht hat die Pflicht, gewisse Rücksichten >m Auge zu behalten. Wenn man heute erfährt, daß Sie nach Buchenfeld gefahren sind, so wird es morgen noch heißen, der Baron sei der eigentliche Mörder oder dessen Tochter habe das Verbrechen angezettelt. Nein, ich bin mit der Familie zu befreundet, um etwa» Ähnliches zu- zugeben. Wenn Sie Nähere- über dort erfahren wollen, sollen Sie eS von mir erhalten, ich beabsich-
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