Suche löschen...
Dresdner Journal : 02.03.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189303025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-03
- Tag 1893-03-02
-
Monat
1893-03
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 02.03.1893
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
M AI. Donnerstag, den S. März, abends. 1893. vernxspretsr k"2r vrsiäoa viertsl^^rlick 2 so ?k, k«i <«» lirirerl. äeut»cNen viertvl- jNNrllcl» 2 Llartk; »»»,erU»It> du« <l«.ut»cdeo ksicU« tritt l'oit- und 8t«-mpeI»u^Ul»8 Nia»«. kiarelns Xummero: tv ?s. XaNitaaixun8«kvNüt>re»r ?0r ä«a kaum eiasr ^eüpalt^nea Leilv klsiasr Kedriit 20 ks. Vater „Linßssrmät" äi« 2«ilo Ü0 ?k. Lei 1»dvIIea- uoU ^iNerasatr vatspr. Xusscdl»^ Lrsedelueur lAziicd mit Xuiaadrao äer 8ova- u. k'sierta^e abeaä». ksra»precd-^a»odlu»»: l^r. 128». DreMerAMmal. Lür die Ge;amtlettung verantwortlich: ^ofrat Otto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. Laoadmo roa Lokilaaixiias^n «U8v2rt», NommiiiioiMr rtez l)rei-<>ller Journal»; Nawdurx vsrlia Visa I-eipri^ La»sl Lr««I»a?r»alrtart ». U.: //au»e»Ärin <v , Sürl>a-Viva-N»mburz kr»8 l.,>prib-^r»allfurt L. LI. Lliiatdea: A'uct. k»ri, 1>oa<Ioll 8«rlm ^raakturl ». » -Sluttxart: /-aub« <e t7o., Verlia: /»i'a/i</enc/a»i1, vrsilaa: Hit /takat-»,' Saaaovori v. Lc/i««»irr,- S»Uo a. ».: Larct «9 t,'«. Nerausxederr Löoigl. Lrpectitioa 6e, Dresdner ^ourvai». vro»6eo, 2«ivzer»tr. 20. korasxrscd-^osektuss: I^r. 1295. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben den zum Vice« und Deputy Konsul der Vereinigten Staaten von Nordamerika in Chemnitz ernannten Charles E. Barnes daselbst in dieser Eigenschaft anzuerkennen geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem bisherigen Gemeindevorstande zu Zaschen dorf, Gutsauszügler Welde das allgemeine Ehren zeichen zu verleihen. Mchtnmtlichkr Teil. Telegraphische und telephonische Nachrichten. Berlin, 2. März. (Tel. d. DrcSdn. Journ.) Der gestern in Gegenwart Ihrer Majestäten deS Kaisers und der Kaiserin aufgestiegene Luftballon „Humboldt" ist verunglückt. Die Frau deS Professors Aßmann, der sich an der Fahrt betei ligte, erhielt aus Farbezin ein Telegramm, dem zufolge die Landung bei Wussow bei Naugar- erfolgte; der genannte Professor wurde am Fuße verletzt und mußte infolgedessen seine geplante Rückkehr verschieben Näheres über diesen Unfall ist bisher nicht zu ermitteln gewesen. In Ergänzung der vorhergehenden Mitteilung bezüglich deS Luftballons „Humboldt" ist ein zweites auS Farbezin an den Meteorologen Pro fessor Bezold gesandtes Telegramm eingetroffcn, welches günstiger lautet: Lie Landung ist bei Raugard erfolgt; Professor Assmann wurde am Fuß verletzt; sonst ist alles gut abgelauftn. Buda-Pest, l. März (D. B. Hd.) Die wegen der Cholera getroffenen Verkehrsbeschränkungen werden aufgehoben, nachdem im Buda Pester Ko- mitate die Epidemie seit 14 Tagen erloschen ist. Auch der Verkehr in Haden soll wieder freiqegeben werden. Paris, 1. März- (W. T. B.) Eine Note des hiesigen Gesandten der Tominikanischen Re publik erklärt die Nachricht von einer Gebiets abtretung an die Vereinigten Staaten und von einem für die Schiffahrt in der Samana-Bai bewilligten Monopol in aller Form für un begründet. Dour, 1. März. (W. T. B) In den Gru ben von Saule Wartan, der Gesellschaft „Grand Bouillon" gehörig, fand eine Explosion schlagender Wetter statt, durch welche L Personen getötet und 4 verwundet wurden. London, 1 März. (D. B. Hd.) Der Marine etat verlangt die Mittel zur Erhöhung der Prä senzziffer um 2600 Mann, sodaß nach deren Be willigung die Zahl der Mannschaften der britischen KloNe 76100 betragen wird. London, 1. März. (W. T. B.) Der hiesige brasilianische Gesandte bezeichnet die New Porter Nachiickten über angebliche Schwierigkeiten zwi schen Brasilien unk Argentinien als unbegründet; es seien keinerlei Vorstellungen seitens der argen tinischen Regierung in Rio de Janeiro erfolgt. Auch die Meldungen über eine Niederlage der Bundestruppcn und den Übertritt von Bundes- truppen zu den Aufständischen seien unbegründet. London, 1. März. (W T. B.) Heute abend fand bei dem Prinzen und der Prinzessin von Wales zu Ehr.n Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich ein Galadiner statt, an welchem auch die hier anwesenden übrigen Mitglieder der Königl. Familie und viele andere hervorragende Persönlichkeiten teilnakmcn. Morgen begiebt sich Lunst und Wissenschaft. Der böse Geist. Roman von A. G. v. Suttner. r» (Fortsetzung.) „Wo? Dort?" erwiderte Doktor Ratmann kopf schüttelnd und eilte nach der Stelle, wo der Mann stand. „DaS ist ganz unmöglich", murmelte er, zurückkommend. „Was ist unmöglich?" ftug der Richler. „Daß sich der Unglückliche mit jener Waffe das Leben genommen hat." „Warum nicht, wenn er sie wegschleudrrte und —" „Keine Idee! Der Schuß ist mitten inS Herz ge gangen, er mußte auf der Stelle tot sein und konnte nie und nimmer mehr die Pistole dorthin werfen, ebensowenig wie er sich dort erschossen und bis hierher geschleppt haben kann." „Aber dann wäre ja kein Selbstmord, sondern ein Mord durch einen zweiten verübt worden!" „DaS ist meine feste Überzeugung," bestätigte der Doktor leise. „Auch die Wunde deutet darauf hin, daß der Schuß auf einige Entfernung abgegeben worden ist." „Nehmen wir sogleich das Protokoll auf," ergriff der Richter da>»Wort und er diktierte auf der Stelle dem Kanzlisten' daS Ergebnis der Voruntersuchung. Auf sein Geheiß schritt einer der Gendarmen den Raum ab, der zwischen der Leiche und dem Punkte lag, wo man die Waffe gefunden hatte. Ihre Majestät in Begleitung deS Prinzen und der Prinzessin von Battenberg ,um Besuche beim Herzog von Rutland nach dessen Schloß in der Grafschaft Leicester. Dublin, 1. März. (D. B. Hd.) In der Ge- gend von Limerick ist eS zu blutigen Zusammen stößen zwischen der Polizei und den bei der Aus weisung von Pächtern sich widersetzenden Zu schauern gekommen. Die Pächter, obwohl mit reich lichen Mitteln versehen, hatten die Pachtzahlung verweigert. Kopenhagen, 1. März (D. B. Hd.) Der Bergungsdampfer „Kattegat" und der Eisbrecher „Grane" haben gestern nachmittag begonnen, eine Schiffah.tSlinne von hier nach Helsingör zu brechen. Frederikshavn, 1. März. (D. B. Hd.) Eiuige hier eingcttvffene Dampfer berichten, daß die Fahrt durch daS Skagerak des vielen Treibeises wegen noch sehr gefahrvoll ist. Der Dampfer „Livonia" von Danzig, auf der Re>se von Schweden nach Bremerhaven, ist mit einem großen Loch am Bug und Wasser im Vorterraüm hier an- gekommcn. Lie Sigralstation Skagen meldet, daß rings um Skagen das Wasser mit Treibeis ungefüllt ist. Christiania, 1. März. (D B. Hd.) Die Fraktion der Linken deS StorthingS hat am Montag abcnd ihre Verhandlungen beendet. Bis jetzt ist über bas Ergebnis der Beratungen noch nichts Bestimmtes veröffentlicht worden und wird auch erst im Storthing bei der Verhandlung über die Thronrede bekannt werden. Stockholm, 1. März. (D. B. Hd.) König Oskar hat auf Antrag des GeneralfeldzeugmeisterS eine Kommission eingesetzt, die vorbereitende Schießvrrsuche mit 6 5 mm - Gewehren nach Mausers, Mannlichers und Krag-JörgensenS System anstellen soll. Lie Einführung eines dieser kleinkalibrigen Gewehre in der schwedischen Armee ist in Aussicht genommen. St. Petersburg, I.März. (D. B.Hd.) Dem nächst finden hierselbst unter dem Vorsitz des Zaren militärische Beratungen über die Befestigungs bauten in Kongrrßpolen statt. Zu diesem Zwecke ist auch General Gurko hier anwesend. Belgrad, 1. März. (D. B. Hd) Zwischen Belgrad und Savatz hat heute der regelmäßige Schiffsverkehr auf der Save wieder begonnen. Pera, I.März. (W. T. B.) Die fünftägige Quarantäne, welche bisher für die Provenienzen au« Hamburg und den Elb Häfen bestand, ist auf- gehoben und durch eine ärztliche Besichtigung er setzt worden. Dresden, 2. März Bußtag. Vorwärts ist unser Blick gerichtet. Als Christen in der ernsten Passionszeit sagen wir, „sehet, wir gehen hinauf gen Jerusalem!" Wir sind verbunden mit dem Manne, dessen Weg vom Leiden zur Herrlichkeit, vom Kreuz zur Krone geht. Es ist nicht sein eignes Ge schick, es ist nicht die Tragik seines Lebens, die wir Mitempfinden, sondern wir haben die Erkenntnis, daß die Menschheit in ihm leidet, stirbt und siegt; daß es von unendlicher Bedeutung ist, ob wir an ihn gekettet sind oder nicht, weil der Zusammenhang mit ihm die Entscheidung einer Ewigkeit in sich schließt. Es handelt sich um unser Heil, unsere Erlösung, darum ist unser Blick vorwärts gerichtet. „Fünfundzwanzig Schritt!" meldete er sodann und der Schreiber ließ seine erstarrten Finger über das Papier gletten. Sobald die Leiche nach der Stadt transportiert worden war, wurde der Oberst verständigt und Doktor Ratmann beeilte sich, die Kugel aus der Wunde zu ziehen, um vor allem zu sehen, ob das Geschoß zur Pistole gehörte; es paßte genau in die Patronenhülse, auch zeigte der Lauf frische Spuren einer Benützung, es gab also weiter keinen Zweifel mehr. Wie ein Lauffeuer ging die Nachricht durch die Stadt und das Interesse für den Markt war mit einem Schlag verschwunden, um ausschließlich dem für daS schreckliche Ereignis Platz zu machen. Selbstver ständlich herrschte beim Regimente eine ungeheure Aufregung, nachdem der Oberst die Trauerbonchaft verkündet hatte, und man zerbrach sich die Köpfe darüber, wie und warum dieses Attentat verübt wor den war, denn es konnte nur ein Akt der Rache ge wesen sein, da man bei der Leiche alle Wertsachen, wie Uhr, Ringe und Geld, gesunden batte. Jeder grübelte hin und her, ob er nicht eine Persönlichkeit ausfindig machen könnte, derHeissenstein vielleicht eine Veranlassung gegeben haben konnte, ihm nach dem Leben zu trachten — ja, ein Unteroffizier wurde so gar gefänglich Ungezogen, weil er sich einmal über ein Unrecht beklagt hatte, das ihm vom Major zugefügt worden war, ober der Mann wurde nach mehreren Tagen wieder auf freien Fuß gesetzt, da nachgewiesrn wurde, daß er seinen in der Umgebung einquartierten Zug keinen Augenblick verlassen hatte. Baron Ragotz und seine Tochter erfuhren da« VorwärtS geht unser Wünschen und Sehnen, denn ach, nun will es Frühling werden Schnee und Eis bannen unS nicht mehr. Blumenketten werden sich bald wieder um uns schlingen. Schon kommen die ersten gninen Spitzen, schon stimmen tie Vöglein zu ihrem Gesänge, schon lockt die wärmende Sonne. Und wie in unseres Herrgotts großer Werkstatt ein mäch tig Schaffen und Drängen ist, so hoffen wir nun mit recht vielen unseres Volkes aus dumpfer Not, drückender Arbeitslosigkeit, zehrenden Sorgen zu reichlicher Arbeit und redlichen Verdienst wieder geführt zu werden; daß Handel und Verkehr sich hebe, Geld ins Land und unter die Leute komme, die Schiffe, nicht mehr vom Eis und nicht wieder von tückischer Seuche in den Häfen gesperrt, frei auslaufen und die Früchte deutschen Fleißes übers Meer tragen, im raschen Güteraustausch den Wohlstand des Volkes zu mehren. Vorwärts? Bußtag in der Passion will unsern Blick rückwärts wenden. Nicht im Sinne der Ge schichte, daß wir der vorigen Zeiten gedenkend an der Vergangenheit unsern Mut stählten für die Aufgaben der Zukunft und in Freude an dem, womit Gott uns segnete, die Freudigkeit fänden, daß auch erneute und erschwerte Hindernisse weichen werden, in Friede, Glück und allerlei Wohlfahrt uns zu bauen; nein, rückwärts schauen wollen im Sinne dessen, der da sagte, ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater ich habe gesündigt; Hineinblicken wollen wir in die geheimnisvolle Dunkelkammer, wo in Herz und nach Gewissen alles das entsteht und ausreift, was dann als unsere Worte und Werke, Ur teile und Handlungen ans Tageslicht tritt; da, wo die Beweggründe und die Triebfedern unseres äußeren Thuns zu finden sind, wollen wir uns ernstlich prüfen, ob wir lauter und rein sind, in der Wahrheit stehen, vor Gott uns verantwortlich fühlen, das Böse verabscheuen, das Gute wirklich wollen. Aus dem Herzen kommen arge Gedanken, darum wurde unser Leben arg und löse. Das darf nicht so bleiben. Darauf gehe unser richtender Blick. Wir taugen nichts, wenn nicht unsere Lebensquelle wieder rein fließt. Jeremias auf den Trümmern Jerusalems, die klagende Prophetengestalt, der seines Volkes Verderben mit un heimlicher Klarheit voraussrhen und vorauSvcrkünden mußte, aber tauben Ohren previgte, und nun die Er schlagenen seines Volkes um sich sieht, die zu beweinen er nicht Thränen genug und nicht Wassers genug in seinem Haupt hat, tritt uns an diesem Bußtage ent gegen. Aber sind denn bei uns solche Trümmer? Gaben wir nicht der Hoffnung auf eine gute Zukunft Raum? O, das Verderben ist dann um so gefähr licher, wenn es, noch nicht vor aller Augen offen kundig, um so sicherer im Finstern schleichet und am Volksmark zehrt. So ist's aber namentlich mit der Lüsternheit und den Unzuchtssünden. Oft erschrickt man aufs tiefste, wenn schon aus Kindermund, von Jünglingen und Mädchen schamlose Dinge gesagt werden. Es liegt ein furchtbarer Fluch darauf, daß in schlimmen Bildern, gierig angesehen, und in den verhüllten, aber nur zu rasch erkannten Fingerzeigen einer nichtswürdigen Tagespresse Unterweisung zum Schlüpfrigen und Schändlichen gegeben wird. Kommt solcher Gintropfen in junges Blut, wie bald ist dann der ganze Leib elend. O der Erschlagenen unseres Volkes. Unzufriedenheit liegt auf so vielen, Nörgeln und Klagen beraubt sie der besten Thatkraft. Liegt denn oft mehr als blose Begehrlichkeit, mehr als Sucht zum Genuß, zum reichlicheren Gewinn zu Grunde? Ach daß wir die echte Unzufriedenheit und die wahre Un ruhe gewönnen, da wir die Schuld nicht außer uns, fordern in uns findend, bekenneten, wir empfangen, was unsere Thaten wert sind. Wer in dem Sinne Ganze durch Doktor Ratmann selbst, der bald nach der Rückkehr der Kommission im Hause vorsprach. „Gräßlich!" rief Zoe entsetzt. „Eine unheimliche Geschichte," bemerkte der Vater. „Wer weiß, ob je in das Dunkel Licht gebracht werden wird!" Am Nachmittag erschien auch Eytzing; eS hatte sich in Mühldorf das dunkle Gerücht verbreitet, daß in Pottenbrunn Meuterei ausgebrochen sei und mehrere Offiziere von der aufgeregten Mannschaft ermordet worden wären So sagte er und hörte mit höchster Überraschung der Mitteilung des Barons zu. „So ein schreckliches Ende für einen Mann, dem, man kann sagen, das Glück in allem und jedem bis her zugelächelt Hai!" rief er im Tone tiefer Er schütterung. „Schade, schade um ihn!" Er war ein Kavalier vom Scheitel bis zur Sohle — ein guter, edeldenlender Mensch, soweit ich ihn kannte, ich glaube nicht, d,ß er fähig gewesen wäre, einer Fliege aus Mutwillen ein Leid anzuthun." „Ja, ich kann mir nicht erklären, wie sich daS Ganze ereignet haben mag," versetzte der Baron kopf schüttelnd. „Ich möchte trotz aller gegenteiligen Be hauptungen an Selbstmord glauben." „DaS war auch mein erster Gedanke, als Sie mir sagten, man habe den Ärmsten erschossen gefunden; aber da Ihnen Doktor Ratmann die bestimmteste Versicherung gegeben hat, daß die in einiger Ent fernung gefundene Pistole den Gegenbeweis liefere, so muß ich wohl der Behauptung eine- Sachverständigen Glauben schenken. Wer hätte daS vor drei oder vier Togen gedacht, al« ich ihm noch auf der Straße be- und mit der Absicht die Leute an der Hand des gött lichen Wortes unzufrieden macht der thut ein gutes Werk; denn in der Reue und Scham, in dem Leid und der Trauer über Verfehlungen liegt, wenn das Auge sich zugleich zu dem wendet, der allein helfe» kann, tum lebendig-n Gott, die Kraft der Erneuerung. Den Geist heilsamer Buße über ein ganzes Volk zu bringen, vermag keines Einzelnen Stimme und Macht. Das kann nur der Lenker aller Menschen Er hat die Herzen in der Gewalt. Er kann alle Bande durchbrechen, durch Züchtigung schließlich zum Bußernst führen. Solche Zeiten werden wohl kommen. Die da glauben, schärfer zu sehen, sagen, sie müssen kommen, sie können gar nicht ausbleiben. Und in der That, die Geschichte lehrt es sattsam, daß Gottes Langmut sich nicht auf Mutwillen ziehen läßt. Aber sollten wir darauf warten? Hat, wenn die Masse des Volkes noch nicht aufgeschreckt und erweckt ist, nicht der Einzelne um seiner selbst willen die Pflicht, Buße zu thun? Will er noch länger säumen, bis er Frieden wieder habe und stark werde? Wir kommen mit lahmer Kraft, mit gebundenem Geist, mit getrübtem Blick an unsere Arbeit und Beruf, solange wir nicht unseres Gottes wieder froh und gewiß geworden sind. Die Erneuerung aber, die der einzelne erfahren, wirkt dann segensvoll auf den ganzen Kreis seiner Umgebung. Die andere Herzensstellung kann nicht verborgen bleiben. „Kommt wir wollen zu dem Herrn" heißt dann die Losung. Dadurch aber wird der Blick wieder vorwärts zu den Höhen gerichtet, von wo immer Hilfe kommt. Nicht „nach oben" im landläufigen Sinne sollen wir blicken, auch einfluß reiche Menschen können im Grunde nur dem Guten Bahn zu machen helfen, die Hilfe selbst, der An trieb, die ausharrende Kraft, das endliche Gelingen im Siege kommt allein von Gott. Als der Prophet die Trümmer seines Volkes sieht, bricht er in die er greifende Klage aus: „Ist denn keine Salbe, ist denn kein Arzt nicht da, warum ist denn die Tochter meines Volkes nicht geheilet?" Er will in die Wüste fliehen, um nur das Elend nicht mehr zu sehen. Bußtag in der Passion lehrt uns, daß wir in Christo eine ewige Erlösung haben, daß im Glauben an ihn heilende und erneuernde Kräfte kommen. Was die innere Geschichte jedes einzelnen bestätigen kann, ist auch eine Lehre für die innere Geschichte eines ganzen Volkes. Wissen wir uns im Glauben vor Gott zu erneuern, dann können wir allen inner» und äußern Feinden zum Trutz rufen: Vorwärts, weil vorwärts mit Gott. Tages geschuhte. Dresden, 2. März. Heute nachmittag um 5 Uhr findet bei Ihren Königl. Majestäten Familien tafel statt, an der Ihre Kaiser!, und Königl. Hoheiten der Großherzog von Toscana und die Frau Erz herzogin Maria Josepha, Ihre Königl. Hoheiten der Prinz Friedrich August mit Durchlauchtigster Ge mahlin und der Prinz Albert, sowie die Damen und Kavaliere vom Dienste teilnehmen. Se. Kaise>l. und Königl. Hoheit der Großherzog von Toscana wiid Höchstsich morgen, Freitag, vor mittags 10 Uhr 35 Min. in Begleitung des Kaiser!, und Königl. Generalmajors Hofmarschalls Frhrn. v. Silvatici und des Kaiser!, und Königl. Kämmerers Rittmeisters Frhrn v. Lilien zum Besuche Sr. Majestät des Deutschen Kaisers nach Berlin begeben. Se. Kais rl. und Königl. Hoheit wiid voraussichtlich am Sonn'ag von Berlin nach Dresden zurückkehren und am Montag nach München abreisen. Se. Majestät der König werden Allerhöchstsich nächsten Sonntag abend 7 Uhr 22 Min., Jyre Majestät die Königin Montag abend zur selben Zeit gegnete! Allerdings schien er mir einigermaßen ge drückt — aber wir alle haben Augenblicke ernsterer Laune; wenn wir uns da immer löten wollten, so müßte heute die halbe Menschheit von der Eide ver schwinden." „Ob er nicht außerhalb Pottenbrunns — oder vielleicht außerhalb unseres Viertels einen Feind hatte?' bemerkte der Baron nach einer Pause. „Ein Mann, der in seinem Leben, wie man siä erzählte, so manch galantes Abenteuer bestanden, mag vielleicht Feinde haben." „Halt, das wäre eine Idee!" unterbrach ihn Eytzing lebhaft. „Sie sollten den Oberst auf diesen Punkt aufmerksam machen, vielleicht findet man im Nachlasse Briefe oder Schriften, welche auf die Spur führen könnten. Hier, bei den Gerichten auf dem Lande, hat man ebcn in solchen Dingen sehr wenig oder gar keine Routine; in der Residenz gelänge es zwei tüchtigen Tetektives zweifelsohne, auf die richtige Fährte zu kommen." Der Diener trat ins Gemach und überbrachte Zoe ein Schreiben; ein Bote von Steinbrunn hatte dasselbe soeben überbracht. „Aha, Marcel hatte offenbar auch ein Echo ver nommen und fragt nun an, was an der Geschichte ist; wäre er lieber selbst gekommen", sagte Baron Ragotz „Ein Landwirt ist auch ein Sklave seiner Zeit!" warf Eytzing ein, in dessen Stimme eine ganz leichte Erregung lag. Zoe hatte daS Schreiben erbrochen und flüchtig gelesen, dann reichte sie cS dem Vairr hin: „Sonder bar, er erwähnte gestern nicht« von irgendwelchen Um-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite