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Dresdner Journal : 20.02.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189302203
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930220
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930220
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-02
- Tag 1893-02-20
-
Monat
1893-02
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 20.02.1893
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W 42. Montag, den 2«. Februar, abends. 1893. v«»ar»Pret»r ?Or Vr»»6»v F>«rt«lsLkrliet> S bv kt., t>« 4«» Ueukckeo ko»t»a,t»lt»a »iertst- M»rl»et> 3 >t»rk; »u«erk»Ib 6e» NeuticUeu k«icU«» tritt ko»t- ua6 8tewp«lru»cl»l»8 bia»». Liorvlos Humwera: 10 kk. Xutlülläixunxissvdükr«»» kür 6«o L»uia eio»r x«,p»Itsoea Teils Uleiosr Kskrikt iv kk. Uster „Kio^«»»o6t" äi« Teil« 30 kt. ösi 1»b«Uev- unä Tiirsrosstr eatepr. Xus»cbt»^. Lrsekeinen: mit XuinLdm» 6sr 8oon- u. k«iert»^e »boncl». korv»precU-Xnscblui»: l^r. 1295. DresdnerIMmal. ^ür die Geiamtlettung verantwortlich: L)ofrat Dtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. v»u ^nkv»6lsu»kcea »U!>»rir1»r l.«ip«is />> Lranctrtrtter, Uommieiioultr 6e» Urexinsr Journal»; L»o>dorr L»rl>» Vien L»»»l riALkkrt ». ».! //aarerute»»« <e kvAkrr, Lerlio Vi«o-S»i»d«r^ kr»x l.»ip,^-?r»llkeurl ». «.UÜQok«ll: ^/o««c k»rt» Lonüoi» Lerlia - ^r»i>Irkvrt ». N 8lalt^»rt: /)a«5« <3 t'o., LerUn! /«rati6en6a»»z, Lr«»l»s L'mU /cabat/», S»L2or«r: <7. ü^ürr/rr, U»Ns «. Larct <F L». Ilvr»o»xedsrr Looixl. krpeäitioo 6s» Vresäoer Jouronl». Ors»6en, Tvia^eritr. 20. k«nr»pr«cb-Ao»ciiIu»»: !ir. 1205. Amtlicher Teil. Ansage. Se. Königliche Hoheit der Prinz und Ihre Kaiser liche und Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Friedrich August werden Sich freuen, die Glück wünsche zur Geburt Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Georg deS Jüngeren Sonntag, den 26. Februar 1893 in solgender Weise entgegenzunehmen: l) Ln kerels im Palais am Taschenberg Mittags 1 Uhr von den Herren des diplomatischen CorpS und deren Damen; 1 Uhr 15 Min. von den Herren Staatsministern und dem Herrn Minister des Königlichen Hauses; 1 Uhr 30 Min. von der Frau Oberhofmeisterin Ihrer Majestät der Königin, den Zutrittsdamen, den Königlichen und Prinzlichen Hofdamen, sowie den einheimischen Herren der I. Klasse der Hof-Rang-Ordnung (ausschließlich der activen Herren Generale). An- und Abfahrt durch das Mittelpalais vom Taschenberg nach der kleinen Brüdergasse. 2) Nachmittags 2 Uhr 30 Min. beginnt in den Sälen der zweiten Etage deS Königlichen Schlosse« die Defitir-Gouv der am Königlichen Hofe vorgestellten ein heimischen und fremden Damen und Herren vom Civil, sowie der Herren Militärs z. D. und a. D. Das Defiliie.i erfolgt familienweise. Die Damen der an der Offizierscour be- theiligten Herren Offiziere wollen sich der vor stehenden Kategorie am Schlüsse anreihen (Versammlung in den dem alten Thron saale anstoßenden Gemächern mit Zugang durch die sogenannte Reitschule, die letzt- genannten Offiziersdamen in der Reit schule selbst.) Daran anschließend die Generalität, die Offizierscorps der Garnison Dresden, sowie die Deputationen des 5. In fanterie-Regiments „Prinz Friedrich August" Nr. 104 und deS l. Königs Husaren-Regiment» Nr. 18. (Versammlung hierzu in den Bilder- zimmeru der ersten Etage. Anzug: Die Damen: Ausgeschnittenes Kleid ohne Uunteuu. Die Herren vom Civil: Uniform oder Hofkleid. Die Herren vom Militär: Gala- anzug: Generalität: Dunkles Beinkleid. Zur Glückwünschungscour fahren die Wagen in das Königliche Schloß durch das nach der katholischen Hoskirche gelegene grüne Thor ein, die leeren Wagen durch das nach der Schloß straße gelegene Hauptthor ab; kommen dann durch das gedachte grüne Thor in den Schloß- Hof zurück, woselbst sie sich in der ihnen von den Wachen anzuweisenden Ordnung aufstellen, um zur Abfahrt abgerufen zu werden Dresden, am 20. Februar 1893. Hofmarschallamt Sr. Königs. Hoheit des Prinzen Friedrich August, Herzog« zu Sachsen. Kunst und Wissenschaft. Der böse Geist. Roman von A. G. v. Suttner. >6 (Fortsetzung.) „Aber, Verehrtester, was kann Ihnen schließlich daran liegen, über diese Wenigkeit aufgeklärt zu wer den — besonder- jetzt, wo Baronin Ragotz ver lobt ist?" „Es liegt mir unendlich viel daran, denn ich habe dann den Beweis, daß mit mir ein unehrliches Spiel getrieben worden ist. Ich versichere Sie, Sie würden mir einen ganz besonderen Dienst leisten, wenn Sie den Urheber jenes Gerüchtes herausfänden." „Gut, ich will's versuchen. Zwar verhehle ich mir nicht, daß ich damit eine schwere Verantwortung übernehme, deren Folgen auf mich zurückfallen können; ich stehe mit Tannenberg auf ganz gutem Fuße, ebenso mit der Familie Ragotz; wenn man dann erführe, daß ich bei der Geschichte die Hand im Spiele gehabt, so wäre noch das Ende, daß beide Parteien über mich herfielen, was ich durchaus nicht rerlange" „Halten Sie mich auch für einen Schwätzer? Hier, mein Wort", er bot ihm die Hand, „daß die Sache tiefes Geheimnis bleiben soll." Eytzing schlug ohne Zögern ein. „ES ist nicht meine Gewohnheit, einem Freunde einen Dienst zu verweigern. Sie sagen. eS sei Ihnen die Sache sehr wichtig, also will ich Ihnen auch nach besten Kräften zur Seite stehen." DreSdeu, 10. Februar. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, die erledigten Revier verwalterstellen auf Erlbacher Revier im Forstbezirke Auerbach und auf HinterhermSdorfer Revier im Forst- bezirke Schandau den zeitherigen Forstassessorrn Jo hannes Jordan auf Glastener Revier im Forstbezirke Grimma und beziehentlich Franz Richard Sinz auf Raschauer Revier im Forstbezirte Schwarzenberg unter Ernennung derselben zu Oberförstern zu übertragen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Kaufmann Alexander Krutzsch in Leipzig den ihm von Sr. Durchlaucht dem Fürsten von Schwarzburg-Sondershausen ver liehenen Titel Hoflieferant annehme und führe. Wekannlrnachung. Zu Schwurgerichtsvorsitzenden für die im zweiten Kalendervierteljahre 1893 beginnende Sitzungsperiode sind nach tz 83 deS GerichtsvcrfassungsgesetzeS vom 27. Januar 1877 ernannt worden: bei dem Landgerichte Dresden der Landgerichtsdirektor Göhler, - - - Leipzig - Landgerichtsdirektor Bartsch, - - - Chemnitz - Landgerichtsdirektor Frommhold, Bautzen - Landgerichtsdirektor Exner, - - - Freiberg - Landgerichtsdirektor von Wolf, - - - Zwickau - Landgerichtsdirektor I)r. Klöppel, - - Plauen - Landgerichtsdirektor Oeser. Dresden, den l7. Februar 1893. Ter Präsident des Königl. Sachs. Oberlandesgerichts. Degner. Dietel Wekanntrncrchung. Die durch die zahlreichen Brände im Jahre 1892 veranlaßte außergewöhnlich starke Inanspruchnahme der Mittel der Landesbrandversicherungs-Änstalt läßt eine Ermäßigung der BrandversicherungS-Beiträge im laufenden Jahre nicht thunlich erscheinen. Es werden daher die gedachten Beiträge im Jahre 1893 in der gesetzlich bestimmten Höhe von 3 Pfennigen für die Beitrags-Einheit, und zwar mit 1H Pfennig am 1. April und mit Pfennig am 1. Oktober d. I. erhoben werden. Dresden, den 16 Februar 1893. Königliche Brandversicherungs-Kammer. Schwedler. Leonhardi. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische und telephonische Nachrichten. Essen a. d. Ruhr, 1S Februar. (W. T. B.) Laut einer Meldung der „Rheinisch-Westfälischen Zeitung" hat di« Gewerkschaft Mont Cenis bei Herne nunmehr endgiltig ihren Beitritt zu dem Kohlensyndikat angemelket. Die Bildung deS rheinisch-westfälischen Kohlensyndikats ist demnach vollständig rechtSgiltig Antwerpen, 10. Februar. (W. T. B.) Nach Beschluß der hiesigen Schelde-GesundheitSkommis- sion v»m 11. d. M. sollen Herkünfte aus den Nordseehäfen an Stelle der bisherigen Beobach tnng nur einer ärztlichen Untersuchung unter worfen werden. Die Einfuhr von Lumpen, alten Sachen u. a. m. auS den Elbhäfen bleibt untersagt. Rom, 20. Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Anläßlich deS Papstjubiläumt waren die PeterS- kirche und andere Kirchen und kathcl.sche Etablisse ments illuminiert. Die Straßen waren sehr be- lebt. Bei Rampolla fand ein Diner statt, zu welchem die mit der Beglückwünschung deS Papstes beauftragten Botschafter und außerordentlichen Gesandten eingeladen waren. London, 20. Februar. (Tel. d. Dresdn Journ.) DaS Reuterschr Bureau melket, daß starke Regen güsse neuerdings Überschwemmungen in Queens land verursachten. Dir Verbindungen der Eisen bahnen und Telegraphen sind vielfach unterbrochen. JpSwich steht fast ganz unter Wasser, daS nur langsam finkt. Mehrere Personen sind ertrunken. Christiania, 19. Februar. (D.B.Hd.) Ja der Umgegend von Stavanger wütete ein heftiger Schnee sturm, der schließlich zum vollen Orkan überging; man befürchtet schlimme Nachrichten von der Küste. Die deutschen Fischereidampfer „Nymphe", „Nire" und „Nereide", der Gesellschaft I. Wieling in Bremerhaven gehörig, werden zum ersten Mal in diesem Jahre an der Bankfischerei an der West- küste teilnehmen, während der Dampfer „Neick" den Transport der gefangenen Fische nach dem Heimatöorte besorgen soll. St. Petersburg, 20. Februar. (Tel. d. Dresdn Journ.) Da» Departement der Reichs, ökonomie stimmte dem Projekte deö FinanzminifierS zu, nach welchem von allen Rubelpostsendungen von und nach Rußland eine Steuer — einen Kopeken sür 100 Rubel — erhoben wird, um die Höhe der Cirkulation deS Krrditrubelö von und nach Rußland festzustellen. Reisende müssen an den Grenz-n den Besitz ihrer baren Rubrlnoten deklarieren. Einzel, e Personen dürfen 500, ein zelne Familien 1000 Rubel steuerfrei mitfübren. Im Falle der Nichtanzeige deS übersteigenden Be trages tritt Konfiskation des letzteren ein. New-Aork, 20. Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ) Der „New-Port Herald" meldet aus Panama, daß in der Provinz Esmeraldas (Staat Ecuador) ein Aufstand auSbrach. Bei einem blut igen Zusammenstoß siegte die Regierung und ver- hängte den Belagerungszustand über die Provinz. Dresden, 20. Februar. Zeitbetrachtungen eines Unbefangenen. IV. Freisinn und Manchestertum Die Gesamtlage. Eine der ersten gesetzgeberischen Thaten des nord deutschen Bundes war die Gewerbeordnung vom 21. Juni l869. Sie ist das Schmerzenskind des gewerb lichen Mittelstandes geworden. Die Freiheit deS Ge werbebetriebes wurde darin auf die Spitze getrieben, das Kind mit dem Bade ausgeschüttet Sachsen be saß in seinem Gewerbegesetz vom 15. Oktober 1861 das bewährte Vorbild eines auf dem Grundsätze der Gewerbefreiheit aufgebauten, jedoch der unerläßlichen Ordnung der gewerblichen Verhältnisse Schutz gewäh renden Gesetzes Dieses Gesetz fand aber vor den Augen der freisinnigen Reichsgesetzgeber keine Gnade, über Hals und Kopf wurde eine neue Gewerbeord nung geschaffen. Sie war auch darnach. Alle der freien Bewegung im Gewerbebelriebe hinderlichen Schranken sollten beseitigt werden. Was die Vorlage des Bundesrats in dieser Hinsicht etwa hatte stehen lassen, wurde von der freisinnigen Mehrheit im Reichs tage deS norddeutschen Bundes vollends beseitigt. Dabei sielen auch solche Schranken, die dem Gewerbe nicht zum Hemmnis, sondern zum Schutz gereichten. Die Die beiden Herren leerten noch eine Flasche mit einander, dann erhob sich Heissenstein, die Einladung, den Abend hier zuzubringen, ausschlagend. „Ich fühle mich nicht in der Verfassung, heute an einer geselligen Vereinigung teilzunehmen," sagte er, noch immer in sichtlicher Aufregung. „Auf 'Wiedersehen also, und bitte, lassen Sie sich die bewußte Affaire angelegen sein." Am Abend fanden sich wie gewöhnlich im Hause Eyhings mehrere Offiziere ein und auch Marcel, der be, Ragotz gewesen, kam nach dem Thee herüber, um wieder einmal seine Bekannten zu treffen. Er war vortrefflicher Laune; das Glück, endlich die entscheidende Lösung herbeigeführt zu haben, spiegelte sich auf seinem Gesichte wieder, da aber mehrere Personen anwesend wcren, mit denen er nicht in näherem Verkehr stand, so hielt er eS für angezeigt, mit seinen erfreulichen Mitteilungen den Freunden gegenüber bis zu einer passenderen Gelegenheit zurückzuhalten. Der Form wegen plauderte man eine Zeitlang über dieses und jenes, bald ober gab Oberlieutenant Clvßmann seine Ungeduld zu erkennen und dieser Wink genügte Eytzing, um sogleich den Spieltisch be reit stellen zu lassen. Diesmal war eS Marcel beschicken, von der Glücks göttin begünstigt zu werden, und Cloßmann erging es wie an jenem Abend, wo er sich durch die Leidenschaft hatte hinreißen lassen; er verlor da» wenige Bargeld, da« er bei sich hatte und eS kam der Augenblick, wo er wieder seine Visitkarten zu Hilfe nahm, um be deutende Beträge darauf zu zeichnen. Marcel vermochte nur schwer seine Entrüstung über diese leichtsinnige Art des anderen zurückzuhalten, und endlich rief er: „Aber wir werden schließlich auf diese Weise noch bei der Million ankommen! Das ist schon kein erquickliches Spiel mehr." Cloßmann war mit einer gereizten Antwort bereit, als Eytzing gleichzeitig einfiel: „Ich schlage vor, die Beträge zu teilen, und eine Tour zu bestimmen. So zum Beispiel," und er sondierte rasch die Kärtchen, um die Gesamtsumme zu ordnen; dann zu Cloß- mann: „Sie sind mit dreitausend Gulden belastet." „Meinetwegen," erwiderte der andere unwirsch „Geben Sie dem Oberlieutenant dreimal die Bank zu je tausend Gulden?" frug er nun Marcel. „Warum nicht schließlich," versetzte dieser in ge langweiltem Tone. „Ich bitte, ich nehme keine Gnaden an," fuhr Cloßmann auf. „Es liegt mir auch ferne, solche austeilen zu wollen," bemerkte Marcel. „Eytzing hat den Vor schlag gemacht, und ich bin bereit, denselben anzu nehmen." „Sehr gut," ergriff der Hausherr rasch das Wort, „dann ist ja alles in Ordnung; vorwärts also." Tie beiden ersten Male gewann der Oberlieute- nant, dar dritte Mal verlor er und Marcel legte die Karten aus der Hand: „Hiermit sind die drei Touren beendet. Oder wollen Sie noch drei ? Dann kann eS aber auch geschehen, daß wir wieder auf den frü heren Stand kommen, und daß das Zweierspiel kein Ende nimmt." „Ich danke", versetzte Cloßmann, sich erhebend, „ich Hobe für heute genug". Und er setzte sich ver drießlich an den Kamin, um zerstreut in einem Buche zu blättern neue Ordnung war kaum in Kraft getreten, als auch schon Klagen über sie laut wurden. Jeder folgende Reichstag hatte sich mit der Gewerbeordnung zu beschäf igcn Fast jeder brachte Änderungen und Zusätze zu der selben. Damit man sich in dem Wirrwarr dieser Nach - träge besser zurechtfinden könne, wurde die Gewerbe ordnung am 1. Juli 1883 in neuer Fassung herauS- gegeben. Hiermit war eS aber nicht abgelhan. Di. Klagen deS in seiner Lebensfähigkeit bedrohten gewerb lichen Mittelstandes verstummten nicht. Aber die frei sinnige Mehrheit des Reichstages zeigt kein Verständ nis für den Unterschied zwischen Beschränkung und Schutzwehr. Jedes geringe Zugeständnis mußte ihr mühsam abgerungen werden. Und wie sehr bei alle dem auch die verbesserte Gewerbeordnung der Nach Hilse bedurfte, hat neuerdings erst das Gesetz vom 1. Juni l 891 bewiesen, das ganze 30 Seiten (S. 26 l—290) des Reichsgesetzblattes einnimmt, und allein bei Titel V11 unter 70 umgearbeiteten nicht weniger als 37 neue Zusatzparagraphen enthält. Selbst damit ist jedoch der Kampf noch nicht zu Ende. Immer weitere Änderungen und sogenannte Verbesserungen stehen in Aussicht. Hier zeigt sich die Befähigung d r Freisinnigen als Gesetz geber in ihrem vollen Glanze. Und warum? Weil sie über die veraltete Schablone ihrer Parteigrund sätze nicht hinauskommen, weil sie, immer nur aus diesen einen Punkt schauend, die Bedürfnisse der Neuzeit nicht erkennen, weil sie überhaupt nicht mit eigenen Ge danken arbeiten, sondern nur nachahmen, was sie bei anderen Völkern gesehen haben. Sie ahnen nicht, daß sie damit der Sozialdemokratie in die Hände arbeiten. Als Großindustrielle oder als Angehörige des Handelsstandes bekennen sie sich natürlich zu der manchesterlichen Lehre von der Handelsfreiheit und der Nichteinmischung des Staates in die Industrie. Auch dieie Lehre haben sie nicht selbst erfunden, sondern dem Auslande abgeborgt. Weil die Eng länder unter ganz eigenartigen Verhältnissen eine Zeit lang gut damit gefahren sind, nehmen sie deren volks wirtschaftliche Grundsätze an, die sich für deutsche Verhältnisse ebensowenig eignen, wie die politischen Lehren der Franzosen. In den Volksvertretungen finden wir die Männer der Großindustrie und Handels welt meistens auf der freisinnigen Seite. Der Frei sinn ist eben Modesache geworden. Viele gefallen sich darin, die Rolle der „Aufgeklärten", der „Fortschritts- freunde" zu spielen. Sie kommen sich als mutige Helden vor, wenn sie den Regierungen entgegenlreten und die Befugnisse der Behörden möglichst beschneiden. Daß es eine bequeme Sache ist, die Dinge gehen zu lassen, wie sie eben gehen, daß dazu weder StaatS- klugheit noch sittlicher Mut gehört, ist ihnen noch nicht klar geworden Sie mäkeln an den Gesetzvor lagen, als ob sie alles besser verständen Ihre politische Eitelkeit trägt einen großen Teil der Schuld an der Verschlechterung der neueren Gesetze und an den durch diese Gesetze herbeigesührten mißlichen Zuständen. Dabei sind sie im eigenen Geschäftsbetriebe nichts weniger als freisinnig. Unermüdlich begehren sie Be günstigungen vom Staate; alle öffentlichen Einrich tungen, insbesondere die Verkehrsanstalten, sollen ihnen zum besten dienen; selbst Opfer zu bringen, sind nur wenige von ihnen bereit. Dem verderblichen Treiben der Börsenschwindler ernstlich an den Leib zu gehen, dazu sind sie nicht zu bringen. Den Wucher und das Abzahlungsgeschäft fassen sie mit Sammethandschuhen an. Daß der ganze Stand der Ärzte durch die frei sinnige Gesetzgebung schwer geschädigt und die Kur- vsuscherei in Blüte gebracht worden ist, macht ihnen keine Schmerzen. Meistens sind um ihres geschäft lichen Vorteils willen ihre Arbeiter rücksichtslos aus- gebeutet und dadurch der Sozialdemokratie in die Arme getrieben worden. Wir verkennen nicht, daß eS ehrenwerte Ausnahmen qiebt Aber diese sind bisher Marcel blieb nicht lange und auch Cloßmann wollte sich bald nach dessen Abgang entfernen, aber Eytzing drang in ihn, noch zu bleiben. Als man sich endlich trennte, flüsterte er dem Oberlieutenant zu, daß er noch mit ihm zu sprechen habe, und dieser blieb infolgedessen zurück. „Gestatten Sie mir eine Frage", ergriff der Haus herr das Wort, als sie beide allein waren. „Bereitet es Ihnen nicht vielleicht augenblicklich eine Verlegen heit, Ihre Spielschuld zu begleichen? Ich würde mich nicht in Ihr Vertrauen drängen, wenn ich nicht wüßte, daß Tannenberg in diesen Sachen etwas heikel ist und streng auf Einhaltung ähnlicher Verbindlichkeiten hält. Ich wollte nicht, daß Ihnen aus unseren gesel ligen Zusammenkünften in meinem Hause irgendwelche Fatalitäten erwüchsen, die noch schließlich Ihre Zukunft beeinflussen könnten." „Ich bedauere, mich mit jenem Herrn eingelassen zu haben," versetzte Cloßmann in gehässigem Tone. „Ich hätte bei Zeiten bedenken sollen, daß nicht jeder ein Gentleman ist. ' „Nun, nun, Tannenberg ist sonst ein sehr guter Mensch, aber wie gesagt, er hat seine eigenen klein lichen Marotten, übrigens ist ja daS Ganze leicht zu ordnen; wenn Sie in augenblicklicher Verlegenheit sind, so stehe ich Ihnen zur Verfügung." „Ich bin schon tief in Ihrer Schuld', versetzte der andere zögernd, „und aufrichtig gesagt, ich weih nicht einmal, wann ich in die Lage käme, Ihnen den Be trag zurück —" „Pah, lassen wir das; was unter uns abgemacht ist, geht keinen Dritten an. Jenen müssen Sie zahlen,
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