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Dresdner Journal : 18.02.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189302188
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930218
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930218
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-02
- Tag 1893-02-18
-
Monat
1893-02
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 18.02.1893
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Erste Beilage zu 41 des Sonnabend, den 18. Februar 1893, abends. Deutscher Reichstag. 46. Sitzung vom 17. Februar. A» BundeSratStische: Reichskanzler Graf v. Ca» vrivi, Staatssekretäre v. Bötticher, Frhr. v. Mar. schall u. a. Die Sitzung wird um ^2 Uhr eröffnet, und das HauS fährt ln der Diskussion zum Etat des ReichS- amteS des Innern (erster Titel: Gehalt des Staats sekretärs) fort Abg Gras Kanitz Ikons): Ter Abg. Barth hat mir vor- geivorfen, daß ich daraus auSginge, den ländlichen Arbeitern da- Reisen aus der Eisenbahn, namentlich vom Osten nach dem Westen, zu erschweren. DaS ist ein bedauerliche» Mißverständ nis, das auch in die Presse Eingang gefunden hat. Ich denke gar nicht daran, eine Erhöhung der Fahrpreise zu fordern, und bin nur dagegen, daß di: preußische StaatSeisenbahn den Arbeitern bei MassenlranSporten vom Osten nach dem Westen besondere Preisermäßigungen gewährt, sie aber bet der Rückkehr vorenthält Ferner erblicke ich soziale Mißnände in den zuweit- gehen^en Ermäßigungen bei dem Berliner Stadtbahn- und Vor- orteverkehr; denn hierdurch wird die Entstehung von ganzen Arbeitervierteln herbeigesührt Was die WSHrungSsrage betrifft, so gestehe ich Hrn. Bamberger zu. daß die Loldproduktion in den letzten Jahre» nicht ab-, sondern zugenommen hat. Aber von der Produktion fällt ein ganz beträchtlicher Teil industriellen Zwecken anheim, und ich bleibe dabei, daß die Kaufkraft deS Goldes sich sortwährend steigert. Der Gutsbesitzer, der früher 29 Psd. Silber schuldig war, schuldete damit l Psd. Eold; wer letzt t Psd Gold schuldig ist, schuldet damit 2b Psd Silber. DerHr. Staatssekretär v Marschall hat sich vor zehn Jahren aus demKölner Bimetalliftenkongreß über die Doppelwährung solgendermaßen ausgesprochen: Man erwecke den Anschein, al» sei alles in schönster Ordnung, die Unruhestifter zu stören suchten; aber das Gegenteil sei der Fall, nirgends beständen definitive Münz- zustände und angesichts solcher Verhältnisse sei es notwendig, da» Vertrauen in die Zukunst des Silbers zu befestigen. Frhr. v. Marschall fragte vorgestern, was aus der vorjährigen Be schwerde über den Schweizer und italienischen Vertrag geworden sei, und sprach von der Unschädlichkeit des Weinzolles. Wie die Lage deS Weinbaues ist, hat Hr. Buhl gestern ausgesührt. Darnach kann man doch nicht von einem „Popanz" spreche» — ein Wort, dis von Hrn. Eugen Richter stammt. Hr. dichter ist auch heute nicht hier; er sehlt mir jedesmal, wenn ich ihn brauche. (Heiterkeit) Ist er etwa durch Kraktionsbeschluß von den Debatten über die Handelsverträge ausgeschloffen worden? Die Liste der Artikel, welche die Schweiz mit höheren Zöllen belegt hat, weist eine ganze Anzahl solcher aus, die süc die deutsche AuSsuhr sehr wichtig sind Ich sreue mich, daß H'. Geheimrat Huber hier ist. 1891 hat er unS an dieser Stelle die leitenden Grundsätze sür die damals abzuschließenden Ver träge daigelegt. Da er auch für den in der Schweb: befind lichen russischen Vertrag die leitende Rolle spielt, so wird eS für uns alle von größtem Interesse sein, von ihm auch die diesmal leitenden Grundsätze zu erfahren. Hr. Huber verglich damals den schweizerischen Konventionaltarif mit dem deutschen: war der deutsche Zoll höher, wurde er herabgesetzt, war er ge ringer, durfte er hinausgefetzt werden. Das ist loch etwa« schablonenhaft. (Sehr richtig! rechts.) Man hätte doch fragen sollen: wir wirken die Satze nicht nur der Schweiz gegen» über, sondern gegenüber den meistbegünstigten Ländern? ES müssen doch auch die Verhältnisse in Betracht gezogen wer den, unter denen die Industrie in den verschiedenen Ländern arbeitet. Aber wenn jener Grundsitz gelten soll, warum ist er nicht in Anwendung gebracht worden in Bezug aus die Eisen- zölle? (Sehr richtig!) Wenn man nivellieren wollte, warum hat man denn nicht bei den Eijcnzöllen Österreich gegenüber nivelliert? Wir dezah'en an Osterre ch sür Guß und Schmiede eisen ü M Zoll, Österreich an unS nur 2H M . sür Eisen bleche zahlen wir 8 M., Österreich nur 3 M Ich nehme hier eine Krage aus, die Hr. v. Schalscha gestern auszeworsen hat, nämlich: Warum hat Hr. Huber auf seiner Reise nach Wien da» Eisenwerk in Witikowitz, das der Rotschildg-upp: gehört, besucht und sich dort nach den Produktionskosten erkundigt? Seine Frage, ob die Produktionskosten in Öfterrcih höher wären, al» in Deutschland, wurde, wie ich zuverlässig erfahren habe, verneint; damit fiel doch jeder Grund, höhere Zölle für unS bestehen zu lasten. (Sehr wahr! rechts.) Hr. Huber hat eben von der Mitteilung keinen Gebrauch gemacht. Man hat gesagt: unsere Industrie werde sich in den 12 Jahren, in denen wir gebunden sind, cinrichten können. Ja, das thut aber die österreichische Industrie auch, und das dort geschlossene Kartell verhindert hartnäckig j:de Eiseneinsuhr Hr. Frhr. v Marschall hat gemeint, durch die Oetreidezölle werde der Export geschä- digt. Als ob nicht der heimische Markt viel wichtiger wäre, wie der des Auslandes Was Hilst eS, wenn wir Export haben und keinen Absatz im Jnlande; der letztere aber sehlt uns, weil die Landwirtschalt weniger kauflrästig ist. Frhr. v Marschall hat von einer Mehreinsuhr von 87 Millionen im Jahre 1892 gegen das Vorjahr gesprochen Aus die Getreideeinsuhr ent- sollen davon aber nur 7 Millionen, denn sie betrug 1891 4^8, 1892 <30 Millionen. Den Rest des Aussalls am Export schiebe ich aus die Handelsverträge (sehr w ihr! rechts), aus diesem Brande hat sich auch unsere Handelsbilanz um 72 Mil lionen verschlechtert. In handelspolitischer Beziehung wären wir am besten mit einem autonomen Taris gefahren, nicht aber mit einem Zolltarif, der den einen Staat aus Kosten des andern bevor zugt. Frankreich hat die alten Verträge ablauseu lasten und die neuen mit großen Vorteilen für sich abgeschlossen. Bei dem Abschluß der früheren Verträge hat man den Dreibund fortgesetzt ins Feld gesührt. Jetzt ist davon gar nicht mehr die Rede; auch Rußland soll hineingezogcn werden. Ich habe beiden Handels- verttagSdebatten gesagt: alle diese Verträge spitzen sich aus einen Differentialzoll gegen Rußland zu. Die» Wort ist jetzt zur Wahrheit geworden. (Sehr wahr! recht«.) Dazu hat man noch Schweden, Norwegen und Dänemark ohne Verträge mannig- sache Zollvergünstigungen eingeräumt, und wenn w r nun mit Rumänien oder Spanien Verträge abschließen wollen, so wer den die daraus Hinweisen, daß >ene Länder die Vorteile ohne Konzessionen erreicht haben. (Sehr wahr! rechts.) Hrn. Brrlh verweise ich hinsichtlich seiner Ausführungen über die Landwirt schaft und ihre Bedeutung a»f Mommsen, der den Niedergang des römischen Reiches aus den Niedergang der römischen Land wirtschaft stiebt und diesen wieder daraus, daß Rom keine Ge- «reidezölle einsührte, namentlich gegen den Import von Getreide au» Afrika. (Hört, hört! rechts Ruf link-: Latifundien!) Ja, die Latifundien sinr doch mit unserem Großgrundbesitz gar nicht zu vergleichen; wir leben mit unseren Bauern friedlich zu sammen, in Rom wurden sie vom mobilen Kapital auSgekauft. Al- die römischen Baucrnsüane aus de» Legionen verschwunden waren, war auch die Krast derselbe» verschwunden (Sehr richtig! recht-.) Da- Geschrei „paaem et eirosnaso" ertönt jetzt auch in Deutschland (Sehr wahr! recht«) Deshalb aber dars der Bauer nicht zurückgesetzt werden, darf nick« behauptet werden, die landwirtschastlichen Zölle feien ein Opfer sür die andere Bevölkerung (Sehr wahr! recht« ) Die Zölle sind eine unumgängliche Notwendigkeit, um die Landwirffchajt und damit die Wehrfähigkeit deS Landes zu erhalten. (Bravo! rechiS) Gesreut habe ich M'ch über dle Erklärung deS Hin. Reichs- kanzler«, daß die Regierung der Landwirtschaft Wohlwollen ent gegen dringe. Ich erblicke dann ein Zeichen der Wiederher stellung des Vertrauens zwischen der ländlichen Bevölkerung und dec Regierung. Ohne diese- wird kein Staatswesen bestehen können. (Beisall recht-) StaaiSsekretär des Auswärtigen Amt» Frhr v. Marschall: Eine Reihe von Argumenten de« Hrn. Vorredner- waren mir liebe alle Bekannte au« dem vorigen Jahre. Im Prinzip er klärte sich Hr. Gras Kanitz sür Autonomie de» Zolltarffs, da« heißt nicht«, al; ein Verzichten auf die Erhaltung und Sicherung de« auswärtigen Markle», heißt nicht«, al» ein Preisgeben de» Export« an die auswärti. e Zollgesetzgebung. ES bedeutet da« einen Bruch mit dem Zollsystem deS Jahres 1879, dar den inneren und äußeren Markt sichern wollte. Damal« vertraten auch Konservative diese Ansicht, im Jahre 1881 sorderte Frhr. v. Minnigerod« den Abschluß eine« Daris. Vertrages mit Österreich. Ich hrde ni ht« dagegen, wenn man seinen Standpunkt ändert. Ich möchte aber wünschen, daß Angriffe gegen di«, dir ihren Standpunkt gewahr« haben, mit Mäßigung geschehen Zu meinem Erstaunen bat Gras Sanitz den englischen Zolltarif empfohlen. E« wird ihm Ichwer fallen, darin Schutzzölle nachzuweisen, am wenigften solche sür Getreide. Ich möchte Hrn. Gras Kanitz rate», diese» Zolltarif der morgigen Versammlung nicht al- nachahmenswert zu rmpsehlen, sonst dürste e» doch wohl etwa» aufgeregt hergehen. Dann hat der Hr. Vorredner den französischen Zolltarif empföhle», da- gerade Gegenteil des englischen Der Ersolg, den dieser Zolltarif gehabt hat, ist der Zollkrieg mit der Schweiz. Was unseren Vertrag mit der Schweiz anbetrifft, so war ich schon im vorigen Jahre bemüht, nachzuweisen, daß die Sätze unseres Konventionaltans- zum T-il höher sind al» srüher. Hr. Gras Kanitz hat bezüglich de» Taris» besonders die Baumwollen- und Eisenindustrie he-vorgehoben. Die Baumwollenindustrie weist 1892 gegen 1831 in der Eimuhr ein Minus von 1« Mill, in der AuSsuhr rin Mehr von L5 679 9L9 M aus. In der Eisenindustrie ist die Au«- suhr etwa dieselbe geblieben, die Einsuür hat um 8 Mill abgenommen An Rohstoffen sind allerdings über Ikü Mill mehr eirgesührt worden. Die Einsuhr von Fabrikaten hat aber nm mehr als 65 Mill, abgenommen. Nun ist in der Debatte auch der Begriff deS Schutzzolls konstruiert worden. Sie sind nicht zusrieden damit, daß man die Zölle ein Opsrr sür die Gesamtheit nennt, Sie wünschen, daß man sagt, da das Blühen der Landwirtschast dem Ganzen zum Vorteil gereicht, sind die Zölle ein schuldiger Tribut. Im ganzen scheint eS gleichgiltig, wie der Schutzzoll wiffenschastlich konstruiert wird, die Hauptsache ist, daß er be steht Vielleicht kann diese Doktorsrage morgen auch erörtert werden Nun komme ich zu einer Rede, die gestern im preußi schen Abgeordnetenhause gehalten worden ist, wenn e» auch mißlich ist, hier über Reden zu sprechen, die am anderen Ende der Leipzigerstraße gehalten worden sind. E« handelt sich um die hestigrn Angriffe de- Hrn Grasen Limburg-Stirum. Richt «eil die Rede eine besondere Bedeutung hätte, nicht weil die Kundgebung des Mißtrauens etwa einen erheblichen Eindruck bei uns hinterlassen hätte, gehe ich daraus ein. Die Rede ist aber ein schlagender Beweis, wir leicht man es mit der Kritik von Tarifverträgen nimmt, wenn man srri von den Dingen ist, die dazu ntlig sind, sie zu beurteilen. Lon all' dem ist dem Hrn. Redner nichts bekannt. Er spricht da» große Wort ge laffen aus, mit Oesterreich wäre ein besserer Handelsvertrag zu erreichen gewesen. Der Satz, eS könnte bester sein, trifft bei jedem Menschenwerk zu, bei jedem Vertrag, bei jedem Gesetz, bei jeder Rede, sogar bei der des Hrn. Grasen Limburg-Stirum. (Heiterkeit.) Hr- Graf Limburg fragt weiter: wo steht eS, daß der Vertrag notwendig war? Wir haben mit dem Vertrage auch gewartet, bi- eine Reihe anderer Staaten zu einem Ab- sperrungslystem überging. Düsen stellten wir eine Gruppe von Staaten mit freieren Verkehrsprinzipien entgegen. Deutschland hat sich testen nicht zu schämen, daß es damit den An ang ge macht hat. Hr Bras Limburg sagte, man könnte eS ruhig eine Zeitlang ohne Handelsvertrag probieren. Das heißt de» Catz: „Probieren geht über Studieren" aus das handelspolitische Ge biet übertragen. Häiten wir am 1. Februar v. I». mit Hrn. Grasen Limburg-Stirum gesagt: wir wissen nichts, wir wollen probieren, ich bin überzeugt, wir würden ausgelacht worden sein, man würde uns eine unfähige Regierung gescholten haben, und ich zweifle nicht, daß Hr. Bras Limburg-Stirum in der vorderstcn Reihe der Kritiker gestanden hätte Dann ist der Herr zu einem Exkurs über den Geheimrat Huber übergegangen, der regelmäßig eintritt, wenn die sachlichen Argumente knapp werden. Zum Schluss« richtete Gras Limburg-Stirum an den Ministerpräsidenten „unbefangen" die Aufjoderung, „unser Interesse zu vertreten". Bon der völligen Unbefangenheit de« Grasen Limburg Etirum aus dem handelspolitischen Gebiete hat diese ganze Rede einen hinreichenden Beweis gegeben (Heiter keit link«) Ich stimme mit Hrn. Buhl vollkommen darin überein, daß üver die Wirkung der Handelsveriräge noch kein Urteil möglich ist, und wenn die Erkenntnis, daß die ganze Diskussion eine versrühte ist, allgemein platzgreis», so wäre dies immerhin ein positives Resultat düser Debatte. (Bravo! links.) Schatzsekretär Frhr. v. Maltzahn: Der Abg. Gras Kanitz hat erklärt, daß gestern der Bunde.-ratsti ch eine wohlwollendere Haltung in der Währungsfrage zugesagt habe. Ich glaube, diese komparative Form des Ausdrucks beruht aus einem Miß Verständnis. Der wesentliche Inhalt meiner gestrigen Ausführ ungen war der, daß auch die bisherige Haltung der Regierungen den Bestrebungen aus Hebung des Silberpreises gegenüber keineswegs scindlich war. Ich glaube das nachgewiesen zu haben au» d-r Instruktion, welche unsere Kommissare in Brüssel er halten haben, aus dem Verhalten dieser Vertreter und aus dem Verhalten der deutschen Regierung seit der Einführung der Goldwährung in Deutschland Wenn ich dabei gesagt habe, daß die deutsche Regierung sich nicht süc stark genug hielte, allein eine Wiederherstellung oder eine erhebliche Hebung des Silberpreije- zu versuchen, so habe ich zu dieser Bemerkung auch von einer Seite des Haus s zu meiner Freude eine Zustimmung gefunden, von welcher ich es nach manchem, was in letz'er Zeil rm öffentlichen Leben gesagt worden ist, kaum erwartet hätte Ich resümiere meine «estrigen Ausführungen heute noch einmal dahin; die geltende Währung in Deutschland ist die Eoldwähr- «ng und diese zu schützen und ausrechtzuerhalten sind wir in erster Linie v-rpflichtet und gewillt. Aber das Sinken und noch mehr das Schwanken des Silbervreises wird auch von uns als eine Schädigung der deutschen Interessen erkannt Wenn sich ein irgendwie gangbarer Weg zeigt, diesem Übelstande entgegcn- zuwirken so werden wir unsere Mitwirkung dabei nicht vcr sagen Bon diesen Erwägungen au» sind wir, wie bisher, auch in Zukunst gewillt, all: dahingehenden Vorschläge einer sorg- sältigen Prüfung zu unterziehen. Von denjenigen Vorschlägen, welche bisher in Brüssel eröltert worden sind, erwarte ich aller dings persönlich eine erhebliche Wirkung nich: Abg. Büsing (nat.-lib ): Wir billigen bedingungslos die gegenwärtige Handelsoertragspolitik der ReichSregicrung. Was die Klagen der Lai dwirtschast betrifft, so stimme ich in einem Punkt mit dem Grasen v. Mirbach übeiein, auch ich wünsche die Aushebung des Jdentitätsnochwestee, die den Getreidezöllen gegenüber nur ein Akt ausgleichender Gerechtigkeit im Interesse des Exporthandels der Seestädte wäre. Aber, daß die Währ- ungSs.age mit der Notlage der Landwirtschast zusammenhängt. ist mir trotz eingeieader Studie» nicht llac geworden. Im Lande ist «an mit der jetzigen Währung vollkommen znsrieden; daß die Schwankungen der russischen Valuta sür uns störend sind, gebe ich zu, aber wir können keinen Einfluß darauf au- üben Eine Zusammenstellung der Londoner Weizen- und Silberpreise von 1863 bis 1892 zeigt, daß zwischen ihnen auch nicht der geringste Zusammenhang besteht Auch die Behauptung ist nicht richtig, daß durch den Übergang Deutschlands zur Gold währung das Silber entwertet worden sei ; »n dec Entwertung ist vielleicht die große Zunabme der Silberproduktio» Schuld, die 1879 780 999 lr^, 1891 aber Millionen Kilogramm be trug, sich also versechsfacht hat Eine Remonetisierung des Silbers ist durch diese St-igerung unmöglich geworden. AIS ich im Dezember vorigen Jahres über den Begenstand sprach und dab i von einem Teil des HauseS Zustimmung fand, sagte Hr. Arendt, ich hätte aus dem Paradepserd der Goldwährung geritten und versprach, mich zu widerlegen Aber ich habe seitdem vergebens darauf gewartet; er hat gewiß noch keine Zeit sür mich gehabt (Heiterkeit). Ich muß wiederholen, daß eS ohne sreieS Prägerecht keine anständige Währung giebt. Führt er die Doppelwährung ein, so wäre die Folge, daß alles über flüssige St der zu unS strömt-, um in vollgiltige Münze um geprägt zu werden Gras Kanitz meint srrilich, taS fei kein Ünglück; das amerikanische und mexikani^e Silber könnten wir verwenden, um unsere deutschen Bahnen damit «uSzubauen. Aber das Silber drüben ist eine Ware, di« von unS mit unserem Golde bczah t wird. DaS Schl chlt treibt immer das Gute zum Lanoe hinaus; wir wüiden zum Boldogio kommen und schließ- lich zu minderwertigem Silbergelde. Alle, die vom Slaat Ge halt und Lohn beziehen, nürden dadurch geschädigt, und damit ein großer Teil der Bevölkerung. Dcnk n Sie an die Milliarden Schulten, die Reich, Staaten, Kommunen, Sparkaffen u. f. w. Haden und verzinsen müssen. Geschieht da» in minderwertigem Gelbe, io würden di- wirttchasllich Sch vachen zu Gunsten der wirtschaftlich Starken geschädigt w.rden. Al- wir die Bold Währung «insührt-n wurde für den damaligen Wert de- Sil ber» der absolut richtige Maßstab angelegt, e» wurde also in du Werten nicht» verändert Wenn Sie aber jetzt ein unter- werlige» Metall der Währung zu Grunde legen wollen, so muß der Goldwert vermindert werden Si« würden die Preise um 39 Prozent verschieben und die Produktiv» um ebenso viel ver teuern Bravo! link» ) Abg Gras Dönhoff: Ich verstehe unter Dreschrrverdienst di« Beteiligung an der Getreideernte, welche wir unseren Leuten tugeftrhen, und ich glaube, daß, wenn die diesen agrarischen Jnstitutiomn zu Grunde liegenden Ideen aus die übrigen Arbeitsgebiete auSgedrhnt werden tönnten, damit ein großer Schritt zur Lösung der sozialen Frage »ethan wäre. Denn dieser Dresäerverdienst bedeutet die Herbeiführung dauernder Inter-ssrngemeinschast zwischen Arbeiter und Arbeitgeber, und unsere Leute, die ich überhaupt gegen die Karriw ur ihres gristigen Niveau- ggen den Abg. Schultze mit gutem Recht in Schutz nehmen kann, verstehen diese Logik so gut, daß sie, wenn Sonntags während der Erntezeit ein Wetterumschlag droht, häufig zu mir gekommen sind und gebeten haben, ich möchte doch arbiiten und rinsahren lassen, mit der Begründung, daß ebrii aum ihr Anteil an der Ernte der Verschlechterung durch das Naßwerden ausgesetzt sei Der Vertreter Königsberg» taxiert« den Geldwert res Drescher Verdienste- sür die ost- preußischen Arbeiter aus 195 Mark. Diese Ziffer ist als Durch- schnitt viel zu niedrig Natürlich muß der Prozentsatz einer an sich schwankenden Zahl ebensalls schwankend sein, und seiner ist e» ein erheblicher Unterschied, ob es sich um ein großes, gut gehaltenes Gut handelt, »der ein», das von einem Sequester rn den anderen fällt. Meiner Erfahrung nach betiägt der Drescher- Verdienst bei denjenigen Leuten, die noch ein Deputat nebenher beziehen, etwa 39—59 Scheffel, in guten Jahren sogar mehr als 79 Scheffel. Immerhin wird gegenüber Hrn. Schultze jeder Sachverständige zuaeden, daß eine bäuerliche Arbeiter familie, die neben freier Wohnung, Gemüse- und Kaitoffelland und den anderen üblichen kleineren Vergünstigungen und neben einem Deputat vor gewöhnlich 14 Scheffeln noch 49—59 Scheffel Drescherverdienst hat, der Bejammerung durch Hrn. Schultze entratcn kann. Abg. Jordan (deutsch-sreis): Die Klagen der Landwirt schaft sind zum Teil aus Fehler d:r Landwirte selbst zuiück- zusühren. Die Großgrundbesitzer lassen zum großen Teil ihre Söhne längere Zeit als nötig in der Armee als Offiziere dienen und der mittlere Grundbesitz sucht ihnen das nachzuthun. Ge rade die wertvollsten Kräfte werden dadurch der Landwirtschaft entzogen. Da wäre eine Selbstkur wohl am P atze, die ohne Staalshilse ins Werk gefetzt werden könnte. Ferner: Sie wollen die Arbeiter nicht m die Stadt ziehen lassen, um sie nicht auf dem Lande zu vrrlieren. Und w iS thut der Staat? Er behält sie als Soldaten 3 Jahre in der Stadt, eine Thatsache, die doch auch Sie für eine Abkürzung der Dienstpflicht stimmen sollte. Die Latisundienbesitzer klagen über die Not und doch vergrößern sie immer ihren Besitz und saugen so den Klemarundbesitz auf. Ein fernerer Echri t zur Besserung würde die Sinsührung der Buchfühiun, sür die Landwirte sein. (Lachen rechts.) Die Drohung, daß wir bei N-uwahl n Sitze verlieren könnten, be rührt unS nicht; wir werden unseren Wählern gegenüber wenig von der Währungssrage reden, desto mehr aber von den Han delsverträgen und ihren Vorteilen für den kleinen Grundbesitz. (Beisall links) Abg Holtz (ReichSp.): Aus die bimelallistische Rede des Hrn Büsing werde ich nicht ».itworten, das werden Berufener? schon thun. Hr. Jordan sagte, der mittlere Grundbesitz befirde sich in einer besonderen Notlage. Damit begegnen sich seine Ansichten mit den von dieser Seite geäußerten Ansichten Den mittleren und kleinen Grundbesitz zu verteidigen, sind wir hier, d»S gerade ist das Anerkennenswerte bei unseren großen Lati- sundienbcsitzern. daß sie den mittleren und kleineren Besitz ver« tridigen. (Sehr wahr! rechts ) Nun hat Hr. Jordin geklagt, daß die Landwirte ihre Söhne zu gern Offiziere werden lassen, die später das Gut übernehmen. Sie thätcn besser, diese sofort Landwirte werden zu lassen Es können doch nicht alle Offi ziere in höhere Cha-gen einrückcn, und sicher st c« doch, daß diese Landwirte, fo lange sie Berussosfiziere sind, völlig ihre Schuldigkeit thun. Wenn der Hr Vorredner gesagt hat, die Latifundien saugen den Kleingrundbesitz aus, so sind meine Er fahrungen doch andere. Sein ns des Großgrundbesitzes wird die Bildung von Rentengü>ern möglichst begünstigt, auch das Bestreben liegt vor, die Arbeiter sßhast zu machen Die Bauerngüter werden nicht vom Großgrundbesitz ausgesogcn, er »unml «licht gesunde, sondern nur diejenigen in sich aus, die sich abso'ut nicht mehr halten können. Der Großgrundbesitz weiß den kleinen wohl zu schätzen, wie dieser die Stütze, die ihm jener gewährt. Sie werden in der Versammlung der nächsten Tage bestätigt finden, d>ß cs nicht möglich ist, einen Keil zwischen den großen und kleinen Grundbesitz zu treiben. Hr. Jordan hat hervorgehoben, er sei ein alter Landwirt, ich habe gehört, daß er sei» Gut noch in der srühercn guten Zeit ver knust hat. Vielleicht dankt er dem d e Mözlichk-it, daß er jetzt jedensalls in behaglichen Verhältnissen leben kann. Lon an derer Sette noch wurde hervorgehoben, in der freisinnigen Partei seien viel Landwirte. Tas ist richtig, dars uns aber nicht abhalten, hier unsere Anschauung zu vertreten. Wenn wir nicht für die Zölle cingelreten wären, würden die Herren von der anderen Seite selbst schon erf ihren haben, daß der Freihandel nicht durchsührbar ist. Die große Mehrheit der Landwirte steht hinter un», das wird demnächst klar werden. Die Bewegung ist spontan entstanden. Der Ausrus de» Hrn. Ruprecht sand so lebhaften Widerhall, da er das richtige Wort zur richtigen Zeit fand. Jeder Landwirt kennt seine Notlage und ist sich be wußt, d'ß neue Gesahr droht. Deshalb sob, wenn möglich, eine einhettliche Organisation geschaffen werden. Wir wollen keine politische Frage daraus machen, wir wollen nur der Land wirtschaft zu h Isen suchen Hr. Frhr v. Marschall bat gesagt, ohne landwirischastliche Konzessionen wären keine Handelsv.-r- träge möglich gewesen. Das ist es eben, daß die Landwirtschaft nicht mit dem glcichen Maße ge neflen wird, wie die Industrie. Die Industrie selbst will aber keine Bevorzugung, wie Hr. V»peliuS in kräftigen, kernigen W.rten ausgesührt hat. Nun ist gesagt worden, derartige stimmen seien mehr ein Akt der Höflichkeit. Tas möchte >ch bei der Kraft der Worte des Hrn. Lopeliu» nicht glauben- ES ist in Sachen der H ind-lSverträge zahlreiches Material vorgebracht worden Die Handelskimmcr- berichte behaupten teils, daß die Handel-vert'Lze ein: günstige Wirkung gehabt hätten, teils da» Umgekehrte So verhält es sich auch mit statistisch n A -gaben. Wer etwas fi -den will, findet immer etwas. Jedensalls hat die Landwirtschaft »en Schaden gehabt. Es kommt dazu, daß die russische Grenze sür Vieh geöffnet werden wird. Schon bei Öffnung der böh«ifchen Grenz- sind wir die Viehseuchen nicht mehr los geworden. Auch der Absatz an Lieh hat gelitten, da andere Länder sich abgesperrt haben Frankreich sorgt sür seine Landwirtschast erheb! ch besser. E» sperrt sich gegen uns durch hohe Viehzölle ab und verdrängt unsern Spiritus vom Wrlimarkte. Wenn nur die Vertrags- staateu selbst bei unseren Verträge» in Betracht kämen, dann wäre -S nicht so schlimm, aber die meistbegünstigten Staaten nehmen daran teil. Rußland nun ist unser gesährlichster Konkurrent, und eS ist auf den Export zu uns geradezu hingewiesen. Der Einfluß der Valuta aus die Getreidepreise ist unzweiselhasl. Kann daraus hingewirit werden, daß Rußland seinen Kurs sestlegt, so dars die Bindung kein: zu niedrige sein, wenn der Nachteil nicht giößer als der Vor teil werden soll. Gegen eine Aushebung d:S Identitätsnach weises sich zu erklären, hat meines Erachten« der Süden keinen besonderen Grund. Ich habe mich darüber ge freut daß der Hr. Reichkanzler erklärt hat, er wolle die Frage im Auge behalten. Hr Rickert hat sich darüber gewun eri, daß man von d eser Seite aus die Aushebung des Jdentitälsnrch- weise» zurückkomme Meiner Ansicht nach müßte gerade der Freisinn dasür eintreten, da hierdurch ein ungehinderter Ver kehr zwischen In- und Ausland ermöglicht würde Wenn hier im Reichstage die Zollherabsetzung angenommen werden sollte, ohne Aequivalente sür die Landwirtschast, fo wäre dies sür die- s Ibe geradezu verderblich. Eire besondere Gesahr sehe ich in der Öffnung der Grenzen. Der Gesundheitszustand de» Biehe» in Rußland ist nicht zu kontrollieren, auch die Grenzkontrolle wird keine besondere sein können. Unser Viehhandel würde da mit völlig vernichte« werden (Sehr richtig! recht».) Nun ist auf die politischen Vorteile hingewiesen worden urd hcrvorge« hoben worden, Frankreich würbe zu einem Hradel»vertrag mit Rußland sehr scheel sehen. Ich weiß genau aus persönlicher Bekannllchast, daß die deutschen Zölle dir Verhältnisse deS Grundbesitze« in Rußland bedingen Mit Herabsetzung der Zölle steigen di« Preise, steigt di: Wohlhabenheit in Rußland, während unsere Wohlhabenheit abnimmt E» ist nie zweisel- hast, ob man da von einem politischen Vorteile sprech n kann. Run ist gesagt worden, die Landwirtschast sei undankbar. Da« muß ich in Abrede stellen. Wir verkennen die Absichten de« Hrn Reich-kanzler nicht, er mißt aber der Landwirtschaft nicht den Weit zu w:e wir Tann würde er auch nicht von Opfern sprechen, der der Landwirtschast von der Bevölkerung gebracht würden Er würde Mittel und Wege suchen, der Landwirt schaft zu nützen, an Dankbar leit würde eS dann nicht sehleu (Beifall rechts) Reichtlanzler Graf Caprivi: Der Vorredner hat feine Besorgnis über den russischen Handelsvertrag ausgesprochen und befürchtet, daß durch denselben die Viehseuchen^esahr ver mehrt werde. Es ist schon einmal vom Staatssekretär des Auswärtige r Amtes gesagt worden, daß wir überhaupt nicht die Absicht haben, mit Rußland über den Import von Vieh zu »erhandiln. Ich würde mich nicht zum Worte gemeldet haben, wenn ich nicht durch die Gesamtlage da,u veranlaßt wäre, wünschen zu müssen, mich noch einmal, ehe die Debatte zu Ende geht, au-zusprechen. Die Debatte, die wir mehrere Tage durch gemocht haben, ist nach meinem Dafürhalten von ung wöhn- licher Tragweite, nichr sowohl wegen >h--es Inhalts, als wegen der begleitenden Umstände. Es ist eine aujsallcude Erscheinung, daß im preußischen Abgeordnetenhaus« und hier glrichzeitig Debatten über d e Landwirtichast hervorgerusen wurden, wäh rend morg-n ern Verein zufrmmentritt, der ganz aus Land wirten besteht. Es ist auffällig, daß die Debatte hier beim Etat des Reichsamts des Innern aufgenom nen wuroe. Es it mir ausgcsallen der Ton, der, wen» auch nicht in diesem Hause, !o doch von anderen Stellen in die Debatte gebracht und gegen die Regierung gerichtet worden ist. Die schärfsten Angriffe hat die Regierung de» Reiche« sowohl in einzelnen Beamten al« i» dem Reichskanzler zu erfahren gehabt. Ich maß mir die Frage nahclegen, woher kom nt das und wohin will das? Ich bin d.m Gräfin Kauitz dankbar dasü-, daß er ausgesprochen hat, er habe Vertrauen zur gegenwättigen Regierung oder er würde es wicderbekommen Ich muß gestehen, daß, so sehr mich das vom Grasen Kenitz freute, ich nicht überall dieselbe Überzeugung zu finden glaubte. Es sind so starke Beweise von Mißtrauen seit Monaten zusammengettagen und am stärksten in den letzten Tagcn ausgesprochen worden, bah ich mich der An sicht nicht verschließen kann, es hat sich hier, wenn auch nicht bei allen Herren, die die Handelsverträge angegriffen haben, aber doch bei einrm guten Teile der Herren darum gehandelt, die Reichsregierung anzugrersen, vielleicht zu stürzen Der russische Handelsvertrag war nicht da- OdM, was den Inhalt dieser Ta^e ausgemacht ha«, konnte eS auch nicht sein, oa der Handelsvertrag mit Rußland noch ein Embryo ist. Die Be wegung, die aber im Lande und in beiden Häusern sich geltend gemacht hat, geht sehr ties. Mir ist jetzt häufig von Herren, die der morgigen Vereinigung näher stehen, gesagt worden: Sie glauben nicht, wie ties diese Bewegung gehen wird. Ja, meine Herren, ich glaube da», sie geht sehr ties Und deshalb nehme ich diese Bewegung sehr ernst und ih wünsche, d esen meinen Ernst noch einmal zum vollen Ausdruck zu bringe» Es hat sich das, was den Gegenstand der Debatte gebildet hat, was der Gegenstand der Angriffe g gen die Regierungen ge wesen, zusammengedrängt in die Worte: Not der Landwirtschast, und welche Stellung nehmen die Reg erungen, nimmt insbe sondere der Reichskanzler da-u «io? Schon vor einem Jihre habe ich, wie ich glaube, mit einer Deutlichkeit, die nicht- zu wünschen übrig ließ, ausgesprochen, welch n Weit die Regier ungen aus ein Gedeihen der Landwirtschast legen, und daß ich selber dieser Ansicht bin. Ich habe das hier wiederholt Trotz dem aber hören die Zweisel nicht auf: Ja, ist das auch so? Wird die Reicheregierung geneigt fein, diesem Notstände abz». helfen? Ich bin noch weiter gegangen, aus innerster Über zeugung; ich habe mich im vorigen Jahre dahin geäußert, daß «ch nicht bloß den Werl der Landwirtschast als solchen aaerkenne, sondern daß ich auch den Wert ter Erhaltung derjenigen Se schlechter und Familien die die Landwirtschast treiben, in diesem Gewerbe für im Staatsinteresse liegend halte. Ich habe ange führt, wie jeder Wechsel im Grundbesitz bedenklich ist, der neue Besitzer inuß erst Ersahrungen machen. Ich habe ausgesührt, welchen sittliche» Wert da« He-maiSgeiühl hat, das die Land- wirtsäast an Grund und Boden knüpft. Das war vor einem Jahre. Und trohdem findet kein Ende tie Be hauptung: Die Regierungen, der Reichskanzler kümmerten sich nicht um die Landwirtschaft, oder wenigstens um die Landwirte Ich möchte, ehe Sie in die morgige Versammlung gehen, diese Angriffe auf das Allerbcstimmleste zurückweisen. Wer das nach- lesen will, mag meine vorjährige Rede lesen, ich will Sie nicht mit Zitaten und Vorlesungen erschöpfen Wenn man aber Weiler so freundlich ist, anzuerkennen, daß ich Interesse sür die Landwirtschast dokumentiert habe, und auch die Regierungen das dokumentiert haben, dann sagt - an: ja, die Worte hören wir wohl, wo aber ist der Glaube? Man geht dabei nicht auf die jenigen größeren Motive ein, aus die nach meiner Ansicht die Not der Landwirtschaft vielsach zurückgesühit werden muß, sondern man greist kleinere Dinge heraus und figt, wenn ihr diese oder jene Wünsche nicht befriedigt, so sicht man ja eben, ihr wollt nicht» sür die Landwirtschaft thun Man hat öffentliche Angriffe gegen den Preußi-chcn Landwirtschaftsminister gerichtet Dieser Herr ist nun selbst Grundbesitzer, ist aus den Reihen der Herren, die jetzt die Opposition >n dieser Richtung gegen d:r Regierung machen, heroorgcgangen. (Hort! hört! links.) Ich verstehe nicht ganz, wie es möglich ist, dem Herrn, der die Rentengüier in» Leien gerufen hat, rorzuwerfen, er habe kein Interesse für die Landwirtschaft. Aber auch die preußische Regierung im ganzen kann der Vorwurf nicht treffen Sehen Sie sich doch an, was si: in der Steuerreform gethan hat ;Hört! hört! links.) Ich glaube, Sie werden nicht behaupten können, daß diese Steuer reform zu Ungunsten der Landwirtschaft geplant ist. (Sehr richtig! links.) Also, soweit wir ein: Gelegeeheit gehabt haben, in Vorarbeiten, in Gesetzen, die wir vorgelcgt haben, aus die Förderung der Landwirtschaft cinzuwirken, »st das geschehen. Aber wir finden auch unsere Grenzen in den Umständen. Wenn Sie sagen: ja. wir wünschen noch dies und d es — ja, welche Mittel habe ich denn, den Reichs tag zu zwingen, daß, wenn wirklich em solches Gesetz auSgearbeitet ist, er die Majorität dafür giebt! Welche Mittel habe ich, die e.-glifche Regierung zu z oi -i- , daß sie zum Bimetallismus übergeht? Alle, auch di: die sür den Bimetallismus gesprochen haben, geben zu, daß die Zustimmung Englands die Voraussetzung ist. Ich kann Eng land nicht zwingen, das und das zu thun. Bei alledem kehrt der Vorwurf immer w eder: Warum sührt ihr nicR den Bime tallismus ein? Habe ich denn die Macht, den Weltmarkt zu zwingen? Kann ich den Weltmarkt wegschaffen? Nein, der ist einmal da und er wirkt mit elementarer Gewalt aus die Ver hältnisse unserer Landwirtschaft ein. Von der Regierung ver langen, daß sie dies ändern soll, heißt eine Ünmöglichkeit verlangen. Kann man die arbeitenden Klassen zwingen, raß sie da arbeiten sollen, wo sie nicht arbeiten wollen? Daß sie die Arbeit nicht da suchen, wo sie ihnen lohnender und angenehmer erscheint? Daz» hat die Regierung keine Macht Immer aber wiederholt es sich, und das ist mir auch in Gesprächen ent gegengetreten: „Ja, dazu ist die Regierung doch da, d e Regierung müßte doch Mittel haben." Ja, dal ist ein Vorwurs, der nicht zutrifft. Ich könnte viel ehcr jagen, wenn schnelle Abhilfe möglich ist, so würden sich doch unter den vielen Tausenden intelligenter Landwirte, die mit ihrem Wohl und Wehe an der Sache beteiligt sind, sich schon eine größere Anzahl gefunden haben, dir vernehmbar« Abhilfsvorschläge gemacht hätten. Das habe ich aber nicht gefunden Alles, was in den Zeitungen gesagt ist, sind teilt problematische, teils unausführbare Tinge, wenigstens un ausführbar, bei der jetzigen Lage der Dinge - Zwei praktische Vorschläge sind gemacht worden. Der eine will Landwirtschaftt- kammern haben Ja, ob wir damit viel weiter kommen, ist mir fraglich. Denn gerade, wenn Berichte von Handelskammern zitiert werden, sind diese He ren meist abgeneigt, den Be richten We t beizulegen Außerdem haben wir doch so viel ich weiß, Tausende von landwirtschaftlichen Vereinen, in denen doch so viel Intelligenz konzentriert ist, daß sie wohl im stände wären, sachverständige Urteile obzugeben. Ter andere Borfchlag ging auf eine Enquete über den Bimetallismus Ja, was Hilst da» uns, es wird ja in Brüssel eine Art von Enquete gemacht; eine Enquete im Lande allein kann uns nicht Helsen, wir müssen sie aus andere Länder ouSdehnen und dazu haben wir kein anderes Mittel als die Diplomatie Ich möchte glauben, daß Sie weder mit landwirtschastlichen Kammern, noch mit der Enquete etwa« erreichen können Wenn nun aber die Dinge fo
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