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Dresdner Journal : 17.02.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189302171
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930217
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930217
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-02
- Tag 1893-02-17
-
Monat
1893-02
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 17.02.1893
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^40. Freitag, den 17. Februar, abends. 189» v»«ax»pr«l»r /Bk Or«»ä»> 9 K»r^ tv kf, d«t «tt» Usuttvkea visrtst- S I1»rk; »u«erd»Id 6e, Uvuttcke» R«rcv«» tritt kott- uo6 8tewpelru»ct»l»8 Ou»». Lioiato» lluwwerir: 10 kk. ^»tÜQckixui>U»ssedül»r«i>r ?»r ä«o k»um eiosr ^«,p»ILeuen 2«il« tleio» LcktuiK 90 kk. vottr „Lt08«»«u»6t" äw 2«il« dv kt. Lei D»delleu- uuä Lifferu»»t» «ottpr. XukietU»^. Lr»vk«lue»r wiL Xuiuudru« 6er 8oao- u. kviertt^ »besä». k«ru»pr«ct»->u»cdio»»r l^r. I29K. DreMerZoumal. Lür die Ge)amtlettung verantwortlich: Hofrat Gtto Banck, ssrofeffor der Litteratur- und Kunstgeschichte. 4»u»dioe voo L»Irü»6lx«nx«u »u»«Lrtt» Lra«e1«tetter, ^owminiollLr 6o, Ureixiuer 6ourn»l»; L»»d«r« S«rU» Vt«» 9»»«t 9r«,I»> kr»ukt»rr »- M.: //aarenrtein <t ^»-ker, 9srt>u Vl«u-N»md»r^ kr»U l^lp,i,-^r»u>lt»r1 ». II. Nüucdeu! kurt, Louckou 9«rliu -9r«u>tti>rr ». «.- «9 <7o , >»rU»: /nvai»4rneian1, 9r«,I»a: L>n>t Ztukatt, L»uoov«r: (7. Lc^>ä«t«r, L»U« «. I.: /. L«ret «9 Uersoixederr lüoigl. Lrpeäitioo 6e, vreiäuer 1ourn»I«. Vrviäeu, 2«lnxer«tr. 20. I'eruiprecd-^uictilu»»: tnr. I89b. Amtlicher Teil. Dresden, 17. Februar. Se. Kaiser!, und König!. Hoheit der Großherzog von ToScana ist heute Vormittag hier eingetroffen und im König!. PalaiS am Taschenberge abgetreten. Dresden, 13. Februar. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, den ordentlichen Pro fessoren der Juristenfakultät in Leipzig, Geheimen Hofräthen vr. Emil Friedberg und vr. Karl Biuding das Komthurkreuz zweiter Klasse deS Ver dienstordens zu verleihen. WekannLrnachung, betreffend die Gewährung von Beihülfen aus der Friedrich-Wilhelmstiftung für den Kurort Marienbad in Böhmen. Nach tz 4 und 8 5 deS Statuts der Friedrich- Wilhelm-Stiftung für den Kurort Marienbad ist daS Finanz Ministerium berechtigt, alljährlich bis Ende März drei Personen, welche die Marienbader Heil quellen und Bäder brauchen wollen, aber die Kosten einer solchen Kur auS eigenen Mitteln nicht zu tragen vermögen, dem Stiftungs-Vorstände zur Gewährung von Beihilfen auS Mitteln der gedachten Stiftung, die statutenmäßig entweder in freier Wohnung oder einer Geldunterstützung oder beiden zugleich bestehen können, vorzuschlagen. Die zum Ressort deS Finanz-Ministeriums ge hörigen Beamten, die zum Gebrauche einer Kur in Marienbad in diesem Jahre eine solche statutenmäßige Beihilfe zu erhalten wünschen, werden daher hier durch aufgefordert, ihre dieSfallsigen Gesuche und zwar, soweit das Finanz-Ministerium nicht selbst die Dienstbehörde ist, durch Vermittlung ihrer vorgesetzten Dienstbehörde längstens bis zum 15. März dieses Jahre« Anher einzureichen. Dresden, den 16. Februar 1893. Finanz-Ministerium. von Thümmel. Wolf. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische und telephonische Nachrichten. Köln, 17. Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ) Heute vormittag stürzte ein Maurergerüst auf dem Hauptbahnhofe ein; 11 Arbeiter Wurden verletzt uud in das Krankenhaus gebracht. Wilhelm-bauen, 17.Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Se. Majestät der Kaiser schifften Sich mit Sr König!. Hoheit dem Prinzen Heinrich und Admiral v. d. Goltz heute vormittags 9 Udr auf dem „König Wilhelm" ei», welcher alSbald, begleitet von dem Panzerschiff „Beowulf", nach Helgoland in See ging. DaS Wetter ist schön, rS weht eine leichte Brise. WelS, 17. Februar. (Tel. d. DreSdn. Journ) Ihre Kaiser!, und König!. Hoheit die Frau Erz- Herzogin Marie Valerie wurde von einem Prinzen entbunden. Paris, 1«. Februar. (D. B. Hd.) AuS Was hington wird gemeldet, die Regierung der ver einigten Staaten biete alles auf, die Verlängerung deS französischen Kontraktes mit Columbien zu hintertreiben, und wolle dir Ausführung deS PanawakaualS auf eigene Kosten übernehmen. Rom, 16. Februar. (D. B.Hd.) Heute hatten etwa 10090 Süditaliener Audienz bei dem Papst, unter Führung von 92 Bischöfen und Kardinalen, darunter die von Neapel, Capua, Palermo und Messina. Neapolitanische Fischer brachten de« Papste mehrere Körbe Fische. Madrid, 16. Februar. (D B. Hd.) In der Provinz Granada fanden wegen der venen Steuer» Unruhen statt mit blutigen Zusammenstößen zwischen Militär und Bevölkerung. In Modri! wurde daß Stadthaus gestürmt; später wurde die Menge wieder vertrieben, wobei eine Anzahl ver wundet wurde. Madrid, 17. Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) In den Gruben von Mazarron (Provinz Murcia) wurden durch Ausströmung von Gasen 25 Arbeiter gelötet. Kopenhagen, 16. Februar. (D B. Hd.) DaS EiS im Sunde hat bei der andauernden Kälte zu- genommcn und war noch nie so stark als jetzt. Nach einer Bekanntmachung deS Admiralität«- departementS ist gestern auch daö Leuchtfeuer auf dem Mittelgrunds-Forte gelöscht worden, da die Wiedereröffnung der Schiffahrt hierher kaum vor Ende des MonatS zu erwarten ist. Stockholm, 16. Februar. (D. B. Hd.) Der Konstitutionsausschuß deS Reich.tageS hat mit 11 gegen 8 Stimmen den Antrag des Abg. Nydahl abgrlehnt, den ersten Absatz des § 37 der Re gierungsform aufzuheben, nach welchem dem Könige das Recht der Adelsverlrihung zusteht. Das gemeldete Dementi der offiziösen Blätter in der amtlichen „Post- och JnrikeS Tidningar" bezüglich der Stellung der Regierung zur Uuion«- frage bezieht „Nya Dagl. Allehanda" zunächst auf sich. Das Blatt findet eS sehr bezeichnend, daß daö Dementi gleichzeitig dem ministeriellen „Dag bladet" in Christiana zugegangrn ist. „N. D. A." sei immer als unabhängiges Organ für daS Recht Schwedens in dieser Frage eingetreten. Welchen Standpunkt die schwedische Regierung jetzt in dem Streite mit Norwegen einnehme, sei vollständig unklar. St. Petersburg, 16. Februar. (D. B. Hd.) Die Regierung beabsichtigt, im Frühjahre außer ordentliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Rinderpest zu ergreifen. In den infizierten Ge- bieten sollen dauernde Kommissionen ernannt werden; in den Epidemiegebirten stockt der Vieh- handel vollständig. Alexandrien, 16.Februar. (D.B.Hd.) Schwere Stürme verwüsteten die ganze südliche Hälfte von Madagaöcar; die Ernte ist zerstört, zahlreiche Dörfer find verwüstet. Drei große Schiffe und zahlreiche Barken find untergegangen. New-York, 16. Februar. (D. B. Hd.) Ein Wirbelsturm vernichtete einen großen Teil der japanischen Fischerflotte. Im chinesischen Meere sind über 100 Fahrzeuge untergegangen. Etwa 500 Fischer find umgekomme». Washington, 17. Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) In der Botschaft Harrisons, betreffend Hawaii, heißt eS u. a., im Interesse der Sicherheit der Vereinigten Staaten und im In teresse deS Weltfriedens müßten dir vereinigten Staaten Hawaii annektieren. Die Rechte der Ausländer auf Hawaii würden dem vertrage ge- mäß respektiert werden. Die gegenwärtige Re gierung werde im Amte bleiben, eS solle ein Kommissar ernannt werden mit der Befugnis, die von der Regierung vorgenommeuen Akte gegebenen falls für ungiltig zu erklären. Lie HandelS- und auswärtigen Beziehungen würden unverändert bleiben. Bis zu einer neuen diesbezüglichen Gesetz gebung würden die Vereinigten Staaten eine Schuld von 3250000 Dollars aufnebmen, der Königin von Hawaii jährlich 200000 Dollars (?) und der Prinzessin Kainlani 150000 Dollar« (?) zahlen. Kunst und Wissenschaft. K. Hoftheater. — Neustadt. — Am 16. Februar: „Mit dem Winde." Dramatisches Spiel in drei Teilen von Franz Warnow. — „Der blaue Brief." Lustspiel in einem Akt von Karl Holder- berg. — „Fünf Dichter." Lustspiel in einem Akt von Gustav v. Moser. Die Wiederholung dieser drei Neuheiten — deren Erstaufführung am Montag stattfand, bei welcher ich nicht anwesend sein konnte — erregte in der zweiten Hälfte des Abends eine freundliche oft heitere Teil nahme. DaS erste Stück „Mit dem Winde", das langsamer vorübergeht, als eS dieser zu thun pflegt, teilt dem Publikum zu sehr seine eigene Stimmung, die gedehnter Verschleppung und undramatischer gegen standsloser Breite mit. Die Vorgänge „verlieren der Handlung Namen" und die Figuren haben nichts Fesselndes, ja sie entbehren den auf der Bühne not wendigen Eindruck eines Charakterbildes gänzlich. Der Verfasser würde sich selbst und den peinlich berührten Zuschauern einen Gefallen gethan haben, wenn er mit seinem behaglich durchgeführten satirischen Gedanken- gange die Bretter gemieden und dessen kleine Plau- dere'tn in den Rahmen einer Erzählung hinein- gearbeitet hätte. Dieser Boden war günstiger und für ihn erprobter außerdem. Es wird sich empfehlen und namentlich für die Abonnent'» ein dankens werte« Geschenk sein, wenn man diesem Abendspielplan statt des besagten Stückes ein andere« schon vor handene« Lustspiel einschiebt. Die beiden weiblichen Rollen wurden vcn Frl. Salbach und Frl. Tullinger allerliebst ausgeführt; in den anderen Gestalten waren die Herren Wiene, Dettmer, Paul und Erdmann mit besten Kräften thätig. „Der blaue Brief" trug zur Wiederermunterung der Anwesenden bei. Der Verfasser führt darin eine jener harmlosen Scherzscenen mit den dazu gehörigen komischen Situationen und Verwickelungen aus dem Garnisonsleben vor, wie wir sie in dem immer gleichen Genre der Soldatengeschichten gewohnt sind. Dabei macht alles den Eindruck der Wahrscheinlichkeit, mit Ausnahme deS einzigen Umstande«, daß der Hr. Oberst v. Hallig in Anbetracht seiner vollendeten Gedächtnisvertroddelung und Gedankenlosigkeit nicht etwa einen blauen Brief mit seiner Pensionierung, sondern mit seiner Ernennung zum Generalmajor und Festungsgouverneur empfängt. Für die unpatrio tisch« n Gegner der Militärvorlage würden solche niemals vorkommenden Ereignisse eine willkommene Beute sein. In diesem munteren Stücke wurde von allen Seiten sehr hübsch gespielt, besonders von Hrn. Swoboda, Frl. Diacono und Frl. Tullinger. Auch der Mosersche Scherz ist keck und fröhlich und verdeckt durch diese Haltung die etwas erkünstelten Mittel, die sich zur Verwirklichung des komischen Grundgedankens nötig machten. Mehr und glücklicher noch trug das gefällige Spiel hierzu bei. Frl Baste und Frl. Diacono traten für die Aufführung mit anmutiger Art in den Vordergrund. O. B Dresden, 17. Februar Zeitdetrachtungen eines Unbefangenen. III. Die Nachwirkungen der französischen EtaatSumwälzung von 1789. Religion. Presse. Gemeindewesen. Die EtaatSumwälzung in Frankreich am Ausgange der vorigen Jahrhunderts hat eine bedeutende Ver änderung in den Ansichten über das Staatswesen und die Staatsverwaltung eingeleitet. AuS ihr sind in der Hauptsache die Grundsätze hervorgegangen, die heutzutage daS Denken und Streben der Mehrzahl in unserem Volke beherrschen. Der Umschwung, der sich damals in Frankreich vollzog, läßt sich kurz bezeichnen als die Befreiung des dritten Standes von den Lasten, die infolge des mittelalterlichen Feudalwesens auf ihm ruhten. Der Grundbesitz war nicht freies Eigentum des dritten Standes, sondern beschwert mit drückenden sachlichen und persönlichen Pflichten, mit Lehngeldern, Grund zinsen und Frondiensten. Während Adel und Geist lichkeit von den öffentlichen Abgaben frei blieben, in der adeligen Gerichtsbarkeit, in den Zehnten der Geistlichkeit, in den Jagd- und Fischrreirechten, und bei der Besetzung der wichtigsten Aemter in Kirche, Staat und Heer bedeutende Vorrechte genossen, lastete auf dem dritten Stande die Aufbringung der für das Staatswesen nötigen Mittel; von der Mitwirkung in öffentlichen Angelegenheiten war er beinahe aus geschlossen, dagegen vielfach beschränkt in seiner per sönlichen Freiheit durch polizeiliche Vorschriften, in seiner ErwerbSthätigkeit durch die Satzungen der Zünfte und Gilden Der Grundbesitz wurde frei gemacht von den Einwirkungen der Oberhenen und LehnSherrschaften; die auf ihm lastenden Abgaben und Dienste wurden teils abgelöst, teils ohne weiteres aufgehoben, die Vorrechte der oberen Stände wurden beseitigt durch eine im weitesten Umfange durchgeführte Gleich berechtigung, die zur Geltung kam bei öffentlichen Wahlen, in der Fähigkeit zu öffentlichen Ämtern, in der unbeschränkten Berufswahl und in der Beseitigung der das Gebaren mit dem Eigentum und den persön lichen Verkehr beengenden Schranken. Das Beispiel Frankreichs reizte zur Nachfolge, 4»e bei einigen Staaten früher, bei anderen später, bei einen mehr, bei anderen weniger umfassend ein trat. In Deutschland zeigte sie sich erst bei den Be wegungen zu Anfang der dreißiger und Ausgang der vierziger Jahre dieses Jahrhunderts. Die Schablone der politischen Bestrebungen ist vorgezeichnet in den aus dem Frankfurter Parlamente stammenden „Grund rechten". Dabei hatte sich eine ganz eigenartige Vorstellung von dem entwickelt, was man unter Frei heit, Gleichberechtigung, Fortschritt und Aufklärung verstand. Der Freisinn war zu einer Mode- uno Ehrensache geworden. Diese beherrschte mehr und mehr das Denken, Reden und Handeln ganzer Volksklassen. Zwar fehlte eS der Mehrzahl an tieferer Kenntnis der Geschichte und des Staatswesens; desto fester klammerte man sich an den Vorgang Frank reichs an und an gewisse Dilettanten der Staats- weisheit, die mit ihrer rednerischen oder schrift stellerischen Begabung sich zu Führern der Bewegung aufwarfen. Nach und nach ist der Inhalt der deut schen Grundrechte in die Gesetze der deutschen Staaten ausgenommen worden. DaS genügte aber unseren Berufspolitikern nicht. Die Lorbeeren des einen ließen den andern nicht schlafen. Die Grund sätze der Freiheit und Gleichheit sollten dis zur Grenze der Möglichkeit durchgeführt werden. Man ahmte fremde Vorbilder nach, ohne sich darüber klar zu sein, ob daS, was anderen Völkern dienlich war, auch un- Der böse Geist. Roman von A. G. v. Suttner. 14 (Fortsetzung.) „Mein Vater sprach mir davon," unterbrach sie rasch. „Ich weiß nicht, ob er Sie recht verstanden hat, soviel ich indes aus seinen Worten entnehmen konnte, betraf die Angelegenheit mich. Als er nach Hause kam, beeilte ich mich vor allem, ihn mit einer Nachricht zu überraschen, nämlich seine Zustimmung zu meiner Verlobung mit Baron Tannenberg zu er bitten." „Sie haben sich verlobt?" rief der Bewerber auf springend. Die Eröffnung hatte ihn so in Erregung gebracht, daß ihm alles Blut ins Gesicht geschossen war, und mit großen Schritten durchmaß er ein paar mal daS Zimmer, dann, vor Zoe stehen bleibend, sagte er mit erhobener Stimme: „Auf daS hin bleibt mir selbstverständlich nichts übrig, als mich zurückzu ziehen. Ich wünsche Ihnen alles erdenkliche Glück, Baronin — ich wünsche es Ihnen", betonte er sehr nachdrücklich, „und hoffe, daß Sie Ihren Entschluß nie zu bereuen haben werden." „Warum sollte ich ihn bereuen?" fragte sie einiger- maßen kühl. „Weil ich nicht sicher bin, ob Baron Tannenberg der Mann ist, der dar rechte Verständnis besitzt, Ihre Zukunft erfreulich zu gestalten. Ich kenne ihn nicht näher und bin selbstverständlich weit entfernt, ihm nahezutreten, aber soviel ich gesehen, ist er ein Mann, der mehr am unsteten, als am häuslichen Leben Gefallen findet, oder der, wenn er zu Hause ist, einen übertriebenen Wert auf sein Steckenpferd serem Volke zum Heil dienen könne. Darüber hatte« sich unsere Freisinnigen in einen Gedankenkreis ver rannt, aus dem sie sich nicht wieder herausfinden konnten. Sie wurden einseitig und vergaßen über den Idealen, denen sie nachjagten, fast alles andere, was um sie her vorging. Sie rühmen sich, ihren Grundsätzen stets treu geblieben zu fein. Ganz recht; eS geht bei ihnen alles noch nach der Schablone von 1848, über die sie nicht hinauskommen. Bei Lichte besehen, stehen sie noch auf demselben Flecke, auf dem sich die französische Bewegung von 1789 abgespielt hat. Indem sie aber trachten, bei jeder Gelegenheit ihre Vorstellungen von Freiheit und Gleichheit zur Geltung zu bringen, vergesse» sie ganz, daß der Wert aller politischen Lehrsätze abhängig ist von den Um ständen, auf die sie angewendet werden. Das beste Recht kann, bis zum äußersten verfolgt, sich in schreien des Unrecht verkehren. Die im redlichsten Streben gesuchte Wahrheit kann durch eine Veränderung der inneren oder äußeren Lage eines Staates zum ver hängnisvollen Irrtum werden. Dies nicht erkannt, oder nicht beherzigt zu haben, war der Grundfehler der deutschen Vertreter des Freisinns. Sie betrachten ihre politischen Leitsätze als etwas Unabänderliches, dem unter allen Umständen Geltung verschafft werden muß. Einer dieser Sätze geht dahin, daß die Freiheit am besten gedeihe, wenn die Macht der Behörden ver- ringert und jede Schranke hinweggenommen werde, die der freien Bewegung der Staatsangehörigen im Wege steht. Ja, wenn nur diese freie Bewegung der einen nicht allzu oft eine Gefahr für die Freiheit der anderen wäre. Tie inneren politischen Verhältnisse Deutschlands haben sich während der letzten 25 Jahre immer be denklicher gestaltet. Tie freisinnigen Volksvertreter waren nur darauf bedacht, die Befugnisse der Obrig keit und der StaatSregierung zu beschneiden. Vor lauter Angst, daß die Behörden zuviel Gemalt be kommen oder sie mißbrauchen, könnten, verschloß mau sich der Wahrheit, daß es besser ist, eine schlimme That zu verhindern, als die Unthat hinterher zu be strafen, nachdem sie nicht mehr ungeschehen gemacht werden kann. Vielfach wurden in dem Streben, freie Bewegung zu ermöglichen, der Willkür und dem Un fug die Wege geebnet. Sehen wir einmal zu, wir es jetzt auSsieht. Das Gesetz vom 3. Juli 1869 hat alle aus der Ver schiedenheit des religiösen Bekenntnisses hergeleiteten Beschränkungen der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte aufgehoben, insbesondere die Befähigung zur Teilnahme an der Gemeinde- und Landesvertretung und zur Bekleidung öffentlicher Ämter vom religiös.« Bekenntnisse unabhängig gemacht. Ein solches Gesetz war natürlich dem Freisinn willkommen; es wurde ungesehen angenommen. An die Folgen wurde nicht gedacht. Aber es gab Leute genug, die daraus ihren Nutzen zogen, vor allem die Juden. In der Gemeinde vertretung der ReichShauptstadt haben sie es schon weit gebracht. Die Presse haben sie fast ganz in Beschlag genommen; an der Börse sind sie die Herren; Handel und Industrie sind zum großen Teile in ihren Händen; Gewerbtreibende und Landbesitzer werden durch sie von ihren Plätzen verdrängt; selbst die Schule und die Erziehung leiden schon unter ihrem Einflüsse. Die allgemeine Entrüstung über das Treiben an der Börse und eine in alle Schichten des Volke« tief eingedrungene Bewegung sind die Früchte der mit diesem Gesetze zur Geltung gekommenen Grundsätze deS sogenannten Freisinns. Ganze Klassen der Bevölker ung sind darüber zu Sklaven oder zu Bettlern ge worden. Der Freisinn hat aber kein Mittel, uns von diesem Drucke wieder zu befreien, und muß geschehe» . ' - legt; solche Männer vertiefen sich osl zu sehr in ihre Passion, so sehr, daß sie ganz vergessen, eine Ge fährtin zu besitzen, die doch auch einigen Anspruch auf ihre Aufmerksamkeit erheben darf." „O, da bin ich ruhig! Wenn das der einzige Vorwurf ist, den man ihm machen kann, so weiß ich ein sehr gutes Mittel, alles ins rechte Geleise zu bringen: ich werde einfach seine Passion teilen und mich zu ihm auf sein Steckenpferd setzen. Jedenfalls bietet mir ein Charakter, wie Sie ihn in Kürze dar gestellt, mehr Sicherheit, als einer, der anderen Pas sionen huldigt oder wenigstens gehuldigt hat, durch welche verwöhnt, er einigermaßen zum Schmetterling geworden ist." „Soll ich das als eine kleine Schärfe auf mich gemünzt, ausfassen?" „Ich glaube, Sie haben sich nie gescheut, Ihre Erfolge zum besten zu geben; ja, wenn ich recht be richtet wurde, so beehrten Sie sogar meine Person mit der Äußerung, daß Ihnen der Sieg nicht schwer werden würde. Dieser Behauptung ist nun jedenfalls mit meiner Verlobung widersprochen und Sie werden dieselbe wohl als Ehrenmann gelegentlich widerrufen, nicht wahr?" „Ich hätte etwas Ähnlicher gesagt?" rief Heisseu- stein mit aufrichtiger Entrüstung. „Wollen Sie mir den groben Lügner nennen, der e» gewagt Hit, mich in dieser unerhörten Art zu verleumden?" „Um so besser, wenn eS unwahr ist; ich leiste Ihnen gerne Abbitte und danke Ihnen, daß Sie mich in dieser Sache beruhigen." „Aber ich sühle mich keineswegs beruhigt. Ich muß Sie kategorisch ersuchen, mir die Person zu
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