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Dresdner Journal : 16.02.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189302166
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930216
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930216
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-02
- Tag 1893-02-16
-
Monat
1893-02
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 16.02.1893
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Erste Beilage zu ^7 39 des AölWNülA» Donnerstag, den 16. Februar 1893, abends. Deutscher Nrichstag. 44. Sitzung vom 15 Februar. Am BundeSratStische: Graf v. Caprivi, ».Böt ticher, v. Marschall. Die Sitzung wird um X 2 Uhr eröffnet, das Haus ist sehr schwach besetzt Präsident v. Lcvetzow: Tie Elatberatung ha« im Durch- schnitt der ftühcrrn Jahre is Lip niqrn inAnlpruch genommen, während jetzt bereits l» Tage auf die Erörterung eine-einzigen Titel« verwendct wordrn sind. Wenn die- so sortgeht, fo kann der Etat bis zum I April nicht erleb gt werden Die EtatSberatung, Reichsamt de- Innern' wird alsdann sortgesetzt. Reichskanzler Gras v. Caprivi: In der vorigen Sitzung hat «ras Kanitz Äußerungen aus einer Rede von mir zitiert, die ich hier gehalten hab', Äußerungen, in Lenen ich mich be mühte, nachzuweifen, welchen Wert die Erkaltung der Industrie und des Exportes für Deutschland habe. Der Abg. Gras Kanitz hat daran die Bemerkung grknüpsl' „Der Reichskanzler hat damals Hankel und Industrie al- die eigentlichen Träger des Wohlstandes und, wenn ich die- weiter au-dehnen darf, auch der nationalen Wehrkrait hingestellt. Ich glaube, daS auS- sprechcn »u dürfen, daß wohl nichts mehr dazu bei etragen hat, eine gewisse, Ler Regierung entgegenstehende Stimmung in Ler ländlichen Bevölkerung hrrvorzurufen, als die Worte des Reichskanzlers.' Wenn meine Woite eine so weitgedende W rlung gehabt haben, so bleibt mir unerfindlich, warum Gras Sanitz nicht das g-than hat, was so nähr lag, um sich über die Tragweite meiner Worte und Absichten eine sichere Meinung zu verschaffen warum er meine Rede nicht weiter gelesen hat. Hier in der Sitzung am 10. Dezember — eS w rd den Hrnrn noch erinnerlich sem — entspann sich eine Debatte, ob die I dustrie die Näh mutter oder dir RSHramme sei und in der «itzung vom >2 habe ich auSgesükrt: e« ist wiederholt davon gesprochen worden, d-ß ich in meinen Äußerungen der Industrie eine bevorzufte Stellung vor der Landwirtschast rin- ränmlt- Ich muß gestehen, das; mich diese Behauptung in Er staunen setzt Ich weiß in der That nicht, n»e ich wich anders hätte ausdrückin sollen, und wenn ich nochmals eine solcheßRede zu kalten hätte, wüßte ich nicht, wie ich in einer wohlwollen deren Weise sür die Landwirtschast mich äußern könnte, als wie ich es gethan, indem ich erklärte, daß ich deren Dasein sür die Existenz des Staates sür unumgänglich nölig Halle. Es möge m«r erlaubt sein, au« meiner Rede einige Stellen vorzulesen, in der ich über die Landwirtschaft gesprochen habe Ich glaube, sie werden sicher beweisen, da« mir nichts ferner gelegen hat, als eine, die Landwirtschaft verletzende, herabsetzende Äußerung zu thun, die eine solche Folge haben wüßte, wie sie vorhanden sein müßte wenn Gras Kanitz Richt hätte. Ich habe gesagt: Ich schlage — und daS kann kein Staatsmann in einem Staate wie dem unsrigen thun — den Wert der Landwirtschast richt ge ring an Ich habe mich des ösieren darüber ausgesprochen, daß cS notwendig ist, die staa'serhelt'nden Kräste zu stärken und zu vermehren, und, ohne irgend einem Staude zu nahe treten zu wollen, bin ich der Meinung, es liegt ,n den Bedingungen des Daseins Ler Landwirtichast ein fthr starkes Moment sür die Kraft des StaateS. ES erwächst uus ihr die Liebe zur Heimat und rS ist die erste und sicherste Quelle des Pa'riolismus, wie ihn der Staat in ernsten Zeiten braucht Ich habe dann gesprochen von dem Einfluß der Land wirtschaft aus Las Familienleben, aus tie arbeitenden Klaffen und endlich habe ich gesagt: das höchste und l-tz'e Motiv aber sür die Erhaltung der Landwütschast ist ein exklusiv staatliches. Ich bin der Überzeugung, daß unser Körnerbau zur Not hin reicht, um selbst eine steigende Bevölkerung in Kiiegszeüen zu ernähren, und das ist die na'ionale Seite. Ich glaube, der letzte Satz beweist, daß die Ansicht der Grasen Kanitz, ich hätte der Bedeutung der Landwi «schäft für die nationale Wehrkraft nicht Lie rivtigc Würdigung zukommen lassen, hinsällig ist. Ich habe auch den Borwurs, den Gras Kanitz mir macht, mich Ler Landwirtschaft nicht hinreichend angenommen zu haben, tharsächlich nicht verdient. Als im W « irr «891 viel über den Notstand geklagt wurde, war eS Gras Kanitz im preußischen Landtage, der die Neigung hatte, dahin zu wirken, daß die Soruzölle provisorisch ganz aufgegeden würden. Daß das Lawal» nicht geschehen ip, ist n:cht zum geringsten Teil meiner persönlichen Einwirkung zuzuschreiben uud ich g'aube mir km mtt ein gewisse» Verdienst um die Landwirtschaft erworben zu haben. Tenn ich bin nach heute der Mnnung, dal, ivcnn die Zölle damals, wenn auch nur temporär, ausqehoben wären, damit ein Exempel gegeben wäre, das bei jeder an deren Gelegenheit hätte Nachahmung finden könn n, und daß die- eine Gefahr für die agrarischen Zölle insofern g wesen wäre, als sie in Zeiten des Notstandes leicht ganz halten weg gewischt werden können. Siebt man aber erst ein solches Exempei und solgea dann etwa zwei NotstandSjahre auseinander, so hatte ich die Besorgnis, wird es mit den Zöllen überhaupt nicht- sein. Ich glaube nicht, daß ich mich überhebe, wenn ich sage, ich habe damals der Landwirtschaft einen Dienst geleistet. Ich glaube dies noch einmal gethan zu haben. Als wir mit Oesterreich verhandelten, lagen starke Mot ve vor, mit den Zöllen noch etwas weiter, vielleicht noch k>o Psennige, hei unterzu- cehen. Und ich glaube, wenn wir die jetzigen Zölle aus zwöls Jahre seftgestellt haben, so ist damit das geschehen, was Lie Landwictlchast von den verbündeten Regierungen billiger Weise hat erwarten können. Daß wir dafür keinen Dank ernten würden, habe ich vorausgesehen. Es war die Rede davon, daß die Zollvcrrinbarungen mit anderen Staalen die Bevölkerung der anderen uns nicht günstig st mmen würden. Ich habe da mals geäußer', daß ich nicht fürchtete, diese Siimmung würde >m AuSlande sich geltend machen Ich habe damals gesagt, daß hier und da Verstimmungen durch die Verträge entstehen. Ich glaube aber nicht, daß sie sich gegen die Staaten richten würt^n, mit denen wir die Verträge abgeschlossen haben, sondern daß sie gewohnheitsmäßig gegen die eigene Regierung emstchen werten Diese VorauSsttzlNg ist >n reichlichem Maße eingetreten; die Regierung muß das tragen. Aber ich möchte dem, was der Staats sekretär de-Auswärtigen Amte» dem Gra en Kanitz cntgegcnhlel», noch hinzusügen, wie unberechtigt es mir erscheint, wenn man die Regierung sür die Notstände in Ler Landwirtschast, die auch ich anerkenne, verantwortlich macht. Wenn man jetzt die Be richte über agrarische Versammlungen liest, bekommt man leicht den Eindruck, — und ich habe die Besorgnis, daß dieser Ein- diuck sich im Lande verbreiten könnte — wie wenn die niedrigen Preise, an d'ven die Landwirtschaft laborier«, wesentlich daS Resultat der Herabsetzung ter Kornzölle sind. Nun ist ja r-ch:ig, unsere Kornpreise sind jetzt zum Teil um hundert Mark niedriger, als sie v r einem Jahre wäre» Sie sind nicht niedriger, al- sie nach dem Durchschnitte einer längeren Reihe von Jahren vor un- gewesen sind Ich ziehe dabei nicht tie wachsenten Lasten der Landwirtschast in Betracht. Aber immer bleibt bestehe», daß, wenn der KornpreiS sitzt um hundert Mark niedriger ist, darauf doch eine Zollerniedrrgung von IS Mark eben nur einen Einfluß von 1S Mark und nicht von hundert Mark haben kann, und auch diesen Einfluß wird sie nicht »oll gehabt haben, denn nachgerade wird anerkannt, daß die Wirkung der Zölle in Zeiten guter E'nien geringer wird, sod >ß- von diesen 1b Marl jetzt nur ein geringer Teil aus das Sinken der Preise in Anrechnung gebracht werden kann. Nun sind noch andere Dinge angesührt, unter denen dir Landwirtschast leidet, e« habe da- Unterstützung-wohnsitzgejetz, da- Frei zügig keit-grsetz daraus hingewirkt, daß b'« Landwirtschast eS schwerer hat. «brr ich stimme darin mit den gestrigen Äußerungen de» Grasen Behr überein, so einfach, wie man La« sich in den agrarischen Vereinen da> stellt, liegt dir Sache nicht. So schnell iß die Abhilfe nicht möglich Wir können veu Unterftü^ung»- wohnsitz ändern und werden Ionen eine solche Änderung vor- schtaqen, aber ich kann nicht hoffen, daß da- von entscheidender Wirkung srin wird. Auch G as Kanitz hat diese Hoffnung nicht ge«r>lt. Da», woran dir Landwirtschast leidet, stab solaende, «ehr universelle Ve'hältvissr, die auch durch dre deutsche Gesetz gebung nicht au« der Welt geschafft werden können. Wir müssen un- gru>tlduen, mit diesen Verhältnissen zu rechnen und auch klein« Hilst für di« Landwirlschasi nicht roa de, Hand zu wrisru. A«rr ich kann »ich« leugnen, daß die Landwirtschaft de, Vorteil drr Isolirrung, dm, sie »och vor «» Jahren hatte, wo die Lagr eine derartige war. daß die eigene Ernte den eigenen Piei- bestimmte, daß diese Verhältnisse durch d»r Pro dukuonevertältniffe in ankeren Weltteilen sich so geändert haben, Laß wir einen Weltmarkt sür Getreide laber', von dem wir bi- zu einem gewissen Grade abhängig sind. Ebenso lieut r-, w e mir scheint, mit der schwerwiegenden Not der Land wirtschaft im Osten. Der Zug der Menschen nach dem Westen folg», wie mir scheint, einem Naturgesctz, und dem gegenüber wird mit kleinen Maßregeln nicht viel zu machen sein. Es ist die schwerste Ausgabe, die nicht allein Len Regierungen, sondern auch dem Reichstage oblieg«, Mittel zu finden, wie dem abgehRfen werden könne, ohne in Verhältnisse, wie sie sich herausgebrldet Haden, in einer, »ch möchte sagen, unmöglichen Wei e einzugreiftn. Wir Huben e» mit Naturgesetzen in großen weiter. Verhältnissen zu thun, diu sich unserer Einwirkung zum großen Teil entz ehe». Ich möchte deshalb bitten, mit Klugen gegen d>e Negierungen koch vorsichtiger zu sein Wenn Gras Kanitz am Schl ß seiner Rede sagte: „Ich verlange lein Benkfizmm und kein Privi legium sür dir Lanlwirttchaft, ich habe niemals eine Bevorzugung eine- einzelnen Erwe b-zweiges gewünsch ", so glcube ich da- dem Grasen Kanitz ohne weitere-. Wenn er aber sorlfährt: „Ich verlange nur gl icheS Maß und gleiche- Recht sür alle so bekommt man den Eindruck, als wenn wir in cn em halb barbarischen Staate lebten. DaS ist nicht ter F-Ü. Meme- Erachlen» bekommt in Deutschland jedermann s.in Recht und meiner Überzeugung nach lassen auch die verbündet-«« Regier ungen jedermann gleiches Maß zukommen. Bezüglich der Kornzölle gehe ich von der Ansicht aus, daß sie eine schwere Last sür das Land sind und daß man nicht recht Ihut, von Opfern der Landwirtschaft zu reden, a s vielmehr von Opfern sür die Landwirtschaft (Lehr richtii! links) Ich halte es sür richtig daß diese Opser gebracht werden. Die Landwirts!« aft muß erhalten werden, aber ich sollte meinen, daß dre Landwirtschast gut daran ihäle, sich in ihrer Klage zu beschränken, uns an die koniervativen Landwirte richte ich die Bitte, diese Klagen nich' zu Anklagen gegen die Regierung zu gestalten wenn nicht wirklich zwingende Gründe vorliegrn. (Versal! links) Abg. Graf Kanitz (kons ): Ich bin dem Hrn. Reichs kanzler für die Art seiner Kritik sehr dankbar, zumal dasür, daß er nun di« Landwirtscha t als gleichberechtigt anerkennt. Aber es ist nicht zu leugnen, daß dci den Abschlüssen der vor jährigen Handelsverliäge Lie Vertreter der Industrie mehr ge hört wurden als die der Landwirtschaft; mir ist kein einziger Landwirt bekannt, der befragt worden wäre. Nach den Er- k.ärungen des Reichskanzlers werden die B-sürchtungen sür den russischen Handelsvertrag sich voraussichtlich mildern. In der Suspension der Getreidezölle aus einige Zeit dabe ich niemals eine Gesahr erblickt. Frankreich hat unS ein Beispiel gegeben, und dasselbe Experiment können wir auch in Deutschland machen Die Erklärung, daß die Zölle aus zwölf Jahre un bedingt festgelegt sind, accepliere ich dankbar. Bishcr halten die Landwirte immer noch die Besorgnis, Laß die Zölle bloß nach der oberen Grenz-, aber nicht nach unten gebunden seien. Was die Ursachen des heutigen Notstandes der Landwiitichast betrifft, so sehen wir einen wunden Punkt, der auch schon vorige- Jahr berührt wurde, in der WvhnungSftage. Ler Übergang zur Goldwährung hat sämtliche Produkte der In dustrie und Landwirtschaft billiger gemacht, auch Hr. Barth hat daS gestern zugegeben (Abg. Barth widerspricht) Es ist kein Zweijel, daß diese Verbilligung rlntrot, und die Wie-erherstrllung der allen Preise ist darum ein berechtigtes Postulat der Land wirtschaft. Hr. Barth hat gestern von einer Verschlechterung der Währung durch die Dorpelwährung gesprochen, die dem ver schuldeten Grundbesitz zu gute kommen solle. Daraus ist zu schließen, daß die Verbesserung drr Währung durch die Gold währung die Verhältnisse des Grundbesitzes verschlechtert hat. Wir bitten also nochmals, sich der WährungSsrage wohlwollen der gegenüberzustellen. Der Reichskanzler betrachtet die Korn- zöllr als eine Lost und ein Opfer sür Las Land. Wir haben die Zölle noch nie als eine Last sür das Land und die Be völkerung betrachtet. Eine hochentwickelte Industrie kann in Deutschland nicht bestehen ohne Lie Landwirtichast. Wenn Sie die Landw-rtichaft h-rabdrücken, so schädigt» Cie euch d-e Industrie. Die Getrerdezölle sind ebenso wenig eine Last wie die Jndustriezölle; sonst müßten wir Landwirte unS über die hohen Eijenzölle beklagen Ich schließe wie gestern: Gleich?» Maß und gleiches Recht sür alle! (Biavol richt-) Abg. Buhl (nat lib): Ich habe seinerzeit mich auch ent schließen müssen, sür die Handelsverträge zu slimnien, bin aber noch heute der Meinung, daß im einzelnen e ne ganze Reihe von Fehlern gemacht worden ist. Beiläufig halte ich nicht sür gut, wenn der sührende Staat zu sehr in Fragen einzreist, welche der Reichskompetenz unterliegen. Besonders war e» ein Fehler daß man beim Abschluß Le» österreichischen, Les ita lienischen und vorzüglich dc» schweizerischen HandelSrcrirageS mit Len Interessenten nicht genügend in Verbindung getreten ist. Soweit ich höre, wird dieser Fehler bei dem russischrn Handelsverträge zur Zeit vermieden; ich kann nur wünschen, daß dies geschehe. Einen landwi tschastlichen Wunsch erlaube ich mir hier ganz dringend in den Vordergrund zu stellen. Es möge rämlich darauf Rücksicht genommen werden, daß durch Abschluß des Vertrage- die Verhinderung der Verbreitung von Viehseuchen sür Deutschland erweitert werde. (Sehr richtig l rechts.) Doch möchte ich hervorhebcn, daß durch einen B.rtrag das doch sehr wünschen-werte freundschaftliche Ver hältnis zu Rußland gesördert weiden dürsie. (Lehr richtig! links.) Gegen einen Handelsvertrag mit Ru land kann ich mich also au» politischen Gründen nicht ablehnend ver- hrsirn; ich halte außerdem dasür, daß die wrstreckung dcr Meist- begünstigung-klausel für G-treibe aus Rußland sür den Westen DeutsLlands keine oder nur untergeordnete Bedeutung hat. Die gestrigen AuSsührungeu Les Abg. Borth gegen den Groß grundbesitz kann ich nicht unlerschreiben, ebensowenig wie seine Angriffe aus die Politik ser« 1879, die er al» eine reine Gunst politik bezeichnete. Ich muß auch zurückwcisen, daß die Ge treidezölle sür den kleinen Grundbesitz und sür den Bauern- st-nd leine Bedeutung hätten. Ich habe schon früher das Gegenteil nachgewies.n. (Ruf links: 8 Pro,. I) Nein, die Zahl der Besitzer ist viel größer und m t ihnen hängt der größte Teil der Bevölkerung de» platten Landes eng zusammen! Gerade die Getreidezölle ermöglichen eS, daß die landwirtschaft liche Bevölkerung aus dem flachen Lande bleiben kann und nicht in die Städte gedrängt wird, wo sie aus die Löhne drücken muß. Die Herabj«tzung des Zollt- von b M aus 3,b0 M. ist keine so große, daß der ermäßigte Zoll der Landwirtschaft da- Leben erschwert; er ist ausreichend, und Laium habe ich sür ihn gestimmt. Auch ich bin dem Reichskanzler dankbar dasür, daß er sich so bestimmt sür die Aufrecht, rhaltung d r Zölle aus 12 Jahre ausgesprochen hat. (Zwochenrus links.) «ie englischen Verhäitniffe sind mit den unsrigen absolut nicht zu dergleichen. Außer em ist die Bewegung sür landuirtschaftliche Schutzzölle dort im Wachsen. Die Landwi:tschast zu zerrütten, würde ich sür einen verhängnisvollen Fchler halten. (Beisall rechts.) Der Zug der ländlichen Arbeiter in die Glädte ist eine verhängnisvolle Erscheinung. Nicht bloß die Lohnverhältnisse, sondern auch die Vergnügungen, welche die Städte b eten, wirken bei dieser Verschiebung mit. Zu dem Versuch eine: Abänderung sind wir um jo mehr beres tigt, weil sür eilte große Menge der nach der Stadt Gegangenen das Glück nur «in sehr kurzes ist Eine Statistik der Arbeitslosen würde da» zweijeckc» eigeben Lie Ardener aus d m Lande zu hallen, rst in veler Brz ehung e ne Wohlihat sür die Arbeiter selbst. Ändere,seil» darf an drr Freizügigkeit nicht» geändert werden. (Lachen links.) Es wird also zu prüsen jein, wie am Unter- pützungswohnsitzgestz geändert werd.» kann Die Haupt sache ist, daß von den Besitzern selber e'tsprechend« Maßregeln getroffen würden, die den Arbeitern da» Bleiben aus dem Lande erwünscht machten, vo- allem, daß den letzteren die Möglichkeit gegeben würde, Grundbesitz zu erwerben. (Sehr gm! link») Abg. Baumbach (deutsch sreff): E» ist gestern wiederholt gewissermaßen «m Ramen der östlichen preußischen LandeSteile detonl worden, daß man dort allgemein gegen einen Handels vertrag mir Rußland sei. Demgegenüber konstatiere ich, daß diese Aufsaffung einseitig ist und e» sich nur um eine verhält nismäßig geringere Zahl von Großgrundbesitzern handelt. Der Etädtetag hat den lebhaften Wunsch au-gesprochen, daß die guten Beziehungen zu Rußland erhalte» und erweitert werde» möchten. Auch Hr ». KarLorff, ein ougefetzene» Mitglied der Agrarier Partei, hat die Auftechie»hali»ug der differentielle» Zölle g,rad»zu als den Rui» de» Osten- bezeichnet. In Ruß land besteh« viels-ch di« Aussossung, daß Rußland der Gesahr eine- deuilchen Angriff- au-gesetzt sei und Teulsch'and einen Krieg wünsche Darum ist es von allergiößler B-d.ulung, durch einen Ver'rog-abschluß dieser unbegretslichen, aber vor handenen Meinung -nlgtgenzuarbeilen Da- Zustandekommen de- russischen Handele viltiageS ist wichtiger al- do« der Mili tärvorloge An dem niedrigeren Zoll sür russische- Getreide hat dcr Givfhandel unserer Osiseeslädte kein Jnieressr, dei n die Preistiff renz zum w-i pieußilchen Roggen ist immer noch zu bedeutend, 1»I zu 120 M. angenblicklickn als Laß eS sich lohnte, russische - Roggen in den sreirn V>»kehr zu bringen Die Interessen unsere- Hantel-liegen aus ganz anderen Gebieten Der Zug der Arbeiterschaft nach Lem Westen, insbesondere nach der Reichs- Hauptstadt erklärt sich ritsach daiurch, daß in den Oftproviazen sich der Umwandlung-Prozeß au- dem Ackerbau in den .!n- Lustriellaat noch nichl vollzogen hat, während La» im Westen bere'Is der Fall ist. Wo eine hochentwickelt« Industrie blüht, findet auch die Londwirtschalt ein gute- Absatzgebiet; diesen Entwickeiung-prozeß hin'anzuhalten, wäre eine veikehile Maß regel. Über eine Abänderung des Unterstützu-rgswohusitzgejetzeS werden wir uns wohl ve,ständigen können; aber das über die Freizügigkeit muß bleiben. Sie provoziere« die Arbeiter b völkerung geradezu, wenn Sie dieselbe gewiffermafeu unter eia neu.» Äusnahmegesep stellen wollen. (Lthr richtig! links.) Alle s e Vorschläge, die Sir bezüglich »e» Unterpützungswohnsitz- und des FreizügigleitSgesetzeS machen, müssen zu immer weiter- geheuden Konsequenzen, zur Einschränkung dcr Lerehclrchung»- besugvis. Ler Paßpflicht sühreu, wenn Sie dem Aibeit r daS Recht entziehen nach stimm Belieben seine Kiäjle zu gebrauchen. Alle diese Vorsch'äge widersprechen dem Geist ter Zeit, wie d e Bestrebungen der aristokrat.schen Gesellschaft vor -stv Jahren, d e zur jianzösi chen Revolution gesühit hoben. DamatS galt dcr Kampf dec Selbständigkeit dcs dritten Standes; heule ist die Signatur der Zeit,, daß nunmehr der vierte Stand um seine Celbstä.digkeit kämpft. Da« Streben lach Gleichberech tigung, welches den Ausgangspunkt der sozialistischer- Bewegung bilde», verdient aber bei allen sonstigen Gcgnsätz-n die kräftigste Unterstützung Es Hand t sich hier um ein Fundamental'echt des Reichs und dec Reichsg-fetzgebung, nicht um einen natio nalen Götzen, wie im Herrenhaus- Hr. v. Manteuffel daS Fr i- zügigkeitSgesitz genannt hr», und wir weiden dieses Gruiisrech! mil Nachdruck und aus da- Entghiedendste verteidigen. Der Ersolg wird unS nicht fehlen. (Lebhafter Beisall links.) Gras Mirbach (kam.): Infolge der Handelsoerträge ist der Osten gegen den Westen zurückg, setzt, die Lage Ler deutschen Landwirtschast ist eine derartige geworden, daß ihre Existenz geradezu bedroht ist. ES ist behauptet worden, der Preis des Getreides sei nickt niedriger alS in dem letzten Jahrzehnt; es geht ober au« den amtlichen siatstisch-n Mitteilungen hervor, daß der RogaenpreiS im letzten Jahrzehnt geringer war als heule. Der Hr. Reichskanz'er hat zugegeben, daß eine Menge von Di-gen aus dir Preisbildung sür die landwirt chastlichen Produkte mit eiitwirl», insbesondere die Valuta de- Auslandes. Tas muß aber umsomehr dazu amegen, darüber zu wachen, daß das landwirtschasilichc Gewerbe gestützt und gepäikl wird. Litt BeLaicrn habe ich taher Las Wort vernommen, welches der Min-.sür v Ltydcn gesp ochen, man müsse die Dmgr in Ruhe ertragen. Wir müssen di se Theorie zurückweijen; wir glauben vielmehr, biß es zu den Hauptausgaben L.-r leitenden Staatsmänner gehört, eine solche Notlage abzuwenden. Die landwirtschaftlichen Zölle sind schon wegen de« Budgets des Reichs und der Einzelstaaten und auch vom Standpunkte der Mililärvorlage notwendig. Die landwirtiLastlichen Zölle sind bei uns auch garnicht ausgebildet, so besteht z B. kein Schutz sür die aukgedei nten Gebiete, aus denen Wollzucht getrieben wnd Unsere Gesetzgebung gewährt überhaupt einen viel höheren Schutz der Industrie und dem Gewerbe als Ler Land wirtschaft. Die Landwirtschaft muß in Preußen eine weit gehende Roggenbestelltsung trage» neben einer hohrn Grund- uad Gebäudes euer und einem gegenü» r dem mobilen Kapital unqerechlen Jmmobilienstempel. Dazu kommt römischrechilichrs Erbrecht, welches Len Grundbesitz bei jed r Erbteilung zur Vcr- schuldunq zwingt. Die Sorge für die Lage dir Landwirtschaft ist vom Fürsten Bismarck ernstlich in die Hana genommen worden; jetzt ist d »selbe wieder ein« schr geringe. Daher stammt die all- q me-n- Unzufriedenheit in Len landwirtschaftlichen Kreisen. Die deuische La idwirtschast verlangt «in grüßeie- Maß von Berücksichtigung von d.m leitenden Staatsmann Les Reichs, um leistungtsäh'g bleibin zn können. Diese Unzusriedenhcit weide schmelzen, wi- Mäizsch, ee in den Strahlen der Sonne, wenn ihr ein weite-gehende- Wohlwollen von seiten drr Regierungen zu teil würde Die herrschende Unzusriedenheit ist keine un berechtigte. Ich bin mit Hrn. v. Manteuffel der Meinung, daß das Alter sür den Unterstützungswohnsitz herabgesetzt werden muß. DaS Prinzip des Friftügigleit-gefttze- wollen wir nicht Umstürzen, sondern nur in Änretracht der gegenwärtigen Zu stände gerade im Interesse der Arbeiter selbst einschiänlen, in dem wir dem Vagadonlneren und der Lachsengängerei entgegen- treten. Was die Handelsverträge betrifft, so überwiegt nach meiner Ansicht ihr Schaden bis jetzt den Nutzen, der vvn ihnen erwartet worden ist. E« ist nicht in Abnde zu stellln, daß wir in diesem Jahre die Zeil eines wachsenden wirtschaftlichen Niederganges weiter beschritten haben. Staat-sek:etär v. Mar schall sragt, warum wir Gegner der Handelsverträge sind, da wir doch den Jdentität-nachweis einsühren wollen. Wir wollen aber keincn Wechsel mit langer Fr-st Wir sind Gegner eines Systems mit hohen Schutzzöllen, das keine Rücksicht aus andere Lände: nimmt, w r wollen nicht das System des Abg. Barth, der die Landwirtschast ganz vernichten will Die Landwirtschaft strebt ein System gemilchter Schutzzölle an und wird noch manches Lebenszeichen von sich geben, wie Ihnen schon die nächsten Tage beweisen werten, Hr. vr. Barth, der sich immer wieder in den alten Redensarten gegen d e uuersältsiche Land wirtschast, gegen die Liebesgaben ergeht, hat gestern wieder be wiesen, daß er nichts g-lernt hat und wenn er aus solche Weise in unserem Wahlkreise redet, dann wird es ihm rrgehkn, wie dem freisinnigen Agitator Buchholz, dcr im Wahlkreise ArnS- «alde Friedeberg teils nicht angehört, teil- herausgewo:sen worden ist. (Lachrn und Beisoll rechts ) Staatssekretär v. Marschall r Dem Wunsche d S Abg. Buhl, vor Abschluß einet Vertrage» die Interessenten zu hören, holte ich sür durchaus berechtigt. Wir haben auch dement sprechend gehandelt. Ich hebe nur hervor, wie schwierig die Auswahl von Sachvei ständigen ist, und betone, daß es nicht so sehr daraus ankommt, die Interessen zu hören, als daS Ge hörte zu verarbeiten und zu verwerten. Die AuSsührungeu deS Grasen Mirbach lösen nicht den Widerspruch, der zwischen der Forderung hohen ZolljchutzeS und der Aushebung deS Iden titätsnachweises besteht. De« gestern sichtbare Eiser, die Han delsverträge zu kritisieren, Hal heute meiklich abgenommen. Nur die allgemeine Behauptung hat man wiederholt, daß diese Tarifverträge nicht nur der Landwirtschaft, sondern auch der Industrie zum Schaden gereicht haben. In der Rede des Hrn. Vopelius, aus die man sich hier bezieht, habe ich auch mit ein einzige» sachliche» Wort zum Blwcise dieser Behauptung ge sunden. Ich möchte umgekehrt fragen, wa» aus den düsteren Behauptungen gewoiden ist, welche beim Abschluß der V-r- träge geäußcrl wurden Warum spricht Gras Kanitz gar nicht mehr von dem deutschen Weinbau? Der anderweitig normieite Weinzoll ha» alle Bort-ile gebrach», we'che die Regierung davon erwar-ele Drr Ber»:ag m>» der Sckwerz wurde von demselben Grasen Kanitz lebhaft getadel» Dir Er sahrungell haben aber der Regierung Recht gegeben. Wir hätten heute ohne den Vertrag den schönsten Zollkrieg mit der Schwei» und hä'trn Hundrrte von Millionen verloren. Dank dem Handelsvertrag haben jetzt andere den Zollkrieg mit der Schweiz mit allen diesen Folgen. (Sehr richtig I links) Man prophezeite den Ruin drr Glas und Papierindustrie, namentlich ging Hr. v. Kardorf in dieser Richtung vor. Mit dem vollkommenen Rui» Kat e» aber nach Len Ein- und AuSsuhrzahlen seine guten Wege. Kann man nicht» weiter Vorbringen so muß ge sagt werden, tast die Ersahrungen aus industriellem Gebie e im wesentlichen gute uud günstige sind. Gras Mirbach hat die Preisrückgänge wieder aus dir Zollermäßigung zurückgcführt. De» Beweis dafür hat er nicht erbracht, weil er nicht erbracht werde» kann. Ei» Zvll, der die Pr-iSrückgänge aushielte, müßte so hoch sria, daß er auch »ich» zwei Jahre bestehen könnte. Wenn an dem Zoll vou k Mark sepgehalten würde und Tarif verträge also nicht zu stand« gekommen wären, dann würde der d-Martzoll da- Opfer der erste» Mißernte, mangel- einer loltrn »der der G-genstand sor'währender Agitation geworden sein. Eine vernünftige Zollpolitik soll doch Gegensätze nicht zu crweile n, sondern zu mildern bestreb» sein. L« bleibi sür mich dabei, Laß di« Hand lSoeriiäge ein S-gen sür da- Land ge- weftn sind und daß auch dir Landwirischast keinen Schaden da durch erlitten hat. Reichskanzler Gras v. Caprivi: Den Worten Le» Hrn. Staal-sekrrtär» Halle ich mich persönlich verpflichtet, noch eini e» hinzuzusügen. Ich muß noch einmal sür die Beamten eintrelen, tie die Verträge mit anderen Staaten abgeichloffe» h.'bin Es hat an Verdächtigungen gegen diese Beamten nicht gcsehlt, ich Halle e- aber sür d e schönste Pflicht der Vorgesetzten, sür ihre Beami.n emzutrcten, die so ihre Pflicht xcihan haben wie diese Nur ungern ziehe ich Äußerungen, tie in einem Einzellandtage gesallen sind, hier in die Debatte. Ju einem Falle muß ich es aber thun Am 9 Februar hat ein Mitglied de» Abgeordnetenhaus-« gesagt, er wisse aus österreichischer Quelle, »aß der Vertre er Le« preußischen HrriLelsministerium- in Wien alles aujgeboten habe, um Lie einmal des blossen« Hriabmindelung Ler landwirtschaftlichen Zölle zu Gunsten der Industrie noch mehr zu d ückcn; er habe aber bei seinem Mit- kommissar keine Unterstützung gefunden Diese nich! zu qualifizierende Insinuation nchtet sich gegen einen Beamten, den ich keinen Anstand nehme hier öffen lich zu nennen, um ihm schon damit eine Ehrenerklärung zu geb n, den Geh Rat Huber. Seit 1871 wird Geh. Rat Huber immer v.rwandt, um Handelsverträge a'zuschließen. Kein Handelsvertrag ist seit Lama s abgeschloffen, an dem er nicht milgrwirkt hätte und wobei er sich nicht die Zufriedenheit seiner Vorgesetzten er worben hätte. Ta scheut man sich nicht, einen jolchen Beamten zu verdächtig-n! ES ist gar nicht möglich, daß ein Beamt r einen solchen Einfluß gewinnen könnte, wie man die- annimmt Es ist den Beamten eine seste Maischrout« von mir gegeben worden. JnZwetftlssällen haben sie sich st-t- an mich gewandt und ich glauve viermal ist Hr Huber in Person von Wien nach Berlin gereist. 0 reisen Sie mich an, aber nicht meine Beamten. Wohin soll denn das führen? Was soll da für einen Einfluß auf die DiSziplir laben? Müssen nicht die Beamten künftig mehr solchen nachteiligen Wirkungen in der öfientlicken Meinung nachgebcn, als den Wünscken ihrer Vor gesetzten? Aber auch die Beamte.' des preußischen HandelS- ministerS muß ich in Schutz nehmen. Es »st unmüglih. daß ein preußischer Beamter so weit seine Kollraialitat un» Pflicht terxesfen haben sollte, um eine derartige Äußerung z i thun. Also auch >m Interesse diese« Beamten muß ich die indirclten Angriffe aus das Entschiedenste zurückweisen. (Ledhoster Beisall.) Abg. Schultze-Königsber, (Soz.-Tem.): Es wird hier immerfort von dem Nolstanbe der großen und kleinen Besitzer gesprochen, aber kein Wort hört man von dem Notstände der ländlichen Arbeiter in den öst icheu Provinzen, dcr traurigen Frucht Jahrhunderte langer Mißwirtschaft in diesen noch heute halb feuealen Bezirken. A> s dieftm Zustande ist sür den länd- li - en Arbeit r des Ostens nur ein Entrinnen möglich, und zwar durch die Freizügigkeit, und dieie will man jetzt den armen Leuten auch noch nehmen! Im Durchschnitt sind dre ländlichen Arbeiter amilien im Ostin, na rentlich in Ostpreußen, so gestellt, daß eine Fami ie nach Abzug der Kosten sür die Scharwerke den jämmerlichen B trag von L88 Mark jährlich übrig behält. Davon soll sie leben! (Hörl! Hört! links.) — Redner giebt eine aussührliche Ausrechnung dcr Einkommensverhäitniff Ler ländlichen Arb iter und bestreitet gegenüber dem Abg Buhl, das- die ländlichen Arbeiter durch Lie Vergnügungssucht iu die Städte gesührt weiden. In Ostpreußen gäl-e es kc ne ent wickelte Industrie, und es seien in den oftprcußi chcn Städten dcr Gelegenheiten z i Vergnügungen äußerst wenige; die Mög lichkeit, sür die Arbeiter noch Fe e zn feiern, werde schon durch die Fürsorge der Behörden beseitigt. Jedes Loka", welche- Arbe'terversammlungen ausnehme, werde von allen Behörden, in erster Linie ron dtr Mili ärbchörde, boyloltiert; aber nicht bloß die Lohuverhältnissc, sondern auch die Wohuungsverhält- nisse und die Behandlung drängen die ländlichen Arbe ter au^ ihrer Heimat fort Unalaubliche Fälle von Mißhandlungen dec Grund- Herren gegen die länriichen Arbe ter und Arbeiterinnen werden be richtet. Gras Kanitz ist ärge-lich darüber, das; in den Voror en der großeiiS ädteArbeiterviertel ui d große Mietskasernen entstehen un o meint,daß derbilligeBoiortlarisdaranschuldsei. Diese Verhältnisse geben aber doch gerade den Großgrundbesitzern keine Ver anlassung zur Klage, weil auf dem Lande die WohnungS- verhältnisse noch viel schlichter sind. Ji sünft od.r sechs stöckigen Häusern zu wohnen, ist kein Vergnügen aber in den Wohnräumen ihrer armen ländlichen Arbeiter winden die Herren Konservativen auf ihren eigenen Gütern doch nicht emmal probewt'fe wohnen wollen. (Heiterkeit links) Man weist hier immer daraus hin, daß die Landwirtschast l-ine hohen Löhne zahlen kann. Aber ist es nicht ein Unding, daß die ländlichen Arbeiter ni t t Anteil nehmen sollen an dem allgemeinen Kultur- sortsrritt? Gerade sie sind -S ja, welche durch ihre intensive Arbeit den Kulturfortschrilt der übr gen Bevölkerung ermög lichen AaS nun die Herabsetzung der Getreidezölle gegen Rußland betrifft, so hat Hr. Buhl zwar behauptet, aber nicht erwiesen, daß e uch für die ländlichen Arbeiter ein Nutzen aut den Getreidezöllen eiwächst Nach statistischen Zeugnissen hat sich gerade m Bayern tie Lagr de- kleinen Grundbesitzes und der ländl'chen Arbeiter durch die Getreidezölle verschlechtert. Was man al- mäßigen Getrcidezoll ansehen soll, darüber be steh« ja eben dcr Streit. Die Lage der ländlichen Arbeiter ist eine ganz außerordentlich traurige; bei ihnen testeht ein all gemeiner Notstand Die soitschreilende Erkenntnis ihrer Klaffen- läge wird auch diese Mässen revolutiomercn und ihnen die Überzeugung bcibringen, daß sie von dem G as.n Kanitz und seinesgleichen nichts zu hoffen haben. Wenn Sie sich dagegen wehren wollen, daß wir Ihnen die ländlichen Ärbeiter ab spenstig machcit oder wegtretben, dann sorgen Eie dafür, daß sie eine mcnjchenwürdige Behandlung ersahrcn und menschen würdige Löhne rrhal en. »Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Rickert (deutsch-frnf.): Ich kann mir wohl denken, daß cs dem Reichskanzler klar geworden ist, woher diese Sturm zeichen kommen, die jept austuuchen. Dese Sturmzeichen, welche Hr. Arendt im preuß'schcn Abgeordnetenhauje so nannte, sind nichts al< ein Kunstprodukt, erzeugt von den Agrariern und denen die Hinler ihnen stehen. Hr. Brendt ist ja, wie wir wissen, auch persönlich verletzt und daher besondcr» eifrig i« dieftr Arbeit. Dabei weiß man absolut nicht, woher den Agrariern «m Lande jetzt plötzlich die Erleuchtung kommt, daß dcr Handelsveclrag mit Rußland den Ruin der Landwirtschaft bedeutet. Hr. v Kardorff hat sich direkt sür einen solchen Ver trag ausgesprochen Welche Gründe sind vorhanden für diese veränderte Stellung? Sie brauchen cinen Frontangriff gegen den Reichskanzler und gegen den Landrirtschaft-mimster. Wir können doch unsererseits nicht die Detail» hicr öffentlich be handeln; Ihre Gründe aber enthalten Sir unS vor Wir glauben, daß dcr russische HandclSocrtrag hier im Reichstage mit großer Mehrheit angenommen »nd dem Reichskanzlcr zum Verdiei st angercchnet werden wir». Der Reichskanzler ist levig- lich cingelenkt in die Wege Ler alten preußischen Handels- vertragtpoUtik, die gerade Hr. v. Bismarck 1862 beim Abschluß des sranzösijchen Handelsvertrages so wann vertreten hat. Sie (rechts) haben diese Politik ebenso warm verteidigt, jetzt aber verlassen. Bei Ihren Forderungen fthlt bloß noch, daß Sie auch veilangen, der Staat soll «insach die Schuld der Land wirte aus sich nehmen. Trifft denn die gegenwärtige Regi-ruug die Schuld an der Unzusriedenheit der Landwirtschaft? Wir glauben die Fäden, durch welche diese jetzige B wegung diri gier« wird, ganz genau erkennen zu können. Wer Irägt denn die Schuld an der Unzusriedenheit? Ls kommen jetzt die Früchte jener Saat der Bismarckschen Politik zum Vorschein. »Große Unruhe rechts.) Die sächsische P-tition, welche den An laß zu der Schlacht im Abgeaidnetenhause giebt, stellt al- Ur- «ach- trr Unzusriedenheit die sozialpolitischen Gesetze und die Steuergesetzgebung hin. Gras Mnbach ha« damals ein sichere» Vorgefühl für die Mißstimmung der landwirtschaftlichen Kreise gehabt, greif« aber jetzt mil den anderen Heuen Ägrarirrn de» jetzigen ganz unschuldigen Reichskanzler an l Sir sind doch mit Vegristerung in jene Politik hiueingezogrn, al» wir Sre warnte». Da« sind jetzt die Früchte dieser Politik Je schneller der Reichs kanzler mit dieser Politik brich«, desto b«>frr für un» und da» Vaterland! (Beisall link» ) Staaitsrlietär ». Bötticher t Di« HandclSverttäge de» vorigen Jahre» sind in d«r weise vorbereitet «ord », daß fich Kommiffarte» dr» Reichtawt» de» Juuer», de» Reich»schatzamte»
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