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Dresdner Journal : 13.02.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189302138
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930213
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930213
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-02
- Tag 1893-02-13
-
Monat
1893-02
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 13.02.1893
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Deutscher Reichstag. 42. Sitzung vom 1t. Februar. Am BundeSratStische: Staatssekretär v. Bötticher, Frhr. v. Marschall, Frhr. v. Maltzahn. Es ist die Genehmigung deS Reichstags nachgesucht worden zur strafrechtlichen Verfolgung deS Reichstags abgeordneten I)r. North. Die GeschäftSordnungS- kom Mission beantragt, die Genehmigung zu erteilen. Berichterstatter dec Kommission Abg. Porsck lZentr): Bei der Revidicrung dcr Bücher der Aktiengesellschaft für Boden- und Kommunalkredit in Straßburg über da- Geschäftsjahr 1801/92 hat sich nach Meinung der Kaiser!. Staatsanwaltschaft in Straßburg der dringende verdacht ergiben, daß die damaligen beiden Drrektore» der Gesellschaft in den letzten Jahren gegen Artikel -49 und 249 b des ReichihandelsgesetzbucheS sich ver gangen haben. Einer der beiden früheren Di>ek oren ist da- Mitglied deS ReichSt«geS Or North. Die Paragraphen aus welche der Berdacht sich gründet, bestimmen, daß, wenn Tirek> raren oder AufsichtSräte in ihren Darstellungen zum Nachteil der Gesellschaft handeln, oder wenn sie in ihrer Übersicht über den LermözcnSstand der Gesellschaft oder in den in der Ge neralverfammlung gehaltenen Vorträgen wissen lich den Ver- mögentstand der Gesellsäast falsch darstellen oder verschleiern, mit Gefängnis, und zwar in letzlerem Falle bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 20 000 Mark bestrast werden. Außerdem kann aus Leilust der bürgerlichen Ehrenrechte er kannt werden. Der Kaiser!. StaalSanwalt in Straßburg hat das Ermittelungsoersahren eingeleitet und den l)r. North in formatorisch vernommen Dieser Hai bestritten, daß ihm diestrasbare Handlung zur Last fällt und hat vielmehr die Sache so darzustellen versucht, daß er selbst durch den zweiten Direktor, den er sür die Unregelmäßigkeiten verantwortlich macht, hinteraangen worden sei. DieStaaisanwaltschast ist der Meinung, daß die Sache der Vor untersuchung zu übergeben sei, damit diese darüber Klarheit verschafft. Jedenfalls muß also eine Voruntersuchung tingeleitet werden. Or. North ist zur Zeit Mitglied des Reichstags. Der Kaffrcl. Erste Staatsanwalt in Straßburg hat durch Vermittel ung deS Kaiser!. Statthalters, bei. deS Reichskanzlers die Ge nehmigung nachgesuch», daß zur Einleitung deS Strafverfahrens gegen den Or. North während der Dauer der gegenwärtigen Session der Reichstag seine Erlaubnis gebe. Dieses Schreiben »am 30. Januar ist in der Verhandlung des Reichstags vom 1. d. Mts. auf Vorschlag deS Präsidenten der EeschästSordnungs- kommission zur Berichterstattung überwiesen worden. Die G:- schäftsordnung-kommijsion ist nun selbstverständlich dcr Meinung gewesen, daß eS ihre Sache nicht sei, zu untersuchen, inwieweit der Verdacht begründet ist oder nicht. Dann ist sie der Mein ung gewesen, der vorliegende Berdacht und die gegen die straf bare Handlung angedrohte Strafe seien derart, daß es nicht nur tum Interesse »es Reichstags, sondern auch dem Interesse des betreffenden Herrn selbst dienen kann, wenn d'e Sache in ge richtlichem Wege zum AuStrag kommt und eine definitive Ent- schridung darüber erfolge, ob Or. North weiter an den Ver handlungen drs Reichstags sich beteiligen kann. AuS diesen Erwägungen heraus >st die GtlchäslSordnungskommission ein stimmig zu dem Beschlusse gekommen, der Ihnen vorliegt. Im Namen der Kommission beantrage ich daher, daß der Reichstag beschließe, die Genehmigung zur strafrechtlichen Bersolgung des Abg. Or. North zu geben. Das Haus beschließt diesem Anträge ermaß. — Darauf wird die Beratung des Etats des Reichs amtes des Innern fortgesetzt. Abg. Frhr. v. Ttumm (Rerchip.): In Bezug aus die Sonntagsruhe kann ich mich nur im wesentlichen »en Worten des Hrn. Abg Hitze anschließen. Ich bedaure lebhaft, daß die Vorschriften nicht bis zum 1. April fertig gestellt «erden können. Ich kann aber feststellcn, »aß ich und alle meine Kollegen, die dazu bestimmt waren, ihr gutachtliches Urteil vor Emanation dieser Bestimmungen in der Kommission des Bundesrats ab- zugcben, daß wir alle seit dem Eommcr täglich gewissermaßen aus dem Sprunge standen, hierher zu reisen, weil wir hofften, wir würden einberusen werden Ich kann aber Hrn. Bebe! oder wer von den Herren damals einen Vorwurf erhoben hat, versichern, daß ich schon seit Jahr und Tag Bestimmungen über den Schutz der Sonn- und Feiertage eingesuhrt habe, die in mancher Beziehung noch weiter gehen, als von hier aus voraus sichtlich bestimmt werden wird. Auch in Bezug aus das Handels- gewcrbe kann ich mich drn Ausführungen des Hrn. Abg Hitze anschließen. Ich glaubt, daß die Gestaltung einer Arbeitszeit am Sonntag von süns Stunden ungesähr das Richtige trifft. Tie Beschwerden über die Sonntagsruhe müssen verschwinden gegenüber dem großen Vorzüge, daß nun auch den HanLlungs gehilfen ein wirklicher Sm ntag gewährt worden ist. Tas betone auch ich, daß aus dem Lande und in kleinen Städten die Nachmitlagsstunden nötig sind, die Existenz dortiger Handels- und Gewerbennlernchmungen sicher zu stellen, vor allem aber um dem Bedürfnis der Arbeiterbevölker- ung gerecht zu werden. Zu den von Hrn. Hitze angeführten Gründen möchte ich noch hinzusügen die Konkurrenz mit solchen Bundesstaaten, in denen der Sonn'ag durch polizeiliche Verordnungen bis 4 oder k> Uhr nachmiltags sreigegeben ist. Dies ist, sowcii meine Gegend in Betracht kommt, in der bayerischen Pfalz und in Lothringen der Fall. Ähnlich ist es natürlich in anderen Grenzdistrikten, nach Sachsen hin, wo auch die Zeil von vornherein aus 4-6 Uhr frstgcstellt wurde. Der Hr. Minister meine, daß durch OrlSstatrt, wo nötia, duS Ministeriolreskrip», durch welches dcr Berkaus nach 2 Uhr ver boten wurde, reltifijiert werden könne. An > nd sür sich ist LaS richtig. Ich glaube die Frage, ob die Zeit von ü Stunden auf 4 Siunden am Grund des Orlsftatms herabgesetzt werden kann, ist sür die Ladcnbesitzer unerheblich. Ob das ater so ohne weiteres zu machen gewißen wäre, ist doch s aglich, da durch dc.S Ministenalreskript die Regierungspräsidenten ange wiesen worden sind, auch wo Ortsstallstiken ausgestellt werden, die Geschästczeit richt über ^3 Uhr auscehncn zu lassen. Die Regicrungspräsidenu n in den Beziiksausschüssen zu überstimmen, ,st sehr schwierig, da sic 3 Stimmen vertreten, während ihnen nur 4 gewählte Stimmen gegenüberstehen Bei unS war die Aufregung schon wegen der Nähe von Lothringen un» der Pfalz eire außerordentlich proße, so daß sich die Handels kammer der Sache den ächtigen mußte. Tiotzdem bot der Regierungspräsident alles aus, um die OrtSstatulen, di! den Sonntagnachmittag zum Teil sreigeben, nicht zu genehmigen. Ich bin Stellvertreter in dem Bezirks ausschuß und bei der Gilegenhnt in Ken Bezirksausschuß hin gegangen. Da dcr Paragraph bestimmt, daß dem Ortestatut die Feststellung der Stunden zu überlassen sei, und da ich den Para.raph.n in dar Komm fsion mit redigiert und ich aurhen tischen Ausschluß üb:r den Willen des Reichstages geben konnte, gelang es mir, die vier gewählten Stimmen aus meine Seite zu bringen und den Rcgieruugspiäsideuten zur Genehmigung dcr Lrisftatulen zu zwingen. Der Hr. Minister meinte, aus Arbeiter kreise» feien keine Besä werben üb r die bisherige Hand habung der Sonntagsruhe eing-lausen. Freilich glauoe ich nicht, daß die Alberter, die keinen Korporatronen oder Vereinen angehören, so leicht geneigt sind, Petitionen an Reichstag und Regierung zu richten, unv ich wünsche auch nicht, daß das Sitte werde. Nachdem wir aber drn Arteiterausschüsscn bestimmte Funktionen gegeben Halen, müss n wir diese als ge-ctzttche Ver tretung der Arbeiter anfehen. Im Bezirk Trier sind Vie Al be.lerausjchüffe befragt worden und sie haben, wie ich von meinem Arbeiterausschuß in Ncunlirche.i, dcr über 3000 Arbeiter hat, heivorhcben kann, einstimmig erklärt, es sei ein dringendes Bedürsais der Arbeiter, bi» um 4 Uhr einknusen zu können. Der Arbeiter, ter nicht dort wohnt, wo er seine Einkäufe mucht, dort aber eine Kirche hat, der geht in die Kirche, ißt dann zu Mittag — und wann soll er s ine Einkäufe machen, wenn um 2 Uhr geschloffen wird? Wenn der Hr. Miniuer meinte, es könne keinem Arbeiter schwer fallen, drei Wochen nicht zu kaufen und die vierte Woche zu kaufen, run, das kann er sich biguemer machen: er lraucht nur die Kirche zu ver'äimrn Wollen wir Las aber? Gewiß wollten wir durch die Gesetzgebung dem Arbeiter auch eine Erholung schaffen. Aber ich und gewiß noch viele von Ihnen sind bei dem SonntagSjchutz davon auSgeaangen, daß dem Arbeiter die Befriedigung seiner kirch lichen Bedürfnisse möglich gewacht werde (Sehr richtig! recht- ) Da- wird in sehr vielen Fällen durch da- Ministerialreskript vereitelt. Daß in großen Städten da- nicht zutrifft, ist richtig. Für solche Fälle, glaube ich, könnte man noch unter 2 Uhr gehen, ohne den Gewerbelieibenden dadurch einen erheblichen Nachteil zu verursachen. Aber sür die Landwirte sowohl, w>e sür die Gewerbetreibenden und sür die Arbeiter ist eine der artige Zeit durchaus unaigebracht. Ich beruhige mich übrigen» damit, daß in dem neuen Reskript deS Hrn. Minister- den Regierungspräsidenten ausdrücklich anheim gegeben wird, ous die Wunsche der Bezirksausschüsse und der Gerne nden mehr Rücksicht zu nehmen als bisher, so daß nifttS im Wege steht, daß die Verkaufszeit bis 4 Uhr ausgedehnt wird. Ich bin überzeugt, daß jetzt in erheblicher Weise OrtSstatuten ringesührt werden, selbst wenn d-e allgemeine Miniperialrerordnung nicht geänoerl wird. Der Zweck, thunlichft dir Sonntagsruhe sür die Handlungsgehilfen unter Schonung der Verhältnisse namentlich des Mittelstandes durchzusühren, ist sürS erste v-llkommen ge nügend erreicht worden, wenn die Gemeinden sich daran ge wöhnen, durch Reduktion der Zeit von 5 aus 4 Stunden durch Ortsftalut die Geschäftszeit so zu legen, wie rS den Verhält nissen am besten entspricht Dem von Hrn Stöcker geäußerten Wunsch, sür die Familien »er Handlungsinhaber eine Äu, nähme zu treffen, kann rch nicht zustimmen, rch bin hier in der Lage, den Ausführungen des Abg Bebel vollkommen beitreiea zu können, schon aus Rücksichten auf die Konkurrenz. Den AtSsührungen Lcs Hrn. Bebel über Entlassung resp die Aus nahme von Arbeitern in den Staatswerkstätten kann ich da gegen nicht zustimmcn. Zunächst meine ich, die Frage ist nicht in Verbindung mit der Gewerbeordnung oder gar mit dem Ge halt dcr Hrn. Staatssekretär dcs Innern zu dringen. ES ist vielmehr zweckmäßig, die Frage vom Standpunkte der betreffen den Arbeitgeber und der Einzelregicrungen zu beachten. Wenn sich Hr. Bebel speziell daraus beruscn hat, ich hätte Bestimm- ungen in Bezug auf Vergehen außerhalb des Beiriede-, welche nach der neuen Gewerbeordnung nicht «ehr angewandt werden dürfen, auS der Arbeitsordnung weggelasjen und in besondere Verfügungen übertragen, so ist das richtig. Es bezieht sich das beispielsweise auf das Verbot des Heiraten- unter 24 Jahren und die Bestimmung, daß die Aibriter sich nicht ver klagen dürfen, bevor sie mir die Sache vorgetragcn haben. Den Lewen wird jetzt einfach gesagt, wcr hiergegen handelt, ist gewärtig, daß ich ihm kündige. Aber mit den Gründen, welche di» svsorlige Entlastung ohne Kündigung zur Folge haben, steht die Sache »och anbcrS. In dieser Beziehung habe ich keine Bestimmung in die Arben-ordnung ausgenommen; da- war aber auch früher nicht »er Fall, wcil ich jeden Schein vermei den will, als ob etwas, was prinzipiell notwendig ist, irgend wie eine Härte sür den Arbeiter hervorrusen soll, »ie ich ver« meiden kann. Ich komme vollkommen damit aus, »aß ich sage, ich kündige jedcm «rbei'er, der ein sozialdemokratische- Blatt hält, einem sozialdemokratischen Vereine angehört oder ein Wirts haus srcquenticrt, in dem sozialdemokratische Blätter ouflicgen oder sozia demokratische Versammlungen abgehalten werden. Damit komme ich au-, und ich habe gar keine Veranlassung, deswegen die Härte in der Arbeitsordnung einzuführen, daß der Mann i, solchem Falle soso t ohne Kündigung enilasien wird. Aber das bedingt Loch nicht, daß derartige 's estimmungen, wie sie der Abg. Bebel von den Staatswerkstätten erwähnt hat, ungesetzlich wären. Es steht in 8 134b dcr 9ewerbe»rd- nung, daß di: Arbeitsordnung Bestimmungen enthalten muß, sofern es nicht bci den gesetzlichen Bestimmungen bewenden soll, über die Frist der zulässigen Aufkündigung, sowie über die Gründe, aus welchen die Entlassung ohne Aufkündigung erfolgen darf. Es ist vollkommen zulässig, in die Arbeitsord nung auszunehmn daß ein Arbeiter außer den gesetzlich fest stehenden Gründen auch ous anderen sofort auS dcr Arbeit ent lasten werden kann. Lediglich bezüglich der Strafen ist vor- gcschrirben, daß sie nur für Bergehcn im Beiriebe verhängt werden dürscn. Die im 8 123 aufgesührten Gründe sür die Entlassung beziehen sich fast alle aus Vergehen außcrhalb des Betrieb s. Die Gründe können sich also nach dem Geiste deS Gesetzes aut aus dieses Gebiet erstrecken, nur dürfen sie nicht „bas Ehrgcfühl und Lie guten Sitten verletzen!' Daß LaS der Fall ist, «erden Si: vor keinem juristischen Tribunal ver treten können. Hrn. Bebel kam cs bci seiner Ausführung wohl nur darauf an, aus die Sozialistendcbatte, die wir schon zweimal gehabt haben, zurückzukommen und mit einem großen Aufwande von sittlicher Entrüstung zu sagen, daß cs cin iiner- hvrter Skandal sei, wenn die Staatsbei.iete d e Leute noch viel schlimmer behandelten, als dcr Abg v. Stumm und das, glaube ich, in die höchste Climax ter Entrüstung, die dcr Abg. Bebel einem Arbcitg<ber, überhaupt einem Menschen angedrihen lassen kann. (Heiterkeit ) Ich habe bereits cm 12. Febiuar 1822 mir erlaubt, auszusührcn. daß ich die sozialdcmokrat schc Partei nicht sür eine politische anerkennen kann. Ich habe sie damals gekennzeichnet, indem ich sic als cl e Partei be zeichnete, die nach jeder Richtung hin b-kämpft werden müsse — ich meine, nur mit gesetzlichen Mitteln — und die, da sic keinen anderen Zweck habe, als die staatlichen Einrichtungen von Grund ous zu zerstören, dasjenige, was wir Sittlichkeit und Religion nennen, zu untergraben, kein Recht hat, sich als eine politische Partei aufzuspielen. Ich habe die Genuzthuung, daß eine Menge Leute, die den Anschauungen des Abg. Bebel nicht so diiekt entgegenstanden, wie ich durch meine damaligen Ausführungen, w-scntlich zu ciner anderen Aussossung gelangten. Hr. Bebel sagt, es sei nicht scstzustellen, ob ein Arbeiter Sozial demokrat sei. Ich habe damals schon ausgesührt, daß d-ese innerliche Überzeugung eines Menschen absolut niemanden etwas angeht; sobald aber der Arbeiter sich akiiv — nicht bwß als Agiiator — an soiiaIdemosratiIchcn Btstrrbun. cn beteiligt, dann ist LicS Kriterium leicht sestzuslellen, das hab:n alle Erfahrnn- gen bewiesen Hr. Bebel weist auf die 130 oro Arbeiter hin, die man damit treffen wüide Die 130 000 stimmen Linsen Sie sich zwar nicht zrncchnen (Sehr richiig!). Es sind darunter viele Leute, denen der Zettcl in die Hand gedrückt ist, oder die sich vor dem 2 oykoitierrn oder Ihrem Veriufssystem fürchten. Und wenn Sie behaupten, die Stimmabgabe der Arbeiter werde von den Arbkitgeb.rn kontrolliert, was in einzelnen Fällen vor- gekommcn sein mag — bei nnr entschieden nicht -, so stelle ich die Behauptung aus, baß bei Ihnen die Einwirkung aus die Stimmabgabe die Regel bildet Der Boykott wird nicht etwa bloß gegen Wittfchastcn geübt, sondern vor allem gegen nicht- streikcndc Arbeiter. Überall, wohin Sie gehen, wird die Fniheit der Minderheit von dcrMehrheit mitFüßen getreten. Richt immer ist es die Mehrheit, sondern diejenigen, w.lche die Gewalt haben. Diese von Ihnen geübte Unterdrückung mit den Maßregeln der Arbeitgeber zu vergleichen, die sie in Ausübung ihres guten gesetzlichen Rechtes triffen, das geht nicht an. Ich meine über haupt, daß wir uns mit so kleinen Mitteln nicht mehr de- kämpfeu sollen, und der Einwand, meine Vorschläge scftn nicht durchzusühirn, mußte doch Len notorischen 2 hatjachen gegenüber einmal schweigen. Wr sollten nur kämpfen mit den großen Waffen, d-e unsere Gegensätze uns naturgmäß in die Hand drücken. Wir stehen »eide aus dem Standpunkte: Lotsruin osnsso, nur, daß Hr. Bebcl sagt: rvmpublicnm esse ciolsoänw, und ich: die Sozialdemokratie esse äotonckam Ich komme auf den Abgeordneten Stöcker Er hat erklärt, daß er zwar billige, wenn die sozialdemokratischen Agitatoren van den staatlichen Betrieben sera gehalten würden, daß aber andere Sozialdemo kraten seiner Ansicht nach von dieser Maßregel nicht getroffen werden sollten. Er wies darauf hin, daß dir Sozialdemokratie jede Auiorität im Himmel und auf Eiden leugne. Thun das eiwa nur die Agitatoren, und nicht auch die übrigen? Wenn also Hr Stöcker logisch jein will, dann muß er sich aus den Slardpunkt stellen, daß die gliche Maßregel für alle Sozial demokraten gelten muß Ich bin überzeugt, daß die große Mehrheit d.r Herren mit mir der preußischen Eisenbahn- Verwaltung dank«, daß sie die Energie gesunden hat, mit wirk sameren Waffen kem Umsichgreifen dcr Sozial emolrane ent- gegcnzutreten und mit mir der Hoffnung lebt, daß endlich auch die anderen Staatsverwaltungen diesem Vorgehen folgen weiden. (Bravo! recht-) Abg v. Vollmar (Soz-Dem): Die Behandlung, welche da- Gesetz über die Einführung der Sonntagsruhe selten- der herrschenden Parteien erfährt, beweist am deutlichsten d>e Ber- kehctheit und innere U Wahrheit der heutigen Gesellschaft In Ihrem angeblich christlich-» Staate wird gegen da- Gesetz über die Einführung der Sonntag-ruhe mit der größten Rücksichts losigkeit vorgegangen und gerade diejenigen Leute, welche Sie als Feinde de- Christentum- bekämpfen, fordern die Durch führung dcS Gesetzes Bei der Beratung drcsclben ist schon beschlossen worden, daß an Sonntagen die Geschärte b Stunden offen bleiben dürften. ES ist ein Kompromiß zwischen Religion und Geschäft geschlossen worden Während sonst gegenüber den wichtigsten freiheitlichen Fragen die jegenannteu staatsei hottende» Patteien die schlimmsten Dinge mit Gleichgiltigkeit geschehen lassen, macht sich bei diesem Gesetz über die Sonntag-ruhe bis zum letzten Krämer herab eine große Erregung, ein Feilschen und Markten über die Durchbrechung der Sonntagsruhe nicht nur bci den Interessenten, sondern auch in amtlichen Kreisen geltend. In Bayern sind es merkwürdigerweise gerade die ultramontanen Kreise, welche den lebhasiesttn Widerspruch gegen die SorntagSruhe erheben und dabei beteiligen sich aus den amtl chen Kreisen die Führer Ich kann dem Zentrum drn Vorwurf dcr Doppelzüngigkeit nicht ersparen. DaS Schlimmste in dieser Entwickelung ist aber die außerordentliche Nachgiebig keit, welche die Regierungen gegenüber solchen Bestrebungen an den Tag lcgen, insbesondere di» bayeriiche Regierung, welche, wenn es in ihrem Interesse liegt, fast jeden Wider spruch gegen Lie Durcksührung eine» Gesetzes mit aller Härte unterdrückt, Liese Bevorzugung ds Eigennutzes aber begünstigt Sie kapituliert vor dem Eigennutz Ich bin durchaus kein Anhä ger einer einseitigen Minorität; aber be stimmte Grenzen müssen durch den Wortlaut und den Sinn deS Gesetzes doch gezogen sein. In Bayern sind aber die Regier ungen wett darüber hinausgegangen. Eine Verordnung dcr Nwdrrsränklichen Regierung gestattet in Nürnberg sür »aS Feil bieten von Genußmitieln die Stunden von b bis 7 Uhr früh und von 11 Uhr vormittags bis 7 Uhr abends, allen übrigen »eschästcn aber Lie Unterbrechung der SonntagSilihe von 7 bis 9 Uhr früh und von ^11 bi» 7 Uhr abends. Noch weiier ist Lie oberbayerische Regierung gegangen, welche den Berkaus von Genusimilteln m t Aufnahme der Kirchenstunden de« ganzen Tag gestattet. Es existiert da also gar keine Sonntagsruhe. Durch die Arbeitsordnungen in den Staatsbetriebe« werdcn die Sozialdcmokraten gewissermaßen außerhalb des Gesetzes gestellt. Wenn der Hr. Minister sagt, das geht uns hier i»> Reich nichts an das sei Sache Preußens, s» ist das doch nur ein Bersteckenspielen zwischen Reich und Ernzelftaaten; dann stylt schließlich jede Veroaiwortlichkeit. Wenn man die Sozial demokraten ausschließt, kann man auch allc Personen von Be- amienstcllen ausschließen, die nicht Konseroative sind, die eine liberale Zeitung lesen u. s. w. Es hat mich gewundert, daß Hr. Wöllmcr gestern ein solche- Verjähren gebilligt Kat; er hat gemeint, die Arbeiter hätten ja das gleiche Recht. Tas gleiche Recht der Arb iter ist eine Fiktion; denn die Arbeiter sind aus die Gnade der Arbeiigeber angewiesen. Höchstens in der Zeit des mangelnden Angebot« von Arbeitskräften können die Arbeiter ihre Bedingungen durchsetzen WaS würde man sagen, wenn die Arbeiter z. B. eines ZentrumSabgeordneten von ihrem Arbeitgeber verlangen wollte», er solle sein Mandat nicderlegen und kein Wort mehr im Sinne der Zentrumspartei sprechen ? Allgemein würde das gemißbilligt werden und Hr. v. Stumm würde ceterum ceuseo da u geben: Es muß mit dem Knüppel drein gefahren werde«. Ei« Boykott wird von uns niemals mif braucht. Ein Saal wird von i ns nicht boykottiert, weil darin Konservative od r Naiionalliberale gtsxiochen haben, son- den weil man uns den Saal nicht gegeben tat, denn wir hoben doch dasselbe Recht der Koalition wie alle anderen. In onteren Fällen wird man einen Boykott niemals von allen Seilen der Partei g, billigt haben. Wenn man da- Vertrags' recht als allein maßgebend betrachtet, dann müßte eS auch ge stattet sein, den Arbeitern alle ihre staatsbürg-rttcheu Rechte zu nehme«; das wäre ebenso berechtigt, wie die Untersagung des Besuches bestimmter Versammlungen oder LeS Lesens einer b.- pimmtkn Zeitung Man könnte ous di.jcm Wege ja die voll kommene Sklaveici wieder einführen! Wenn man diesen Stand- vunlt nicht vcrtrit. dann bleibt nur übrig, daß allgemeine ge setzliche Rech'e der Arbeiicr durch die Arbeitgeber nicht beern trächtig! werden dürft». In Fiankreich sitzen in Len Brbeitcr- börjen neben Len freien Arbeiiern auch tie Arbeiter der jran^ö- fchen staatlichen Tabalsregie, chue daß Frankreichs Bestand da durch gefährdet worden ist. Im eigenen Jntciesse sollten die herrschenden Pattcien dir Gleichberechtigung »cr Arbeiter achten, denn solche Maßregelungen müssen die Acbeiter erbittern. Wenn Sie darin keine Änderung cintreten lassen wollen, wir können es ertragen, aber Sie dürfen sich über die Wirkung nicht wundern. Bayerischer Bundrsralsbevollmächtigtcr Obcrregierungsrat Or. Landmann: Ter Abg. v. Vollmar hat heute durch feine Darlegungen bewiesen, Laß das, was der Abg. Bebcl gestern übcr Nürnberg gesagt hat, zu einem erheblichen Teile nicht richtig war. Dieser hat gesagt, daß die Beschäftigung bis 9 Uhr abinds zulässig sei, während sich herauSstellt, daß sie bis 7 Uhr gestattet ist. Der Slandpunkt dcr bayerischen Regierung ist vorläufig ein reservierter. Nach 8 lOSo soll Lie Beschaj- tigungszeit mit Rücksicht aus die örtlichen Verhältnisse festgesetzt weidcn, und der Minister des Innern wancl daher die Anord nungen der Verwalluugcbehördcn ab. Er wiid von Aussichts wegen nicht cinschreiten, so lange es Lie Verhältnisse nicht dringend erfordern; er wird nur einfchretten, wenn eine Gesetzes- Verletzung oder eii e Beschwerde von Interessenten vorliegt. Ich will nicht sagen, tast die Regierung gar nichts thut, aber im allgemeinen veihält sie sich abwattend. Was den E-laß be trifft, so will ich, ohne mich mit dem Erlaß zu iderttfifieren, nur Larlegen, was sich nach meiner Kenntnis der Verhältnisse zu seiner Rechtfertigung sagcn läßt. Für Schwaben handelt es sich um Ausnahmen sür die Genußmittelbranchc, und daß gerade sür diese Gew rbc Ausnahmen gerechts-rtigt j nd, darüber kann nicht dec geringste Zweifel bestehen. Es wird gejagt, man könne in fünf Stunden genug eivkausen. Das ist aber die Frage, ob fünf Siunden genügen, und man kann im cinzelnen Falle dalübcr streiten. Dort ist man bis jetzt davon aus- gcgangen, daß sie nicht genügen, sonst wären die Ausnahmen nicht gestattet worden. Die Bestimmungen sür Oberbayern charakterisieren sich als Ausnahmebestimmungen zu Gunsten cs platten Landes. Es ist bestimmt, daß die Gewcrbetreib ndcn nicht berechtigt sind, den Angestellten länger als süns Siunden an jedem Sonntage zu beschäfligen, oter, wenn sie ihn länger be- schästigen, so muß ihm an jedem dritten Soni.tage 36 Stunden, oder an jedem zweiten Sonntag- von morgens bis abends Ruhe gewährt werden Es handelt sich um eine verhältnikmüß'g kleine Zahl von Städten und um eine sehr g-vße Zahl von ländlichen Ortschaften; die meisten Leute find erst am Sonntage in dcr Lage, ihre Einkäufe zu machen, und lie sind sehr weit von der Stadt oder dem Marktflecken ent fernt, während sie an ih»em Wohnorte keine oder nur ganz unbedeutende Ka flädrn finden. Es ist also keine üble An gewohnheit der Leu'e, in die Stadt zu gehen, sondern die Ver hältnisse zwingen sie dazu. Sie sind aber auch in Bezug aus die Wahl dcr Siunden nicht frei und können häufig erst um die Mittagszeit in die Stadt gehen, sodaß die Geschäfte nicht bis um 2 Uhr abgewickelt sein können. Die ländliche Bevölker ung ist acch nich' so fix, wie die Leute in Berlin; sie gehen ein-, zwei-, dreimal in ein Geschäft, überlegen sich dann noch und besprechen sich mit ihren Vettern und Basen, ehe sie etwas kaufen. Tie Verfügungen der oberbay rischen Regierung sind also nach unserer Meinung nützlich. In einer oder zwei Stunden lönnen Einkäufe nicht besorgt werden. DaS Interesse der Konsumenten ist es, welches cine ausnahmsweise Behand lung der betreffenden Vorschriften für kleine Städte geboten erscheinen läßt. DaS Jutereffe der Gewerbetreibenden steht diesen Verfügungen nicht entgegen. Bei unS in Oberbayern pflegt der Kaufman» zu sagen er habe zwei Geschäftslage; der eine sei der Sonntag und dcr andere der Sech-Wochentag. Mit anderen Worten heißt da-, brr Sonntag verschafft ihm eine eben so große Einnahme, al- di: ganze übrige Woche Bei strenger Durchsührung dec Sonntagsruhe, wie sie in den grö Heren Städten vielleicht ang-bracht ist, wird bei uns in den kleinen Städten LaS Geschäft in die Hände der Hausierer ge- drängt, und was das zu bedeuten hat, zeigt allein schon die Lhatsache, »aß es jetzt in Bayern schon eben so viele Hausierer giebt, wie seßhafte Leu e. Trotzdem wurden in Obertayern verschiedene Bettuche gemacht mögt chst der norddeutschen Aus legung entsvrechend zu verfahrcn. ES wuiden sür einzelne Gewerbe und auch für einzelne Orte on» lalurisch verschiedene Gejchäsi-stundrn am Sonntag festgesitzt Das Ergebnis aber war eine außerordentliche Mißstimmung über das bunte EhaoS, da» au- einer solchen Regelung herau.kam — Fragt man nun, ist der gegenwärtige Erlaß d.r ob.rbayrischen Regierung ge rechtfertigt oder nicht, so kann man allerdings darüber ver schiedener Meinung sein Es handelt sich aber nur darum, ob von aussichlSwegen gegen diesen Erlaß eingeschritten werden muß. Diese Frage glaubt unsere Regierung nicht bejahen zu müssen. Weder der Wortlaut des Gesetzes noch seine Motive stehen diesem Erlöste entgegen Uber die in Schwaben zu- gelassene Ausdehnung der sonntäglichen Geschäftszeit bis 4 Uhr nachmittags und auf sicbea Stunden insgesamt ist hier auch sehr abfällig geurteilt worden. Die Frage war aber die, was ist für die bcireffenLen Handlungsgehilfen vorteilhafter, alle Sonn tage fünf Stunden zu arbeiten oder aber an dem einen u d anderen Sonntage zwar sieben Stunden beschäftigt, dafür aber jrden zweiten cder dritten Sonntag von jeder Arbeit gänzlich befreit zu sein. Die Regierung von Oberbayern hiett Las letz tere sür vviteilhas'er. Man hätte die Verteilung der Geschästs- slunden am Sonntag auch anders regeln können Man könnte die Geschäftszeit zersplittern aus die Stunden von 7 8, von 10—12 und von 2 4 Dann kämen auch nur 6 Stunden heraus. Auf diese Weise würde e- ermöglicht sein, auch bi» 4 Uhr nachmittags den Leuten Gelegenheit zum Einkauf zu geben. Für die Angestellten aber, die gerade einer Erleichter ung teilhastig werden sollten, würde damit nichts gewonnen sein, während sie jetzt das Recht haben, jeden zweiten oder diiticn Sonntag aanz tesr-it zu sein Ich bitte Sie demnach, genieren Sie d e Behörden in den vcreglcn Versüßungen nicht, sonst könnte leicht Goethes Wo t a diesem Gesetz zur Wahr heit werden daß Vernunft Unsiun, Wohlihat Plage werde. Abg Frhr v. Pfetten (Zentr): Auch ich meine, daß die AuSsührungSbestimmungen der Einzelstaa'en richt vor »aS Forum der Reichstags gehören und ergreif: nur das Wart, um den Meinungen cntgegenzutreten, die durch die Ausführungen der Sozialdemokraten -nlstanden sind. Die Kleinhändler in den bayerischen Städten haben eigentlich mir zwei Geschäftslage: den Markttag und den Sonntag Ich möchte aber doch daraus aufmerksam machen, daß in Landstädten d:e Kunden der Kauf leute an Sonntagen ganz «ndcre als die an Wochentagen sind, es sind die ländlichen Dienstboten, die nur an Sonntagen Zeit zu Einkäufen haben. Ich habe die Überzeugung, Laß die Be- jorgniste dcr Bevölkerung zu weit gegangen sind un» in den gesetzlichen Giünden keine Begründung finden. Tie Bevölkerung konnte sich anfä,-glich aber nicht in die Beschränkung finden, die ihr in der Befriedigung ihrer Bedürfnisse auferlegt wurde. Die Regierungen haben durch ihre Beiordnungen gejucht, inner halb Ler Schranken des Gesetzes berechtigten Wünschen gerecht zu werden. Die Übereinstimmung der einzelnen Verordnungen in Bayern mit dem Reichsgesetze zu prüfen, ist nicht Sache LeS Reichstags, sondern zunächst der LanbeSrcgierungen, welche eventuell cine Remedur eintrcten lassen werden. Den Vorwurf der Doppelzüngigkeit, den Hr. v. Vollmar unseren Anhängern ir.r Lande gemacht hat, weise ich entschieden zurück; wir sind stet» h er und außerhalb dieses Haufes für die Aufrechterhaltung der Sonntacsruhe eingetret-n. Auch ist es nicht richiig, d«ß die bayerische Regierung vor dem Mittelstände kapituliert hat, sie hat aber die bestehenden örtlichen und gewerblichen Bedürf nisse des Kleinbürgcrtums berücksichtigt. Wir werden nach wie vor bestrebi sein, dem deutschen Volke die Heiligung de» Sonn tags zu erhalten. Abg Wöllmcr (dcutschsreis.): Ich machte gestern 'n meinen Ausführungen über die Arbeitsordnung ganz beiläufig die Bemerkung, die Sozialdemokraten möchten dem Arbeitgeber doch auch Las Recht der Auswahl ihrer Arbeiter lassen. Von ei»em rein manchesterlichen Standpunkte in Bezug auf die Auffassung des ArbeitSrechles kann bei mir nicht die Re»e jein; das sollte auch Hr. v. Vollmar aus meinem Verhalten bei Ler Beratung des Arbeiterschutzgesetzes wissen. Ich habe immer auf dem Standpunkte gestanden, daß Lie Einmischung des Staate» in »as ArbeitsverhältniS nur die Ausnahme sein soll. Ich bin weit entfernt, jene Verfügungen der Eisenbahn- und Militär verwaltung in Bezug auf die Arbeitsordnungen zu billigen. Ich finde es nicht sehr schön und geschmackvoll, wenn cin Fabrikbesitzer »ach dem politischen Glaubensbekenntnis seiner Arbeiter sr«gt; aber cs verstößt nicht gegen das Gesetz. Ganz anders aber ist die Sache, wcnn eS sich um die Annahme von Arbeitern in Staatsbetrieben handelt; was bei Privatunter nehmern nicht geschmackvoll un» tadelnswert ist, ist beim Staat gesetzwidrig, denn er -st nicht nur Arbeitgeber, sondern auch «ussichlsbeamter. In Bezug aus Len Boykott gehe ich noch weiter als Hr. v Vollmar, ich will Len Boykott überhaupt nicht. Ich bin aber schon sehr ecsreut, daß Hr. v. Vollmar jetzt erklärt hat, er billige Len Boykott nur, wcnn e- gilt, sich erst gleiches Recht zu erkämpfen; ich werte mir LaS merken. Was die Sonntagsruhe angeht, so muß ich wiederholen, daß das Ses-tz nur dann segensreich wirken kann, wenn eS ous der einen Seite energisch a.er auf der anderen Seite auch kordial und nicht formalistisch durchgesührt wird. Abg. Buhl (nat.-lib.): Wenn wir heute über einen uner freulichen Kriegszustand zu klagen haben, so ist daran allein die sozialdemokratiscke Partei Schuld. (Lebhafter Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Ich bin selber Arbeitgeber und kann konstatieren, daß ich mich seither nicht sür berechtigt ce- halten habe di« politische Meinung meiner Arbeiter »ach irgend einer Richtung zu kw trollieren. Wenn sich aber sozialistische Elemente bei meinen Arbeitern zeigen würdcn, so würde ich es nicht nur sür cin Rccht dcr Sclbsterhaltung anschen, derartige Elemeittc aus meiner Arbeiterschaft zu entferne -, — ich sage der Sclbsterhaltung, weil von diesen sozialistische'.. Elementen ja gepredigt wird, daß der schlimmste Feind der Arbeiter ihr Arbeiigeber ist —, sondern ich würde mich auch im Interesse meiner Arbeiter verpflichtet halten, eine solche Maßregel zu er greifen. Dec Abg. v. Vollmar hat gemeint, daß solche Ab geordnete, die hier im Reichstage für die Gesetze gestimmt haben, draußen rm Lande die Sozialdemokraten sür die Gesetze verant wortlich gemacht haben. Dies muß ich für meine Person wenigstens zurückweisen Es sind ja Übertreibungen bci den Beschwerden vorgekommen, das gebe ich zu; daß aber die wirt schaftliche Lage dieser kleinen Leute in einer weitgehenden Weise herabgesetzt worden ist, oder herabgesetzt werd-n konnte, dem kann nicht widersprochen »erden. Hr. v Bötticher hat bereits bemerkt, Laß, wenn dcr in der Woche beschäftigte Arbeiter Sonntags seine Bedürfnisse nicht in dcr Stadt oder leim seßhaften Gewerbe befriedigen kann, er sich an Len Hausierer wendet. Ter Hausierer kommt in Ler Woche zum Arbeiter oder Kleinbauer, zum Kaufmann aber müßen sie hingeben. Ich wollte bet Erlaß dcs Gesetzes, daß den berech igten Jnteresscn Ler in Betracht kommenden K-eije Rechnung getragen werde, und ich muß unserer pfälzischen Kreicregicrung das besondere Anerkenntnis aussprechen, Laß sie be müht war, unter sorgsäliiger Wahrung dcs Gesitzcs den berechtigten Wünschen möglichst Rechnung zu tragen. Durch unser Vor gehen ijl d'r Widerspruch gegen das Gesetz, der wesentlich bei kleinen und mittleren Gewerbetreibenden anfangs allgemein verbreitet war, gemildert worden, und ich hoffe, daß man sich mit der Zeit weiter mit d m Gesetz befreunden wird, daß cS vielleicht auch mit der Zeit möglich sein wird, wcitergehcnde Bestimmungen zur Einführung zu bringen. Aber das Volk muß sich an solche Gesetze gewöhnen, und cs ist ein Fehler, wenn man überstürzt, da man dadurch eine t esgehcnde Ver stimmung provoziert. Es wird gesagt, die Käufer beschwerten sich nicht gegen das Gcsctz Nun, bei uns war zuerst vor gfichrieben, daß Sonntags Brot nicht vor 7 U;r mo.genS ab gegeben werden türfe. Unsere Landleute stehe» aber sehr srüh auf, es war ihnen sehr unerwünscht, wenn sie beim BuSgehen lein frisches Weißbrot kaufen konnten, und die Beschwerden waren fthr lebhaft. Man Hai diesen Wünschen dann auch Rechnung getragen Das ist ein Beispiel dasür, daß auch die Konsumenten mit einer schroffen Handhabung de- Gesetzes nicht einverstanden sind Nun möchte ich noch da- Vcrsahren in Oberbayern, das von Hrn. v Vollmar am meisten angegriffen ist, rechlfertigen. Nach dem Wortlaut deS § lObo lönnen die Vorschriften LeS RegieiungSp äsiLenten von Oberbayern wohl nicht al; ungesetzliche gekennzeichnet werden Auch ist nun von dem Neg'erungSkommissar von Bayern vorhin dargelegt worden, daß die besonderen Verhältnisse von Oberbayern, abgesehen von München, derartige sind, daß sich die ÜSuser vollständig unier die Bestimmu. gen de» 8 lOLe eirrangteren lassen, weil ihre v dürsniffe besonder» am Sonntage hcrv 'treten Wenn ein Aibeiterschutzgejetz ge geben wi>d, so kann ich tun Herren Sozial».mokra'en nur versichern, daß ch e» recht scharf damit nehme. Nach dcn In tentionen des Reichstags warcn di: Arbtiterschutzbestimmungcn, dir sich im 8 wsb »nd im 8 ivLo Absatz 3 finden, gleich-
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