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^36. Montag, den 13. Februar, abends. 1893. l)r«»a»i> viertal^Ldrlicd 2 SO ?r, ko,t»r>,t»lt«a viertsl- 8 »u«»t>rd»IU 6e» ä«-ut»ct>ea tritt kort- uoä 8t«mpeiru»cUI»^ Nio,». Liorvlos KuwmerQ: 10 kk. ^aküQ<lixui»x»xvdül>rear Itttr 4eo kaum einer ^«»pslteneo 2vils kleiner kvtrrikt 20 ks. bloter „kin^se^ncit" cli« 2sil« b(j kk. ö«i ^»UaUeo- uoä ^iffern»ati eotspr. XufsoNI»^. Lrsobeineor mit Xuinedin« 6er 8oon- u. k'viertle »deoil». k«ro»pr«cN-Xn»cNiu»»: tlr. 128L. DreMerMumül. Für die Ge;amttettung verantwortlich: ^ofrat Gtto Banck, Professor der titteratur- und Kunstgeschichte. LiroaNmo ,»n Xnkünülsnn^en ini^Lrt», l.»ip»>x: /->. /ironci»t« tter, 8omloi,«iooLr 6e« Oresüner 6ourn»I«; S»wd«rx Serlm V>,o L»,»l Lr««I», rr»v1k,r» ». N.: //aarenrkei»! <t t^OAter, Lerlin-V>«n-N.mkurx ?r»8 l.«>p»>ss -rr»llkknrt ». H. Nüneden: - k»ri» 8«rl>n rr»akkurt ». H.-»lottert: rt (,-g., LerIm: /nra/»<ie»t<iun1, >r«,I»u: L'mit /inkatit,' N«L00—r: L?. ü'c/iü«irr,- S»U« ». 8 : Larct ct t>. Uer»u«xel»err LSoixl. LrpeUitioa äe» ttresäver 6ourn»t,. Orsräeo, X^in^orrtr. 20. ksrniprscN-^oicklu»»: l^r. 12SL» Ämtlicher Teil. Dresden, 13. Februar. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, nachstehende Personal- Veränderungen in der Armee zu genehmigen: GWere, Portepeefähnriche u. s. w. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Den 1V. Februar 1893. Frhr. v. Hodenberg, Gen.-Ltnt. und General Adju tant Sr. Majestät deS Königs, zum Kommandeur der 2. Div. Nr. 24 ernannt. 8. Abschiedöbewilligungen. Im aktiven Heere. Den 10. Februar 1893. v. Tschirschnitz, Gen.-Ltnt. und Kommandeur der 2. Div. Nr. 24, mit Pension der Abschied bewilligt. Im Beurlaubtenstande. Den 28. Januar l893. Leavitt, Sek.-Ltnt. von der Res. des 2. Königin Hus.-Regts. Nr. 19, der Abschied bewilligt. 0. Im SanitätS-KorpS. Den 8. Februar 1893. Or. Wagner, Assist. Arzt 1. Kl. vom Fuß-Art.-Regt. Nr. 12, zu den Sanitäts-Osfizieren der Reserve, vr. Damm, Assist.-Arzt 2. Kl. vom 4. Jnf.-Regt. Nr. 103, in das Fuß-Art.-Regt. Nr. 12, — ver setzt. Ordens-Verleihungen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den nachbenannten Ofsizieren die Erlaubniß zur An legung der ihnen verliehenen nichtsächsischen In signien zu ertheilen, und zwar: des Königlich Preußischen Rothen Adler-Ordens 4. Klasse: dem Hauptmann und persönlichen Adjutanten Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Johann Georg, Herzogs zu Sachsen, v Haugk; des Königlich Preußischen Kronen-Ordens 1. Klasse.- Allerhöchst Ihrem bisherigen General-Adjutanten, jetzigen Kommandeur der 2. Division. Nr. 24, Generallieutenant Frhr. v. Hodenberg; desselben Ordens 3. Klasse: Allerhöchst Ihrem Flügel-Adjutanten, Oberstlieutenant Wilsdorf; des Ehrenkreuzes des Königlich Württembergischen Ordens der Krone: Allerhöchst Ihrem Flügel-Adjutanten, Major v. Haugk. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische und telephonische Wachrichten. Prag, 13. Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Rach dem Leichenbegängnis des Abg. Trojan fanden gestern größere Menschenansammlungen vor der Wohnung deS Abg. Herold statt, dem man Bei fallskundgebungen darbrachte. Tie Menge zog auch zu den Nationaldenkmälern und versuchte Kundgebungen vor dem deutschen Kasino zu ver- anftalten. Die Polizei verhinderte weitere Aus schreitungen. London, 13. Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Nach einer Meldung der „Times" aus Philadel- phia, bestimmte Cleveland Walter GreSham für den Posten deS Staatssekretärs, John Carlisle Lnnst und Wissenschaft. SubskriptionSball im König!. Hoftheater der Neustadt. In den Räumen des Neustädter Hoftheaters ent wickelte sich am vorigen Sonnabend abend ein bunt bewegtes festliches Treiben. Der diesjährige Sub- skriptionSball hatte wohl über 1000 Personen aus den Kreisen der Hofgesellschaft, der Offiziers-, Beamten-, Gelehrten- und Künstlerwclt und des Kausmannsstandes zusammengerufen, welche den Abend hier in gehobenster Stimmung verbrachten. Es war ein anmutendes, farbenprächtiges Bild, welches sich vor den Augen der Beschauer entrollte und das namentlich durch den Glan; der Uniformen der Offiziere und die herrlichen, edelsteingeschmückten Toiletten der vielen erschienenen Damen von lieblicher Mädchenjugend und reifer Frauen - schönheit gebildet wurde Wie in den Vorjahren, so war auch diesmal die Bühne mit dem Parkett zu einer großen Fläche ver einigt worden, auf der sich zunächst die Gesellschaft vereinigte. Eine große Freitreppe führte von diesem Raum zum ersten Rang hinauf die ebenso wie die Seiten der Bühne und des Parketts, mit herrlichen Pflanzen- gruppen ausgeschmückt war, aus denen heraus elektrische Glühlichter ihr verschiedenfarbiges Licht warfen Im Hintergründe der Bühne war ein Konditoreibuffet er richtet, über dem auf einem errichteten Balkon die Kapelle des 2. Grenadierregiments Nr. 101 ihre Weisen ertönen ließ, während die mit dieser ab- für den deS SchatzsekretärS und Daniel Lamont für -en deS KriegSsekretärS. London, 13. Februar. (Tel. d. DreSdn. Journ) Nach einer Meldung deS Reuterschen BureauS auS Alexandria ist da- zweite Bataillon deS South Lancashire Regiments gestern dort ein- getroffen und begab sich heute nach Kairo. Das KarnevalSfest verläuft hier ohne Ruhe störungen. Dresden, 13. Februar. Zeitbetrachtungen eines Unbefangenen. I. Die Nebenregierung und der Staat im Staate. Vorwort der Schriftleitung. Die nachfolgenden Betrachtungen sind uns von einem treuen Freunde unserer Zeitung zur Verfügung gestellt worden. Eingedenk der be» sonderen Stellung unseres Blattes können wir nicht alle Aussprüche des Verfassers zu den unserigen machen und lehnen im voraus die Annahme ab, als seien in diesen Betrachtungen die Ansichten der Staatsregierung nieder gelegt. Trotzdem glauben wir die Aufsätze unseren Lesern darbieten zu sollen; denn sie entfalten manche beachtens werte Wahrheit und werfen Fragen auf, die es wohl ver dienen, daß die Besten unserer Zeit sich mit ihrer Lösung beschäftigen. Noch ehe Paris den Schrecken überwunden hatte über die von ruchloser Hand geworfenen Sprenggeschosse, tagte in Berlin vom 15. bis 21. November v. I. die sozialdemokratische Partei Deutschlands. Es ist die selbe Partei, deren Führer vor wenig Jahren der Mörderbande in Chicago zugestimmt, für Begnadigung der Mörder sich verwendet hatten. Dieselbe Partei, deren Führer den Glauben an Gott, an ein Leben nach dem Tode, an eine Verantwortung vor dem jüngsten Gericht von sich geworfen, deren Blätter die Lüge und den Meineid als ein erlaubtes Mittel für Parteizwecke erklärt haben. Dieselbe Partei, die den Umsturz der heutigen Gesellschafts- und Staatsordnung als ihr Ziel verkündigt. Dieselbe Partei, die unsere Jugend vergiftet, indem sie ihr den Glauben nimmt, ihr viel Genuß und wenig Arbeit verspricht, Freiheit von jedem Bande der Zucht und Ordnung als locken des Trugbild vormalt und sie mit unermüdeter Ver kündigung des nahen, unausbleiblichen Sieges der sogenannten Volkssache berauscht. Dieselbe Partei, die keine Versammlung schließt ohne das abgedroschene „Hoch auf die internationale, die völkerbefreiende Sozialdemokratie." Im Reichstage ist zwar zu Anfang dieses Monats den Sozialdemokraten von Rednern aller Parteien arg zugesetzt, der Berliner Parteitag aber nur flüchtig berührt worden. Gerade dieser war jedoch in vieler Hinsicht lehrreich. Seit der Aufhebung des Sozialisten gesetzes braucht ja die Partei ihre Ziele und die Mittel zu deren Erreichung nicht niehr zu verheim lichen. Alles wird freilich noch nicht verraten. Das Strafgesetzbuch enthält noch manche recht unbequeme Sätze; die Vorsicht gebietet, ihnen behutsam aus dem Wege zu gehen. Die Partei soll zwar, wie Lieb knecht eist neuerdings wieder im Reichstage erklärt hat, eine grundsätzlich revolutionäre sein; die kapita listische Gesellschaft soll gestürzt, der heutige bürger liche Staat zerstört werden. Aber es wäre doch eine gewagte Sache, mit nackten Worten zum Umsturz auf zufordern. Der Staatsanwalt versteht in solchen Dingen keinen Spaß. Auch die große Menge des Volkes, das man für die sozialistische Lehre gewinnen will, steckt noch zu tief in den Anschauungen der „kapitalistischen Gesellschaft". Sie hat noch ihre eigenen Gedanken von Familie, Eigentum und Re- wechselnd spielende Kapelle des Schützen-(Füsilier-) Regiments Nr. 108 im dritten Rang aufgestellt war. Gegen 9 Uhr hatte sich die Gesellschaft in der Hauptsache zusammengefunden. Wir bemerkten unter den Anwesenden: vom diplomatischen Corps Se. Ex- cellenz den Kaiser!, und König!. Oesterreichisch-Ungari schen Gesandten Grafen v Chotek, und den russischen Ministerresidenten Baron v. Mengden, den Kömgl. Preußischen LegalionSsekretär, Prinzen v. Hohen« lohe-Oehringen, den Legationssekretär Graf Szecsen, den Gesandtschaftsnttachö Ritter v. Niedel-Riedenau und den LegalionSsekretär Hofrat v. Baumgarten; ferner Ihre Excellenzea die Herren Staatsminister vr. Schurig und Edler v. d. Planitz, Se. Excellenz der Wirkl. Geh. Nat Bär, der die Repräsentation deS Hauses übernommen hatte, Stadtkommandant General major v Zeschau, Polizeipräsident Schwauß, viele Offiziere, Vertreter der Beamten-, Gelehrten- und Künstlerwelt sowie des Kaufmannsstandes. AlLbal^ begann die Reihe der 30 Tänze, welche die Tanzkarte aufwies und bei denen Premierlieulenant Frhr. v. Rochow vom Gardereiterregiment als Vor- tänzer thätig war. Kurz nach Beginn derselben erschienen Se. Maje stät der König, Ihre Königl. Hoheiten Prinz Georg, Prinz Friedrich August, Prinz Johann Georg und Prinzessin Mathilde, sowie Ihre Hoheit die Herzogin Adelheid von Schleswig-Holstein nebst Prinzessin Tochter Feodore im Hause und nahmen in den beiden Hofloqen links und rechts der Bühne Platz und zwar Se. Majestät der König mit den beiden letztgenannten hohen Frauen in der linken, die prinzlichen Herrschaften in der rechten Loge. Da- ligion. Dem Volke gegenüber darf der Sozialdemo- krat jetzt noch nicht mit seiner wahren Ansicht über diese Dinge herausplatzen. Er würde gerade die, welche er zu Bundesgenossen machen will, vor den Kopf stoßen. Von der Auflösung der Familie, der Ehe, von der „freien Liebe", von der Auf hebung des Eigentums, von der GotteSleugnung, von der selbstgemachten Sittenlehre, von den absonderlichen Ansichten über den Eid und die Religion hat der Parteitag der Sozialisten jetzt lieber noch nicht gesprochen. Die Eroberung deS platten Landes, an der so viel gelegen ist, würde daran schei tern. Man drückte sich vorsichtig aus. „Religion ist Privatsache", das klingt ja harmlos; das erschreckt die Leute nicht so, wie die nackte GotteSleugnung. Un angenehm ist es freilich, wenn einzelne Hitzköpfe aus der Schule schwatzen; wenn einer beantragt, die reli giöse Form des Eides abzuschaffrn; oder wenn ein anderer spricht: „wo es sich um das Wohl der Ge samtheit (?) handelt, da ist es mir ganz gleich, ob ich einen Meineid schwöre oder nicht"; oder wenn ein dritter verlangt, jeder Parteigenosse, der als Vertreter der Sozialdemokratie in ein Parlament gewählt werden soll, hat vorher nachzuweisen, daß er aus der Kirche ausgeschieden ist. So etwas ist zu plump und wird darum vom Parteitage mit Heiterkeit beiseite ge stellt. Aber es beweist doch, welche Früchte die sozia listische Lehre in den Köpfen der Anhänger gezeitigt hat. Tie Parteiführer werfen sich in die Brust und erklären es für eine Bosheit, die Partei für solche Äußerungen einzelner verantwortlich zu machen. Als ob es zu verwundern wäre, wenn solche Ansichten ent stehen bei den Lesern des Parttiblattes, das in jedem Stücke den Glauben, die Religion und die Sittenlehre mit Spott und Hohn übergießt, bei den Zöglingen einer Partei, deren erster Führer öffentlich erklärt: „Wir wissen ganz genau, daß die Religion bei den herrschenden Klassen ein Ausbeutung»- und Unter drückungsmittel ist, indem sie dieselbe zur Verdummung deS Volkes verwenden. Ihre himmlische Dreieinigkeit löst sich auf in die irdische Dreieinigkeit: Thron, Altar, Geldsack!" Ganz so verhält eS sich mit der Lehre vom Eigen tum. „Aufhebung des Eigentums" — das wäre zu grob und zu klar. Das würde die Leute erschrecken. Tas darf also im Parteiprogramm nicht mit dürren Worten gesagt werden. „Besitzergreifung der Arbeits mittel" und „Kampf gegen den Kapitalismus" ist thatsächlich dasselbe. Aber cs klingt nicht so ab schreckend. Der „Kapitalismus" ist ja ohnehin schon hinlänglich geschildert worden als Mittel zur Aus beutung, zur Knechtung des armen Volkes. Auf diesen Popanz kann das Volk gehetzt werden; aus diesen Köder beißen alle an, die sich nicht sogleich darüber klar sind, was dahinter steht. Wenn aber der auf gehetzte Pöbel die täglich gepredigten Lehren in Thaten umsetzt, dann schützt das Augenverdrchen die Führer nicht mehr vor der Verantwortung. Es hilft ihnen nichts, wenn sie in ihrem „Vorwärts' die vor jährigen Berliner Februarkrawalle mißbilligen, wenn sie die Parteigenossen von der Schuld an jenen wüsten Ausbrüchen des Klassenhasses und der zügellosen Roheit freisprechev, und alle Verantwortung den „Lumpenproletariern", dem „Janhagel", den „Ballon mützen" in die Schuhe schieben. Der Parteitag hat uns verraten, daß die Parteigenossen dies übelnehmen; sie mißbilligen die Ausfälle des „Vorwärts" gegen die Teilnehmer des Berliner Straßenunfugs; von Genossen ist versichert worden, „daß unter den Tumultuanten sich viele ehrliche, brave Parteigenossen befunden haben". Gewiß eine nette Aufklärung. Aber es kommt noch besser. Wer Wind säet, muß Sturm ernten. Tas hat selbst Liebknecht erfahren, dem die Berliner Anar chisten „eine Kugel durch den Kopf" in Aussicht stellen, Gefolge Sr. Majestät des Königs und der Höchsten Herrschaften, bestehend aus Ihren Excel- lenzen Oberhosmarschall Graf Vitzthum v. Eckstädt und Generaladjulant v. Minckw.tz, Hofmarschällen v. Carlowitz und Frhr. v. Reitzenstein, Kammerherren v. Finck und Graf Wallwitz, Königl Flügeladjutanten Oberstlieutenant Wilsdorf und Major v. Haugk, per sönlichen Adjutanten Rittmeister Frhr. v. Müller, Ritt meister Frhr. v. Lindeman undj-Hauptmann v. Haugk, sowie Hofdame Freiin v Gärtner nahm in den an die Hoflogen angrenzenden Dienstlogen Platz. Nachdem Se. Majestät der König und die Höchsten Herrschaften eine längere Zeit dem Tanze zugeschaut hatten, wurde der letztere unterbrochen. Se. Majestät der König und die prinzlichen Herrschaften begaben Sich unter Vorantritt Sr. Excellenz des Wirkl. geh. RatS Bär die große Freitreppe hinab in den Ball saal, während Ihre Hoheit die Herzogin von Schles wig Holstein und Ihre Durchlaucht die Prinzessin Feodore in der Loge verblieben. Zahlreichen An wesenden wurde nunmehr die hohe Ehre zu teil, von Sr. Majestät dein Könige oder den Mitgliedern des Königshauses durch längere oder knc zere Ansprachen ausgezeichnet zu werde». Nachdem Se. Majestät der König und die Höchsten Herrschaften eine gute halbe Stunde im Kreise der Ballgäste ge weilt hatten, begaben Allerhöchst- und Höchstdieselben Sich wieder in die Hofloge zurück, um von dort aus noch eine Weile dem fröhlichen Treiben zuzuschauen und alsdann das Theater wieder zu verlassen. Inzwischen war auch die Zeit zum Souper ge kommen, da» nach und nach einen großen Teil der Anwesenden nach den Foyer- lockte, wo man sich an wenn er die Denunciationen und Beschimpfungen der Anarchisten im „Vorwärts" fortsetzt und „ziel- bewußte Arbeiter" Ballonmützen und Lumpen nenne. Sie würden die Redaktion des „Vorwärts" in die Luft sprengen „Eine Bombe genügt". Ja, ja, die sozialistische Jugend ist gelehrig. Selbst dem „Vorwärts" wird es bisweilen un heimlich. Nach einer Bemerkung in Nr. 288 sollen die Todesdrohungen in der Carinaux Carmagnole bloß „Scherze" gewesen sein. Ob die Herren das selber glauben? Tie Auftritte in Carmaux sahen doch nicht wie Scherze auS. Bei dem jüngsten Ausstand der Bergarbeiter im Saar- und Ruhrgebiete wurde der Obrigkeit Widerstand geleistet, Gewalt an Personen und Eigentum verübt; ein Teil der Ausständigen war bereits mit Revolvern bewoffnet, von denen auch Ge brauch gemacht wurde. Am 21. Januar sollte von der Arbeiterbildungsschule zu Berlin die Hinrichtung Ludwigs XVI. durch eine besondere Feier im „Feen palast" verherrlicht werden. Ter „Vorwärts" hat sich bei diesem Anlaß nicht versagen können, den Königs mord in einem besonderen Aufsatze zu preisen, in dem es unter anderem hieß: „Einen König kürzte das Volk um einen Kopf und um Kopfeshöhe ist das Volk ge wachsen." Wie die Alten sungen, so zwitschern dann die Jungen. Wertvolle Belehrung hat ferner der Parteitag ge bracht über die Veranstaltungen, die bereits getroffen sind, den Umsturz ins Werk zu setzen. Es ist nicht- neues dabei. Aber wir sehen einmal das Ganze im Zusammenhänge und dieser zeigt, daß die Sozial demokraten bereits eine Nebenregierung, einen Staat im Staate errichtet haben. An der Spitze steht eine vierlöpfige Regentschaft: Bebel, Liebknechts Auer, Singer. Ihnen zur Seite steht das Parteisekretariat. Diese Häupter halten auf strenge Mannszucht in der Partei. Wer sich ihren Anordnungen nicht fügt, „fliegt hinaus". Auch mit dem Sekretariat ist nicht gut Kirschen essen. Im Parteitage wurden Klagen laut, „es habe Briese im Tone eines preußischen Unteroffiziers geschrieben", wogegen Oberhaupt Bebel versichert, die Briefe seien sachlich und in einem Tone geschrieben, „wie ihn die Genossen von ihren an- gestellten Beamten zu verlangen hätten". Ein Parla ment ist in der Form deS jährlich wiederkehrenden Parteitages auch vorhanden. Ter Parteitag verhandelt über die Grundgesetze der Partei: das Programm; er zieht die Beamten zur Verantwortung wegen ihrer Geschäftsführung, er stellt die Pläne auf für die Parteiagitation, cr beschließt über den Haushalt, setzt die Gehalte der obersten Führer, der übrigen Beamten und deS Kassierers fest: er bestimmt den Aufwand für die amtliche Presse; der „Vor wärts" ist das amtliche Regierungsblatt. Auch ein „Archiv" ist vorhanden, das zur Zeit vom Kas- sierer mit -verwal'et wird. Eine Staatsdruckerei giebt es auch bereits in Hamburg. Sie wurde durch Ankauf zweier neuer Häuser erweitert, mehrfache Um bauten waren nötig, Maschinen und elektrisches Licht wurden neu eingeführt. Dies hat einen Kostenaufwand von mehr als 400000 Mark für dieses eine Unter nehmen verursacht. Die Sache geht also ins Große. Das zeigt auch die Parteipresse: der „Vorwärts" hat einen Überschuß von 39000 Mark erzielt und allein für Ankündigungen 65000 Mark eingenommen. Die Buchhandlung des „Vorwärts" hat einen Umsatz von mehr als 120000 Mark erreicht. Der „Vorwärts" hat fünf Redakleure mit Gehalten von 7200 Mark abwärts bis 2400 Mark jährlich; neben diesen sech- ständige auswärtige Mitarbeiter, die monatlich 25 bis 150 Mark Vergütung erhalten; weiter zwei Korrek toren mit 150 bis 160 Mark monatlich; in der Ex pedition zwei Beamte mit 150 Mark monatlich; die Buchhandlunqsangestellten stehen sich auf 120 bi zahlreichen ausgestellten Tcschen medertteß. Mächtige Busfetts mit auserlesenen kalten Gerichten waren hier errichtet, die jedem das boten, was er nur begehren mochte. Hier spielte sich dann namentlich für diejenigen Herrschaften, welche nicht mehr den Freuden des Tanzes huldigen, oder denen die Temperatur im Ballraume trotz dessen vorzüglicher Ventilation allmählich zu warm wurde, der weitere Verlauf des Ballfestes ab, womit zugleich den Tanzenden eine größere Bewegungsfreiheit ermöglicht wurde. Erst nachts um 2 Uhr erhielt das wohlgelungene Fest mit dem üblichen Großvater feinen Abschluß. K. Hoftheater. — Altstadt. — Am 1l. Februr : „Der betrogene Kadi". Komische Oper in ein.m Aufzuge von Gluck. (Zum ersten Male.) — „Der Bajazzo". Drama in zwei Akten und einem Prolog von Leoncavallo. Die alte Oper des Meisters Gluck hat bei ihrer gestrigen Erstaufführung an unserer Hofbühne Ha- Publikum lebhaft angesprochen und wird sich als ein harmloses heiteres Singspiel wohl einige Zeit im Repertoire erhalten. Die hnndertunddrcißig Lebensjahre dieses kleinen Werkes sind an seiner Musik fast spurlos vorübergegangen und haben eigentlich nur die ersten drei Gesangstücke im langsamen Tempo etwas ver gilben lassen Schon das liebenswürdige Duett zwischen dem Kadi und Zelmire hebt die Stimmung der Oper und der Hörer und nach der folgenden unbedeutenden D-äur-Arie des liebelüsternen Muselmann- setzt eine ununterbrochene Folge reizender und komisch wirk samer Nummern ein, die eigenartig (mit der kleinen