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Dresdner Journal : 11.02.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189302112
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930211
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930211
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-02
- Tag 1893-02-11
-
Monat
1893-02
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 11.02.1893
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Kirchner in Waldenburg zum Kommissar für die an diesem Seminar statt findenden Schulamtskandidaten - Prüfungen ernannt worden. Dresden, am 8. Februar 1893. Ministerium des Cnltus und öffentlichen Unterrichts, v. Seydewitz. Götz. HZekanntrncrchung. Das Ministerium des Innern hat 1) der Krankenkasse der Klempner und verwandter Berufsgenossen in Dresden und Umgegend, ein geschriebene Hülfskasse, 2) der Krankenkasse für Techniker, eingeschriebene Hülfskasse, zu Chemnitz, 3) der eingeschriebenen Hülfskasse der Webergesell- schäft zu Meerane, 4) der Kranken- und Begräbnißkasse der Gesellen und Gehülfen der Bäckereien im Bezirke des Amtsgerichts Meißen, emgeschriebene Hülfskasse, 5) der Töpfer - Kranken - Unterstützungs - und Be- gräbnißkasse zu Pirna, eingeschriebene Hülfs kasse, 6) dem Krankenunterstützungsvereine für Reichstädt und Umgegend, eingeschriebene Hülfskasse auf Grund 1) deren Statuts vom 25. Oktober 1892, 2) deren revidirten Statuts vom 19. November 1892, 31 deren revidirten Statuts vom 15. Oktober 1892, 4) deren revidirten Statuts vom 1. Dezember 1892, 51 deren revidirten Statuts vom 28 November 1892, 6) dessen revidirten Statuts vom 11. Dezember 1892, bescheinigt, daß sie vorbehaltlich der Höhe des Kranken geldes, den Anforderungen deS 8 75 des Kranken- versicherungsgefetzes vom 15. Juni 1883 in der Fas sung der Novelle vom 10. April 1892 genügen. Dresden, am 10 Februar 1893. Ministerium des Innern, Abcheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. Böttcher. Lippmann. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische und telephonische Wachrichten. Elberfeld, 11. Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ > In dem Etablissement „Johannisberg" Lunst und Wissenschaft. Öffentliche Vorträge. Am 9. d. hielt Hr. Prof. Ur. Adolf Stern feinen letzten Vortrag (in der Aula des Königl. Polytechnikums) über „Goethe und die französische Revolution". Mit einem Rückblick auf den seitherigen Gang seiner Darstellung, auf Erlebnisse und Stimmungen Goethes während desverhängnisrnchenLustrumszwischen 1789 und 1793, die denkwürdige Isolierung und die drohende Verbitterung, die dem großen Dichter daraus erwachsen waren, begann der Vortragende. Er legte noch einmal klar den Gegensatz von Goethes auf die Ganzheit d s Lebens, auf organische Entwickelung, auf klare Bestrebungen, auf unbedingte Wahrhaftig keit und auf Selbstbescheidung gestellter Natur zum ausschließlich politischen Fanatismus, zur dämonischen dunklen Gewalt, zur wahnsinnigen Überhitzung und theairalischeii Unwahrheit der meisten Erscheinungen der Revolution dar. Fühlte sich Goethe von den Aposteln und Gläubigen des revolutionären Evange liums getrennt, so konnte er andererseits den Glauben dercr nicht teilen, die die ungeheuere elementare Be wegung für leicht besiegbar hielten und sich wohl gar einbildeten, daß sich der alte Weltzustand mit seinen schresindsten Mißbräuchrn aufrecht erhalten lasse. Auch nachdem er seit 1794 den Begebenheiten und Ein drücken ferner gerückt war, sah er mit verdüsterten Blicken den Gang der Ereignisse und die drohenden Gefahren der Weltlage. „Wer sich von den Zuständen Rechenschaft gab", lauten seine eigenen Worte, „mochte wohl im gnern sich gestehen, daß man sich mit fand gestern abend eine von Mitgliedern ver- schiedenrr politischer Parteien einberufene Volks versammlung statt, behufs Kundgebung für eine Verständigung zwischen der Reg-erung und dem Reichstage über die Militärvorlage. Die Ver- sammlung war überaus stark besucht. Die zahl- reich erschienenen Sozialdemokraten verließen, da der Versuch, die Versammlung zu stören, miß lang, unter Absingen der Arbeitermarseillaise den Saal. Professor Delbrück trat in längerer Rede für die Notwendigkeit der Verstärkung und Neu organisation der Armee ein; schließlich wurde eine Resolution im Sinne des gedachten Zweckes einstimmig angenommen. Kassel, 11. Februar. (Privattel. d. Dresdn. Journ.) Der BürgcrauSschuß beschloß die Er richtung eines Lagerhauses am Fuldabafen und bewilligte den Kostenanschlag in Höhe von 500 OOÖ M. Brür, 11. Februar. (Tel. d Dresdn. Journ.) Gegen 1000 Bergarbeiter in den Schächten der staatlichen Kohlengruben haben den Streik be gonnen. Bisher ist die Ruhe nirgends gestört; umfassende Vorsichtsmaßregeln sind getroffen worden. Madrid, 11. Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Eine gestern abend von den Republikanern ad gehaltene Versammlung mußte schließlich wegen mehrerer in derselben gehaltenen, auf den Umsturz hinzielender Reden polizeilich aufgelöst w.rden. Mehrere Redner wurden verhaftet. Beim Ver lassen des Lokals erfolgten lärmende Kundgebungen, die aber schließlich unterdrückt wurden.; London, 10. Februar. (W. T. B.) Dem , Reuterschen Bureau" zufolge ist der Khedive heute in Kairo eingetroffen und von einer anü englische» und ägyptischen Truppen gebildeten Ehrenwache empfangen worden. Eine große Menge von Europäern und Eingeborenen be teiligte sich an dem Empfange. London, 11. Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ.; DaS Unterhaus verwarf das Amendement Försters mit 248 gegen LOS Stimmen. Im Verlauf der Debatte hatte Charles Russel erklärt, bei den Wahlen in Meath sei viel Tadelnswertes vor- gtkommen, wogegen Maßnahmen ergriffen werden müßten. Der Zweck deS Forsterschen Amendements sei kein legitimer, sondern richte sich auf Dis kreditierung der Homrrulebill. Kopenhagen, 10. Februar. (D. B. Hd.) DaS EiS in der Mitte des Sundes ist seit gestern aufgebrochen und inö Treiben gekommen; die Bucht bei AarhuS ist eisfrei. Bukarest, 10. Februar. (W. T. B.) Gestern fand im Palais ein Galadiner zu 80 Gedecken statt, an welchem die derzeitigen und die früheren Minister, die Präsidenten des Senats und der Kammer, die Erzbischöfe, mehrere Würdenträger und der kommandierende General in Bukarest trilnahmcn. Rio de Janeiro, 10. Februar. (D. B. Hd.) Bei der Rückkehr vom Begräbnisse eines Italieners wurde der italienische Konsul von riner Bande überfalle» und schwer beleidigt; der Konsul hat hierüber Beschwerde beim Präsidenten deS Stautcö erhoben. Dresden, 11. Februar. Die Landwehr von 1813 bis 1893. Eine der Hauptforderungen, welche die gegenwärtige Militärvorlage enthält, ist auf die Ausstellung vierter Ba taillone gerichtet. Dieselben sollen bekanntlich dazu die nen, die Ausbildung der sämtlichen Diensttauglichen zu eitel» Hoffnungen zwischen Furcht und Sorge nur hinhalte". Belebender und kräftigender als die Hoffnungen auf die preußische Demarkationslinie und die Klugheit der preußische» Politik wirkte die innere Einkehr des Dichters, die anfänglich etwas ge waltsame Wiederaufnahme seiner großen poetischen und künstlerischen Bestrebungen. Mit dem endlichen Ab schluß des Romans „Wilhelm Meister" begann das in diesem Werke dargestellte Leben, die kräftigste Blüte der großen gesellschaftlichen Umbildung, die in Deutsch land ein Vierteljahrhundert vor der französischen Re volution erfolgt war, Go.'the selbst wieder zu fesseln und bei aller Unsicherheit der Zeiten und Zustände mit der Gewißheit zu erfüllen, daß eben dies Lebe» vam revolutionären Geist und Drang der Zeit, selbst vom kriegerischen Ungestüm der im Tiefsten erregten französische» Nation wohl bedroht und gefährdet, aber weder vernichtet noch unwichtig gemacht werden könne. Während der Roman seiner Vollendung zuwuchs, knüpfte und festigte sich das Freundschaftsband zwischen Goethe und Schiller. Stern widmete mit höchster Wärme der inneren Wahrheit und nachwirkenden Be deutung dieser Freundschaft, die eine gewisse moderne Geistreichigkeit in so schnöder Weise auf ein ,einer Jnteressenverhältnis zurücksühren will, eine eingehende Würdigung. Nicht wenig hat zumraschenZufammenschluß der Geistesheroen die Thatsache beigetragen, daß Schiller sich in einem ähnliche», ja in einem noch schrofferen Gegensatz zur revolutionären Stimmung der Tages fand als Goethe. Schien der Dichter der „Räuber" und des „Ton Carlos" durch das subjektive Pathos ,einer Natur, den politisch-historischen Instinkt, der seiner Dichtergröße beige mischt war, der politischen übernehmen, um die drei ersten Feldbataillone zu ent lasten und so die Durchführung der zweijährigen Dienst zeit zu ermöglichen und im Mobilmachungssalle die Aus stellung der Neu- und Reserveformationen zu erleichtern. Die Vorteile, welche die vierten Bataillone gewähren, sind fast allgemein anerkannt und in allerletzter Zeit wieder von einem unserer namhaftesten Militärschriftsteller, dem Generallieutenant v. Boguslawski, in dessen soeben er schienener Schrift,Die Landwehr von 1813 bis 1893"*) betont worden. Wenn sich diese Schrift auch nicht un mittelbar mit der Militärvorlage beschäftigt, so enthält sie doch zahlreiches gewichtiges Material, welches jene in nach haltigster Weise begründet und deren Annahme im Hin blick auf die gewaltigen Rüstungen unserer westlichen und östlichen Nachbarn als ein Gebot der unbedingten Not wendigkeit erscheinen läßt. General v Boguslawski giebt in seiner neuesten Schrift einen geschichtlichen Überblick über die Entwickelung, welche die Landwehr seit ihrer Errichtung bis heute genommen hat, und trägt in derselben wesentlich zur Klärung und Berichtigung mancher Irrtümer bei, die in letzter Zeit über den Wert dieses Gliedes unseres Heeres hervor- getreien sind. Im ersten der vier Abschnitte, in welche Verfasser den Stoff eingeteilt hat, beschäftigt er sich mit der Landwehr der Befreiungskriege, die ein ganz anderes Ding war, als unsere heutige Landwehr. Sie bestand aus Freiwilligen und aus durch das Los Ausgehobenen im Alter von 17 bis 40 Jahren, welche nicht im stehenden Heere gedient haben. Der Prozentsatz der älteren und jüngsten Jahrgänge blieb in ihr erheblich hinter denen vom 20. bis 30. Lebensjahre zurück, das kräftigste Alter war also am stärksten vertreten. Die Ausbildung be schränkte sich nur auf das einfachste. Sie besaß all die Mängel neu errichteter und ohne festen Stamm zusammen- gestelller, mangelhaft ausgebildeter Truppen: plötzl che Panik im Falle eines Rückschlages, mangelnde Disziplin in einzelnen Momenten, sogar nach dem Siege und bei sehr großen Anstrengungen, infolgedessen starkes Zusammen schmelzen der Bataillone durch Marodeurs und Abgekom mene, endlich ein sehr hoher Krankenstand Dagegen zeigte sie m Gefecht gleich zu Anfang den besten Willen und er zielte in vielen Fällen mit dem ungestümen Angriff so gleich große Erfolge. Ihre Leistungen, welche unter den starken Impulsen des Hasses gegen den Unterdrücker, des erwachten National und Freiheitsgesühls standen, über trafen durchschnittlich die Erwartungen. Aber es muß anerkannt werden, daß man sie zum großen Teil nach den Freiheitskriegen übertrieb und es kam so weit, daß man wohl berechtigt war, hierbei von einer Legende zu sprechen, welcher der Landwehr allein die Befreiung deü Vater landes zuschrieb, während doch das gesamte Heer und Volk als der Befreier angesehen werden muß. Bcive, Linie und Landwehr, waren gegenseitig auf einander an gewiesen. Nachdem durch das Wehrgesetz vom 3. September 1814 in Preußen die allgemeine Wehrpflicht eingeführt war, wurde durch die am 21. November 1815 erlassene Landwehr ordnung die Landwehr auf eine ganz andere Grundlage als 1813 gestellt, insofern als nunmehr der weitaus größte Teil derselben durch die Schule des stehenden Heeres ging. Das Wehrgesetz bestimmte eine Dienstzeit von 3 Jahren im stehenden Heere, 2 Jahren in der Reserve, 7 Iah en im I. uns 7 Jahren im II. Aufgebot der Landwehr. Da die Dienstzeit nach Vollendung des 20. Lebensjahres begann, so fing die Dienstzeit des Landwehrmannes I Aufgebots mit dem vollendeten 25 Jahre, die des II. Aufgebots mit vollendetem 32 Lebensjahre an. Das l. Aufgebot war für den Feldgebrauch bestimmt, das II. Aufgebot für den Besatzungsdienst. Außerdem gehörte zur Landwehr noch jeder Wehrpflichtige, der nicht im stehenden Heere gedient hatte, diese Leute wurden aber vorläufig nicht ausgebildet und auch nicht einberufe» Diese Landwehr hatte gegen über der von 1813 den Vorzug, daß sie aus ausgebildeten Soldaten bestand, aber den Nachteil eines höheren Durch schnittsalters. Überdies hatte sie ebenso wie die von 1813 den Nachteil, daß ihr ein fester Nahmen von erfahrenen Offizieren und Unteroffizieren fehlte, ein Übelstand, der durch bessere Ausbildung der Landwehroffiziere und-Ünter- ossi^ere erst sehr viel später verbessert wurde, aber nicht gänzlich beseitigt werden konnte. Die Organisation blieb Berlin 1803 Verlag von Ernst Siegfried Mitt ler u. Lohn, Nönigl. Hosbuchhandlung Gärung und Umwälzung näher zu stehen, so be stimmten persönliche Verhältnisse und innere Ent wickelungen eine noch unbedingtere Abkehr von der Revolution als bei Goethe und im kühnen Idealismus der .Briefe über die ästhetische Erziehung deS Menschen" setzte sich Schiller vollends mit dem Geiste des Tages auseinander und sprach das entscheidende Wort: „Lebe mit Deinem Jahrhundert, aber sei nicht sein Geschöpf, leiste Deinen Zeitgenossen, aber was sie bedürfen, nicht was sie loben." Stern wies eingehend nach, daß Goethe sich hier nicht nur seiner Natur nach läßlicher, minder schroff gezeigt, sondern auch im gemeinsamen poetischen Weiterstieben das Recht, das die Zeit und der Tag denn doch auf de» schaffenden Künstler haben, viel früher wieder empfunden und anerkannt habe, als fein großer Freund. Das dich terische Resultat einer dichterischen Erfassung der Zeit und ihrer Wehen, in Verbindung mit jei c » dauernden Leben, das durch keine Zeit in Frage gestellt werden kann, war das herrliche Gedicht „Hermann und Dorothea", das der Meister vom Sommer 1796 bis zum Früh ling von 1797 vollendete. Es giebt ein Bild, auf dem Eos die Morgenröte, die sonst Helios dem Son nengott mit ihrer Fackel voranleuchket, sich zu dem strahlenden Tag zurückwendet und ihre rosenfingrige Hand in die seine legt. Der Sinn dieses Bildes ist, den glücklichen Augenblick des Lebens zu bezeichnen, in dem morgendliche Frische und die Wärme des Tages, ein letzter Hauch der Jugend und die gereifte männliche Kraft sich begegnen. Unter den Schöpfun- grn deS menschlichen Geist»S, die in solchem Augen blick entstanden sind, nimmt das epische Gedicht „Her mann und Dorothea" einen Ehrenplatz ein. WaS eine lockere und das ist der Hauptübelstand des noch jetzt bestehenden LandwehrsystemS Man versäumt: eine feste Organisation, da man den Fehler beging, zu glauben, der Geist von 1813 müsse sich in dieser Institution er- ha'ten, ohne zu erwägen, daß derselbe durch besondere Um stände hervorgerufen war. Dies war um so bedenklicher, da die Truppe dazu bestimmt war, sogleich bei Ausbruch eines Krieges vor den Feind zu rücken Jedes Landwehrbataillon wurde auch im Frieden durch einen aktiven Stabsoffizier kommandiert, dem ein Stamm von einem Adjutanten und einer Anzahl von Unteroffizieren und Gemeinen zur Besorgung der Kontrolle und Ersatzgeschäfte beigegeben war. Die Er richtung von Eadres für die Landwehr, um durch dieselben einen Stamm von tüchtigen Offizieren und Unteroffizieren heranzubilden, unterblieb.n Da man nicht alle Wehr pflichtigen in die zu schwachen Eadres des aktiven Heere; einstellen konnte, verfiel man auf das Institut der nur drei Monate dienenden Landwehrrekruten, ganz ähnlich dem unserer jetzigen Ersatzreserve. Indessen bewährte sich dieses Institut bei der Mobilmachung 1830 bis 1831 ganz und gar nicht, wie denn überhaupt diese Mobil machungen bereits die Schwächen deü Heerwesens auf- deckien. Diese bestanden darin, daß man die Landwehr, ohne zum Kriege zu schreiten, jahrelang zu Grenzbesatzungen verwenden mußte, da hierzu das stehende Heer nicht aus reichte, und daß es an ausgebildeten W.hrmännern und Reserven für die Linie fehlte. Man suchte die Gegen mittel in der 1833 eingesührten zweijährigen Dienstzeit, die bis 1852 bestand, indessen wäre schon damals eine Erhöhung und Vermehrung oer Liniencadres allein das militärisch Richtige gewesen. Sie unterblieb aber aus ökonomischen Gründen. Die langen Fri.densjahre waren geeignet. Preußen in der Täuschung zu befestigen, daß seine Wehrmacht, vermöge der Landwehreinrichtung, eine seiner Großmachtstellung entsprechende und vollkommen tüch'.ue wäre, wahrend doch der Landwehr I. Aufgebots eine Stelle angewiesen war, welche sie zufolge fehlerhafter Organisation nicht ausfüllen konnte, falls ein ernster Krieg hereingebrochen wäre Den Beweis hierfür lieferten die Jahre 1848 und 1849. Die Beseitigung der besagten Ü' elstände geschah erst durch die große Reorganisation König Wilhelms I, welche außerdem für Preußen das Mißverhältnis fast ganz auf- hob, daß eine große An ahl junger Männer gar nicht militärisch ausgebildet wurde und somit die älteren Leute für sie ins Feld rücken mußten Die Landwehr trat nach 1860 somit größtenteils m die Rolle einer Besatzungs truppe, ohne daß jedoch auf ihre Mitwirkung zur Ver stärkung des mobilen Heeres verzichtet wurde. Im Gegen teil mußten, da die Neservepflicht noch nicht bis zum 28 Lebens jahre gesetzlich ausgedehnt war, viele Leute des 1. Aufge- dors zur Mobilisierung der Linie herangechgen werden. Die Wehrpflicht wurde von 19 auf 12 Jahre herab gesetzt, das II. Aufgebot aufgehoben. Die bei der Landwehr vorhandenen Bataillonskommandeure und die aktiven Eompagnieführer wurden in die neuerrichteten Linien regimenter übernommen, die Landwehrstämme aber verkleinert und mit inaktiven Offizieren bez Landwehroffizieren besitzt. In diesem Muster gelangte nach Errichtung des Nord deutschen Bundes die Landwehr in allen norddeutschen und süddeutschen Staaten zur Einführung und durch Gesetz vom 9. November 1867 wurde die Dienstpflicht auf drei Jahre bei der Fahne, vier in der Reserve und fünf in der Landwehr festgestellt, endete also mit dem 32. Lebensjahre. In diese Periode fallen die beiden Kriege 1866 und 1870/71. In ersterem war die Teilnahme der Landwehr bei der ihr zugewiesenen Stellung und dem schnellen Ver lauf des Krieges eine äußerst geringe; sie hatte also an der ihr zugewiesenen Stelle gestanden. Gleich zu Anfang des Krieges zeigte es sich aber, daß man die Verwendung der Truppen niemals ganz in der Hand hat und daß daher keinem Jahrgang ein Recht erwachsen darf, so oder so verwendet zu werden Im Jahre 1870 machte man eine Gardelandwehrdivision und vier sogenannte Reseroedivisionen mobil, denen man auch die Linienregimenter Nr. 19, 25, 67 und 81 zuteilte. Die gesamte andere Landwehr wurde rn Besatzungstruppen formiert. Diese Divisionen wurden zuerst zur Belagerung von Straßburg und zur Einschließung von Rietz herangezogen. Bis zum Erscheinen der Deutschen vor Paris ist kein einziges Landwehrregiment in das Feld gekommen und auch nachher hielt sich die Teilnahme der Stern über die Quelle der Dichtung, über die künst lerische Umbildung der ursprünglich den Begebenheiten der Salzburger protestantischen Auswanderer gehörigen Geschichte, über die mannigfachen persönlichen Bezieh ungen Goetpes zu seiner Erfindung, über die homer ischen Einwirkungen, die rein dichterischen Verdienste und die patriotisch prophetische Bedeutung von „Her mann und Dorothea" entwickelte und andeulete, gipfelte doch in der Erkenntnis, daß sich hier die fruchtbare, aber auch die unerläßliche Vereinigung der unentbehr lichen Vertraulichkeit nnd Innigkeit dauernden Lebens, in der nach Goethes schönem Wort alle Dichtungskraft wohnt, mit den wechselnden Eindrücken der Zeit verbindet. So verwahrte sich der Vortragende schließlich auch gegen die An nahme, als ob daS Verhältnis Goethes zur französischen Revolution die eingehende Teilnahme an einem großen Menschendasein und die Erkenntnis der dichterischen Macht Goethes jemals und namentlich heute nur eine historisch philologische Bedeutung haben könnten. In einer durchgeführien Parallele zwischen dem einseitig revolutionären Fanatismus vor einem Jahrhundert und dem von heute erörterte Stern, worin für uns die Vorbildlichkeit und lebendige Nachwirkung GoetheS liege. Nicht in akademischer Nachahmung und un selbständiger Nachempfindung seiner unsterbliche» Schöpfungen, nicht in oer oft kleinlichen und meist un sicheren Messimg des Abstandes zwischen seiner Kunst und den besten poetischen Leistungen feiner, ja unserer eigenen Tage, nicht einmal in der Aneignung deS reichen Vermächtnisses seiner universellen Bildung, sondern im lebendigen Erfassen deö GlUirdkernS seiner echten Menschen- und Künstlerseele, im Begreifen der Wahrheit, daß echte Poesie niemals auf die Ganzheit
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