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Dresdner Journal : 04.02.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189302048
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930204
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930204
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-02
- Tag 1893-02-04
-
Monat
1893-02
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 04.02.1893
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im Landsturm zwar nicht zum Waffendienst, aber doch noch zum Dienst ohne Waffe und im besonderen zu solchen Dienstle'stunqen und Arbeiten, welche ihrem bürgert chen Berufe entsprechen, verwendbar waren, nicht ausmusterte sondern dem Landsturm ersten Aufgebot« überwies. Diese Maßregel steht durchaus mit dem Zweck des Gesetzes und seinen Bestimmungen im Einklang. Daß solche Leute, welch- bis 1888 dienstuntauglich waren, von da ab aber noch im Landsturm verwendungsfähia erachtet werden, niemals für eine Einstellung zum aktiven Friedensoienst heranqezogen werden können, liegt klar aus der Hand. Im übrigen ist auch die den Ergebnissen des HerreS- ergänzungszrschäst« entnommene zahleimäßige Unterlage, auf welche der eingangs erwähnte Artikel der „Nation" sich stützt, eine gänzlich verfehlte Ob dort die an anderer Stelle mit in Betracht gezogenen Jahre 1874 und 1875, in denen 56 127 bez 54 360 Militärpflichtige ausgemustert wurden, außer Betracht gelassen werden, weil durch diesel ben die Behauptung einer stetigen Abnahme der Zahl der Ausmusterungen (dieselbe betrug 1876 100 809, ging also in diesem Jahre erheblich in die Höhe) nicht unterstützt wird, mag dahingestellt bleiben. Jevenfalls aber ist dadurch ein ganz verschobenes Bild geliefert, daß die Zahl der Ausmusterungen auf 1000 der in den alphabetischen und Nestantenlisten geführten Köpfe berechnet wird. In diesen Listen befinden sich nämlich auch alle diejenigen Militärpflichtigen, welche unermittelt, ohne Entschuldigung auSgeblieben oder anderwärts ge- stkllungSpslicht'g geworden sind. Namentlich die Zahl der letzteren Kategorie ist infolge der Freizügigkeit stetig ge stiegen, sie betrug 1876: 216 804, 1890: 368 297 — also in letzterem Jahre 151 493 Köpfe mehr als 1876; während danach 1876 etwa der fünfte Mann der in den Listen Stehenden anderwärts gestellungspflichtig war, war dieses 1890 bei jedem vierten Mann der Fall Hierdurch steht aber eine mehrfache Listensühiung desselben Mannes eventuell der einfachen Ausmusterung desselben gegenüber. Das Verhältnis der Ausmusterungen muß daher an sich schon, wenn man es auf die List- lichgesührten berechnet, naturgemäß ohne weiteres stetig abnehmen, wenn die Zahl der anderwärts gestellungspflichtigen und daher in den Listen mehrfach geführten Leute zunimmt. Allein maßgebend für ein richtiges Bild der auf Grund der Anlage 4 der Heerordnung für den Friedensdienst untauglichen Mannschaften kann das Verhältnis zu den Vorgestellten sein, und dabei ergeben sich, wie aus dem der Militärkommission seitens ter Militärverwaltung über gebenen Material ersichtlich ist, ganz andere Zahlen. Dieselben weisen beispielsweise für die drei letzten Jahre wieder eine erhebliche Steigerung der Verhältniszahl ter nach Anlage 4 a. a. O. beurteilten Militärpflichtigen auf 1000 Vorgestellte nach. Dieselbe unrichtige Voraussetzung mit Zugrundelegung der in den alphabetischen rc. Listen geführten Zahlen wiederholt sich in einer zweiten, für die Tendenz der Ab nahme der unbevingten Tauglichkeit angeführten Zahlenreihe Dieselbe kann mithin als Beweis nicht er achtet werden, und auch hier ergiebt die der Mlüär- kommission zugänglich gemachte Zusammenstellung wieder ganz andere Verhältnisse, so z B. im Jahre 1880 von 1000 Vorgestellten 391 unbedingt Taugliche und von da steigend — auch wieder vorübergehend fallend, oder gleich bleibend — bis zum Jahre 1891: 441 unbedingt Taugliche von 1000 Vorgestellten. Was aber die Grenzen der Tauglichkeit für den aktiven Militärdienst überhaupt anlangt, so sind die selben durch Gesetz nicht festgelegt, können auch gar nicht derartig, sondern lediglich im Verordnungswege geregelt werden. Ist eine große Zahl zum Dienst tauglich erachteter Militärpflichtiger verfügbar und im Verhältnis dazu ein kleinerer Nelrutierungsbedarf vorliegend, so kann man naturgemäß die Grenzen der unbedingten Tauglichkeit enger ziehen — man wählt unter den Tauglichen nur die tauglichsten Leute zur Einstellung in den aktiven Dienst aus. In den verschiedenen Gegenden ist die Beschaffenheit des Ersatzes eine verschiedene, man hob, dem speziellen Be darf entsprechend, deshalb schon bisher in einzelnen Be zirken Militärpflichtige als tauglich aus, welche m anderen Bezirken, wo besserer und kräftigerer Ersatz vorhanden ist, als bedingt tauglich (mit geringen Fehlern nach Anlage 1 der Heerordnung) nicht für den aktiven Dienst genommen wurden Keinesfalls aber kann behauptet werden, daß diese ihrer Körperbeschaffenheit nach weniger guten, oder richtiger gesagt, weniger schönen Leute nicht wirklich tauglich gewesen seiend Tie Ausführungsverordnungen unterscheiden zwei Arten von Fehlern, welche sogenannt „bedingt tauglich" machen, und zwar: 1) geringe körperliche Fehler, welche die Gesundheit in keiner Weise beeinträchtigen und zum größten Teil gewisser maßen nur als Schönheitsfehler gelten können; 2) bleibende körperliche Gebrechen, welche zwar auch die Gesundheit nicht beeinträchtigen, aber die Leistungsfähigkeit in erheblichem Grade beschränken Mit Fehlern der vorstehenden ersten Klasse behaftete Militärpflichtige — ein Blick in die Fehler der Anlage 1 der .Oeerorcnuna wird dies auch ohne weiteres jedem Laien bestätigen — sind allen Anforderungen de» aktiven Dienste« im Frieden gewachsen und bisher schon — je nachdem zahlreicher oder geringer Ersatz vor handen war — ausgeloben worden, ohne daß hierin en Widerspruch mit dem H 9 deS Gesetze« vom 11. Februar 1888 erblickt werden kann. Jme Gesetzesbestimmung ordnet nur an, in welcher Weise der Bedarf in der Ersatzreser e auszubringen ist, und zwar unter b. „aus der Zahl derjenigen Militär pflichtigen, welche wegen geringer körperlicher Fehler von Ableistung der aktiven Dienstpflicht befreit werden". Die Befreiung vom Dienst wegen der Fehler ist also die Voraussetzung der Zuweisung zur Ersatzreserve, nicht aber ist festgesetzt, daß jeder geringe körperliche Fehler für Ableistung des aktiven Dienstes untauglich mache. Militärpflichtige, welche mit den Fehlern der vorstehend erwähnten zweiten Klasse behaftet waren, wurden bisher schon grundsätzlich nicht zum aktiven Dienst eingestellt und sollen eS im Prinzip auch künftig nicht werden — sie liefern auch weiter den Bedarf in der Ersatzreserve gemäß 8 9 des letzterwähnten Gesetzes. Keinesfalls kann zugegeben werden, daß die Dienst brauchbarkeit der Leute mit Fehlern der Klasse 1 im all, gemeinen eine schlechtere ist als nie der unbedingt taug lichen, denn es läßt sich der Nachweis führen, daß die in Anlage 1 der Heerordnung verzeichneten Fehler — nur Leute mit diesen kommen bei der Mehreinstrllung zum Friedensdienst in Frage — auf eine Zunahme der als untauglich aus dem Heeresdienst Ent lassenen ohne Einfluß gewesen find. Die Zahl der derartig entlassenen Leute ist annähernd konstant geblieben; sie betrug 0,25 vom Tausend der Kopfstärke im Jahre 1878 79 und ebensoviel im Jahre 1889 90. Die höchste Zahl mit 0,26 vom Tausend wurde in den Jahren 188081 und 1881/82 erreicht. Ebenso läßt sich für jeden einzelnen der Fehler der Anlage 1 der Heerordnung darthun, daß die damit Be hafteten durch Heranziehung zum Waffendienst eine Schä digung ihrer Gesundheit nicht zu gewärtigen haben. Tie Zunahme Untauglicher überhaupt beruht lediglich auf einer Steigerung des Abgangs an Invaliden An sich geringfügig (sechs vom Tausend der Heererstärke im zwölfjährigen Zeitraum von 1878/79 bis 1889 90) ist sie zu etwa einem Drittel bedingt durch das vermehrte Ausscheiden langjährig gedienter Unteroffiziere rc. als in valide aus Ursachen, welche zu der Qualität des Ersatzes keine Beziehung haben, des weiteren zum Teil durch eine seit 1874 cingetretene Erhöhung der Anforderungen an die Tauglichkeit. Sorgfältige Prüfung derjenigen Fehler und Krankheitsgruppen, in welchen ein erhöhter Abgang an Dienstunbrauchbaren bez. Invaliden stattgesunden hat, vermag nicht die Annahme zu begründen, daß eine verminderte Qualität des Ersatzes hierfür die Ursache wäre Wäre geflissentlich oder aus unsach gemäßer Beurteilung das Maß körperlicher Entwickelung und Leistungsfähigkeit dec Gestellungspflichtigen bei der Musterung und Aushebung überschätzt worden, so hätte dies zum Ausdruck kommen müssen durch eine Zunahme des Abgangs in denjenigen Fehler- und Krankheitsgruppen, auf deren Entstehung ungenügende körperliche Entwickelung und Kräftigung erfahrungsgemäß von Einfluß ist — aber auch das ist nicht der Fall. Die durch die Militärvorlage bedingte Er höhung der Rekrutenquote wird eine Herabmin derung der Ansprüche an die Tauglichkeit zum Friedensdienst nickt zur Folge haben, sie hat nur die Herabsetzung des Minimalmaßes von 1,57 auf 1,54 zur Voraussetzung. Sie wird — dessen ist man ge wiß — ohne Gefährdung der dienstlichen Leistungen im allgemeinen, wie der Gesundheit des einzelnen Mannes Deckung finden nur aus solchen Militär pflichtigen, welche schon nach den jetzigen Be stimmungen — vom Minimalmaß abgesehen — ihre Einstellung in den aktiven Friedensdienst zu ge wärtigen hatten. — Die Kommission für Arbeiterstatistik trat heute im Reichsamt des Innern zu ihrer zweiten Sitzung zusammen. An Stelle des erkrankten Unter- staatrsekretärs I)r. v. Rolteuburg führte der Unter staatssekretär im König! preußischen Ministerium für Handel und Gewerbe Lohmann den Vorsitz. Von den Mitgliedern ist der Reichstagsabgeordnete Schippel ausgeschieden und an seine Stelle der Abgeordnete Molkenbuhr in die Kommission tingetreten; im übrigen hat die Zusammensetzung der Kommission keine Änder- ung gefunden. Die Tagesordnung war folgende: 1) Eingänge und geschäftliche Mitteilungen; 2) Unter suchung über die Arbeitszeit im Müllergewerbe; 3) Untersuchung über die Arbeitszeit im Bäcker- und Konditorgewerbe; 4) Antrag Hirsch: Erhebung über die Verhältnisse der jugendlichen und weiblichen Ar beiter und die Arbeitszeit ter erwachsenen Männer in der Hausindustrie; 5) Antrag Siegle: Fortlaufende Erhebungen über die Löhne und die Arbeitszeiten aller Arbeiter, welche den gewerblichen Berussgenossenschaftcn angehören. übecgehcnd, Ler, je nachdem das Feuer neue Nahrung fand, stoßweise in senkrechter Richtung emporstieg. Buchenfeld lag hinter welligem Hügelterrain, hinter welchem die Gebäude versteckt waren, so daß man erst nach Übersetzung der letzten Anhöhe einen Überblick über den Qrt gewann. Marcel trieb seinen Kutscher ungeduldig zur Eile an und endlich, nach einer Stunde Fahrt, befand er sich auf der letzten Erhebung. Da lag nun das Feuermeer vor ihm: sprühend schossen die Funkengarben empor und prasselnd wälzte sich die Glur über die dunklen Silhouetten der Gebäude, die Baumwipfel taghell erleuchtend, während die Glocke der Dorfkapelle durch die Luft gellte und das Durch einanderrusen der menschlichen Stimmen sich mit dem Gebrüllt der Rinder, dem Gewieher der Pferde zu einem schrecklichen Chor vereinigte. Eben als Marcels Wagen an einer Seitenstraße vorbeiraste, kamen dort unter Hornsignal andere Feuerspritzen herangepoltert, und auch von der ent gegengesetzten Seite, von PiMenbrunn her, ließ sich das Alarmzeichen vernehmen. Die Scheuer stand vollends in Flammen und auch das Dach des Kastells war auf der Nordseite vom Feuer ergriffen worben, das nun plötzlich an einer anderen Ecke ausloderte. Marcel sah auf den ersten Blick, daß die Scheune nicht mehr zu retten sei und daß man alle seine Kraft anwenden müsse, wenn man das Wohngebäude vor dem Untergange retten wollte; somit gab er alsogleich Befehl, die Löscharbeiten dort zu beginnen. Aus dem Treppenhause kamen Leute gehastet, die Einrichtungsstücke, Koffer und Truhen schleppten und dieselben nach der Wohnung des WirtschastSaufseherS in Sicherheit brachten, während eine Abteilung stäm miger Bauernburschen mit Wassereimern die langen Leitern emporklommeu, um den Inhalt über daS Dach des Kastells zu ergießen. Unweit davon stand die Spritze von Buchenseld unthätig; sic hatte beim ersten Versuche bereits den Dienst versagt Marcel sprang die Stufen zum Eingänge hinauf. „Wo ist der Baron?" frug er ein paar Leute, die eben einen schweren Schrank herabtrugen. „Oben in seinem Zimmer, mit der Baronesse", lautete die kurze Antwort. In wenigen Sekunden hatte der Nachbar das Gemach erreicht. Baron Ragotz saß wortlos im Lehnstuhle am Kamine, während Zoe in fieberhafter Eile eine Kiste vollpackte, die inmitten des Raumes stand. „Haben Sie noch irgendwo Wertsachen zu bergen?" rief der Eintretende, seine Hand mit leichtem Druck auf Zoes Arm legend. „Kann ich Ihnen bei der Ar- beit behilflich sein?" (Fortsetzung folgt ) , Konzert. Der gestrige LiederabenddeS „Dresdner Orpheus" im Gewerdehaussaale war zahlreich be sucht und brachte dcm Verein lebhaften Beifall für seine fleißig vorbereiteten Ausführungen Durch musi kalische Sicherheit, festen Zusammenhalt und schlag fertigen Ausdruck erfreute namentlich der Vortrag einer Hegarschen Chorballade „Todtenvolkderen reiche illu strative Züge und orchestral angelegte Klangwirkungen zu möglichst bester Geltung kamen; nn allgemeinen verlangt diese schwierige und teilweiS gespreizte Kom- — Die Kaiser!. Verordnung zur Inkraftsetzung der Sonntagöruhevorschriften für Industrie und Handwerk wird, wie die „B. P. N." berichten, gegen- wcrtig vorbereitct, und zwar will man sich nicht damit begnügen, einfach den Zeitpunkt zu bestimmen, von welchem an Industrie und Handwerk sich den neuen Vorschriften zu umerwerfen haben, man will auch die Aussühiun Svorschriften mit den gesitzlich zulässigen Ausnahmen für das ganze Reich erlassen. An diesen letzteren wird gegenwärtig noch gearbeitet. In letzter Zeit sind dicse Arbeiten stark gefördert worden, man kann aber auch heute noch nicht den Zeitpunkt genau bestimmen, an welch m sie völlig beendet sein werden. Da die kaiserliche Verordnung, welche die Inkraftsetzung der Sonntagsruhebestimmungen sür Jndustr'e und Handwerk aussprechen soll, nicht früher ergehen dürfte, als die Aueführungsvoischriften fertiggestellt sind, so ist auch heute noch nicht mit einiger Wahrschei ilichkeit der Termin zu bezeichnen, an welchem die Sonntags ruhe, wie sie in der letzten Gewerbcordnungsnovelle geregelt ist, für Industrie und Handwerk in Kraft treten wird. — Dem Kaiser!. Gesundheitsamt sind vom l. bis 3. Februar mittags folgende Cholerafälle ge meldet worden: Regierungsbezirk Merseburg. In Nietleben am 1. d. M. 1 Erkrankung, 1 Todesfall, am 2. d. M keine Neuerkrankung, 2 Todesfälle. In Trotha 1 Erkrankung Regierungsbezirk Schleswig. In Altona 3 tödlich verlaufene Erkrankungen, außer dem hat eine der bereits mitgeteilten Erkrankungen tödlich geendet. Köln, 3. Februar. Die Berichte über den Wasserstand lauten wieder ungünstiger Die Mosel ist bei Trier seit heute abei d 6 Ühr von 3,90 auf 5 m gestiegen. Das Städtchen St. Barbara, ein Vorort von Trier, steht unter Wasser. Auch von Metz und Saarbrücken sind Drahtberichte eingelaufen, welche Hochwasser me den. DaS Hochwasser der Kyll hat bei Mürlenbach (Reg. Bez. Trier) eine feste Brücke eingerissen. Die Roer und ihre Nebenflüsse überschwemmten die Ortschaft Montjoie, sodaß die Be wohner zum Teil ihr Vieh und die bewegliche Habe auf die Berge retten mußten. Auch vom Oberrhein wird starkes Steigen des Wassers gemeldet. In Köln selbst ist das Wasser auf 6,62 m gestiegen. Einige Werftbauten sind durch den Andrang des Wassers arg beschädigt worden. Der Strom hat viel Bauholz fortgeschwemmt. Rauben, 3. Februar. Se. Majestät der Kaiser sind heule vormittag gegen 11 Uhr zur Teilnahme an der Leichenfeier sür den verstorbenen Herzog von Ratibor hier eingetroffen. Deputationen der ein zelnen Vereine sowie die Gemeinde- und Forstbeamten bildeten am Eingänge des Schlosses Spalier. Zur Kirche hatte nur eine geringe Zahl von Herzoglichen Beamten Zutritt erhalten. Üm ^12 Uhr nahm die Traueifeier ihren Anfang Zuerst betraten etwa 30 Geistliche des Patronats die Kirche, hierauf folgten Se. Majestät der Kaiser mit der Herzogin von Ra tibor am Arme, sodann der Erbgroßherzog von Baden, der Kardinal Prinz Hohenlohe, die Mitglieder der Herzoglichen Familie und die übrigen Hohen Persön lichkeiten Se. Majestät der Kaiser standen während der Feier zu Häupten des Sarges, der im Mittelschiff der Kirche ausgebahrt war. Die Olden des Verstorbenen lagen aus sechs Tischen verteilt. Der Ortspfarrer hielt die Trauerrede. Unter den Klängen deS Chopin- schen Tranermarsches wurde der Sarg in die pro visorische Gruft gesenkt. Gegen Hl Uhr war die Trauerfeier beendigt. Se Majestät der Kaiser be- gaben Sich nach 3 Uhr zu Wagen nach Station Hammer, um nach Berlin zurückzukehren. * Wien, 3. Februar. Nach den Meldungen un garischer Biätler ist Ministerpräsident Wekerle gestern von Sr. Majestät dem Kaiser in Audienz empfangen worden, um über die politische Lage Bericht zu er statten. Die mit Bezug auf das kirchenpolitische Programm der Regierung in der letzten Zeit wieder holt verbreiteten Gerüchte sind nach der „Ungar. Corr." vollständig unbegründet. Namentlich was die Frage der Civilehe betrifft, müsse der bezüglich: Gesetzentwurf vorerst noch im Justizministerium ausgearbeitet wer den und kann somit nicht einmal noch den Gegenstand des Vortrages an Allerhöchster Stelle bilden. Eine bestimmte Entscheidung werde demnächst nur über die Rezeption des jüdischen Glaubensbekenntnisses und über die bürgerliche Mairikelführung erfolgen. Diese Gesetzentwürfe hätten den Ministerrat bereits passiert und würden nun der Allerhöchsten Genehmigung vor- gelegt. Die Regierung werde also schon durch diese Position ein größeres Stcmmenmaterial und mehr Noblesse der Tongebung, als sie die Tenöre deS „Orpheus" entfalteten. Ein neues Chorwerk von Th. Müller Reuter, dem tüchtigen Leiter des Vereins, erfuhr gestern seine erstmalige Wiedergabe. Es betitelt sich „Landsknechts Lust und Leid" und ist mit einer ganz überflüssigen und poetisch wertlosen Dichtung von H. Pilz verknüpft, die Hr. Kammersänger Glömme mit warmem Ausdruck sprach Die musikalische Kompo sition steht nach ihrem Umfa g in sehr ungünstigem Verhältnis zu der vordringlichen Dichtung; sie zerfällt in sieben kurze Sätze, für deren ersten und letzten augenscheinlich eine alte Melodie verwendet worden ist. Die kleinen Stücke sind alle fein harmonisiert, betonenaberausfallcnderwnseundimempfindlichenGegen- satz zu den Stielerschen Texten durch Molltonart und langsame Tempi mehr deS Landsknechts L id als dessen Lust. Temungeachtet macht das Ganze einen musikalisch noblen Eindruck und bezeugt des Ver fassers geistig und poetisch angeregtes Schaffens vermögen. Durch frische Rhythmik und liebens würdige Melodik ragt die zweite Nummer „Aufbruch" aus dem Eyklus hervor. — In dem Konzert wirkte das Lobositzer Dovpel- quartett mit. Dasselbe hat in seinem ersten Tenor eine sympatische Führstimme und entwickelt ohne sinnlich schönen und kernigen Stimmenklang in präzisem Ensemble und sorgfältiger Behandlung de» Vortrag- feine Haupttugenden. Zwei Lieder von Schumann und Machanek von letzterem ein in Einzelheiten liebens würdige» Stück „Prinzessin Jlsa", wurden vorzüglich auSgeführt Vorlagen den Beweis liefern, daß verschiedene Kund gedungen der letzten Zeit sie nicht wankend machen, daß sie vielmehr konsequent in der eingeschlagenen Richtung auch fernerhin programmmäßig vorzugehen gewillt sei. — Se. König!. Hoheit Prinz Ferdinand von Coburg wurde gestern mittag von Sr. Majestät dem Kaiser in Privataudienz empfangen. Ferner hat Prinz Ferdinand gestern die Gegenbesuche deS Ministers des Aeußern, Grafen Kalnoky und des türkischen Bot schafters, Zia Bey erhalten. — Der heute den Parlamenten zugegangene Handelsvertrag zwischen Österreich-Ungarn und Serbien hält bezüglich des Zolltarifs für die Einfuhr serbischer Waren und Produkte nach Oster reich-Ungarn nahezu den Ltutus guv des alten Ver trages fest und räumt nur hinsichtlich der Getreide einfuhr im Grenzverkehr eine teilweise Erhöhung des Zolltarifs ein. Für die Ausfuhr aus Österreich-Ungarn nach Serbien dagegen wird das bisherige System der Wertzölle und spezifischen Zölle aufgegeben und der Tarif auf der Grundlage des Gewichts aufgebaut, und zwar bewilligte Österreich-Ungarn zu Gunsten einer finanziellen Stärkung Serbiens nicht nur eine Erhöhung einzelner serbischer Finanzzölle, sondern ver zichtet auf gewisse bisher im Grenzverkehre genossene Begünstigungen. Bezüglich des Viehhandels ver pflichtet sich Serbien zu der Einführung verschärfter Bestimmungen behufs Abwehr der Tierkrankheiten Paris, 2. Februar Weder im PalaiS Bourbon, noch im Luxembourg hat sich gestern etwas Wichtiges begeben. Die Kammer zeigt für das Ackerbaubudget eine Sorgfalt, die sie keinem der anderen Haushaltungskapitel bewiesen hatte; die Nähe der Wahlen erklärt das zur Genüge. Im Senat beschäftigte man sich hauptsächlich mit der Beratung des Ausschusses für den Monisschen Gesetz- antrag welcher bekanntlich die Ankläger vom Schlage Delahayes mit Gefängnis und Geldbuße bedroht. Man ist an der Wirksamkeit desselben nachträglich doch irre geworden und der Justizminister Bourgeois seinerseits echob im Ausschüsse einige juridische und politische Einwendungen. DaS Gesetz wird daher in seiner bisherigen Form schwerlich durchgehen; übrigens könnte es auf Delahaye selber nach der bekannten Regel, daß die Gesetze keine rückwirkende Geltung haben, nicht angemendet werden. Dagegen spricht man nun von einem neuen Plane der republikanischen Senatoren, die Disziplin den boulangistischen An klägern gegenüber wieder herzustellen. Es sollen zu diesem Ende in einer Generalversammlung aller repub likanischen Gruppen des Senats und der Kammer die nötigen Beschlüsse gefaßt werden. Tolain ist, wie cs heißt, beauftragt worden, zu diesem Unternehmen den Anstoß zu geben — Der deutsche Botschafter Graf Münster reiste dieser Tage nach Pan ad, um dort einige Wochen der vollständigen Wiederherstellung seiner Gesundheit zu widmen. — Der „Matin" bringt den Wortlaut des Berichts der Sachverständigen, welche die Leiche de Reinachs geprüft haben. Er füllt 12 Spalten. Tie wesentlichen Schlußfolgerungen lauten: „Aus den vorstehend geschilderten Experimenten ergiebt sich, daß wir die Todesursache nicht bestimmt feststellen können. Wir begnügen uns, zu sagen: 1) Der Leichnam zeigt keine Spur von Gewaltthätigkeit. 2) Die Unter suchung der Organe enthüllt nicht die Todesursache. Die Herzverfettung, an welcher Hr. de Reinach litt, konnte ihn einem plötzlichen Tode durch AtmungS- einstellung aussetzen, aber nichts berechtigt uns zu der Versicherung, daß letztere wirklich eingetreten ist. 3) Die chemische Analyse hat keinen Giftstoff in den Eingeweiden nachgewiesen; keines der gewonnenen Re sultate erlaubt also, zu behaupten, daß der Tod durch Vergiftung herbeigeführt woiden ist." — Der Polizei- kommissär Tonny verhaftete gestern abend den Direktor der „Lemain« tumuciere", I. B. Gerin. Diese Maßregel hat mit dem Panamaskandal nichts zu thua. Gärin, der ehedem zum Verwaltungirat der „Libre Parole" gehörte, machte als Coulissier (Pfuschmakler) gewagte Spekulationen und verdächtige Geschäfte, zu deren Erleichterung er sich der „Leumiuo ünaueiöre" bediente. Er war in der Rue Saint - Augustin prächtig eingerichtet. Von mehreren Personen, die ihm bedeutende Summen sür den Ankauf von Wert papieren anvertraut hatten, wird, er beschuldigt ihnen entwertete Stücke ausgeliefert zu haben. — Die „France" hat die Geuugthuung, einmal wieder die Verhaftung mehrerer angeblichen Spione anzuzeigen. Diesmal handelt es sich um zwei Damen, die in Öffentliche Vorträge. Am 2 v. Mts. Hult in der Aula des Königl. Polytechnikums Hr. Prof. Oi-. Adolf Stern seinen dritten Vortrag über „Goethe und die französische Revolution". Dicse litterargeschicht liche Untersuchung schloß sich insofern unmittelbar an len zweiten Vortrag an, als sie hauptsächlich der Dar stellung der weiteren, durch die französischen Revolu tionskriege veranlaßten kriegerischen Abenteuer Goethes gewidmet wurde und sehr eingehend die Belagerung von Mainz schilderte, der der Dichter von Ende Mai bis zum Ende Juli 1793, bis zur Kapitulation und dem AuSmarsch der Franzosen beiwohnte. Der not wendige Rückblick auf die Eroberung der alten erz bischöflichen Stadt durch Custines republikanisches Heer während des Oktober 1792, auf die demokratische Be wegung, die sich der französischen Ji vasion anschloß, auf daS wüste Fastnachtsspiel eines Mainzer Konvents und einer rheinischen Republik, gab dem Vortragenden Gelegenheit, in diesem Spiegel noch einmal an die Rückwirkungen der französischen Umwälzung aus Deutschland zu erinnern. Soweit der tragische Irr tum einer großen und edlen Natur eine so verworiene Episode, wie die des Mainzer KlubbiSmuS war, zu adeln vermag, so weit ist dies freilich durch die Teil nahme deS WeltumseglerS und Naturforschers Georg Forster geschehen. Gleich den deutschen Dichtern kam ihm mit dem Beginne der eigentlichen SchreckenSzeit, der er als Augenzeuge in Pari» bei wohnte, deren Ende er aber nicht mehr erlebte, die Ernüchterung und die tiefe Reue über seine Illusionen; Forsters unselige» Geschick hat auch Goethe, der noch im August 1792 in Mainz ein paar glückliche Abende mit ihm verlebt hatte, auf» tiefste ergriffen. Da«
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