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Dresdner Journal : 02.02.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189302025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-02
- Tag 1893-02-02
-
Monat
1893-02
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 02.02.1893
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V 27 Donnerstag, den 2. Februar, abends. 1898. Vvrus*k"«i" Vr«»ck«a vi«rt«I)Lt>rlick 8 ^l»ric ü> kk, v« ckeut»ot>«u I'o»t»v»t»tt«a viertvl- S »u»»erb»IV <t«» <1r-ut»ekea Kvict»« tritt kont- uo6 8tt-wpetruiet»l»8 d»»r». Liorrlns Kummers: 10 k5. ^olrüockixuvxsredükr«!»: ^Ur äeu ItLum einer ^eepulteneu 2ei!s kleiner Lekritt SO ?k. Öot«r „kin^bErcit" äis 2silo b<j kk. Lei ^»beltvo- usrl ^itkeroeutr eutspr. LusoebiLz Lreekeiueu: 'Ntxlied mit Xuenedm« der 8oon- u ?eiert»<;e »deoä». kvrnoprscU-Lvrcdlu»: Kr. 128L. . -- DnMerHMrml. Lür die Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat Gtto Banck, Professor der (Literatur- und Kunstgeschichte. . -txvatimv von ^okiänüi^unxeu »usHViir»sr l.,iprtx: Xommi»»iouür üe» Ort^äuer ^ournuls; Neusdrirss LsrUn Vien I.«ipnx L«»«l Lrenlm vrLukturt ». N.: //narenrtein <t Lvrl>u-Vi»>r-H^mdurx kr»x - kr»v>rt«rl ». N.IIüacdvu: ^»ri. v»ri» I-ooäon NerUa - ?r»ol-turt ». H Srutlxert: I-aut« <s (7».,' LerUu: /nr atiltenitanl, Lr»,I»u: L,n«i /ru/rat/i U»mlov«r: <7. Lc/>E/er, H^U» L. 5.: L'urc^ t>». Ileroussederr XöuitxI. Lrpeclitiou äes Oresäoer lourvoti. Drosäe», 2«i»8Vr»tr. LV. kvrn»procü-Ln»cdIu„: Kr. 128L» Ämtlicher Teit. Dresden, 30. Januar. Se. Königliche Majestät haben Allergnädigst geruht, dem Direktor der 2. Ab- theilung im Fiüanz Ministerium, Geheimen Rath Traugott Bernhard Heymann das Komthurkreuz 1. Klasse vom AlbrechtSorden zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Kammerrath Weitzel zu Dresden das ihm von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog von Baden verliehene Ritterkreuz 1. Classe des OldenS vom Zähringer Löwen an nehme und trage Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Königlich Italienische Consul Arnstädt zu Dresden das ihm von Sr. Majestät dem Könige von Italien verliehene Ritter kreuz des Ordens der Italienischen Krone annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der in Sachsen staatsange hörige Redacteur der Karlsruher Zeitung. Wilhelm Harder in Karlsruhe, das ihm von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzoge von Baden verliehene Ritterkreuz 2. Classe des Ordens vom Zähringer Löwen annehme und trage. Se Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Baurath bei der Straßen- und Wasserbauverwaltung, Anton Göbel in Cölln bei Meißen, das ihm von Sr. Hoheit dem Herzoge von Anhalt verliehene Ritterkreuz I. Klasse des Herzoglich Anhaltischen Hausordens Albrechts des Bären annehme und trage. WeKannLincichung. Mit Genehmigung des Ministeriums des Innern werden die Landgemeinden Ziegelheim und Thier garten im Bezirke derAmtshauptlnannschaft Glauchau vom 1. Februar dieses Jahres ab zu Einer Land gemeinde unter dem Namen Ziegelheim vereinigt. Dresden, am 30. Januar 1893. Ministerium des Innern. v. Metzsch. - Münekner. Nichtamtlicher Teil. AetegraphisHe und tetepssonische Wachrichten. Halle, 2. Februar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Kür den SaalekrerS sind wegen Choleragefakr dir, auf weiteres alle Versammlungen und öffentlichen Vergnügungen verboten worden. Insterburg, 2. Februar. (Priv.-Tel. d. Dresdn. Journ > Ein dreifaches Todesurteil ist beute früh hier vollstreckt worden. Die Guts- kneckte Wabulat, Bolz und August, welche vom Schwurgericht zum Tode verurteilt waren, weil sie in der Nacht zum 27. September 1bH1 ihren Dienstherrn, den Gutsbesitzer Reiner auf Schöne berg bei Goldap, ermordet und demselben 490 M. geraubt hatten, wurden durch den Scharfrichter Reindel aus Magdeburg enthauptet. Paris, 1. Februar. (W.T.B.) Tie Panama- untersuchungskommission nahm heute den Bericht der Unterkommifsion bezüglich der Unternehmer entgegen; der Bericht schließt, wie derjenige deS Sachverständigen Flory daß die Unternehmer einen Gew na von mehr als 77 Millionen gehabt hätten. Paris, l. Februar. (D. B. Hd.) Die Poli zisten, welche entsandt waren, um Arten auf- zusuchen, stellten fest, daß er sich in Jassy, Bu- rareft und Buda Pest aufqehalten hat; seine wei tere Spur ist nicht aufzufinden. — Dem Gerücht, Bourgeois werde, je nach dem Ausfälle deS Be schlusses der Anklagekammer, seine Entlassung nehmen, wird offiziös widersprochen. Rom, 2. Februar. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Gestern abend ist die alte Synagoge ans dem Eenciplatzc gänzlich niedergebrannt. Ein Teil der zahlreichen wertvollen Tempelgrräte wurde gerettet und daö Feuer lokalisiert. Lissabon, 1. Februar. (W T B.) Der Finanz Minister Diaz Fereira legte heute in der Parr«'« kammer dar, daß das Gesamtdefizit für 1893/S4 sich auf 5Ü00 Eontos ReiS belaufen werde, wie er dirs in seinen Voranschlägen angegeben habe. Die Zolleinnabmen in den Häfen von Lissabon und Porto sind im verflossenen Januar um 411 Contoö Reis geringer gewesen als im Januar deS vergangenen Jahres. London, 1. Februar. (W.T.B.) Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus" aus Athen ist auf den Insel» Zante und Kephalonia heute morgen um 2 Uhr ein zweiter heftiger Erdstoß erfolgt; mehr als hundert Gebäude sollen einge stürzt, verschiedene Dörfer völlig zerstört sein. Weitere Verluste an Menschenleben seien dabei aber nicht vorgekommen. London, 2. Februar. (Tel d Dresdn. Journ.) Nach einer Meldung auS Biunos-Ayrrü dauert die Ministerkrisis fort Die Polizei empfing zeit weilig dieselben Machtbefugnisse wie das Heer: für den Fall von Unruhen sinv überhaupt alle Maß regeln getroffen. Ehili protestierte crgen die Zurückforderung der im Andrnthal gelegenen Pro vinz San Juan seitens Argentiniens Lie Zei tungen geben der Entrüstung über diese, wie sie sagen, anmaßlichen Forderungen EhiliS Ausdruck. Dresden, 2. Februar. Die Staatsumwälzung auf Hawaii. * Wenn auch die kleine und politisch bedeutungs lose Inselgruppe des australischen Archipels, welche augenblicklich die Diplomatie der Großmächte be schäftigt, kaum geeignet ist, durch ihren Anschluß an eine europäische Großmacht oder an die Vereinigten Staaten Nordamerikas das jetzige Kräfteverhältnis zwischen diesen Staatsorganismen irgendwie zu ver schieben, so begegnen dennoch die derzeitigen Macht haber in Hawaii bei ihren Bemühungen, ihr Land im Länderbesitz der Vereinigten Staaten ausgehen zu lassen, in den gegenteiligen Interessen und Einflüssen der auf Hawaii beteiligten europäischen Staaten, ins besondere Englands, schwer zu beseitigenden Hinder nissen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß den Ur hebern der Staatsumwälzung in jenem australisch.n Königreiche wider ihren Willen die weitere Selbständig keit ihres Landes aufgenvtigt werden wird, falls es der Regierung der Vereinigten Staaten nicht gelingen sollte, vie ihr angetragene hawaiische Erbschaft ohne ernste Auseinandersetzungen mit den übrigen Mächten in Besitz zu nehmen Der Beschluß ker hawaiischen Volksversammlung vom 16. Januar, auf Grund dessen Hawaii in den Alleinbesitz der Vereinigten Staaten übergehen soll, dürfte allem Anscheine nach nicht ohne Zuthun der Vertreter dieser Macht zu stände gekommen sein. Die Umsturzbewegung, deren Früchte die Vereinigten Staaten nunmehr einzuheimsen im Begriffe sind, war indessen das Werk örtlicher politischer Vorfälle. Nach den nun aus Honolulu eingetroffenen Eixzel- berichten soll die Königin Liliuokalani zunächst selbst Schuld daran tragen, daß sie um ihre Herrschaft im Jnselreiche Hawaii kurzer Hand gebracht wurde. Mit einer übel angebrachten Beharrlichkeit hatte sie, ohne auf die gegenteilige Haltung ihrer nächsten Berater zu achten, darauf bestanden, ihren Unterthaneu eine neue Verfassung zu geben, welche die Befugnisse der Krone erheblich erweitern sollte. Sie verlangte, daß die Minister die neue VerfassungSurkunde sofort unterfertigen und als rechtskräftig veröffentlichen sollten. Der Generalstaatsanwalt und der Minister deS Innern erklärten sofort, daß sie dieser Ausforder ung der Königin keine Folge leisten würden, während die übrigen Minister vorerst schwankten aber alsbald daraus sich dem Minister des Innern anschlossen. Nun unternahmen die Minister den Versuch, der Königin den beabsichtigten Staatsstreich zu wider raten. Sie hatten keinen Erfolg. Die Königin Liliuo kalani beharrte unbeugsam auf sofortigem Inkraft treten der neuen Verfassung und drohte, von den Stufen des Palastes aus dem Volke ihre Absicht kundzuthun Die Minister verließen hierauf den königlichen Palast und setzten ihre Freunde von diesen Vorfällen in Kenntnis. Diese beriefen sofort eine Volksversammlung, an welcher alle angesehenen Bürger sämtlicher Parteirichtungen teilnahmen. In dieser Versammlung wurde der Beschluß gefaßt, die nötigen Vorkehrungen zum Schutze der bestehenden Verfassung und Freiheiten zu treffen, und einen kräftigen Widerstand gegen die autokratischen Gelüste der Königin ins Werk zu setzen. Nochmals versuchten die Minister, nicht ohne ernste Lebensgefahr, der Königin die Not wendigkeit nahezulegen, die Veröffentlichung der neuen Verfassung wenigstens auf einige Tage zu verschieben. Sie wiesen auf die Schwierigkeiten hin, welche augen blicklich der Verwirklichung der Resormpläne der Königin im Wege stünden, und suchten ihr das Zu geständnis abznlocken, diesen Schwierigkeiten durch eine weniger ungestüme Haltung in der V.rfassungsfrage Rechnung zu tragen. Während diese Verhandlungen der Minister mit der Königin stattfanden, wurden die königlichen Truppen außerhalb des Palastes zusammen gezogen und ein Bürger forderte dieselben auf, die Minister, die es wagten, den Wünschen der Königin zn widersprechen, ihren Widerstand mit ihrem Leben büßen zu lassen Darauf trat die Königin auf den Balkon des Palastes heraus und suchte auch ihrerseits in einer Ansprache an die Menge, dieselbe gegen die Minister anfzureizen; aber der Minister des Innern hatte inzwischen schon Sorge getragen, daß das Volk darüber belehrt werde, daß nicht die Minister, sondern die Königin selbst einen Verrat an den verfassungs mäßig gewährleisteten Volksrechten plane. Inzwischen hatte sich auch schon der Sicherheit-- und Wohlfahrts ausschuß gebildet und seine Arbeit begonnen. Die Königin erkannte nun, daß ein fernerer Widerstand nutzlos sein werde und zog sich in ihre Gemächcr zurück, vor welche die provisorische Regierung eine Wache aufstellen ließ. Der Wohlfahrtsausschuß wandte sich nun in einem Aufrufe an das Volk, worin er seine Handlungsweise zu rechtfertigen suchte. Zugleich erklärte er die Monarchie für abgeschafft und zeigte die Einsetzung einer provisorischen Regierung an, welche die Führung der Slaatsgeschäfte bis zu der Zeit besorgen sollte, wo der Anschluß der neugegründeten Republik an die Vereinigten Staaten vollzogen sein werde. Die Königliche Armee wurde aufgelöst und zur Unterstützung der provisorischen Regierung ein Freiwilligencorps gebildet. Die provisorische Regierung besteht aus einem Exekutivkomitee, dessen 4 Mitglieder die verschiedenen Abteilungen der Staatsgeschäfte leiten, und einem ge setzgebenden Nate aus 14 Mitgliedern. Der Exekutiv- ausschuß setzt sich zusammen aus Mr. S. Dole, dem /Sherigen Präsidenten deS Oberlandesgerichts, A.King, P. Jones und W. Smith. Der erstgenannte, der Sohn eines amerikanischen Missionärs, ist zugleich Vorsitzender des Ausschusses und Minister deS Aus wärtigen. Es ist bezeichnend für die neue Lage in Hawaii, daß in der Volksversammlung vom 16. Januar, in welcher der Umsturz beschlossen und vollzogen wurde, mehr als 1500 Fremde, zumeist nordamerikanische Staatsangehörige, anwesend waren, welche einmütig für die Entthronung der Königin eintraten und ihre Zustimmung zu dem von den Leitern der Umsturz bewegung geförderten Anschlusse Hawaiis an die Vereinigten Staaten zu erkennen gaben. Was nun weiter geschah, ist bereits aus den inzwischen ein gelangten Drahtmeldungen bekannt. Das nächste Schick sal der Sandwichinseln dürste davon abhängen, in welcher Weise das liberale Kabinett in London mit den demokratischen Machthabern in Washington die hawaiische Erbschaftsangelegenheit ordnen wird. Lagesge-chichte. Dresden, 2. Februar. Gestern abend H9 Uhr versammelte sich in den Paravegemöchern des König! Residenzschlosses wiederum eine glänzende Gesellschaft zum großen Hofball, zu dem über 800 Einladungen ergangen waren. Nachdem die geladenen Ballgäste das tageshell erleuchtete, mächtige Treppenhaus und das auf dem Treppenabsatze der zweiten Etage auf geschlagene große türkische Zelt durchschritten hatten, gelangten dieselben in die Galerie, in deren Vor zimmer eine Paradewache des König!. Gardereiterregi ments die militärischen Ehremrweisungcn ausführte. Die lange Galerie mit ihrem herrlichen Schmuck von kostbaren Porzellanvasen, Bronzen, antiken Pendulen, Gobelins u. s. w. machte einen sehr vornehmen Ein druck. Aus der Galerie gelangte man in den Stuck- und in den großen Ballsaal; in diesen beiden Sälen fand die Versammlung statt. Unter den eingeladenen Damen und Herren befanden sich: das diplomatische Corps und di? König! SlaalSmiuister mit Ge mahlinnen und Töchtern, viele Vertreter der Genera- lität und der Osfizierscorps, Damen und Herren der Aristokratie, eine große Anzahl der hoffähigen Civil- staatsdiener, Damen und Herren der englischen und amerikanischen Fremdenkolonie u. s. w. Die Herren hatten Unisorm angelegt, die bei der außerordentlichen Verschiedenartigkeit im Verein mit den kostbaren Toiletten der zahlreichen Damen ein farbenreiches Bild zeigten Nicht minder trug der reiche Brillantcn- und sonstige Edelsteinschmuck der Damen dazu bei, dieses Bild bei der Unzahl brennender Kerzen zu einem wahrhaft glänzenden zu gestalten. H9 Uhr erschienen Ihre Majestäten der König und die Kö nigin mit Ihren König!. Hoheiten dem Prinzen Georg, Prinzen Friedrich August, Prinzen Jo hann Georg, Prinzen Max und der Prinzessin Mathilde im roten Salon und nahmen dort zunächst die Vorstellung der neu angemeldeten Damen und Herren entgegen. Darauf begaben Sich die Aller höchsten und Höchsten Herrschaften (mit Ausnahme Sr Königl. Hoheit des Prinzen Friedrich August, Höchstwelchcr Sich nach den Vorstellungen zurück gezogen hatte), umgeben von den Damen und Herren des Königl. großen und des Prinzl. Dienste-, in den Ballsaal, und hielten hier, ehrfurchtsvoll von der Festversammlung begrüßt, einen kurzen Cercle. Gegen ^10 Uhr begann der Tanz mit einer Polonaise, an der sich beteiligten: Ihre Majestät die Königin mit dem Königl. Preußischen Ge sandten Grafen Dönhoff, Se. Majestät der König mit Frau Minister v. Thümmel, Se Königl. Hoheit der Prinz Georg mit Frau Minister Schurig Ihre Königl Hoheit die Prinzeß Mathilde mit dem König! baye- Lunss und Wissenschaft. Der döse Geist.*) Roman »on A. G. v. Suttner. I. „Hast Du schon gehört, Zoe? Marcel Tannenberg soll gestern endlich wieder in Steinbrunn eingetroffen sein " „Ei wirklich? Marcel? Nun wird er doch seine Reiselust genug gesättigt haben, nm auf einige Zeit das unstete Leben aufzugeben. Wie lange ist es her? Ein Menschenalter —" Baron Ragotz lachte auf: „Ein Menschenalter! Zehn Jahre, Kind; heute vor zehn Jahren nahm er hier von uns Abschied." „Für mich immerhin ein Mcnschenalter, denn da mals war ich ein kleines Mädchen — „der Fratz" — wie er mich immer nannte, und jetzt bin ich eine er wachsene Person — eine alternde Dame sogar, wie die galanten Herren unter sich sagen würden, denn in ihren Augen zählt ein Mädchen von vierundzwanzig Jahren zum — alten Eisen." „Na, na, sie wissen recht gut zu unterscheiden, Kind: nicht die Jahre machen es aus, sondern die Goldfüchse. Als Karl WangenfelS die dreißigjährige Millionenerbin heimsührte, hieß eS: Eine reizende junge Person! Und als Fürst Reichenbach die mittel lose Frieda HelmerS zur Gattin auSerkor, bemerkten * UaktfuAtrr Nachdruck uutersagt. die guten Freunde: Eine einigermaßen verblühte Schöne! obwohl sie nur zweiund Zwanzig zählte. Du siehst also: nicht das Alter entscheidet, sondern die blanken Dukaten und die steifen Banknoten geben den Aus schlag. Allerdings," fügte er seufzend hinzu, „auf unserem Vuchenfeld habe ich bisher noch keine Gold mine entdeckt. Da ist unser geheimnisvoller Nachbar Jörg v. Eytzing glücklicher gewesen, wenn man allem glauben darf, was über ihn gesprochen wird." Lieber Himmel, was wissen die Leute in ihren müßigen Stunden nicht alles zu übertreiben!" „Freilich, freilich — aber Thatsache ist es, daß er das stark verschuldete Gut von allen Lasten frei gemacht hat und daß die neuen Fabrikanlagen große Einkünfte abwerfen; ich weiß es eben so bestimmt, wie daß sein Oheim, den ich genau ka! nie, bis über die Ohren in Schulden steckte. Sonderbar übrigens, daß uns der Herr Nachbar noch keinen Besuch ge macht hat" „Ei, so ein Fabrikshcrr hat den Kopf sicherlich so voll mit Geschäften, daß er wohl kaum Zeit findet, sich um andere Dirne zu kümmern; auch ist es die Frage, oo ficy ein Umgang mit ihm angenehm ge stalten würde; man spricht nicht das Beste über ihn und seine Art, wie er mit den Leuten umgeht, die eigentlich den Honig in seinen Korb zusammentragen und verarbeitend „Was wissen die Leute nicht alles in ihren müßi gen Stunden zu übertreiben," wiederholte der Baron die Worte seiner Tochter. „Allerdings, aber hier wird eS mehrfach be- stätigt." Ein Diener unterbrach das Zwiegespräch mit der Meldung, daß Herr Baron Marcel Tannenberg eben vorgefahren sei und bitte, empfangen zu werden. „Aber natürlich!" rief Baron Ragotz aufspringend und nach seiner Mütze greifend, um samt der Tochter dem Besucher rntgegenzueilen. „Grüß Gott, mein lieber, junger Freund," rief er dem Ankömmling ent gegen, der bereits die Treppe heraufgeschritten war. „Wie können Sie nur lange fragen, ob man Sie hier empfangen will!" und er schüttelte dem Sohne des Jugendfreundes warm die Rechte, dann heiter auf die Tochter weisend: „Kennen Sie noch die kleine Zoe? Ist groß geworden, was?" Marcel hatte bereits den Hut gezogen und die dargebotene Hand Zoes ergriffen. „Und ob ich sie noch kenne!/ rief er, eine kleine Befangenheit bemeisternd. „Allerdings hat sich die Gestalt verändert, aber di» Züge sind noch ganz die selben, immer die kleine Zoe von damals —" „Der Fratz!" unterbrach sie lustig, und bei dieser Erinnerung an alte Zeiten verzog sich auch sein Mund zu einem guten Lächeln, wobei hinter dem blonden Schnurrbarte zwei Reihen sehr weißer Zähne hervorschimmerten. „Der Fratz!" rief er. ,Za, ich habe Sie als kleines Mädchen viel geplagt und geärgert, nicht wahr? Erbitte mir heute Absolution dafür und schwöre, Sie nie mehr zu peinigen." „So nun gehen wir aber hinein," schlug der Schloß herr vor. „Es giebt ja eine schwere Menge zu er zählen; nach der langen Dauer Ihrer Reise zu ur teilen, müssen Sie unsere gute Erdkugel von allen Seiten kennen gelernt haben" „So ziemlich", versetzte Marcel, wahrend alle drei dem Arbeitszimmer des Barons zuschritten. Dort angekommen, wies der Hauc-Herr dem Gaste einen Lehnstuhl am Kamin an u:d ließ sich an der Seite der Tochter auf dem gegenüberstehenden kleinen Divan nieder. „Also, mein lieber Marcel, Sie haben nun die Welt gesehen und werden sich hoffentlich auf längere Zeit von Ihren Reisestrapazcn erholen, wie?" „Wer kann das wissen?" versetzte der Andere achselzuckend. „Wenn man einmal diese große Freiheit genossen hat, mag es einem bald in seinen vier Mauern eng werden." „Oho, das ist nicht schmeichelhaft für uns!" „Ich sprach nur von meinen vier Mauern — und jedenfalls will ich Sie bitten, hier öfters vor sprechen zu dürfen, um meiner Ernsamkeit drüben zu entgehen." „Das versteht sich doch von selbst. Übrigens werden Sie wohl auch öfter die Gesellschaft Ihres Bruders haben.// „Öfters kaum. Ich erwarte zwar Hans in der nächsten Woche, aber er ist ein so eingefleischter StaatSdiencr geworden, daß ihm die ländliä,e Stille und Beschäftigungslosigkeit kaum gefallen dürfte." „Glaub's wohl; bei der Diplomatie fehlt es den Herien nie an Abwechslung und Zerstreuung. Sie sehen allerhand Länder und Leute —" „Hans ist auf einige Zeit in daS Ministerium zurückberufen worden", unterbrach Marcel. „Es ist dies so eine Art Übergangsposten zu einer höheren Stelle." lFoitjttzunz folg« )
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