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Dresdner Journal : 24.01.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189301241
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930124
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930124
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-01
- Tag 1893-01-24
-
Monat
1893-01
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 24.01.1893
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demokratischer und sozialdemokratischer Seite fortgesetzt über daS Schicksal der Militärvorlage als Thatsacheu verbreitet werden. — In die GewerbeordnungSnovelle vom 1. Juni l89l sind bekanntlich nicht nur Bestimmungen ausgenommen, welche den Arbeitern neue Rechte ge währen, sondern auch solche, welche ihnen Pflichten auferlegen. Allerdings sind der letzteren Bestimmungen im Verhältnis zu ersteren recht wenige, auch sind die selben meist fakultativ, während die ersteren fast durchweg obligatorisch sind. Zu den fakultativen Vorschriften gehören auch die, w-lche zur Hebung der Zucht unter der jungen Arbeiterschaft dienen sollen. Noch beim letzten Bergarbeiterausstand im Saargebiet hat man gesehen, daß gerade die jungen Arbeiter die größten Hetzer sind, eine That- sache, die übrigens in jeter sozialdemoklatischen Volks versammlung ihre Bestätigung findet. Eine Hebung der Zucht unter den jungen Arbeitern würde deshalb auch zur Förderung des sozialen Frieden- beilragen. Der älteren Arbeiterschaft selbst ist insofern in der GewerbeordnungSnovelle Gelegenheit zur Einwirkung auf die junge Arbeiterschaft gegeben, als es den Arbeiterausschüssen gestattet ist, für das Verbalien der nicht großjährigen Ai beiler auch außerhalb des Betriebes Anordnungen zu treffen Ob nach dieser Richtung in zwischen schon viel geschehen ist, schreiben die „B. P. N", ist nicht bekannt geworden, wohl auch nicht wahrscheinlich. Ziemlich sicher aber war bisher, daß von der den Gemeinden in der Novelle gegebenen Befugnis zur Hebung der Zucht unter den jüngeren Arbeitern leider wenig Gebrauch gemacht war. Die Gemeinden können nämlich durch Statut festsetzen, daß der von minderjährigen Arbeitern verdiente Lohn an die Eltern oder Vormünder und nur mit deren schriftlicher Zustimmung oder nach deren Bescheinigung über den Empfang der letzten Lohnzahlung unmittel bar an die Minderjährigen gezahlt wird, auch daß dir Gewerbetreibenden den Eltern oder Vormündern innerhalb gewisser Fristen Mitteilung von den an minderjährige Arbeiter gezahlten Lohnbelrägen zu machen haben. Nunmehr jedoch scheint es, als wenn die Gemeinden sich etwas mehr mit der Lösung der ihnen hier auf sozialem Gebiet gestellten Aufgabe be schäftigen wollten. Wenigstens wird aus Süddeutsch land von verschiedenen Gemeinden berichtet, welche die Auszahlung des Lohnes an Minderjährige im Sinne der Gewerbeordnungsnovelle durch Statut geregelt haben oder zu regeln beabsichtigen. Ein solches Vor gehen kann nur Anerkennung finden und sollte zur Nacheiferung anspornen. Wenn den minderjährigen Arbeitern etwas mehr Sinn für Autorität eingeflößt wird, als sie gegenwärtig im allgemeinen besitzen, so dürfte dies nicht nur für Staat und Gesellschaft, son dern vor allem für die Arbeiter selbst von günstigen Folgen begleitet sein. — Zu zwei wichtigen TageSfragen nimmt die gut bediente „Pol. Corr." in folgender Darlegung ihres Berliner Mitarbeiters das Wort: Tie milder Panamaangelegcnheit zusammenhängenden Vorgänge und Enthüllungen Haden bisher nur ausschließlich interne Bedeutung; man kann eS ruhig den Franzosen über lassen, die ge>amte Frage zu demjenig-n AurUag zu bringen, der ihren Änlchauungen entspricht. Man dars selbst den Wunsch hegen, daß die Krisis ohne wesentliche und tieser eingreisende Erschütterungen vorübergehin möge, da das augenscheinlich im Vorteile Europas liegt. Es ist indissen noch ein anderes Moment hinzugetreten, welches der Sache eine gewissermaßen internationale Bedeutung leiht, indem Versuche gemacht wurden, Vertreter sremder Mächte in den Schmutz der Verleumdungen hinemzuffchen und sie ivwohl in ihrer persönlichen Ehre, wie in ih er amtlichen Beiustsührung anzugreuen. Die Verleum dungen haben sich zunächst gegen den Vertreter des Kaisers von Rui land gerichtet, sodann gegen den srüheren italienischen Bot schafter, im weiteren Verlause gegen die jetzigen Vertreter Eng lands und Österreich-Ungarns. Die sranzösftche Regierung hat nun den Versuch gemacht, dir Schuld an diesen Angriffen aus sremde ZeitungSberichterstatter abzulenkcn und die Gelegenheit benutzt, um einige unliebsame ZcnungOchrciber aus Frank reich auszuweisen; aus die sehr bemerkenswerten Leistungen der sranzösischrn Presse in der ganzen Frage wurde aus guten Gründen nicht Weiler cingegangen. Wenn nun aber in Frankreich der Vertreter einer Macht, wie Rußland gegen welche die Franzosen bekanntlich die höslichsten Rücksichten zu >ehmen allen Grund haben, sich den gemeinsten Verleumdungen au-ges tzt sieht, ohne den cns rechenden Schutz und die gebührende bwehr seilens der Rcgnrung zu finden, so wi.d man sich sagen müßen, daß die Vertreter anderer Mächte, die nicht daS Glück haben, Frankreich so nahe zu stehen, wie Rußland, den Gehässigkeiten der chauvininischen Hetzpresse in einem noch wesentlich höheren G ade ausgesetzt sind. . as Bestreb n, nicht französische Sündenböcke zu finden, namentlich solche denen oe enüb-r man schon an urd sür sich manches aus dem Herzen hat, macht sich in der jetzigen Phase der Prnamaangelegeaheit ersichtlich mehr und mehr gel end. Angesichts dieser Dhaisache dürfte wohl demnächst die Frage aus der Tagesordnung erscheinen, ob es nicht im Interesse der wünschenswerten freund lichen Beziehungen der anderen Mächte zu Frank reich liege, zur diplomatischen Vertretung nach Paris fortan lediglich solche Beamte zu senden, welche ihre Regierung vertreten, an Stelle von Botschaftern, welche bekanntlich nach internatio nalem Rechte die Person ihre» Souveräns reprä sentieren und deren Lerunglimpsnng daher in dem fremden Staate, bei welchem sie accreditirrt sind, jedenfalls eine ungl-ich größere Bedeutung an- nimml, als bei Funktionären der erstbrzeichneten Art. Was die ägyptische Krise betrifft, die sich in den jüngsten Tagen abgespielt hat, so muß man zugeben, daß dcS Ministerium Gladstone dadei eine große Energie entsaftet und den Bewers geliefert hat, wie man bei wirtlichen englischen Juftressen keinen Augenblick mit der gebotenen Aktion zaudert und ohne Rücksicht a..f die bekannte Franzosensreundschaft vor geht Daß man in den sianzösilcken RegierungSkreisen sich be wogen sühlt, gute Miene zu der Sache zu machen und Linge geh n zu lassen, die man nicht ände-n lann, scheint sich aus der amtlichen Erllärung zu ergeben, daß die Ernennung von Riaz Pa cha aus einem zwischen England und Frankreich verein- baiten Übereinkommen beruhe. In der Kammer zeigte man sich davon nicht gerade zusriedengestellt. Indessen wird sich die augenblickliche Erregung wohl auch bald legen, wenn man auch in Paris einsthen wird daß die Engländer ein zu berecht gies Interesse an der Bufrechte-Haltung cer Ordnung in Ägypten haben, um einer ohne oder gegen ihre Zustimmung erso genden Regieiungkveränderung gl-ichg,ltig zuzusehen. Auch würden Wide, spräche gegen Ihatsächllche Veränderungen in Ägypten w-rkungSlos sein. — Mit den Angriffen der französischen Presse auf auswärtige Botschafter in Paris be schäftigte sich auch die „Köln Ztg", die in ihrer Nummer vom 2t. d. Mts. schrieb: „Tie Angriffe aus den russischen Botschafter in Paris" be ginnen immer weitere Kreije zn ziehen. Baron Mohrrnheim hat sicherlich nicht den geringsten Anspruch darauf, in Deutsch, land bemitleidet zu werden; aber wenn seine Persönlichkeit alS solche außer Betracht gelassen wird, wenn man lediglich seine Eigenschaft als Vertreter der Person de» Zaren bei dem Präsi- deulen der französischen Republik inS Auge saßt, so wird der Gedanke immer mehr in den Vordergrund gedrängt, daß, was heute in Paiir ungestraft dem Vertreter des meist befreundeten Herrschers gegenüber geschehen dars, morgen ebenso leicht den Vertretern der übrigen Herrscher wiederiahren kann. Schon sind der jetzige österreichisch-ungarische und der engl-sche Bot- schafter ähnlichen Be dächtigungen ausgesetzt gewesen; der Name des srüheren italienisch n BolschaslerS Gräfin Menabrea ist «n widerlicher Weise von der Pariser Presse in den Schmutz gezogen worden Jetzt macht sogar d^r ossiftöse „Temps" den frechen Versuch, die aus ureigenstem Pariser Baden erwachsenen Verdächt gungen des Barons Mohrenheim als eine polilische Änst-ftu g des Dreibundes oder doch wenigstens Ö :crreich- UngarnS darzustellen. Er schrieb am 16. d MtS ,n einer seiner bekannten ojfiziösen Roten: .,Jn dem Berleumdungtseld- zag, der jetzt im Gange ist. ist man besonders darüber erregt, daß man sieht, wie Angriffe gegen die Vertreter der fremden Mächte gerichtet werden, und vor all:m, daß gewisse französische Blätter s eschuldigungen gegen den Botschafter einer mit Frankreich durch die Bande engster Freundschaft ver bundenen Macht Nachdrucken, di? einer auswärtigen, in einem der Länder des Dreibund s erscheinenden Zeitung entnommen sind Es ist unmöglich, darin nicht ein politisches Manöver zu erblicken" Damit ist der offiziöse Ve such gekennzeichnet, die Beidächtigungtwul der Paiiser Presse von dem ..uwonssaäeur U'uue puissuncv uurv a ja kraue« pur äe» Neu» cl'ktrort« amitie" aus die Bctschaster „äes natiorurlrton 6« la tripls ulliunoe" abzulenken, und bei dem gioßen Einfluß, den feit jeher in auswärtigen Dingen die ftanzösijche Regierung aui die Haltung aller Pariser Blätter, gleichviel welcher politischen Richtung sie angehören, auSübte, wird man befurchten müßen, daß dieser Wink in ganz-r Deutlichkeit verstanden werden wird. Für die Dreibundmächie wird sich daraus dre Frage ergeben, ob sie die Vertreter ihrer Herrscher schutzlos solchen Verdächtig ungen preisgeben sollen. Die franzögsche Gesetzgebung scheint ausreichenden SLutz nicht zu bieten; sie zur Änderung der voihandenen Bestimmungen zu veranlassen, ist ausschließlich sranzösitche Sache. Aber vielleicht dürste cs nicht unzweckmäßig fein, daß, so «ange dieie mit dem Panamakrach, wie es schein», unzertrennliche Verleumdungswut noch cnhält, d e ausländischen Botschafter vorziehen, außerhalb Frankreichs der Enlwickeluag der Dinge zuzusehen Paris bietet nicht mehr den Schutz, der eine der schönsten Zierden der einst so gastlichen Stadl war, es gleicht augenblicklich einen, Krankenhause, in dem sich viele schwer erkrankte Politiker befinden; und da erscheint es nicht unzweckmäßig, daß wenignenS die Gesunden sich so lange fern haften, bis die Krisis überstanden ist Die „Nordd. Allg Ztg." druckt heute diese Aus lassung ab und sagt: Hierzu ist zu bemerken, daß, so weit an unterrichteten Stellen bis dahin bekannt, An griffe und Verdächtigungen der bezeichneten Art gegen den diesseitigen Botschafter in Paris, den Grafen Münster, nicht erfolgt sind. Sollten aber infolge der Verleumdungen, denen nacheinander die Herren Mohren heim, Menabrea, Hoyos und Dufferin ausgesetzt worden sind, die großen monarchischen Mächte sich dazu ent schließen, einen Schritt, wie den obengedachten zu thun, so würde sich Deutschland mit ihnen zweifel los solidarisch erklären. /Sp Weimar, 23. Januar. Ihre König! Hoheiten der Erbgroßherzog und die Frau Erbgroß herzogin find gestern nachmittag noch Berlin geieist. — Ihre König! Hoheit die Frau Großherzogin wendet der Förderung der freiwil!igen Kranken pflege ein lebhafte- und thatkräftigeS Interesse zu. Sie hat in Weimar das SophienhauS begründet, daS Krankenhaus und zugleich AuSbildunasanstalt sür Krankenpflegerinnen rst. Die Zahl der in derselben und auf zahlreichen Stationen des Landes wirkenden Pflegerin en betrug zu Anfang d. I. 92. Die Pflegerinnen erhalten ihre Ausbildung hier und in den akademischen Heilanstalten in Jena, in welchen sie auch stationiert sind, ebenso wie im hiesigen Sophien- haus, in Apolda und städtischen und ländlichen Ge meinden des GroßherzogtumS. — Am Sonnabend und Sonntag traten, nachdem die Kälte nachgelassen hatte, starke Schneefälle ein, die manche Stockungen im Bahnverkehr bewirkten. Dieselben sind heute zum größien Teil behoben. * Wien, 23. Januar. Nach heute vorliegenden Meldungen ist die Pause, die in den Verhandlungen zur Bildung einer Reichsratsmehrheit eingetreten ist, lediglich darauf zurück-usühren, daß die Hoffestlich, leiten, die anläßlich der Vermählung eines MiigliedeS des Kaiserhauses in der abgelaufenen Woche startfanden, nicht die nötige Zeit gewährten, um an entscheidender Stelle endgiltige Beschlüsse zu fassen. — Se. Majestät der König von Rumänien trifit auf der Rückreise von Sigmaringen mit Gefolge morgen vormittag in Wien ein und wird nach kurzem Aufenthalte die Fahrt nach Bukarest fortsetzen. Paris, 22. Januar. Die Beratung über die KultuSausgaben hat, wie wir ergänzend milteilen, gestern in der Kammer zu einer lebhaften Wechselrede zwischen dem Berichterstai ter Dupuy-Du temps und dem Unterrichtsminister CH. Dupuy Anlaß gegeben. Ter Berichterstatter verlangte im Namen des Budgetaus- schußcs, daß man sich bei Auszahlung der Gehält-r für die hohen geistlichen Würdenträger genau an die Vorschriften des Konkordats halte, und zwar die Bischöfe und Pfau er, aber »ichi dr? Erzb scheje und Generalvckare besolde. Die letzteren möchten bei den kongreganistischen Kassen anklopjen. Dem gegen über verteidigte der Minister sehr geschickt und mit einer sreund- l.chen Ruhe, welche filbst die Radikalen entwaffnete, die Kredit- vorichlägc der Regierung. Er seyte auseinander: die billige Auffassung des Konkordats erheische, daß man alle Bisch'fe und Generalvikare der Vorteile desselben teilhaftig mache, und s »loß mit einer sehr beifällig ausgenommenen Mahnung zu religröfim Frieden. Die von der Regierung beantragte Kreditziffer wurde darauf mit 315 gegen 198 Stimmen bewilligt. Sodann kam das Budget für die tunesische Re gentschaft an die Reihe. Hubbard bekämpfte das Protektorat. Er beklagte sich darüber, daß man auf den tunesischen Münzen vergeblich das Bildnis ter sranzönschen Republik iucbe; daß über der Flagge aus den tunesischen Gebäuden der Halbmond des Islam schwebe; daß den Bewohnern der Regentschaft nicht die Republik, son dern nur der Bey bekannt sei u. s. w. Der Premierminister R i b o t antwortete mit einer sehr ver- sühlerrschen Schilderung der Fortschritte, welche die Regentschaft dem sranzösischcn Protektorat »erdanke, und ihres zunehmenden Wohlstandes. ,W>r werden", sagte er schließlich, „in Tunesien Eisenbahnen bauen, und zwar ohne Anleihe. DaS ist ein Re sultat, welche» ich der Aufmerksamkeit des Hrn. Hubbard cm- vsehle. Der Hafen von Tunis wird in diesem Jahre eröffnet werden; wir werden auch deu Hasen von Bizerta bauen. Nennen Sie das verlorenes Geld unv eine schlechte Politik? r r. Hubbard geht mitunter nach Italien w» er zahlreiche und eifrige Freunde hat. Er befrage sie darüber, ob man dort diesen Ärbeiien keine Wichtigkeit zugesteht. Wir bed-ohen niemanden, aber wir widmen unsere Hilfsmittel einem Werle, welches seinen Nutzen und seine Größe hat . . ." Am Schluffe der Sitzung brachte Le Herissv feinen Antrag ein, daß keiner der jetzigen Abgeord neten in die künftige Kammer gewählt werden könne. Derfelbe wurde mit einiger Heiterkeit ausgenommen und dem sogenannten Jnitiativausschusse überwiesen, da Le Herissö nicht die Dringlichkeitserklärnng ver langt hatte. Tie Blätter finden zum guten Teile den Antrag sehr vernünftig, ohne darum im geringsten an seinen Erfolg zu glauben — Im Senat ging gestern das Gesetz, welches die Bank von Frankreich er mächtigt, ihren Notenumlauf auf 4 Milliarden zu er höhen, ohne Schwierigkeit durch. Nur Buffet be kämpfte dasselbe Er bemerkte, die Bank habe schon zu viel Papier ausgegeben und der Metallumlauf sei nicht ausgedehnt genug. Dem hielt der Finanzminister Tirard entgegen, die Handelswelt verlange ungestüm nach BankbilletS; im Auslande sogar würden die adressiert, avgab und darnach im Gastzimmer des Erd geschosses rind unter Marlins Beihilfe einen Offiziers- kcsf'r zn p.:cken begann Und mitten in all dieser Geschäftigkeit erschien Heinrich Hagen, der in seiner Wohnung zum Morgengruß ein zweite« Schreiben seiner Base Christine erhalten halte, nach dem er den von ihr gewünschten Besuch nicht länger verzögern mochte. Der junge Fabrikherr stand nach seinem Ein tritt in die Vorhalle ein paar Augenblicke still und bemerkte mit einiger Verwunderung, daß sich keiner der Diener zeigte. Indem er der Treppe zuging, wurde im Gange link- von dieser eine Thür auf- gerissen, sein Vetter Franz, in der einen Hand den Hut. in der anderen einen ossenen Brief, zeigte sich auf der Schwelle und rief: „Du hier, Heinrich ? Komme sogleich zu mir herein!" ,Lch wollte zu Christine, die mich erwartet." „Einerlei — kommst noch Zeit genug, ihren nassen Jammer zu sehen. Nur ein paar Minuten, Du sollst Wunderdinge hören" Heinrich sah in Franzens Zügen einen Ausdruck von Erregung und Verstörung, der ihm in diesem selbstzufriedenen Ge sicht ganz neu war. Er folgte dem Vetter in seine Gemächer und hier sprudelte ihm Franz, der sich kaum die Zeit ließ, seinen Hut wegzulegen und dem Ein- tretenden die Hand zu bieten, hastig entgegen: „Ich wollte soeben zu Dir hinüber. Was sagst Du, wa» denkst Du? Ja so — Du weißt noch von nichts, ich dachte, Christine hätte Dir schon alles geklagt. Er innerst Du Dich, was ich Dir gestern über daS so genannte Fräulein Münter erzählte? Eine Menschen- fischerin! — Menschenfischcrin der gefährlichsten Art, daS hat sich rasch ausgewiesen. Stelle Dir vor, daß sie sich unter falschem Namen bei uns eingeschlichen hat, daß sie die Schwester des kahlen Lieutenants v. Gravenreuth ist, den wir schon im Hause hatten, daß der Herr Bruder gestern abend den Versuch machte, mir da» Fräulein Schwester zur Frau auf- zudnngen und daß er eben jetzt, nachdem ich sein un erhörtes Ansinnen gebührend zurückgewiesen, mich vor die Pistole fordert! Was meinst Du zu dem netten btücklein, Heinz?" (Fortsetzung folgt) Kcnzert. Am letzten Sonnabend gab Hr. Eugen dAlbert in Branns Saal einen Klavierabend. Seine hochaukgebildete Technik, die im Vortrag der 6-äur- Etude Rubinstein- und der LiSztschen Tarantelle vir tuosen Glanz entwickelte, ward in der Ausführung von Seb. Bachs Passacaglia und Beethovens Wald steinsonate ganz einem tiefen musikalischen Empfinden, größter Treue und geistvollem Verständnis des Spielers dienstbar. Ten von ihm für Pianoforte bearbeiteten 6-moN-Satz meisterte d'ülbert durcb Krast und Ton fülle, durch den strengen adeligen Stil des Vortrags und breitete das polyphone Gewebe mit wundervoller Deutlichkeit vor den Hörern aus. Und gleich hoch stand die Wiedergabe der Sonate, die wir nur selten zuvor in ähnlich vollendeter klarer und beseelter musi kalischer Gestaliung gehört haben. Wie plastisch traten uns in dieser Ausführung die reichen thematischen Gebilde entgegen, wie mächtig ward das Adagio dekla miert und andererseits wieder in seiner breiten Kantilene seelenvoll hervorgehoben, wie innig berührte die liebliche Anmut des Rondo, das in dcr großen Kadenz prachtvoll ausschäumte und zuletzt im Prestissimo der Coda alle Lebensgeister deS Künstlers in Erregung brachte! Die ll woll Sonate von Chopin, welcker Hr. Rosenthal neulich seine übermütige Bravour sühlen ließ, faßte Hr. d'Älbert, daS weitaus größere musikalische Talent ruhiger, und feinfühliger au, obgleich er gerade im Largo nicht soviel Stimmung»- wärme erzielte als der genannte Hexenmeister. Da neben fanden besonder- Brahms' Rhapsodie, Rubin stein» Barcarolle und daS Petrarca-Sonett Des äur von Li-zt in demKonzertgeber einen vorzüglichen Interpreten. Gestern fand in Brauns Saal ein Vokal-Quar- tett-Abend statt, den Hr. Max Ronneburger vor bereitet hat'e und an dessen Ausführung die Konzert sängerin Frau K. Müller-Ronneburger (Berlin), die Hosopernsängerin Frl. Fröhlich und Hr. Konzerlsänger R ichert beteiligt waren. Die Darbietungen deS Quartetts nachten einen recht freundlichen Eindruck, ohne durch stimmlichen Reiz und Schwung des Vor trags stärker zu wirken. Dem Hrn. Konzertgeber ist für die geschmackvolle Wahl der Programmstücke be sonders zu danken. Die „Ukrainischen Liebeslieder" von Iwin Knorr, eine Folge von neuen wohlklingen den Gesängen, erregten mit ihrer originellen Melodik und frischen Rythimk sowie mit manchen interessanten Zügen in der Harmonik und im reizenden Kolorit lebhaftes Gefallen bei den Hörern. Auch in Heinrich HofmanuS „Minnespiel", einem Cyklus von elf Walzern, fanden sich mehrere liebenswürdige Stücke. Frau Müller- Ronneburger sang eine Mozartsche Konzertarie nicht gerade stilvoll und warm im Ausdruck, aber musi kalisch korrekt mit wirksamer Entfaltung ihrer vor züglich geschulten, namentlich in der Höhe ausgiebigen, klaren und sympathischen Sopranstimme. Hr. Kammer musikus ElSmann beteiligte sich mit dem Vortrag des Andante aus Mendelssohn» Klavierkonzert und zweier Virtuosenstücke von Hauser und Eberhardt. Er ist ein musikalisch empfindender Geiger, der sich auch mit Bravourausgaben sehr achtbar abfindet; nur darf darin nicht allzu viel Flogeolot gefordert sein. Die Klavierbegleitung führten Hr. Clemens Braun und Frl. Lehmann ansprechend aus. » Rubinstein-Motin-. Bei Frl. v. Kotzebue hatte am Sonntag eine Rubinstein-Matine viele Musik freunde versammelt. Rubinstein selbst, dcr in unserem selben begehrt; die Annahme de» Gesetze» würde der Bank gestatten, einen ansehnlichen Geldvorrat wieder herzustellen Blavier, von der Rechten, hob seinerseits hervor, es sei wünschenswert, solchergestalt einen KriegS- fchatz zu bilden. Der Berichterftatter Boulanger voll ends überzeugte den Senat, indem er mitteilte, am vorigen Freitag allein seien der Bank, die keine Billet» mehr auSzugeben hat, 21 Millionen in Gold entzogen worden. * Pari», 23. Januar. Es ist kaum noch zu be zweifeln, — schreibt die „Köln. Ztg." in ihrer heute früh vorliegenden Nummer — daß die Verdächtig ungen der Botschafter der Dreibundsmächte, sie planten eine Verschwörung gegen Frankreich, von der französischen Regie, ung selbst ausgegangen sind und von ihr aus den Weg in die Presse gefunden haben. Zeuge dafür ist der Polizeikommrssar Coche- fert. Er war damit beauftragt worden, Hrn. Szekely, den jetzt ausgewiesenen Berichterstatter des „Budapesti Hirlap", zu verhaften, und besonders scheint man ihm ans Herz gelegt zu haben, den Hintermann Szekelys, aus den die Verleumdung de» Botschafters v. Mohren heim etwa zuiückzufüyren sei, auefindig zu machen. In seinem Eifer vertraute dieser Kommissar Hrn. Sze kely. wie dieser in einem Briefe an den „Matin" er zählt, an, „man glaube hohen Orts, daß eine Ver schwörung bestehe, die eine fremde Macht gegen Frank reich ins Werk setze", er beschwöre ihn deshalb ihm seine Quelle, dcr die Beschimpfung des russischen Bot schafter» entsprungen sei, zu nennen. Da nunHr. Szekely, wie er behauptet, ein großer Verehrer Frankreichs ist und trotz seiner Ausweisung bleiben wird, so that er dem Kom missar den Gefallen und bekannte, daß die Nachricht, Hr. v. Mohrenheim habe 500000 Franken Panama geld genommen, von dem ehemaligen Deputierten und jetzigen Herausgeber der „Union Mediterraner" stamme und daß dieser ihn gedrängt habe, sie seinem Blatte mitzuteilen. Damit war der Sündenbock im eigenen Lande, auf den man so eifrig fahndete, ge funden: aber obgleich bereit» einige Tage darüber hingegangen sind, verlautet noch nichts, daß man e» der Mühe wert gehalten, diesen Hrn. Gromier auch nur zu vernehmen. Einem Mitarbeiter des „Matin" gegenüber hat Gromier in sehr verworrener Weise die Richtigkeit der Behauptung Szekelys bestritten und den Spieß umgedreht, indem er nun seinerseits Szekely beschuldigt, ein Werkzeug jener Verschwörung zu sein, die „gewisse fremde Mächte gegen Frankreich anzettelten." Auf ihn suche Szekely die Verant wortung für die Nachricht über Hrn. v. Mvhrenheim abzulenken, „um den Grafen Hoyos, Blowitz und die Agentur Dalziel zu retten", sagt Gromier. Ob die französische Regierung dem österreichischen Botschafter wegen dieser öffentlich gegen ihn erhobenen Beschul digung ebenso Genugthuung geben wird, wie sie sich beeilt hat, dem russischen Botschafter alle im In- und Auslande gegen ihn verbreiteten Verleumdungen ab zubitten? Da der PolizOkommissar Cochefert verraten hat, daß die Regierung selbst an diese „Ver schwörung gewisser fremder Mächte" glaub», erscheint das zweifelhaft; der Kaiser von Österreich aber und andere „gewisse fremde Mächte" werden dann noch mals zu prüfen haben, ob es nicht ihrer Würde an gemessener wäre, ihre Vertreter durch eine Beur laubung auf unbestimmte Zeit den Verleumdungen der Presse und dem Argwohn der Regierung in Frank reich zu entziehen. Die letzten Bemerkungen des rheinischen Blattes werden zum Teil hinfällig gemacht durch das Be kanntwerden neuerer Nachrichten. So wird der „Nat.-Ztg" unter dem 22. d. M. berichtet: Es liegt auf der Hand, daß die Angriffe der Hetzpresse gegen einige hiesige Botschafter, namentlich gegen den Botschafter Österreich-Ungarns, Grafen Hoyos, die Aufmerksamkeit der betreffenden Botschafter erregen mußten. Der österreichische Botschafter hat sich, da die Sache gar zu arg wurde und immer mehr auszu- arten drohte, gestern nachmittag auf Anweisung seiner Regierung zu dem Minister des Äußern begebeu und demselben die Notwendigkeit dargelegt, daß die Regierung in angemessener Weise versuche, dem wüsten Treiben ein Ziel zu setzen. Hr. Develle hat dem Grasen Hoyos antworten können, daß er selbstverständlich die unerhörten Ausschreitungen der Hetzpresse auf das lebhafteste bedauere, aber auf dieselbe keinen Einfluß besitze und auch den Be stimmungen des Preßgesetzes zufolge gegen die de- öffentlichen Kunstleben noch nicht die gebührende Würdigung gefunden und der auch seinerseits noch nicht den welfach erwünschten produktiven Anteil an demselben genommen hat, war zugegen und überrasch:; und entzückte.am Schluß die Anwesenden mit einigen Vorträgen. Er spielte eine „Melodie" und ein slavischcs Tanzstück von ausgelassener Rythmik. E» war ein unvergleichlicher Genuß, diesen größten lebenden Pianisten zu hören. Kein anderer unter den jüngeren Spielern hat soviel Gesang und Kolorit im Ton, soviel Poesie und Grüß' des Empfindens im Vortrag wie Rubinstein, der unk sein Instrument vergessen macht, der nicht spielt, son dern dichtet, träumt, donnert und uns mit zauber hafter Gewalt in den Kreis seiner Phantasie zwingt.... Das Programm der Matinee war sachgemäß aus schließlich von Rubinsteinschen Kompositionen an gefüllt: Viola Sonate (PruoU), Klaviertrio L ckur, Arien. Duette und Lieder. Frau Mary Krebs und Hr. Reinmele spielten die Sonate bis auf eine kurze Mattheit im Schluß-Allegro mit größter Hingabe temperamentvoll und prächtig beherrscht im Technischen. Für die Ausführung des Trios verbanden sich mit der einheimischen Virtuosin Hr. Konzcrtmcister Grütz macher und Hr. Kammermusikus Kratina und brachten da« gedankenreiche Werk zu schönem Eindruck. Frau Köhler Grützmacher sang eine anmutige und in der poetischen Stimmung breit auSklingende Arie („Die Kinder der Heide") mit weichem Stimmklang und warn ein Ausdruck und zeigte in der Wiedergabe einer zweiten Arie (aus „Kalaschnitoff"), daß ihre Mittel und ihr VorlragSvermögen auch sür leiden schaftlichere Stücke genügende Elastizität hergeben. Frl. Morell über aschte durch ihre sonore Altstimme, die sie schon mit Geschmack verwendet; mit seiner Beto nung sang sie daS Lied aus op. 101 „Hätt' ich da» gewußt". Frl. Ballard hat ein wenig an leichter
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