Suche löschen...
Dresdner Journal : 21.01.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189301212
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930121
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930121
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-01
- Tag 1893-01-21
-
Monat
1893-01
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 21.01.1893
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^»7 Sonnabend, den 21. Januar, abends. 1893. «Nr Vroicko» vieetotjitkelick > KO «7, U»»^rl. 6»ut»ck«> k»»t»o»t»lto» Liertot- I^U«d S tlork; »u»«rU»Ib 6— äeutocUeo Koie^o» tritt ?o»t- unä 3tewp«Iru»ckI»« küu». lLioroloo Kvmwero: t0 kk. «Nr -«u N»um «ioor ^«»poltsneu 2sU« Aoürilt iS ?k. Unter „LiogernnUt" Ui« Teile d0 kt. Le» DebeUen- uoU T»ffern»»t» «ntepr. Xus»eUlu^. Lreedelneo: LU^tjeU mit Xuinekrnv äer 8oon- u. keierte^v »dencl». t'srorprvcU-XorokIu»»: Ur. 12VL. Ares-mrIoumal. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat Gtto Banck, ssrofefsor der ^Literatur- und Kunstgeschichte. ^vu»Umo rov Xnltünillxunxen Luereürter l^iprix: />>. Kruntt«<etter, LowmieeiouLr <1v» Ore»äner lournnl»; Nemdur^ Lrrlui Vi«a I.«ip»ig L»»»I rr»v^krt e. >.: //aaeenrtein <e logier, Lsriin-V>«ll-U»wbiiiA «r»^ - «reniilu-t H Ilüncden: ^u<t. ,- kert« l^inckon L»rUo-«r»llkturr ». ». Stuttg»rl: Da«ü« A 0«., «erlta: /nvai»ltrn<tant, Lr««!»o' L'm«t Lennorer: t7. Lc^»««ter, Lell» ». >.: »7. Larct «tz llerouexederr Ivoigl. Lrpeäitiou äs« Oreeäner lournel«. Orseäeu, TMingeretr. !0. «eru»prsct»-Ao»el»Iu,i: !^r. 12VL- Amtlicher Teil. Wulketin. Vre-dev, 2l. Januar, früh ^8 Uhr. Ihre Kaiser!, und König!. Hoheit Frau Prinzessin Friedrich August haben in der vergangenen Nacht sehr gut geschlafen und befinden Sich, sowie der durchlauchtigste Prinz Georg ganz wohl. vr. Leopold, vr. Fiedler. Wulletin. In der Erkrankung Sr. König!. Hoheit des Prinzen Albert ist die Besserung in erfreulichem Fortschreiten. DaS Fieber hat sich verloren. Der Schlaf war gut. DaS Allgemeinbefinden ist, abgesehen von Schwäche, befriedigend. Dresden, 2l. Januar 1893. vr Jacobi. Dresden, 21. Januar. Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Sachsen Weimar ist heute Nachmittag 2 Uhr 25 Min. nach Berlin abgereist. Dresden, 14. Januar. Se. Majestät der König haben dem in den Ruhestand getretenen Pfarrer Friedrich Hermann Franke in Großdölzig das Ritter kreuz 1. Klasse vom Albrechtsorden Allergnädigst zu verleihen geruht. 'MekannLrnachung. DaS Ministerium des Innern hat 1) der Kranken- und Begräbnißkasse der vereinigten Schuhmacher zu Dresden, eingeschriebene Hülfskasse, 2) dem Kranken- und Begräbniß-Unter stützungsverein der Schuhmacher zu Oschatz, eingeschriebene Hülfskasse, 3) dem Krankenunterstützungsverein zu Langebrück, eingeschriebene Hülfskasse, 4) der Krankenunterstützungskasse der Schuh macher in Pirna, eingeschriebene Hülfskasse, auf Grund N deren revidirten Statuten vom 30. August 1892, 2) dessen revidirten Statuts vom 20. Dezember 1892, 3) dessen durch die Nachträge vom 6. Januar 1888, sowie vom 6. November und 28. Dezember 1892 abgeänderten Statuts vom 30. November 1884, 4) deren revidirten Statuts vom 17. Dezember 1892 bescheinigt, daß sie vorbehaltlich der Höhe des Kranken geldes, den Anforderungen des § 75 des Krankcn- versicherungsgesetzes vom 15. Juni 1883 in der Fassung der Novelle vom 10. April 1892 genügen. Dresden, am 19. Januar 1893. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. Böttcher. Lippmann nichtamtlicher Teil. Telegraphische und telephonische Wachrichten. Halle a. S, 21. Januar. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Der „Halleschen Zeitung" zufolge find in der Irrenanstalt Nietleben bis gestern mittag 37 Personen erkrankt und 19 gestorben. Ler Bestand von gestern abend umfaßt 16 Er- krankik. Außerdem befinde» sich in ärztlicher Be- Luuß und Wissenschaft. Zwischen den Jahren. Novelle von Adolf Stern. t7 (Fortsetzung.) Franz verabschiedete sich nach wenigen Minuten wieder und empfahl durch ein bedeutungsvolles Empor- ziehen feiner Augenbrauen Herrn v Gravenreuth, nicht zu lange auf Eva zu harren. Bodo nahm eine Tasse Thee auS der Hand der Kommerzienrätin und fühlte sich im Grunde behaglich, von Herrn Franz Hagen auf eine Weile getrennt zu sein Er hoffte noch jeden Augen blick auf EvchenS Rückkehr und ließ wohl eine Stunde noch verstreichen, bis ihm trotz der lebendigen Unter haltung über Berliner Herrlichkeiten ein verständliches Gähnen der Tante Cordula zwang, den standhaft be haupteten Platz zu räumen. Im Hinaus- und Herob- gehen hatte der junge Mann eine Anwandlung, sich auf fein Zimmer zurückzuziehen und den Diener mit einer Entschuldigung an den Sohn des Hauses zu schicken. Doch gestand er sich seufzend ein, daß ihn Franz Hagen nötigenfalls aus dem Belte holen würde, um nicht allein zu trinken und daß er, wenn er hier noch irgend zum ersehnten Ziele gelangen wollte, den Bruder EvaS nicht reizen dürfe. So begab er sich also in da« Erdgeschoß hinab und in daS Zimmer, da« ihm Franz bezeichnet hatte. Dessen Thür nach dem Gartensaal war heute geschlossen, im Kamin loderte rin einladendes Feuer, auf dem Tisch stand obachtunz 14 Männer und 8 Kraue«. Gestern find auch die Krau eine» AnstaltSbeamten und zwei Kinder erkrankt. Halle a. S.» 21. Januar. (Tel. d DreSdn. Journ ) Der „Hallrschen Zeitung" zufolge ergab die Untersuchung Prof. Kochs, daß daS Saalewasser unterhalb der Irrenanstalt Nietleben al« ver- dächtig anzusehen ist. Die Verordnung, nach der alle Zureisenden innerhalb 12 Stunden sich melden müssen, wird von jetzt ab wieder in Anwendung gebracht. Paris» 21. Januar. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Bei der Konfrontation ClemenceanS mit dem früheren Privatsekretär Reinachs, Stephane, vor dem Untersuchungsrichter soll eS zu lebhaften Aus einandersetzungen gekommen sein. Wie verlautet, wirdldie Angelegenheit Cornelius Herz' den Gegen stand einer besonderen Untersuchung bilden, um den Panamaprozeß selbst möglichst wenig zu ver zögern. Kopenhagen, 2V. Januar. (D. B.Hd.) Vom Leuchtfeuerturm auf Gjedser wird gemeldet, daß schwere EiSmassen die Ostsee bedecken, soweit daS Auge sehen kann. — Auö Dragör wird berichtet, daß der große englische Dampfer „Colombo", der wiederholt um Hilfe signalisierte, mit dem ihn einschließenden Eise südwärts nach der Ostsee fort- getrieben ist. Christianis, 29. Januar. (D. B. Hd) Bei der Feststellung des Budgets deS Auswärtigen im norwegisch-schwedischen StaatSrat ist die Konsulats frage zur Erörterung gekommen. Das norwegi- sche Departement deS Zunern hatte erklärt, daß es beantragen würde, die von den norwegischen Schiffen zu erlegenden KonsulatSabgaben der nor wegischen Staat kaffe zufließen zu lassen, wenn nicht die Errichtung eines eigenen norwegischen Konsulatswesenö so nabe luvorsteheud wäre. Der Minister des Auswärtigen und alle schwedischrn Minister wandten ein, daß jene Einrichtung durch aus nicht so nahe bevorstehend sei; sie lasse sich auch schwierig mit der gemeinschaftlichen Beiwalt- ung der auswärtigen Angelegenheiten vereinigen. Eine bessere Ordnung für Norwegen sei, wenn der Minister deS Äußern, Schwede oder Nor weger, ein gemeinschaftlicher werde. Die norwegi- sche Staatsratsabteilung verwies dagegen wegen der Konsulatsache auf die Beschlüsse deS Stör- thing- und der norwegischen Regierung und machte darauf aufmerksam, daß da« einzige UnionS- dokument, die Reichsakte, nichts davon enthalte, daß das Konsulatwesen oder die Leitung der aus wärtigen Angelegenheiten gemeinschaftlich sein müßten; auch die Frage wegen der Verantwort- lichkeit werbe nicht gelöst. — DaS StaatSratS- Protokoll über diese Verhandlungen soll dem Stor- thing und dem schwedischen Reichstage vorgelegt werden. Dresden, 21. Januar. Rußland im Jahre 1892. * In Rußland herrscht seit alter Zeit der Aber glaube, daß jedes Schaltjahr ein Unglücksjahr sei. Das verflossene Jahr war nun ein Schaltjahr und thatsächlich war es für Rußland eines der unheil vollsten Jahre, die in der Erinnerung der Zeitgenossen leben. Wie von einem schweren Alp befreit, sieht die russische Presse das nach abendländischer Zeitrechnung am 12. d. MtS. abgelaufene Jahr 1892 scheiden und giebt sich der Hoffnung hin, daß das kommende Jahr ein Jahr des wiederkehrenden Glückes und Wohl schon die Bowle, die Franz Hagen inzwischen zu bereitet und von der er sich ein Glas vorous- genommen hatte. „Es ist die höchste Zeit, daß Sie kommen," rief er dem Lieutenant entgegen, „das Ge tränk ist auf seiner Höhe und verträgt kein längeres Warten!" Er trank aus und füllte beide Gläser, während sich Bodo setzte. „Das Haus Hagen," sagte der junge Offizier, seinem Wirt Bescheid thuend. „Sie meinen meine Schwester Eva!^ erwiderte Franz und maß Bodo, der die Augen niederschlug, mit über legenem Blicke. „Es kann ein Blinder merken, daß Sie sich dem Hause Hagen zu verschwägern wünschen und wenn mein Vater nichts einzuwenden hat, mir soll es recht sein. Die Kleine wird doch einen von Euch Herren heiraten. Ich bin auch nicht vorurteils voll und frage nicht ängstlich, was und wer bei Ihnen vorangegangen ist — aber, lieber Herr v. Graven- reuth, ich nehme doch an, daß Sie von nun an meiner Schwester allein Ihre ritterlichen Huldigungen widmen." — , Dos ist ja selbstverständlich', entgegnete der junge Lieutenant über das ganze Gesicht erglühend. „Sie können doch nicht daran zweifeln, daß ich in diesem, wie in jedem Punkte wie ein Gentleman denke. —" „Nun, das ist just der heikle Punkt, in dem auch Genilemen verschieden denken", sagte der junge Fabrikherr. „Es schien mir gestern — als ob Sie es schwer fänden, alle Beziehungen kurzer Hand ad- zubrechen — aber ich kann mich ja geirrt haben — habe mich sicher geirrt!" fügte er hinzu, indem er in Bodo- Augen etwa» aufblitzen sah. dar ihm wenig gefiel. „Lassen Sie sich einschenken und sagen Sie mir, wie Sie den Stoff finden!" standes sein werde, daS alle schmerzhaften Wun den, die daS alte Jahr dem russischen Volke und Staatswesen geschlagen hat, heilen werde. Diese Erwartungen sind allerdings zumeist nur auf der Empfindung begründet, daß der bisherige Zu stand nicht länger anhalten könne. Die von der Re gierung und der Gesellschaft gegen die Wiederkehr der noch nicht überwundenen schweren Zeiten unter nommenen Vorkehrungen sind nur Anläufe und Versuche, deren Zweckmäßigkeit und Wirksamkeit sich erst in der Folge zu bewähren haben wird. Die Re gierung hatte die Hungersnot zwar erfolgreich bekämpft — aber unter Preisgebung des in den früheren Jahren so mühsam zustande gebrachten Gleichgewichtes im Staatshaushalte. Die Ackerbau treibende Bevölkerung rettete man vcm Hungertode, dafür setzte man den Staat der Gefahr aus, an den Folgen der fast un erschwinglichen Leistungen deS Staatsschatzes dahinzu- siechen, während das wirkliche Heilmittel, welches die Leistungsfähigkeit der Landwirtschaft, dieser hauptsäch lichen Stütze deS russischen Staatswesens, wieder her- zustellen hätte, immer noch — gefunden werden soll. Man ist in Rußland nahe daran, ein eigenes Acker bauministerium zu errichten. Dieses Portefeuille wäre aber nur der äußere Rahmen, es bliebe dannn immer noch die Hauptleistung zu thun übrig: die Namhaft machung der untrüglichen Mittel und Wege, mit denen der Leiter dieses Ministeriums eine Gesundung und Kräftigung der Landwirtschaft herbeiführen könnte. Die Reform der landwirtschaftlichen Staatsbanken, welche die Hilfe dieser Kreditinstitute der Landwirt schaft zugänglicher machen soll, ist nicht das ersehnte Rettungsmittel. Diese Reform wird — so urteilen die unbefangenen Kenner der Lage in Rußland — den halbverkrachten russischen Großgrundbesitzer und Bauer in der Überzeugung bestärken, daß er nach wie vor auf die Hilfe des StaateS rechnen darf, und nicht daß eine intensive und mühsame Führung der Bodenwirt schaft der unerläßliche und einzige Weg auS feiner Notlage sei. Auch die Neuregelung des Aus- wanderungS- und Ansiedelungswesens, die eine Be richtigung der im Jahre I8t>1 vollzogenen Ordnung der bäuerlichen Bodenverhältnisse bezwecken soll, dürfte Rußland jenem Ziele nicht näher bringen, da die dem Staatsschätze auserlegten hohen Durchführungskost n durch das fragwürdige Ergebnis dieser Reform kaum ausgewogen werden. Die neue Einrichtung der ZrinsKie Natschalniky, deren Thätigkeit ausschließlich auf die Hebung der bäuerlichen Landwirtschaft gerichtet werden sollte, hat bisher ebenfalls die in sie gesetzten Er wartungen nicht gerechtfertigt. Die Erfolglosigkeit der regierungsseitS unter nommenen Rettungsversuche mag es wohl gewesen sein, die den leitenden Kreisen in Rußland den Ge danken nahe legte, der Landwirtschaft durch den Ab schluß eines Handelsvertrags mit Deutschland auf zuhelfen, während die furchtbaren Lehren, welche die leitenden Kreise in Rußland auS den verheerenden Einwirkungen der Seuche und Hungersnot zogen, ihnen Mäßigung und weise Zurückhaltung auf dem Gebiete der auswärtigen Politik geboten. Die ge nannten beiden unheimlichen Gäste waren in dieser Richtung die einflußreichsten Bundesgenossen der den Frieden erhaltenden Kreise am Hofe de- Zaren, indem sie letzteren die Aufgabe erleichterten, die freundschaft lichen Beziehungen auch zu jenen Staaten zu erhalten, gegen welche die öffentliche Meinung in Rußland, aufgereizt und geschürt durch die panslawistische Presse, in anscheinend unversöhnlichem Hasse gerichtet war, und alle jene Widerwärtigkeiten, die das verflossene Jahr Rußland auch auf diesem Gebiete des staatlichen Lebens bereitet hatte, über sich ergehen zu lassen. Das Jahr 1892 war eben auch in dieser Richtung kein glückliches. Kapital — in Wahrheit ausgezeichnet!" ver- sicherte der Lieutenant, der in Wahrheit noch nichts geschmeckt hatte. Er war darauf gefaßt gewesen, daß ihn sein Gegenüber zu einer Erklärung treiben würde und atmete jetzt doch leichter, daß Franz Hagen den verfänglichen Gegenstand ganz fallen ließ. Franz sprach von einem kleinen Eirfest, das man am Neu jahrstag veranstalten könne und zeigte größere Teil nahme für Vergnügungen als er seither je verraten hatte. Darüber geriet Bodo v. Gravenreuth in Feuer und wandte nichts dagegen ein, daß ihm sein Ge fährte, wie eS schon am Mittagstisch geschehen war, stets fleißiger einschenkte. Bodo hatte eine Anzahl kleiner Vorschläge, durch die sich ein solches Fest ge fälliger gestalten ließ und sprach um so eifriger, als er die innere Stimme zu übertäuben hatte, die ihm fort und fort zurief, daß er zur Jahreswende längst nicht mehr in diesem Hause verweilen dürfe. Wenn sich ober doch alles zum besten anließ, wenn selbst der eine aus der Familie Hagen, den er von vorn herein für einen bedenklichen Gegner seiner Wünsche erachtet hatte, sich unerwartet in einen Freund und guten Kameraden verwandelte, that er dann nicht recht, zu bleiben? Wieder klang die Stimme, die der seiner Schwester Erika täuschend glich: „Schäme Dich — schäme Dich, Bodo. Noch vor einer Stunde hast Tu den Gesellen, der Dir gegenüber sitzt und dessen Miene selbst im Lachen etwas Lauerndes behält, entschieden mißtraut und jetzt genügen ein paar verbindliche Redensarten und eine leidliche AnanaSbowle ihn als Deinen Freund anzusehen." Und mehr al- einmal versuchte Bodo fein Gegenüber fester inS Auge zu fassen und die Weniger Ungunst der Verhältnisse, als da- Be streben der leitenden Kreise, das enge Bundesverhält nis zu Frankreich unter allen Umständen und um jeden Preis unbeeinträchtigt zu erhalten, hatte zur Folge, daß Rußland auf dem Wege der Lösung jener Fragen, die auf dem Nationalbewußtsein deS russischen Volkes schwer lasten, nicht nur nicht vorwärts kam. sondern — im Gegenteil — Rückschritte gemacht hatte. Tie bulgarische Frage ist heute ihrer Lösung im russischen Sinne entfernter als je zuvor, indem die Zustände in diesem Lande sich im Laufe deS letzten Jahres in der Rußland so wenig zusagenden Richtung noch mehr gefestigt habe». Der Einfluß der habsburgischen Monarchie aus die Balkanstaaten weist auch im letzten Jahre keinen Rückgang auf. Die in Serbien nach dem Abgänge des Königs Milan I. erfolgte Wiederherstellung der alten Frenndschaftsbeziehungen zu Rußland konnte angesichts der heftigen Gegnerschaft der serbischen Parteien nicht die Rußland erwünschte Änderung der serbischen Politik herbeiführen. Rumänien ist allem Aischeine nach durch die jüngste Ausgestaltung der Familienverhältnisfe in dem Herrscherhause dauernd dem russischen Einflüsse entrückt, und die Meerengenfrage — ungeachtet der mehrfachen kühnen Vorstöße der russischen Diplomatie auch nicht zur Lösung gekommen. Auch in Asien war Rußland nicht in der Lage, den Rückhalt, den eS in der französischen Freundschaft gesunden zu haben glaubte, zu verwerten. In den letzten Monaten deS vergangenen Jahres vollzog der in Mittelasien mit der Führung der miliiärpolitischen Angelegenheiten des Zarenreiches betraute Staatsmann eine Riickwärts- bewegung, die einen dauernden Stillstand in dem Vorwärtsstreben des russischen Einflusses zu bedeuten scheint. ES mag weniger die Rücksichtnahme auf die Volks stimmung, als die eigenartige Auffassung der eigenen Staatrinteressen den russischen Machthabern die Mein ung beigebracht haben, daß trotz aller bisherigen Mißerfolge allein der russisch-französische Herzensbund die sichere Gewähr für die schließliche Lösung aller jener Fragen bietet, von der Rußland sich so viel für die Erstarkung seiner Machtstellung in Europa verspricht; der Gang der Dinge im verflossenen Jahre ist indessen nicht geeignet gewesen, diese Hoffnungen zu nähren. Die maßgebenden Kreise in Rußland verschließen sich augenscheinlich nicht ganz diesen Erwägungen, insofern als die Pflege des persönlichen Freundschaftsverhält nisses zwischen den Herrschersamilien in Rußland, Deutschland und Österreich Ungarn immer wieder neue Bethätigung erfährt; aber man wird sich auch nicht darüber täuschen, daß diese Beweise der sreundnachbar- lichen Haltung Rußland keine nennenswerten Errungen schaften aus dem Gebiete der auswärtigen Politik ein bringen werden, so lange in der öffentlichen Meinung Rußlands die deutsch- und österreichseindliche Ström ung Oberwasser behält, und die friedlichen Beziehun gen des russischen Reiches zu den Staaten des mittel europäischen Friedensbundes durch die offenkundige Gegnerschaft der russischen Nationalkreise immer wieder in Frage gestellt werden. Rußland muß augenscheinlich noch mehr Erfahrungen machen, damrt es aus die Dauer in die Bahnen jener Politik einlenkt, in der die russi schen Machthaber das wahre Glück und Wohlergehen des russische» Staates und Volkes finden werden. Lagesgeschichte. Dresden, 21. Januar. Se. König!. Hoheit der Großherzog von Sachsen-Weimar stattete im Laufe des gestrigen Vormittags den Großherzog!. Toscanaschen Herrschaften, Ihren König!. Hoheiten dem Prinzen Georg und dem Prinzen Friedrich Wahrheit zu ergründen. Nur war es übel, daß die Züge Franz Hagens immer wieder ins Unbestimmte verschwammen und daß der junge Offizier nur jenes stereotypen Lächelns inne wurde, das ihm jetzt wohl wollend schien und das vielleicht nur seinem Zögern galt, dem gastlichen Fabrikherrn so rasch Bescheid zu thun, wie dieser es wünschte. Der Lieutenant sah über den Tisch mit der Bowle und den Gläsern hin weg ins erleuchtete Zimmer hinein. Das Kaminseuer war zu einem Haufen glühender Kohlen zusammen gesunken, aus dem nur noch eine Flamme an dem letzten Holzscheit emporleckte; die beiden Gaskronen in der Mitte des Zimmers strömten ihr mildes Licht aus und daß Herr Bodo farbige Ringe um sie her schweben sah, lag wohl am besonderen Schliff ihrer Glasglocken. Er fühlte nach seiner Stirn, sie war heißer als zuvor und Franz Hagen, der daS Eis, in dem die Bowle stand, frisch ordnete, erinnerte ihn eben zu rechter Zeit, wo Kühlung zu finden sei. Der Lieutenant trank rasch nacheinander zwei Gläser und Herr Franz schenkte mit Zuvorkommenheit das dritte ein. Tann war es Bodo, als ob ihm sein Genosse näher gerückt sei — er hörte ihn flüstern und vernahm doch ganz deutlich: „Sagen Sie ernstlich, lieber Graveur euth — Sie haben die neue Gesellschafterin meiner Schwester genau gekannt? —" „Wen — wen meinen Sie?" fragte Bodo unsicher, fast blöd. „Nun Fräulein Münter — die prachtvolle Blondine, wen anders? Sie ist ein schönes Mädchen, ich setze mich in Ihre Lage, daß es schwer für Sie sein mag, bei dem unerwarteten Zusammentreffen hier gleich den rechten Ton zu finden." (Fortsetzung solgt)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite