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Dresdner Journal : 20.01.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189301201
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930120
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930120
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-01
- Tag 1893-01-20
-
Monat
1893-01
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 20.01.1893
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Ilerausxederr Lüuixl. ürpellitiou 6e« OresUoer ^ouriutl». Drosäen, Xvin^erstr. SO. k«ro8l>rsed-^u»cl>Iu8»: l^r. 128L. * Amtlicher Teil. Wulletin. Dresden, 20. Januar, früh 8 Uhr. DaS Befinden Ihrer Kaisell. und König!. Hoheit der Frau Prin zessin Friedrich August und des kleinen Prinzen Georg ist fortdauernd gut Or. Leopold. Or. Fiedler. Wulletin. Bei Sr. König!. Hoheit Prinz Albert hatte sich im Laufe des gestrigen Tages unter starken Schweißabsonderungen der Masern-Ausschlag noch weiter entwickelt. Die übrigen bei Masern-Erkrank ungen auftretenden Erscheinungen hielten sich auf einer mäßigen Höhe, namentlich war der Husten nicht bedeutend. Gestern Abend war das Fieber etwas ge ringer als TagS zuvor und heute früh ist der Hohe Kranke nach einer ziemlich gut verbrachten Nacht fast fieberlos (38,1). Der Ausschlag ist etwas abgeblaßt. Dresden, 20. Januar 1893. l)r. Jacobi. Dresden, 20. Januar. Se. König!. Hoheit der Großherzog von Sachsen-Weimar ist gestern Abend hier eingetroffen und im König!. Residenz schlosse abgetreten. Ihre Kaiser!, und König!. Hoheiten der Groß- Herzog von Toskana und der Erzherzog Joseph Ferdinand vor Österreich sind heute Vormittag I! Uhr 20 Min. nach Wien abgcreist. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge- ruhl, dem Privatmann Gottlob Lochmann in Glauchau das Ritterkreuz 2. Elaste vom Albrechts- orden zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Bezirkssecretär a. D. Sachse, vormals bei der Amtshauptmannschaft Borna, das Albrechtskreuz zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge- ruht, dem zeilherigen Gemeindevorstard in Herwigs- dorf, Schlage, das allgemeine Ehrenzeichen zu ver leihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmig'» geruht, daß der Bürgermeister Oertel zu Zittau den ihm von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen verliehenen Kronen orden 3. Classe annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der in Sachsen staalsangehörige Herzogliche Hoigärtner Heinrich Gruhle in Coburg das ihm von Sr. Hoheit dem Herzoge von Sachsen- Coburg und Gocha verliehene Ritterkreuz 2. Classe des Sachsen Ernestinischen Hausordens annehme und trage. Se Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Direktor der Stadttheater zu Leipzig, Max Stägemann das ihm von Sr. Durchlaucht dem Fürsten von Schwarzburg-Sonders hausen verliehene Fürstlich Schwarzburgische Ehren- kreuz 2. Classe annehme und trage. Nichtamtlicher Teil. Jetegrapliische unk» telephonische Wachrichten. i 8. Berlin, 20. Januar. (Tel d. Dresdn Journ.) Die zweite Lesung krs Entwurfs eines Reichs- seuchlNgesetzeS, welche im Reichkamt des Innern unter Mitwirkung von Kommissaren b,S Reichs und Preußens statifand, wird Mittwoch ab- k>— " — - ---- — geschlossen werden. Die Vorlage wird Anfang Februar an den Bundesrat gelangen; die Reichs- regierung beabsichtigt, das Gesetz jedenfalls in d-r jetzigen Tagung des Reichstag» zur Annahme zu bringen. Erfurt, 1S. Januar. (W. T. B.) LaS König- licheEisenbahnbetriedsamt macht über den bereits gestern gemeldeten Eisenbahnunfall bekannt: Erl- güterzug 023 ist am 18. Januar abends ^2 Uhr auf den im Bahnhof Neudietendorf haltenden Gü'erzug 519 aukgefakren. Leicht verletzt sind zusammen iünf Lokomotiv- und Lucsbeamte; zwei Lokomotiven und 9 Wagen sind entgleist und zum Teil stark beschädigt. Verkehr auf St ecke Halle- Kassel wurde durch dcn Unfall nicht gestört, da gegen ist HauptgleiS Neudietendorf Ritschenhausen voraussichtlich bis 19 Januar nachmittags ge sperrt. Personenverkehr wird jedoch für letztere Linie durch Umsteiger, aufrecht erhalten. Als Ur sache des Unfalles ist nach den angestelltin Unter suchungen die Nichtbeachtung des Bahnhoks- abschlussignalS seitens deS Lokomotivführers vom Zuge 023 zu bezeichnen. BreSlau, 19. Januar. (W. T B) ^m Bahnhof von Groschowitz fuhr rin Güter,ug auf einen Rangirrzug auf; dir Lokomotive dis letzte ren und mehrere Wagen des GüterrugeS wurden stark beschädigt. — Lie durch die Schneeverweh ungen auf d-r Str cke Deutsch-Rasselwitz Leobschütz und durch die Zugentgleisung auf der Oderdrückt bei Steinau hervorgerufenrn Verkchrehcmmn sie sind beseitigt worden. Essen a. R., 20. Januar. (Tel d Dresdn Jour.,.) Laut dec „Rheinisch - Westfälischen Ztg." streiken auf 7 Zechen 1020 Mann; voll angefakren sind beute die Belegschaft.» von „Glück auf", „Tiefbau" und „Schamrock". Halle a S., 20. Januar. (Tel. d. Dresdn. Journ ) Der „Halleschen Zeitung" zufolge wird Professor Koch, welcher iw Lustiage deS Kultus- Ministers mit mehreren Assistenzärzten gestern abend hier eingetrossen ist, hier blechen, bis eS feststeht, daß die Epidemie auf die Irrenanstalt Nietleben beschränkt geblieben ist. Weitere Todesfälle sind bis jetzt nicht eingetreten. Halle a. S-, 20. Januar. (Tel. d. DreSdn. Journ) In der Irrenanstalt Nietleben find drei weitere Todesfälle im Laufe der Nacht engetreten. Bei einer Neucrkrankung wurde Eholeradiagnote gestellt. Bisher sind insgesamt 18 Todesfälle vorgekommen. Mainz, 20. Januar. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Diejenigen Personen, die zu einem Garankiefonds für das Zustandekommen des deutschen BunceS- schießens gezeichnet hatten, beschlossen einstimmig, rückfichtlich rer an verschiedenen Orten vereinzelt rorkommenden Cbolerafälle daS Bnndeöschießen auf das Jahr 1894 zu verschieben. Mannheim, 20. Januar. (Tel d Dresdn. Jour,..) Der Sozialistenführer Süßkind soll hier verhaltet worden sein; die Verhaftung sche ue im Zusammenhang mit der Angelegenheit des Sozia l,sten Häuöler zu stehen, welcher Gelder unter- schlug Buda-Pest, 19. Januar. (W. T. B.) In der heutigen Budgetdebatte des Abgeordneten hauses erklärte der Minister des Innern, Hiero- nymi, daß, um die Einwanderung rusgscher Juden und anderer Ausländer und deren Niederlassung auf ungarischem Gebiete zu verhindern, die Hand habung dir Gemeindeordnung genüge. L ie Aus Wanderung nach Amerika könne nicht durch Gr- waltmaßregeln, sondern nur durch die Aufklärung des Volkes hintangehalten werden. Buda-Pest, 19. Januar. (W T B) Infolge anhaltenden Schneegestöbers dauern die Verkehrs hindernisse fort. Zn den bisherigen Störungen des Verkehrs sind neue hinzugetreten. Auf den Eisenbahnlinien, soweit dieselln» noch betriebs fähig sind, verkehren die Züge mit mchr oder minder großen Verspätungen. Paris, 19. Januar. (W. T. B) Der Graf d'Hanssonville richtete an Hernö, Direktor deS „Eoleil", ein längeres Schreiben, in welchem die Grundzüge des Programmes einer orleanistischen Partei entworfen werden. In dem Schreiben wirb ansgrführt, die Regierung sei unter den gegenwärtigen herrschenden Umstand«» ohnmächtig. Die Monarchisten müßten die Leitung der Be wegung der öffentlichen Meinung übernehmen und sich an die Spitze derselben stellen. Man müsse eine Liga der öffentlichen Ehrlichkeit und der Verteidigung der gesellschaftlichen Ordnung bilden, da die Negierung durch die Sorge um die Ver teidigung der Republik absorbiert sei. Die Organisation ter monarchistischen Propaganda sei vollständig bereit. Man müsse alle Allianzen suchen, konservative und liberale ohne Unterschied. Er (d'Hauffonville) werde bei dem Eintritt der Wahlen bestimmte Instruktionen bekannt geben. La gegenwärtig die Konservativ:» nicht einig seiln, solle die Frage der Regierungsform vor den Wählern noch nicht aufgcworfc.n werden. In- zwilchen müsse man sich für dcn Wahlkampf und für einen unvorhc gesehenen Fall vorberriten, da eine schwere Krisis unvermeidlich sei. Wenn das Land der Republik überdrüssig sei und nach etwas anderem verlangen würde, so würde die monarchi stische Partei grwaffnet sein, um die Sache der öffentlichen Ordnung zu verteidigen. Brüssel, 19. Januar. (W T. V.) Zn einer Versammlung der Bürgermeister und Delegierten der sieben Vorstädte Brüssels wurde der Antraa, über die Frage des allgemeinen Stimmrechts ein Referendum stattsiadcn zu lassen, einstimmig an genommen. Der Bürgermeister von Brüssel, Wilcher sich gegen den Antrag ablehnend verhält, wohnte der Versammlung nicht bei. London, 19 Januar. (W. T. B.) Eine heute hier abgehaltene Versammlung von Depu tierten deS Unterhauses nahm einstimmig eine Resolution an, alle Mitglieder des Unterhauses aufzufordern, einem Gesetzentwurf ihre Zustimm ung zu geben, durch w.lchen die Einwanderung armer Auslä' der in England verhindert wird. Der Deputierte James Lowther erklärte, er werde ge qcbenenfallcS zur Antwortadreffe auf die Thron rede bei Eröffnung deS Parlaments ein dies bezügliches Amendement beantragen. Kopenhagen, 19. Januar. (D. B Hd.) Im Kattegat, im Sunde und im großen Belt sind zahlreiche Schiffe eingefroren. Im grossen Belt ist der Dampfer „Kjöbenhavn" von dem Eise auf den Strand gesetzt worden; der bei Dragor ein gefrorene Dampfer „Eolombo" signalisierte um Hilfe. L-ielrn Schiffen ist es noch geglückt, den Hafen vo» Helsin gör zu erreichen; an deutschen Schiffen befinden sich darnnter: „Moltke" von Memel, „Freda" von Danzig, „Stormarn" von Kiel. Die Signalstation bei Skagrn meldet, daß nordwärts viel Treibeis zu sehen ist; mehrere Dampfer kreuzen im offenen Wasser, da die Ein fahrt zum Kattegat nicht zu forcieren ist. Belgrad, 19. Januar. (D. B. Hd) In Dusanovac; im Negetiner Kreise griff die Menge Kunst und Wissenschaft. Zwischen den Jahren. Novelle von Adolf Stern. 16 (Fortsetzung.) Noch ganz abgeiehrn von de- Hoffnung, die in ihr au?« geblitzt war, daß Erika jenes Mädchen sein könne, dessen Bild nicht aus dem Gedächtnis ihres Vetters schwand und deren Spur er so sehnsüLtiz, aber vergeblich wieder und wieder gesucht hatte — fand sie, daß Erika in jedem Falle die Teilnahme Heinrichs verdient hätte und beichlvß, ihm ausführlich zu schreiben und ihn zum ersten Male wegen seines Verhallens zu schelten. Und indem sie den Brief an ihn im voraus bedachte, sagte sie sich auch, daß sie erst am Spätabend und nachdem Erika sie für die Nacht verlasse» hätte, sch,eiben könnte. Sie raffte die geringe VerstcllungS- kraft, die ihr zu teil geworden war, zusammen, um sich nicht gegen Erika zu verraten. Tenn sie fühlte, daß diese, wenn sie eine Ahnung vom Inhalt und Tone des vetterlichen Briefes erhielte, durch nichts mehr zurückzuhalten sein würde. Und so vermochte sie eS über sich, als die zugleich E> sehnte und Gesürchüte wieder eintiat, ihr nur leickihin zu sagen: „Mein Vetter Heinrich hat mich wissen lassen, daß er leit er erst morgen ru uns komm«» kann, Erika. Und ich habe Ihr Wort, daß Sie ihn still erwarten wollen, auch wenn es einen halben Tag später wird, als wir hofften." ,Zch hätte mcin Wort nicht so rasch geben sollen, Fräulein Christine!" entgegnete Fräulein v Grauen reutb, auf deren Gesicht sich alsbald ein nachdenklicher Ausdruck zeigte. „Ihr Vetter kann natürlich keine Ahnung davon haben, wie peinlich mir das Zu sammensein mit meinem Bruder hier geworden ist —" „Und gerade das wollen wir Ihnen erleichtern, Liebe," fiel Christine ihrer Gesellschafterin ins Wort. „Wir bleiben nunmehr den ganzen Tag und morgen, bis Heinrich kommt, hier und auf meinem Zimmer. Man ist's gewöhnt, daß ich ost an den gemein amen Mahlzeiten nicht tcilnehmen kann. So wird es gar nicht auffallkiff wenn wir uns heute ganz still und allein verhalten, Sie brauchen dem Herrn Bruder durchaus nicht zu begegnen. Gegen Abend bitte ich Sie, damit es nicht gar aussieht, als ob ich Sie bei mir gefangen hielte, in den Gartensaal hinunter zusteigen und dort die Geschenke, die noch auf meinem Tische liegen, für mich abzuholen" Erika widerstand dem bittenden Tore Christines auch diesmal nicht Sie war an die ihr angrsonnene Enge und bewegungslose Ruhe nicht gewohnt — aber sie sah, daß, wenn sie nach ihrem ursprünglichen Vor satz längere Zeit in diescm Hause bliebe, sie sich daran gewöhnen müsse. Tie beiden Mädchen nahmen eifrig die Lektüre des englischen RvmanL wieder auf — sie arbeiteten gemeinsam an Geschenken, mit denen Christine Hagen den Kindern der Arbeiterfamilien ihr Dasein wohlthätig kund machte, dazwischen teilten sie sich gegenseitig Erinnerungen und Eindrücke aus ihrem Leben mit und Erika erfuhr und erriet dabei gar manches von der beständigen Entsagung, in der die Jugend der Gelähmten verronnen war. Sie mußte sich im stillen glücklich preisen, um wieviel freier, reicher und bewegter ihr Dasein bis zur Zeit gewesen war, in der die Sorgen um den Bruder alles andere zu überwältigen drohten. Und doch, wie sie hier neben der Gefährtin saß, von deren Leidenserscheinung ihre fiische Schönheit und ihre jugendliche Kraft so entschieden absiachen, zog es leise durch ihren Sinn, daß auch sie ein geheimes Leid, ein unerfülltes Sehnen in sich hege, von dem keine Seele in ihren Umgebungen je etwas geahnt, und auch die neue Freundin nichts ahnen sollte. Ter Tag verlief um so stiller, als gegen Mittag neues Schneegestöber die Luft zu erfüllen, die Aussicht aus den Fenstern des Hauses zu verengen begann und jeden Gang ins Freie schwierig machte Beim Mittag essen fand sich Bodo v Gravenrruth zum ersten Mal mit den Mitgliedern der Familie Hagen völlig allein — Christine und Fräulein Münter speisten auf dem Zimmer der ersteren. Der Lieutenant, der seit dem Morgen vergebens auf ein Zusammentreffen mit Erika gehofft hatte, vernahm mit innerer Unruhe die Nach richt, die die Kommerzienrätin ganz gleichmütig mit teilie. Er sand es schwerer als je, den Unbefangenen zu spielen, der liebenswürdige Gesellschafter zu bleiben und die Anekdoten des Kommerzienrats zu überbieten. Die Genugthuung, die ihm die Nachbarschaft und das beifällig vergnüg e Lachen Fräulein Evas gewährte, wurde durch die Art, mit der Herr Franz Hagen den soldatischen Gast unter seinen Augen hielt, stark be einträchtigt. Franz hatte, sowie seine Mutter er zählte, daß sie Christine und Fräulein Erika auf dem Zimmer der kranken Tochter besucht habe und daß beide dort allein essen wollten, einen raschen stechenden Blick aus den jungen Offizier geworfen, — und diesen um so schärfer beobachtet, je mehr Bodo die Miene den Stuhlrichter und die Polizisten an. Die Gendarmerie schritt cin und nahm mehrere Ver haftungen vor. Auch in Kucseljcvo, einer Ort schaft det Schabarzer Kr'ises, kamen bei der Übernahmt deS Gemeindehauses blutige Zusammen stösst vor. 2 Personen wurden getötet, mehrere verwundet. HelsingforS, 19 Januar. (W. T B) Der Dampferverkehr zwischen Hanggö und Stockholm ist des Eises wegen eingestellt worden. New Aork, 19 Januar. (D. B Hd.) Große Kälte wirb aus den ganzen Vereinigten Staaten gemeldet, ausgenommen dem Osten. Der Mississippi und seine Zuflüsse sind überall gefroren, die Nord häfen vom Eise vollständig blockiert, zahlreiche Schiffe si id fcstgefroren und schwer bedroht. Lie Versucht, durch Dynamit den Ei-gang freizu- machtn, sind gescheitert. Auf dem Delawa^efluffe bedroht schweres Treibeis die Ufer. Lie Schiffe in der New Porker Bai sind vollständig mit EiS bedeckt. Von überall her treffen Meldungen über erfrorene Personen ein. DrrSdrn, 20. Januar. Zum Ministerwechsel in Ägypten. Tie Krisis, welche sich in dcn letzten Tagen in Ägypten vollzogen hat, hat neben der deutschen Militär vorlage und neben der Panamaanqelegenheit die öffent liche Aufmerksamkeit m diesen Tagen besonders auf sich gelenkt. Wenn auch ein Telegramm des D. B. Herold aus London vom 18 Januar, das wir in der gestrigen Nummer des „Dresdn. Journ." mitteilten, sehr alarmierende Nachrichten brachte, die die Lon doner Vorgänge jedenfalls in viel grelleren Farben schilderten, als sie sich ihatsächlich zugetragen haben, so scheint doch die Krisis nunmehr durch die Ernen nung von Riaz Pascha zum Premierminister endgiltig beigelegt und damit allen Verwickelungen zwischen den an der ägyptischen Frage hervorragend beteiligten europäisch'« Großmächten die Grundlage genommen zu sein. In sehr fachgemäßer und ruhiger Weise ist der Zwischenfall von dem der österreichischen Regierung nayestehcnden Wiener „Fremdenblatt" betrachtet worden, welches in seiner Nummtr vom 19. Januar folgender ausführt: „Und es kam ein neuer Pharao, der England nicht kannte." Mit diesen Worten läßt sich wohl die ganze Entstehung und Geschichte der kurzen Krise kenn zeichnen, die sich in den letzten Tagen in Ägypten ab gespielt hat und die so rasch beendet worden rst. Der jugendliche Khedive, ein Herr von 19 Jahren und von lebhaftem Naturell, hat Ratgeber gehört, die mehr an sein Temperament, als an seine staatsmännische Einsicht appellierten und sein UnabhängigkUtsgefühl wachriefen. Er ließ sich dazu verlocken, die drei wich tigsten Persönlichkeiten seines Ministeriums zu ent lassen, um an ihre Stelle Männer zu setzen, die mit den englischen Behörden auf w.niger gutem Fuße stehen. Ein ^ahr lang hatte er die Verhältnisse, die seit der Besiegung Arabi Paschas in seinem Lande be stehen, ruhig ertragen, nun wollte er seinem Selb- ständigkeitstriebe folgen. Von dem Kabinettswechsel machte er den Engländern erst Mitteilung, als er schon vollzogen war; er stellte sich auf den Standpunkt, daß er ihnen seine Entschlüsse nicht zur Begut achtung zu unterbreiten habe. Die Engländer ober gaben ihm sehr deutlich zu erkennen, daß sie ein solches Verhalten nicht dulden wollten. Die neuen Minister wurden nicht anerkannt, die englischen Behörden — im Finanzministerium und im Ärbcrts- ministerium sitzen englische Untcrstaatssekretäre, in annahm, diese Beobachtung seines T'.schgenossen nicht zu sehen Peinlicher wurde die Lage, als Fräulein Cordula sich während des ersten TcÜerwechselns ver nehmen ließ: „Tu hättest darauf bestehen sollen, daß unsere Christine und ihr Fräulein zu Tisch kamen. DaS Alleinsein kann die Vertraulichkeit zwischen den beiden nur stärken. Und das Fräulein Münter — ich will den Herren gleich zugeben, daß sie nicht übel au:sieht, sonst komme ich doch nicht zu Wort! — gefällt mir in manchem Betracht sehr wenig. Sie kommt offenbar mit falschen Ansprüchen und der vollen Gouvernanten erhabenheit hierher und der Verdruß wird nicht aus- bleiben " „Sie sieht eher wie eine Wetterhexe als wie eine Gouvernante auL", ries der Kommerzienrat. ,D«ß mir ein für allemal Christine und ihre Freundin in Frieden, Schwägerin — und Tu thue desgleichen, Franz!" „Ich habe nicht die Absicht, den Frieden des Fräu leins zu trüben", sagte der Sohn spöttisch „Mit Schwester Christine stehe ich seit längerer Zeit auf dem besten brüdeilichcn Kriegsfuß und fürchte, daß sie zum Friedensschluß nicht geneigt sein wird." Der Hausherr brummte etwas Unverständlich:- zwischen den Zähnen, Fräulein Eva aber warf ihr Köpfchen zurück und erklärte mit aller Entschieden heit siebzehnjähriger junger Damen: „Mir gefällt Fräulein Münter, und ich liebe sie. Sic nicht auch, Herr v Gravenrruth?" Ter Lieutenant, der bei dem hochmütigen Wort Fräulein Cordulas erblaßt war, konnte jetzt «in ebenso unbequem,- Erröten nicht hindern, und bemerkte, daß der jüngere Fabcikherr
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