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Dresdner Journal : 19.01.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189301195
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930119
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930119
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-01
- Tag 1893-01-19
-
Monat
1893-01
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 19.01.1893
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^15 Donnerstag, den 19. Januar, abends. 1893. en n «er M'L. 8 liir unU »v näsvUen- »illpSskII. i^n« gj,- säitb^ikts >«»'arun^ 21L ak>'8 ». «» Uov-I. „). »e»üaci »hr abr«."« Male: x Ve«: S- Ltraßen- k»r vr»»6si» vi«rt«IMKilie>i 2 Kark SO ?s, d« «Ivo liaiavrl ä«ur»vben v>ert«1- ^Lkrlicd 8 LI»rIl; lrr!«,>-rkalv Uv« «Ivut-eüvll N«»cd«» tritt kost- u»6 LtewpelruscUIak kill»». Liorelna Kummern: 10 kk. Xokitnälxnuxsxvdülirea: ?»r äen liuum «iuor ^«»pnlteoeo 2eil« kleiosr lekrikt SO kf. Unter ..Kio^usnnllt" 6i« 2«ils bO kk. Loi l'trüsüen- und AiNern^rtr «nt«pr. ^ulsctrlu^. Hrsekelneu: VLxlieU mit ^usnskm« <Ier 8oou- u keierts^e nbenä«. t'srniprvcü-XnLebluLs: Kr. 1285. DrrÄMrIounml. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat Gtto Vanck, Professor der titteratnr- und Kunstgeschichte. Lunnkino rou Xi>ki.nä:»7Uii:7Lii iii:»ki.rlsr I-erpr-x: /'r. ^tiun^Irtirr, teommidsioxür üv« Dr ^ünvr .lournul«; Lswdurk Vvrlrn Vien La»«l Lr„l»u k rsntkurt <r. U.: V/a<irrn«ir«ri <? LsrUu-V/r«:i-N^wburx kr»x l,«ipr>x-?r«lllrku-t ». H. Nüllckeu: k»r>» Louiivn Ldrlin-ersllllkurt ». LI-StuNxsrt. /^uute «t r'a.,- L«rUa: /ni«/i<ie»it/unt, Lr««I»u: /.mit Lsimorer: <7. U>Uls L. 8.: //urct t.». Ueran^zederr Lüoixl. Lrpeclitiou ries UresUoer ^ouruni». UreLllen, A^in^erst,. 20. korosprecU-^oscUlus«: Kr. 1285. Amtlicher Teil. Wulletin. Dresden, 19. Januar früh 8 Uhr. TaS Befinden Ihrer Kaiser!, und König!. Hoheit der Frau Prin. zessin Friedrich August und deS neugeborenen Prinzen ist auch h'ute ein ganz zufriedenstellendes. Dr. Leopold. Ur. Fiedler. Wulletin. Se. König!. Hoheit Prinz Albert sind seit gestern an Masern ertrinkt, nachdem schon einige Tage lang leichtes Unwohlsein vorhergegangen war. Der Ausschlag ist in der lebten Nacht sehr reichlich zum Vorschein gekommen. Das Fieber ist zwar nicht un bedeutend, aber der Krankheit entsprechend. Auch im Uebriaen ist der Verlauf der Krankheit zur Zeit ein normaler. Dresden, den 19. Januar 1893, früh 9 Uhr Ur. Jacobi. Dresden. 14 Januar. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, datz der ordentliche Professor an der Universität Leipzig, Ge heimer Rath Ur. Carl Friedrich Wilhelm Ludwig das ihm von Sr. Majestät dem Könige von Schweden verliehene Kommandeurkreu; l. Klasse des Königlich Schwedischen Nordstern-OrdenS annehme und anlrge Dresden, 14. Januar. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der außerordentliche Professor an der Universität Leipzig, Ur. Ernst von Meyer das ihm von Sr. Majestät dem Könige von Schweden verliehene Ritterkreuz des Königlich Schwedischen Nordstern Ordens annehme und anlege Werorönung, theilweise Aufhebung d.-r gegen Einschleppung der Cholera erlassenen Maßregeln belr. Mit Rücksicht darauf, daß Finnland bisher von der Cholera frei geblieben ist, findet sich das Mini sterium des Innern bewogen, im Anschlusse an das Vorgehen der Königlich Preußischen Regierung das durch Verordnung vom N. August 189:? gegen Ruß land ergangene Ein- und Durchfuhrverbot, soweit es sich auf Herkünfre aus Finnland bezieht, hierdurch außer Kraft zu setzen. Dresden, am 14. Januar 1893. Ministerium des Innern. ». Metzsch. v. K. Nichtamtlicher Teil. Telegraphische und telephonische Nachrichten. Halle a. S, IS. Januar. (Tel. d. Dresdn Journ) Die bakteriologische Untersuchung ergab, daß eS sich bei den verdächtigen Erkrankungen in dec Irrenanstalt zu Nietleben um Odol, r» asintieu handle. Der ,,Haitischen Zeitung" zufolge sind bis gestern abend 11 Ubr Erkrankungen und 13 Todesfälle vorgekommen Der Landrat des baa kreisrö machte daS Auftreten der asiatischen Cholera bekannt. Essen, 1S. Januar. (Tel d Dresdn Journ.) Der „Rheinisch-Westfälischen Zeitung" zufolge sind l—--——.—...» —> Kunst und Wissenschaft. Zwischcn den Jahren. Novelle von Adolf Stern »b (Fortsetzung.) Der also Belobte befand sich inzwischen keines wegs in den Schreibzimmern des großen Fabrik geläudes, in denen ihn Herr v Gravenreuth ver mutete, sondern auf dem Wege, der seitab der Land straße durch den Wald nach dem über eine halbe Stunde entfernten Hause führte, wo sein Vetter Heinrich Hagen wohnte. Die ungleichen Vettern liebten sich nicht und pflogen außer dem geschäftlichen kaum irgend welchen Verkehr miteinander. Auch heute war es nur ein von seinem Vater rasch erteilter Auftrag, der den Schn des Kommerzienrates nach dem Wohn haus des dritten Geschäftsteilhabers trieb. Herr Franz Hagen kam indes nur etwa bis Halden Weges zu der Klausnerhütte, wie er spöttisch daS schöne Besitz tum benannte, das Heinrich von seinen Eltern ererbt hatte und in dcm er freilich nur mit einer alten Wirtschafterin und einem Diener hauste. Franz Hagen, dem die schimmernde Schneelandschaft nichts sagte, als daß er seinen Biberpelz fester um sich ziehen müsse, stellte eben, zum hundertsten Male im Leben, Betrach tungen darüber an, welch' ein Thor Vetter Heinrich sei, der unumspäht und ungehemmt von Eltern und Schwestern sein Leben frei genießen könne, aber sich selbst in engherzige Schranken banne und sich mehr und mehr zu einem Puritaner erziehe. Just wie sich im hiesigen Revier heute insgesamt gegen 2090 Mann nicht ang.fahren. Mühlhausen (Thüringen ', 19. Januar. (Tel. d. Dresdn Jovr,.) Zwischcn Gotha und Neu tietendorffand in vergangener Nacht der Zusammen stoß tines Schnellzuges und eines Gütrrzuges patt. Beide Maschinen und mehrere Personen- und Güterwagen wurden stark beschädigt. Mehrere Personen sind, zum Teil schwir, verletzt Worten. Wien, 18. Januar. (D. B. Hd) Die Glas arbeiter im Isergebirge gaben wegen der Ungunst der Verhältnisse die Arbeitseinstellung auf; sie ließen den Arbeitgebern eine dreiwöchige Frist zur Regelung von Mindestlöhnen. Paris, 19. Januar. (Tel. d. Dresdn. Journ) Nach amtlicher Meldung auö Kairo ist Riaz Pascha, der frühere Minister deS Innern, zum Ministerpräsidenten ernannt worden. Dir übrigen Minister sind dieselben geblieben. Brüssel, 19. Januar.*) Gestern nachmittag 5 Uhr trat hier Tauwrtter ein. Antwerpen, 18. Janua . (D. B Hd.) Im EirkuStheater sind heute die Heizanlagen explo diert. Der Maschinist wurde schwer verwundet; das Innere des Theaters ist größtenteils zerstört. Gent, 18. Januar. (D. B. Hd.) 360 Gen darmen sind aus der Provinz hierher beordert worden in Voraussicht von Unruhen. London, 18. Januar. (D. B. Hd) Lie Auslieferung von Cornelius Her; wegen Betrugs und Erschwindelung vru anderthalb Millionen Panamageldrr unter falsche» Vorspiegelungen gilt für zweifellos; die Verhaftung steht bevor. Gestern nachmittag empfing Rosrbery die Bot schafter Rußlands und Frankreichs, wobei eS an geblich zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen sein soll. Sofort darauf sandte Rosebery Lord Hersehill zur Königin nach Osborne und kon ferierte mit dem Vertreter Deutschlands, eilte dann zu Gladstone, welcher schleunigst einen sofortigen Ministerrat berit'. Dieser trat nm ^6 Uhr zu sammen und beschloß in bewegter, bis 7 Uhr an- dauernder Sitzung angeblich mit größtem Nach druck, gegen den Khedive vorzugehen und rückgcblö- loS die vollste Abhängigkeit deS Khedive von England klarzustellrn. — Das Bekanntwelden der plötzlichen Brrufu. g des MinisterrateS erregte große Bewegung. — Die Abenddepeschrn aus Kairo melden heftige Bewegung dortselbst sowie in Suez Angeblich lehnten der französische und der russische Geschäftsträger rie Bitte des Khedive, zn Gunsten des neuen Ministeriums direkt zu intervenieren, ab. Der „Standard" stellt fest, der Miuisterrat Kade einstimmig jede Änderung der bisherigen ägyptischen Politik abgelehnt. L)ie Morgenblätter bespreche» eingedead die ägyptische Frage und Kegen daS Vertrauen, Gladstone werde ebenso nachdrücklich, wie gegen Arabi Pascha, Englands Reckte wahren. London, 19. Januar. (Tel. d Dresdn. Journ ) Dem „Daily Chronicle" zufolge beschloß die Re gierung die Errichtung eines ÄrbeitSdepartemrntS mit weitgehenden Befugnissen, welches mit dem Handelsministerium verbunden werden soll. Kopenhagen, 18 Januar. (D. B. Hd) Nach vorgenommrner Messung hat daS EiS auf der inneren Reede eine Stärke von drei Fuß und bei dem Seefort „Dreikronen" von sechs Fuß. Stockholm, 18. Januar. (D. B. Hd) DaS Budget deS Ministeriums des Äußern wurde im *) Nachdruck verboten beim Gedanken an Heinrich sein Mund am spöttlichsten verzog, wurde er pwtzlich des älteren Vetters ansichtig, der auf dem gleichen Waldweg dahcrtäm, weil er ein paar Stunden auf dem Comptoir der Fabrik zu arbeiten beabsichiigte. Die beiden jungen Männer grüßten sich höflich kühl und Franz zögerte nicht, seinen Auftrag zur Sprache zu bringen. „Du kommst mir wie gerufen, Heinrich — ich bin als Eilbote zu Dir abgeschickt worden, habe mich aber nicht zu Pferd ge setzt, weil dies hier — er zog einen Brief aus der Tasche — keine besonders freudige Botschaft ist. Du bist eben erst von ein-r Ferienreise hcimgekommen, und es wird Dir schlecht gefallen, daß Du alsbald nach Neujahr wicd:r nach London sollst. Aber cs wird sein müssen —, so viel ich von der Angelegenheit verstehe — hat unser größter Abnehmer, Sensor Rafael Arboleda in Carracas Lust, mit seinen Aufträgen von uns abznspringen. Er bleibt, wie Brown meldet, noch drei Wochen in London, und der Alte zweifelt nicht, daß eine persönliche Gesandtschaft an ihn olles wieder zurecht rücken kann. Daß Du die Mission übernehmen mußt, ist auch klar, Du bist der einzige von uns der Spanisch versteht und ich habe von der einen Ver handlung, die ich vor drei Jahren mit Sensor Arbo leda in Hamburg hatte und von seinem fürchterlichen Englisch noch den Schrecken in dcn Gliedern " Heinrich Hagen, dessen ernstes und kluges Gcsicht von dem selbst zufrieden lächelnden des neben ihm stehenden Vet ters wundersam abstach, stimmte der Auseinandersetzung seines Gcschästsgenossen nur mit kurzem Kopfnicken bei und las aufmerksam den Brief, der vom cnqlischen Vertreter deS Hauses tingelaufen war. Dann sagte er: „Ich bin, wie Du siehst, auf dem Wege ins Ge- jusammengesehten schwedisch-norwegischen Staats rat nach den Vorschlägen deS Ministers des Äußern und in Übereinstimmung mit dcn Anträgen der norwegischen Regierung festgestellt. Dresden, 19. Januar. Zur Wiedereröffnung des österreichischen Reichsrates. lü Vorgestern ist der österreichische ReichSrat zu einer Nachsitzung zusammengenetcn, um den Staats- haushultplan für das lausende Jahr zu genehmigen und alsdann den Landtagen Platz zu machen. Die Neueröffnung dieser gesetzgebenden Körperschaft erfolgte unter denselben Verhältnissen, w e die Vertagung des selben vor den Weihnachtsserien: die ReichSratsmehr- heit, deren Bildung sich die Regierung in den letzten Wochen sehr angelegen sein ließ, ist noch nicht ge- schassen, die vereinigte deutsche Linke steht der Regier ung gegenüber nach wie vor auf dem Standpunkte der Politik der freien Hand, bei ihren Entschließungen immer noch den eigenen Parleiinteressen die ausschlag gebende Rolle einräumend — während die übrigen der Regierung freundlichen Parteien, die Polen und der Hohenwartk ub, nicht stark genug sind, um die An nahme der Regierungsvorlagen zu verbürgen. Die Mehrheit von Fall zu Fall ist also noch das einzige AuskunftSmittel der Regierung ge blieben, mittele dessen sie sich auf ihrer dornenvollen Bahn weiterhilft. Die Bemühungen des Giafen Taaffe um das Zustandekommen der sestgeschlossenen Reichs:atsmehrheit führten bisher zu keinem greif baren Ergebnis, weil das von der Regierung ver faßte und vom Kaiser Franz Joseph l. begutachtete Programm die beiden streitbaren Parteien, die Linke und Hohenwartianer, nicht in dem Maße zn befrikdigen vermochte, daß es sie zu einem einmütigen Zusammen gehen veranlaßt hätte. Dir Vereinigte Linke fand zwar in dim ihr vorgelegten Regierungsprogr^mm dos, was sie zunächst suchte — die Zusicherung ihres gegenwärtigen nationalpolitischen Besitzstandes: sie verlangte aber außerdem, daß in diesem Programm die Weilersührung des AnSgleichswerkcs und die Regelung der Sprachevfrage beziehungsweise die Ein- ftihrung der deutschen Staatssprache als spruchreife fragen der Gesetzgebung angeführt werden, welche Forderung die böhmischen Großgrundbesitzer und d e Südslawcn, die zusammen die Mehrheit des Hohen- wartklub bilden, rundweg abgelehnt haben und allem Anscheine nach auch in der Folge als un annehmbar von sich weisen werden. Graf Taaffe steht diesen Riden Ansprüchen der Linken durchaus nicht feindlich gegenüber, aber er lehnt es gleichwohl ab, dieselben dem Mehrheitsprogramm einzuverleibcn. Er verhehlt sich nicht, daß die Forderungen einerseits die Milwirkung jener Gruppen des Hohenwartklubs an der Majoritätsbildung in Frage stellen und andererseits undurchführbar sind, solange die ver einigte Linke und die deutschnationale Gruppe im Reichs, ate und im böhmischen Landtage nicht über die Mehrheit der Stimmen verfügen. Als praktischer Staatsmann will er das Mehrheitsprogramm nicht mit unverwirtbarem Ballast beschweren, zumal der selbe abstoßend wirkt auf die zur Mittragung heran- zuziehevden Parteien. Daß die vereinigte Linke, deren Führer als scharfsichtige und praktische Leute diesen Erwägungen zugänglich sein sollten, jenen beiden Gruppen des Hohenwartklubs die Berück sichtigung dieser Forderungen abzwingen will und davon ihren Eintritt in die Regierungsmehrheit ab hängig macht, ist nicht ganz verständlich, da nicht der Hohemranklub, sondern die vereinigte Linke es ist, welche die Mehrheitsbildung als den einzigen Aus schäft und werde mit Deinem Vater alsbald Rück sprache nehmen. Tu kommst mit zurück?" „Du kannst ebensowohl mit dem Alten allein die Sache ordnen Ich wollte von Dir aus noch einen Sprung nach Dreikorn hinüber; ich habe eine kleine Freundin daselbst, die auf ihr Weihnachtsgeschenk von mir wartet', erwiderte F>anz. Heinrich Hagen, der, soviel es ihm möglich war, die fortgesetzten Vertraulichkeiten des Vetters von sich ablehnte, Nesi auch diese neu ste platt auf den ge- frornen Boden fallen und sagte ruhig ablenkend: „Ihr habt gestern abend noch großes Tiner und viele Gäste gehabt? Ist Christines erwartete neue Gesellschafterin angekommen?" „Ob sie gekommen ist! Und wie sie gekommen ist!" r cf Franz Hagen. „Eine stattliche, schöne, ge fährliche Person! Ich glaube, cs ist eben so geraten, ohne die nötige Erfahrung mit Dynamit zu spielen, als mit dicsem Fräule n Münter. Ich sage Dir, ob schon sie positiv nichts anderes ist als eine Gesell schafterin, trägt sie bis zur Täuschung die Marke einer Dame aus den besten Kreisen und scheint mir eine Menicheofischerin von bedenklichem Gepräge. Will ohne Frage einen reichen angesehenen Gemahl fangen. Hätte ich nicht einige Kenntnis in dem Fache und wäre mir nicht der Umstand zu Hilfe gekommen, daß auch vie Klügste ihrer Art doch immer ein Fädchen der Vergangenheit herauShängen läßt, so hätte ich vielleicht mit falscher Schätzung des blendenden Kiesels viel schöne Zeit verloren. So allerdings — —" Er brach ab und sah den Vetter mit einem Blick an, in dem sich die lauernde Pfisfigkeit eine« untrüglichen Jägers und der Triumph eines Sieger- paarten. gangspunkt aus der gegenwärtigen unhaltbaren Lage vorgeschlagen hat und in ihrem eigenen Parteiinteresse verwirklicht sehen möchte. WaS die südslawische Fraktion der Hohenwart klubs betrifft, so ist sie die Gruppe, welche am wenig strn von dem Plane der Mehrheitsbildung erbaut ist, darin den Deutschliberalen die Hauptrolle zufullen soll. Tie Südslawen sehen ebenso wie die Tschechen in der Einführung der deutschen Staatssprache die größte Gefahr für ihr Volkstum und sind bereit, zur Abwehr dieser Gefahr alle ihnen zu Gebote stehenden Mittel in Bewegung zu setzen. In dieser Frage sind sie unversöhnlich und jedwedem Einflüsse unzugänglich. Sie würden eher alle anderen nationalen Güter und Vorteile preisgeben, bevor sie sich zur Annahme der deutschen Staatssp-ache bereit erklären. So groß der Einfluß des Grasen Taaffe auf die südslawischen Autonomistcn auch ist, sie zum Aufgebcn ihres Wider standes gegen die deutsche Staatssprache zu bewegen, vermag auch er nicht, und noch weniger wird das den Führern der vereinigten Linken gelingen, welche mit den Südslawen bis zur Stunde in erbittertster natio naler Fehde standen. Von den Südslawen zu fordern, daß sie vor ihrem Eintritt in die Regierungsmehrheit sich mit der deutschen Staatssprache befreunden, ist demnach gleichbedeutend mit der Ausschließung der selben aus der zu bildenden festen Mehrheit. Das selbe gilt in Bezug auf die böhmischen Großgrund- besitz?r von der Forderung der Linken, dieselben möchten zu der früheren ausglrichssreundlichen Hal tung zurückzukehren und mit den Deutschböhmen ver eint das Ausgleichswelk ohne Verzug zu Ende zu führen trachten. Die böhmischen Großgrundbcsis.er sind zwar in nationaler Beziehung nicht eigentlich Fleisch vom Fleische des ausgleichsfeindlichen Tschechenvolkes. Sie sind zunächst Vertreter klerikaler Weltanschauungen und Verfechter kirchlich-konservativer Staatreinrichtun- ge i. Ler nationalen Bewegung stehen sie soweit fern, als sie diese Bestrebungen als Äußerungen unchrist licher Gesinnung verurteilen. Gleichwohl stehen sie in Reihe und Glied des tschechischen Heerbannes, und zwar einzig aus dem Grunde, weit unter der tschechi schen Intelligenz die konstrvativen und kirchlichgesinn- ten Elemente überwiegen, während im Lager der Deutschböhmen von diesen ihnen geistesverwandten Elementen auch nicht eine Spur vorhanden ist. Um nicht ganz vereinsamt und machtlos dazustehen, stützen sie sich daher auf das tschechische Volkstum, und för dern dessen Nationalimeressen, soweit es mit den Satzungen ihres Programms vereinbar ist Als aus gezeichnete Politiker vermeiden sie es, mit den jeweili gen Strömungen im tschechischen Volle in unversöhn lichen Widerspruch zu geraten, und so hatten sie auch in der Ausgleichsfrage schließlich eine Stellung ein genommen, die ihnen erlaubt, gegen die drängenden Versuche der Deutschen, das Ausgleichswerk zu Ende zu führen, sich auszulehnen, ohne nach oben als AuS- gleichsgegner zu gelten. Von diesem, mit soviel Mühe endlich zurecht gelegten Standpunkte werden sie sich durch keine wir immer georteten Bemühungen der deutschen Führer abdrängen lassen. Sie äußern ihre Bereitwilligkeit zum Eintritt in die „feste Mehrheir" zwar bei jeder passenden Gtlegeuhrrt; sie werden aber diesen Schritt in keinem Falle unter PreiSgebung ihrer Beziehungen zu dem Tschechentum aussührrn. Soweit also die Mehrheitsbildung von den eben gekennzeichneten Forderungen der Deutschliberalen ab hängt, wird sie wohl noch lange ein frommer Wunsch dieser Partei bleiben. Für die Regierung bietet die gegenwärtige Lage aber einen wertvollen Vorteil. Die Parteileitung der Linken hält es in ihrem Interesse nicht sür geboten, die Unterhandlungen, so aussichtslos sie auch sein mögen, abzubrechen, und bei dem unter solchen Umständen sich von selbst ergebenden Waffen- Heinrich hörte, seiner leidenden Cousine eingedenk, mit entschiedenem Unmut die Auseinandersetzungen an, die Franz ihm machte, un)s warf nur geringschätzig hin: „Wenn es so steht, thnt mir Christine aufrichtig leid. Sie wird wenig Freude an der neuen Ge fährtin erleben. Und Dir läßt sich ja nichts Besseres anraten, als der bedenklichen Person, deren ganze Gefährlichkeit Du in den paar Stunden schon ergründet hast, möglichst fernzubleiben." „Nun, ich weiß doch nicht — mich könnte da- Wagnis schon reizen", lächelte Franz selbstgefällig. „Sie ist eine Blondine von reinster Rasse, es wäre kein schlimmes Schicksal, sie ein Viertel- oder Halb jahr zur Geliebten zu haben. Wir hier auf dem Dorfe dürfen die paar Gelegenheiten, ein Stück Leben zu erhaschen, am allerwenigsten verpassen. Ich weiß schon — Du denkst anders, Dir schmeckt die Wild frucht gelegentlicher Abenteuer nicht. Um so besser für mich! Und jetzt verzeih, aber die kleine Elsbeth des Bahnmeisters in Drcckorn denkt sonst wirklich, ich vergäße ihren heiligen Ckrist!' Er lachte hellauf, sein Lachen klang dem ernste» Vetter mißtönig und widerwärtig, aber dieser hatte es längst aufgegeben, Franz irgendwelche Vorstellungen zu machen Heinrich schnitt jede weitere Unterhaltung ab, indem er sagte: „Ich gehe also zum Onkel. Und Dn bist im voraus mit den Abmachungen, die wir wegen London treffen, einverstanden ?" „Sicker, sicher und mit allem!" rief Franz zurück, der mit großen Schritten schon seinen weiteren Weg an getreten hatte. Heinrich Hagen s'h dem jüngeren Vetter einige Augenblicke mit ernstem, fast trübem Ausdruck nach und setzte seinen Weg zu den Fabrik-
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