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Dresdner Journal : 03.01.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189301036
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930103
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930103
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-01
- Tag 1893-01-03
-
Monat
1893-01
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 03.01.1893
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Schweiz traten ins Leben und bewirkten eine allgemein anerkannte wohlthätige Anregung zu M hrleistungen in den meisten einheimischen Erwerbslweigen. Die Gesetzvorlagen über die neuen Verkehrsanlagen in der Hauptstadt, die eine große Bedeutung für das Ver kehrswesen im ganzen Reiche haben, kamen zu stände, ebenso die langersehnte Reform der Währungsver fassung, die der jahrhundertelangen Entwertung der österreichischen Valuta endlich ein Ziel gesetzt hat. Durch die Annahme der Regierungsvorlage, die Unter stützung der Tonaudampsfchiffahrt betreffend, wurde der vaterländischen Dampfschiffahrt die Möglichkeit erfolgreichen Mitbewerbes mit den ausländischen Handelsgesellschaften ähnlichen Charakter- verschafft. Außerdem gelangte der umfangreiche Entwurf des neuen Strafgesetzes im Reichsratsausjchufse zur Durchberatung und es steht der Genehmigung desselben im Reichsrate selbst kein Hindernis mehr entgegen. Tie in Österreich selbst so übel beleumundete „dreibeinige Mehrheit", die vor kurzem durch Ver schulden der Vereinigten Linken umgeworfen ist, und deren Wiederherstellung — als eine feste Geschäfts mehrheit — heute den Gegenstand eifrigster Bemüh- .'.ngen der Regierung bildet, hat also im verstossenen Jahre mehr, als man es dort eingestehen will, ihre Schuldigkeit gethan. Tie verschärften nationalen Gegensätze, die Umiriebe der Oppositionsparteien ver mochten weder die Entwickelung des Staates auf dem volkswirtschaftlichen Gebiete auszuhalten, noch auch die Beziehungen desselben zum Auslände, so sehr das un gewöhnlich stürmische Auftreten der drcibundfeindlichen Jungtschcchen in der Delegation dies befürchten ließen, ungünstig zu beeinflussen. Tie Zugehörigkeit zu dem mitteleuropäischen Friedensbunde hat unstreitig in Osterreich-Ungarn dazu beigetragen, daß auch im ver« stoffenen Jahre trotz der in der dortigen Presse soviel beklagten Vermehrung der inneren Wirren der alte Wahrspruch .4u8trm semper felix noch in Kraft ge blieben ist. Tagesgejchichte. Dresden, 3. Januar. Se. Majestät der König kamen heute vormittag ins Residenzschloß, um die Vorträge der Herren Staatsminister und Departements- chess der König!. Hofstaaten entgegenzunehmen. Nach mittags verfügten Allerhöchstsich der Monarch wieder nach Villa Strehlen Ihre Hoheiten der Herzog und die Fran Her zogin Johann Albrecht von Mecklenburg- Schwerin werden heute abend 8 Uhr 24 Min., von Weimar kommend, zum Besuche Ihrer König!. Maje stäten in Dresden eintreffen und im König! Residenz- schlosse Wohnung nehmen. Berlin, 2. Januar. Se. Majestät der Kaiser haben, dem „Reichsanzeiger" zufolge, bei dem gestrigen Neujahrscmpfange der kommandierenden Generäle Sich dahin geäußert daß die Durchführung der beabsich- ligten Heeresreform für Deutschland eine militärische und politische Notwendigkeit sei, und daß Er zu versichtlich erwarte, wie die Erkenntnis hiervon sich immer mehr Bahn brechen werde. Se. Majestät stehe fest zu der von den verbündeten Regierungen ein- gebrachten Vorlage. — Se. Maj-stät der Kaiser empfingen am Neu jahrstage den Kaiserlich ottomanischen General Kamp- hövener Pascha, welcher den Majestäten und Prinzen Söhnen Geschenke Sr. Majestät desSullans überbrachte. Das Geschenk für Se. Majestät den Kaiser besteht der „Pol. Corr." zufolge in kostbaren türkischen Mö beln, die für ein Rauchzimmer bestimmt sind, welches Se. Majestät Sich nach der Rückkehr von Seiner Orientreise eingerichtet und mit den damals vom Sultan erhaltenen Geschenken ausgestattet hatten. Die Sendung, welche einen Waggon füllte und bis Mustapha - Pascha mittelst Spezialzuges befördert wurde, sollte vom General v. Hobe Pascha begleitet werden; bei selbe konnte aber wegen plötzlicher Er krankung diese Mission nicht übernehmen. — Zum Kommandanten des Allerhöchsten Haupt guartiers ist von Sr. Majestät dem Kaiser der Generalmajor v Plessen, bisher Kommandeur der 5)5. Jnfanteri.'brigade in Karlsruhe, ernannt worden. — Dem „Reichsanzeiger" zufolge erhielten der Senatspräsident beim Reichsgericht Ur. gur. v. Hahn zu Leipzig und der ReichSgerichtsrat Kirchhoff da selbst den Stern zum Roten Adlerorden zweiter Klasse mit Eichenlaub »nd der Reichsgerichtsrat a. D. Iser zu Trier, bisher zu Leipzig, den Preußischen Krouen- vrden zweiter Klasse — Dem Kaiserlichen Gesundheitsamt sind bis zum 2. Januar mittags folgende Cholerafälle ge meldet worden: In der Woche vom 25). bi; 31. De zember 1802 ist außer den bereits mitgeteilten Cholera- erkrankungen noch ein weiterer Fall aus Altona an gezeigt worden. Im ganzen sind hiernach für die be zeichnete Woche 5 Erkrankungen, von denen 3 tödlich endeten, aus Altona gemeldet. In Hamburg sind für di.se Zeit siebzehn Erkrankungen mit sechs Todesfällen festgestellt worden. — Zu der Opposition gegen die Militär vorlage schreiben die „B P. N.": Angesichts der oppositionellen Haltu-g einiger politischen Parteien gegenüber der Äilnärvorlage ist es nicht ohne In teresse, daraus hinzuwcisen, daß von dieser Sei'e fortwährend von der „starren Haltung der Regierung", von „Mangel an Entgegenkommen" rc geredet wird. Einerseits soll damit augen scheinlich der Glauben ermeßt werden, als ob es die Sch. ld der Regierung sei w nn eine Verständigung nicht zu stände kommen würde, andeieiscits soll aber auch der Ansicht Vorschub geleistet werden, als ob es Sache der verbündeten Regierungen sei. sogenannte „Begenvorschtäge" zu machen. Beides ist grund falsch. Tie Regierung hat gar keine Gegenvorschläge zu machen — ihre Vorschläge sind eben in der Militärvorla e, wie sie ist, enthalten und diese Vorschlag- sind so wohl erwogen und so eingeh-nd g prüst, sie sind ausserdem militäiisch so unanseätbar, daß auch nrcht die geringste Veranlasjung voiliegen dürste, von der Giund- und Richtlinie derselben abzugehen Dagegen wäre e- Sache derjenigen, welche Aussetzungen an der Militär vorlage zu machen haben, und namentlich derjenigen, weiche eine Haide Nachgiebigkeit dadurch dokumentieren zu sollen glaub n, daß sie eine Verstärkung des Rekrut nlontingents unter Festbaiten dir gegenwärtigen Ine entpräsenzzifser befürwort!!!, ihrerseits mit de ilmmien Gegenvorschlägen hervoczutreten, w e sie sich denn cigenv.ch die Militärische Ä.',Wertung der erhöh en Relrutenzah' in dem seitherigen Rahmen vorstellen. Bis jetzt hat sich aber die Opposition wohl gehütet, mit solchen präzisen und mililär-trchnisch in die Einzelheit«n eingehenden Gegen vorschlägen hervorzutrrten. Die Gründe kiersür sind aber sehr nahel egende. Sowie man an der Hand jenes angeblichen Eni- grftnkommens der Sache näher tritt, stellt sicb sosort heraus, daß damit unter allen Umständen entweder eine B.rsä lechteru g unserer Jnsanter.e unausbjeiblich ist, oder aber, daß den tech nischen Waffen ktnschli.bl'ch Felbartillerie dasjenige Maß von Weiterentwickelung vorenthalten wird, we cheS diese Waffen unbedingt nötig haben, wenn wir nicht in Zukunst eine Unter legenheit aus diesem Gebiete anderen Armeen gegenüber offen zugeben wollen Es ist also in diesem Falle nicht mit all- gem inen Redensarten gethan, sondern es müssen konkrete lcbens- sähige Vorschläge gemacht werden und da find w«r eespannt, welcher Art dieselben sein könnten, oh e das deutsche Heer em pfindlich in scimr Leistungsfähigkeit zu schädigen. Allein schon die Verantwortung für solche Verschlüge der Nation gegrnüber scheint vorläufig niemand übernehmen zu wollen. Solange das aber nicht geschieht, sällt das ganze Geschrei über die ablehnende Haltung der Regierui g in der Militärvorlage in sich zusammen. Es charakterisiert sich lediglich als ein agitatorisches Verlegen- hrilSmittel! — Die Abgg. Auer und Sjnger haben mit den anderen sozialdemokratischen Abgeordneten im Reichs tage fotzende Interpellation eingebracht: Die Unterzeichneten richten an den Hrn. Reichskanzler die Frage: „Welche Maßregeln haben die verbündeten Re gierungen ergriffen oder gedenken sie zu crgreisen, um dem notorisch vorhandenen Notstände enigegenzuwirlen, welcher in- solge andauernder Arbeitslosigkeit, vielfach vorgenommener Herabsetzung der Arbeitslöhne, sowie der allgemein gedrückten Erwerbsverhältnisse in den weitesten Dolkskreisen herrscht." München. Gelegentlich des großen Neujahrs cour- und Gala-Hofkonzerts in der König!. Residenz wurde der Bruder des ehemaligen langjährigen Königl. sächsischen und Königl. bayerischen Generalkonsuls im Königreich Polen Baron Lessers, der in Spanien naturalisierte Graf v. Lesser von S. E. dem päpst lichen Nuntius als Doyen des diplomatischen Corps, im Auftrage und in Vertretung des z. Z. abwesenden spanischen Botschafters, und die Neuvermählte Gräfin Lesser Jelacic von Ihrer Excellenz Fran v. Fabrice, der Gemahlin des Königl. sächsischen Gesandten am hiesigen Hofe, als Doyenne de- diplomatischen Corps, Sr. Königl. Hoheit dem Prinzregenten und sämtlichen Kaiser!, und Königl Prinzessinnen und Prinzen des Königl. Hauses vorgestellt. /lp Weimar, 2. Januar. Anläßlich des Jahres- Wechsels fand gestern mittag im Großherzogl. Schlosse ein großer Empfang statt. Se Königl. Hoheit der Großherzog nahm die Glückwünsche des StaatsminO steriums, der Hosstaaten, des Landtagsvorstandes, der am Großherzogl Hofe beglaubigten, in Weimar leben den Gesandten, des OffiziercorpS, der Spitzen der staatlichen und kirchlichen Behörden entgegen. Ihre Königl. Hoheit die Frau Großherzogin wohnte dem Empfang nicht bei, wohl aber am Abend dem im Schlosse aögehaltenen Hofkonzert, bei welchem auch Ihre Köngl. Hoheiten der Erbgroßherzog, die Frau Erbgroßherzogin, die Prinzen Wilhelm und Bernhard, sowie der Herzog und die Herzogin Johann Alvrecht von Mecklenburg-Schwerin anwesend waren. Ein ladungen zu dem Hoskonzert waren an zahlreiche her vorragende Persönlichkeiten in Weimar, Jena, Eisenach und Erfurt ergangen. Wien, 2 Januar. Zu dem heutigen Hofdiier bei Sr. Majestät dem Kaiser waren der päpstliche Nuntius Galimberti, die Botschafter des Deutschen Reiches, Frankreichs und Spaniens, sowie die Gesandten von Bayern, Württemberg, der Schweiz, Serbien und Monaco geladen. — Die Wiener Blätter widmen anläßlich des Jahreswechsels der inneren und äußeren Lage Betrachtungen und sprechen je nach ihrem Standpunkte ihre Hoffnungen für die Zukunft aus. Die „'Neue Freie Presfe" verweilt lei den destruktiven Terdcn.cn die im abpelaufenen J)hre überall in den Border grundtraten Was sp zi-V Österreich bclnsst, so haben die nationalen Parteien, sagt das Blatt, cs zu Pande gebracht, d e deuisch-n Fundamente des Staates so weit zu erlchü tern. daß das Öster reich Maria Theresias und Joseph II. nur noch eine geschichtliche Er'nneiung sei. Die stärkste unter den > alionaien Parteien, die tschech fche, hebe die l-hte Grenze des mit dem Einheur- staate noch Verträglichen bereits überichritten. Auch die klerikale Pa>tri habe fleißig mitgeholsen, die rcichsz-rstöre,tun Bestreb ungen zu unterstützen, rudern sie sich mit dem Anti cmititwus, dem Typus der blinden Zerstörungswut, verbündet hat. „Die Zeit und die Zustände", so schließt da; Blatt, „sind r amen'l ch bei uns reif zu gründlicher Umgestaltung Möge sie ohne all zu fchwcre Erjchüwruna in Frieden und im einträchvgeu Zu- lammenwülcn aller seiner Bewohner sich vollziehen." Tas ,. Fremden blatt" wendet sich ebenfalls gegen die Tendenzen der tschechischen, klerikal«» und den ruderen ex reinen Pa teien Das neue Programm soll im Gegensätze zu diesen Bestrebungen vor allem die Unantastbarkeit der Verfassung zum obersten Grundsätze erheben. Mau mög in Österreich, wie i r Unparn, eine Fusion aller gemäßigten Parieren an- streben. Schon ein solcher Versuch zeige deutlich, in welchem Maße Graf TaaffcalS überzeugter konstitutioneller Staatsmann dar au gehe, das Parlament und den Parlamen'ansmus iu Österreich aus rine Basis zu stellen, aus der sie, gegen jede Anfechtung einer Partei gesichert, ihren hohen Zwecken ohne Störung dienen könnten. Dir „Presse" betont, daß das abgelausene Jahr große Neuge; altungen und Fortschritte auf wirtschaftlichem Gebiete gebracht habe. Mit Bezug auf die Umgestaltung der parlamen, tarijchen Lage iei jeder Zweifel an den, lcyUen Ernst, womit die Regierung ans Wrrt geh», ausgeschlossen, und dessen Ge lingen hänge nu, von d,n Paneien ab, Das Blatt wendet sich gegen iere rereinzelten Verjuche, welche die Situation durch die Aufrollung persönlicher Fragen trüben wollen und spricht zum Schluß die Hoffnung aus, daß das kommende Jahr zeigen rrerde, der Appell an d e Vaterlandsliebe und Mäßigung d:r großen Parteien des Hauses fei nicht vergebens gewesen. Buka Pest, 2. Januar. Gestern fand der übliche Neujahrsempsang beim Ministerpräsidenten statt. Wie die „Voss. Ztg darüber berichtet, sprach zuerst namens der liberalen Partei der Abgeordnete Moriz Jokai. Derselbe betonte, er sei einer der letzten Achtundvierziger, seine Wahl zum Sprechkr be kunde, daß auch die jetzige politische Jugend treu zu den freiheitlichen Idealen halte und im Minister- Präsidenten ihren Gesinnungsgenossen erblicke. Mit Bezug auf die laufende Politik sagte der Redner, jeder ehrliche patriotische Ungar Halle am Treibund fest, der den Frieden verlürge; in dieser Beziehung bestehe kein Unterschied zwischen den Parteien. Dagegen be stehe ein solcher Unterschied in der Auslegung des Verhältnisses zu Österreich. Die liberale Partei sei überzeugt, daß Ungarn in diesem Bunde moralisch und materiell gedeihe, und wolle darum an dem bestehenden Verhältnisse nichts ändern. Man sage, die Krone sei derzeit über Ungarn ungehalten. Er kenne die Gefühle des Hofes nicht; was aber den König be treffe, so werde ihm sein Herz und seine Weisheit sagen, daß die sicherste Stütze des Thrones die un verbrüchliche Anhänglichkeit Ungarns sei. Die An- hänglickkeit Ungarns an seine Vergangenheit, an Ueberlieserungeu seiner Freiheittkämpfe stehe nicht im Widerspruch zur Königstreue; beide Gefühle seien gleich fest und ehrenwert. Jokai versichert die Re gierung schließlich der Unterstützung der liberalen Partei bei jeder potiwüschen Arbeit. Minister präsident Wekerle vermied in seiner Antwort jede Polemik Er versicherte, der Friede sei für die nächste Zeit gesichert, die Regierung werde trachten, durch Handelsverträge gute Beziehungen zum Auslande nach Möglichkeit zu befestigen. Nur über zwei Punkte wolle er sich eingehend äußern. Zunächst über die Kirchenpolitik. Der Ministerpräsident versicherte, die Politik der Regierung berühre auch nicht entfernt die Religion, und darum sei jene Agitation sträflich und verwerflich, die, die heiligsten Gefühle des Volkes aus beulend, diesem die Meinung beizubringen suche, die Regierung taste die Religion an Allgemein fiel die ungewohnte Schärfe auf, mit der Ur. Wekerle über die klerikale Agitation sprach; man schließt daraus, daß er mit den Bischöfen ziemlich im Reinen sei. Ein zweiter Absatz bezog sich auf die Nationalitätenfrage. Ungarn gewähre den Nationali täten die weitestgehende Freiheit; allein Pflicht jeder Regierung fei es, den ungarlschen Charakter de- Staates zu wahren. Wenn diesem natürlichen Be streben gegenüber sich sträfliche Agitationen kundgeben füllten, würde die Negierung nicht zögern, auch außer gewöhnliche Strenge walten zu lassen. Beide Erklär ungen wurden mit lebhaftem Beifall ausgenommen. Pari.«, 1. Januar. Der Abgeordnete Delahaye hält trotz aller Dementis und noch so feierlichen Er klärungen der „Moskauer Zeitung" und ihres Pariser Vertreters die Behauptung aufrecht, daß dieses Blatt 500000 Frcs. von der Panamagesellschast gefordert und von dieser auch thatsächlich erhalten habe. Hätte das Blatt die gedachte Summe weder erbeten noch er halten, so sei dieselbe einfach von der betreffenden Mittelsperson oder anderen, hinter derselben stehenden unterschlagen worden, was die anzustellende Unter suchung ja ergeben werde. — Die Verteidiger der noch immer in strengster Einzelhaft befindlichen Ver- waltungsräte der Panamagesellschaft haben bis her Zutritt zu denselben nicht erlangt, hoffen aber trotzdem bestimmt, den gegen ihre Klienten am 10. Ja nuar beginnenden Prozeß an dem gleichen Tage noch beendet zu sehen. Ja, alle erklären mit Bestimmtheit, ein freisprechendes Urteil zu erwarten. Sie wollen über genügendes Entlastungsmaterial verfügen können, um dem Gerichtshöfe die Überzeugung büzubringkn, daß ihre Klienten sich ebensowenig irgend ehrer Unter schlagung, als auch nur eines Vertrauensbruches schuldig gemacht hätten. Ihre Hoffnung geht sogar soweit, auch die Anklage auf übermäßige und über flüssige Ausgabe von Reklamegeldern entki ästen zu wollen. Die Herren sind sämtlich entschlossen, alles zu vermeiden, was dritte in die Verhandlungen hinein ziehen und diese verlängern könnte, und um jeden Preis Zwischenfälle zu vermeiden, selbst auf die Ge fahr hin, daß mancher Punkt unaufgeklärt bleiben könnte. Bern, 2 Januar Bei dem gestrigen Neujahrs- emp fange kam der französisch-schweizerische Zollkrieg zur Sprache und es scheint, daß Frankreich ein Ein lenken beabsichtigt. Der französische Gesandte Arago gab dem Wunsche Ausdruck, daß der voraussichtlich nur zeitweise Abbruch die traditionellen Handelsbezie hungen nicht vernichten möge; der Tarifkrieg könne nicht andauern, gegenwärtig sei Mäßigung erwünscht. Er seinerseits werde für Herbeiführung einer Ver ständigung thätig sein. Bundesrat Schenk erwiderte darauf, der Bundesrat bedauere die Wendung der Er eignisse, an der die Schweiz unschuldig sei, da sie bis zuletzt den Wunsch nach Verständigung gezeigt habe; jetzt sei sie gezwungen, Maßregeln zum Schutze ihrer Jntercsftn zu ergreifen. Zu ihrem Bedauern könne sie unmöglich die getroffenen Maßregeln mildern, so lange Frankreich nicht in billiger, freundschaftlicher Weise die Thore seines Marktes schweizerischen Pro dukten öffne. Wenn dies geschehe, werde die Schweiz glücklich sein, die alten guten Beziehungen zu erneuern. London, 1. Januar. Über ein neues Geschoß, eine Erfindung des englischen Generals Tweedie, be richtet das illustrierte englische Journal ,The Broad Arrow". Die Kugel besteht aus einem Mantel von hartem Metall, dessen Hintere ebene Fläche geschlossen, dessen Spitze dagegen geöffnet ist, um daraus entweder durch Guß oder Lötung weiches Blei anzubringen, so daß der Mantel mit dem Blei, welches er enthält, fest verbunden ist, mit Ausnahme der äußersten Spitze, wo das Blei über den Mantel in konischer Form heraustrilt. Diese Komposition ermöglicht eS dem Geschoß, sebr großem Druck Widerstand zu leisten und zwar infolge der großen Festigkeit seiner Basis. Ebenso erträgt die neue Kugel die größten AnfangS- gesckwindigkeiten. Die Härte des Mantels macht Splitterungen unmöglich Die Gestalt der Kugel ist so berechnet, daß die Züge des inneren Gewchrlaufs sich nach dem ersten Drittel der Kugellänge von der Spitze aus auf dem Mantel einzeichmn. Dieser eigen tümliche Bau soll angeblich ein ausgezeichnetes Schießen ermöglichen. Das neue Geschoß dringt, gegen Stahl platten abgeschossen, besser durch als die gegenwärtige im englischen Heer eingesührte Kugcl; sie besitzt außer dem dre Eigenschaft, in die Stahlplatten einzudringen, selbst wenn sie dieselben unter einem Winkel trifft, während Lie bisherigen Geschosse in solchem Falle ab gleiten würden; außerdem ist die Wirkung der Kugel, sei es auf Stahl, Hchz oder Stein, eine viel gewal tigere. So wird das nrue Geschoß des General Tweedie gegen Torpedoboote mit viel mehr E-svlg ihr freu Mich znnickie, herauf. Heinrich folgte der wieder nach der Mitte des Teiches gleitenden zierlichen Schlittschuhläuferin mit den Augen und musterte dann, da der junge Offizier jetzt still stand, mit etwas miß trauischer Aufmerksamkeit dessen Züge und die ganze Erscheinung. „Wer ist der Lieutenant und wie kommt Ihr zu ihm?" fragte er. Der Kommerzienrat sah den Neffen von der Seite an und bemerkte einen Ausdruck in dessen Gesicht, der zu seiner eigenen behaglichen Weih nachtsstimmung im Gegensatz stand. „Es ist Herr v Gravenreuth, den Martha u rd Eva in Pyrmont kennen gelernt haben", erwidrct Herr Robert Hagen halblaut. „Ein Sohn des Oberst: r meines alten Bekannten, der bei Sedan gefallen i t — ein Prachtbursche in seiner Art, voll von Leben und Witz und guten Einfällen. Hat's auch schon toll getrieben für seine Jugend, hält, glaub ich, die Äugen offen vor jedem Teiche, in dem ein Goldfisch schwimmt" „Und Ihr habt ihn für Eva ausdrücklich tingeladen?" fragte Heinrich, wieder hinunter auf den Teich und das junge Pa-r blickend. Er versuchte zu lächeln, aber sein Lächeln fiel dünn und ein wenig herb aus „Nun jedenfalls sind die beiden einander auf der Eisbahn gl wachsen!" „Wäre auch sonst kein übles Paar" flüsterte dec Lheini Kommerzienrat. „Über daS Übliche werden wohl seine Schulden nicht eben hinauSgehen die Eva hätte daS Zeug zu einer schneidigen OffizierS- frou. Selbst Tante Cordula ist von dem Lieutenant vollkommen entzückt! —" Während dieser vertraulichen Mitteilungen behielt der dicke Herr das Gesicht seines Neffen scharf im Auge und wurde immer sicheier, daß ein lebhafter Unmut eben dies Gesicht beschattete. Er brach jäh seine Lobpreisungen des jungen Offiziers ab, dämpfte die Stimme noch mehr, als seither, sodaß die beiden Damen auf dem Sofa keine Silbe vernehmen konnten und sagte sehr leise, aber rasch und nach drücklich: „Ja, wie ist mir denn, Junge? Bist Tu etwa eifersüchtig auf Gravenreuth? Tu weißt gut genug, was Teines seligen Vaters und mein Lleblingswunsch war! — Wenn es Dir recht scheint, zusammen zu halten, wis unser ist und wenn Dir die Eva gefällt — sprich ein Wort und ich bringe nicht nur den Lieutenant, sondern dos OffiziercorpS einer ganzen Division aus dem Hause, um reinen Tisch für Dich zu machen " „Wo denkst Du hin Onkel Robert. Wir sind nicht das HauS Rothschild, wollen es weder werden, noch nachäffen. Ich bin ganz und gar gegen Heiraten m der Familie, wäre auch zu alt für mein liebenswürdiges Bärchen. Außerdem ist Herr v. Gravenreuth Euer Gast — aber ein Gast muß ja nicht gleich ein Freier sein Ich beanspruche kein Recht, mich in Evchens Angelegenheiten einzumischen, bin jedoch der Meinung, daß es für die Mädchen gut ist, wenn ihnen zwischen dem Wiegen von Puppen und eigenen Kindern ein paar glückliche Jahre gegönnt werden." Der Kommerzienrat erwiderte nichts, sondern be gnügte sich mit einem kurzen ziemlich verdrießlichen Kopfnicken. Heinrich aber, dem die Wendung, die ferne Unterredung mit dem Onkel genommen hatte, nicht behagen mochte, trat zu den Damen und rief: „Warum ist Christine nicht hier und wo kann ich sie finden<" „Wo anders als neben dem Bücherhaufen, den Du ihr zu Weihnachten beschert hast!" nahm Fraulein Coidula das Wort. „Sie hat sich gleich gestern morgen alle Deine Geschenke in das Winter- gartenzimmer bringen lassen und dort sitzt sie und liest — liest — kaum, daß man sie bei Tisch sieht." „Ich werde sie gleich bei ihrer Lektüre stören, sie muß mir von Eurem Fest erzählen, was ich noch nicht weiß," sagte Heinrich. „Bis zum Frühstück haben wir wohl noch eine Stunde Zeit?" „Kaum eine halbe Stunde, Junge!" rief der Kommerzienrat vom Fenster her. „Sorge dafür, daß Christine heute am Frühstück teilnimmt, es thut ihr immer gut, wenn sie ihren Lehnstuhl an den Tisch schieben läßt, vor allen, wenn Tu da bist." Der Neffe, der schon die Thür des Salons erreicht hatte, machte ein Zeichen, daß er dem Wunsche des Onkels nachkommen werde, und eilte hinaus. Die drei Zurück- bleibenden sahen sich an und schienen sich in gleichen Oiedanken zu begegnen „Er ist glatt wie ein Aal, man erführt nichts, als was wir schon läng!» wußten und daß ihm der Lieutenant nicht behagt — ohne daß er deshalb an die Eva denkt," sagte der Kommer zienrat, Frau Martha aber fügte verdrießlich hinzu: „Seiner Vertrauten wird er sagen, wo er war und was er gewollt hat, — aber mit Christine ist ja nicht zu reden. Sie stürbe lieber, als daß sie ihrer Mutter etwas erzählte, was den Heinrich angeht. Der Martin ist gleichfalls in« Komplott der beiden. Und an der Thür horchen schickt sich dochauch nicht, weder für mich, noch für Cordchen. Dabei wird man du Angst nicht los, daß der Mensch etwas vor hat, was uns allen da» Leben verdirbt." (Forts, s-lgt ) Risieenztheatcr. Auf dnser Bühne hat Hr. Karl Sontag jetzt sein Gastspiel mit einem Stück brillanter und für das Theater sehr kostspieliger AuSstattungs- feerie , Frau Venus", von Pasqu« und Blumen thal, begonnen. Es geschah auch bei der Wieder holung unter hoffnungerweckendem Zustrom und Bei fall des schaulustigen Publikums. Entgegenkommende Schaulust und derbes Wohl behagen au der gestaltungSreichen Äußerlichkeit, die man nicht nach ihrem Inhalt fragen darf, bilden die Lebenslust, ohne welche derartige Spekiakelstücke sofort in ihrer Leerheit zusammenbrechen würden. Auch für die Schauspielkunst bleiben sie eine gegenstandslose Aufgabe. Die Zuschauer werden sich an das zu halten haben, was von den Brettern her auch ohne dar Wort ge boten werden kann. Am Residenztheater hat in diesem Element der Maschinenmeister, der Koulisseumaler, der Kostümier und der die Masse.bewegungeu lestende Regisseur viel mehr und Erstaunlicheres gleistet, als man von einer Bühne mit gemess nen Mitteln und Kräften erwarten darf. Es wird spmer Zeil sein und ciue willkommene Unterstützung des Unternehmens bieten, auf Einzelheiten zurückzuweisen. Professor Ur. Vetter -f-. Der durch fine Vorträge über „Mensch und mo derne Weltanschauung" auch weiteren Kreisen bekannt gewordene Ur. Benjamin Vetter, außerordentlicher Professor für Zoologie an unserer technischen Hoch-
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