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Dresdner Journal : 02.01.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189301024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-01
- Tag 1893-01-02
-
Monat
1893-01
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 02.01.1893
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A§1 Montag, den 2. Januar, abends. 1893. INr vr««6oa vi»rt«IM>rl>cU > N»rlc KO kk., d«i a«» -»»»«rl 6eor»<:d«> ko«t»o»t»lt«a vivrtst- 3 »u«krb»Id 6«« 6eut«cbea k»tcU« tritt koit- ua6 8tempkl»u»ctll»^ Uu»»«. Li»««lo» Hummer»: 10 kk. L»tlk»aixll»x»x»dUdre»r ttr 6s» k»um eiosr ^««p»Itsne» Leilo tllei»»r NskriN 30 kf. Ootvr .,I?iQ^e»»u6t" 6i» 2«>l» KV L«i 1»b«Uea- u»6 Xiffsrn»Ltr votspr. XulscUIuz. Lr»e Uslus»: Mgtied mit Xueasdm« 6er 8o»»- u. roiortn^e »dv»6». ksrnsprecd - Xusedlu»»: dir. 12SL. ZresdnerImunal. Für die Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat Gtto Nanck, Professor der titteratur- und Kunstgeschichte. L»»»d»e e»» itodkaäixunxen i»n8«Lrt>: Lstpii,: » Lra»6rtetter, ^owmiosiooür 6s» l)re»6usr 6ourn»I»z L»»d»r» >»rlm Vi»u I»»«I Lr«»I»u kr»stkurt ». ».: //a«urn»trin <L L»rlm V»»a-S»iudllrI- vr»« Htp»>,-kr»r>kku^ ». ». Ilimcd»»: /Luci. k»rt» l.o»äos d»rUu -kr»iltNirr ». 3l -»tutl^»rt: ct t,'a., L»rU»: /»i ci/xi^ic/ant, >r»»I»u: Lmmorer: t/. Lc^ü«irr, N»Us ». S.: Larct ct t,'o. llersus^eder: USoizl. Lrpe6itioa 6e» Ure»6oor 6ouru»I». Urs»6e», 2«ioger«tr. 20. korusprecd-itosediuss: dir. 1285. Amtlicher Teil. °Derorönung über Abänderung der Verordnung vom 21. No vember 1885. betreffend die Besorgung der in K 9 des Gesetze- vom 21. April 1873 gedachten Verwaltungsangelegenheiten; vom 31. Dezember 1892. Die bisher dem AmtShauptmann in Dresden» Neustadt durch Verordnung vom 21. November 1885 (G. u. V. Bl. S. 138) übertragenen Geschäfte in Milttärangelegenheiten im Stadtbezirke Dresden sind vom 1. April 1893 an in dem links der Elbe ge- legenen Theile der Stadt Dresden von den, AouS- hauptmann in DreSden-Altstadt, in dem rechts der Elbe gelegenen Theile dagegen von dem Amtshaupt mann in Dresden-Neustadt wahrzunehmen. Dresden, den 31. Dezember 1892. Die Ministerien des Innern und des Krieg-, v. Metzsch. von der Planitz. Wekanntrnachung, die Abhaltung der Landidaten-Prüfu» gen an den Lehrerseminaren des Landes unk am Lehrerinnen-Seminar zu Dresden, sowie der Wahlfähigkeits-Prüfung am Lehrerinnen- Semmar zu Callnberg Ostern 1893 betr. Die SchulamtS-Candidaten-Prüfungen an sä«mtlichen evangelischen Seminaren deS Landes und am Lehrerinnen Seminar zu Dresden, sowie die Prüf ung von Lehrerinnen, welche nicht auf einem Seminar vorgebileet worden sind, finden in Gemäßheit deS ß 4 der Prüfungsordnung vom 1. November 1877 in den letzten Wochen vor Beendigung deS Schuljahres statt. ES werden daher diejenigen, welche zu diesen Prüfungen zugelassen zu werden wünschen, soweit die selben nicht auf Grund 8 3, Abs. 1 der Prüfungs ordnung von Einreichung besonderer Anmeldung be freit sind, hierdurch aufgefordert, sich spätestens bis zum 10. Januar 18SZ bei dem unterzeichneten Ministerium unter Beifügung der in § 3 der Prüfungsordnung vorgeschriebenen Zeugnisse rc. anzumelden, event. auch die nach 8 3, Abs. 4 der Prüfungsordnung vorgeschriebenen Angaben zu machen. Die Wahlfähi gkeitS-Prüfung am Lehrer- inuen-Seminar zu Callnberg findet nach Ostern 1893 zunächst für frühere Zöglinge dieser Anstalt statt. Eaudidatinnen, welche sich dieser Prüfung unterwerfen »olle», hoben spätestens bis zum 81. Januar 18>8 ihre Gesuche um Zulassung bei dem Bezirksschub- iuspector ihres Wohnortes unter Beifügung der in 8 16 der mehrerwähnteu Prüfung-- Ordnung vor» aeschriebenrn Zeugnisse einzureichen, worauf sodann von de» BezirkSschulinspertoren die Anmeldungen an die T»»zlei deS unterzeichneten Ministerium» bi» spätesten- zu« 1V. Krbru.r 18S» einzureichen find. D re »den, am 10. December 1892. Ministerium des Lullus und öffentlichen Unterricht-, von Seydewitz. Götz Dresden, 27. Dezember. Se. Majestät der Kö-e g haben den ordentlichen Professor der Rechte an der Lauft und Wissenschaft. Zwischen den Jahren.*) Novelle von Adolf Stern Durch dir Vorhalle de» großen stattlichen Hause» und die tepvichbelegtc Treppe empor quoll der au- Tannen-, Blumen- und Kuchenduft wunderlich ge mischte Weihnachtshauch. Die Glasthüren zum Gartensaal im Erdgeschoß, die sonst im Winter ge schlossen zu sein pflegten, standen heute gegen die Vorhalle weit offen. Ter junge Mann, der auf dem ersten Treppenabsatz rastete und sich ein paar leichte Schneeflocken vom Aufschläge seines PelzrockeS blieS, konnte zugleich das hochlodernde Feuer von Buchen- holzknorren im Kamin des Saals und den bunt- schimmernden WeihnachtSbaum sehen, der vom Fuß boden bis zur Decke reichte und seine breiten Äste weithin über die davor stehenden Tische streckte, auf denen noch ein Teil der reichen Gaben und Über raschungen des gestrigen Abends prangten. Es war der Morgen des zweiten Feiertage» und der An kömmling erstaunte nicht sowohl über die Lücken, die er auf den Tischen wahrnahm, als über die auf- gestapelten Mengen kostbarer Stoffe und Gegenstände, die er von der Treppe aus und beim flüchtigsten Über blick wahrnahm. Sein Blick streifte noch einmal mit träumerischem Behagen den mächtigen Tannenbaum, dann besann er sich, daß er nicht hier sei, um sich in *- Uub«f»gte, Nachdruck »Merfazt. Universität zu Erlangen vr. Eduard Höl der zum ordentlichen Professor des römischen Recht» in der juristischen Fakultät der Universität Leipzig zu ernennen Allergnädigst geruht, s« !. * 7*^ * ' " ' Nichtamtlicher Teil. Telegraphische und telephonische Nachrichten. Saarbrücken, 2. Januar. (Tel. d. DreSdn. Journ) In den gestern in Louisenthai, Bildstock, Gu'ldendach und Holz abgehaltenen starkbesuchten Arbeiterversammlunge» wnrde beschlossen, den Streik fortzusetzrn; derselbe ist heute allgemein. Stuttgart, 2. Januar. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Zu Pforzheim wurde beim Neujahr schießen mit scharfgeladenen Revolvern grober Unfug verübt. Ein Goldarbeiter wurde an der Stirn getroffen und blieb tot; der Polizeimeister Haa» erhielt einen Schuß in den Schenkel. Paris, 2. Januar, (Tel. d. DreSdn. Journ.) Gestern nachmittag entgleiste ein Persone»zug bei EastreS; zwei Personen wurde.» getötet, fünfzehn verwundet. Paris, 2. Januar. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Die Zeitung „Libre Parole" beschuldigt Floquet, daß er veranlaßt habe, daß auS den Panama« geldern an seine persönlichen Freunde, die ehemali- gen russischen Diplomaten, die jetzigen Mitarbeiter der „Nowoje Wremja", 500 000 KrcS. auSgezahlt wurden. Dresden, 2. Januar. Jungtschechische Parteibildungen. * Seit Beginn der letzten Tagung deS Reich»» rateS sind lebhaft Gerüchte über die innerhalb der jungtschechischen Partei platzgreiferde Zerfahrenheit und Verwirrung in Umlauf gebracht worden. Die selben haben nu»mehr ihre Bestätigung erhalten. Am 15. v. MtL. erschien in Prag die erste Nummer de» von vr. Basaty und seinen nächsten Gesinnungs genossen gegründeten Wochenblattes „NeodviSlost" (Unabhängigkeit), welches dem äußersten linken Flügel der jungtschechischen Partei dienen soll, dessen Ver tretern im Reichsrate und insbesondere dem übel berüchtigten Dauerredner und enkant terribl« dieser Partei, vr. Vasaty, durch den immermehr erstarkenden Einfluß der Realisten in wirksamer Weise die Mög lichkeit entzogen worden ist, durch ihre maß- und würdelose Haltung das Ansehen ter tschechischen Dele gation im NeichSrate zu beeinträchtigen. Schon in dieser Nummer bekennt sich die neue tschechische Wochen schrift als Verfechterin der radikalen Richtung des JungtschcchentumS und bezeichnet al« ihr nächstes Ziel die nachdrücklichste und schonungsloseste Bekämpf ung de» Einflüsse», den die Gruppe der Realisten auf die Entschließungen der jungtschechischen Parteileitung üben Die Hauptmänner dieses Blattes erklären offen, daß der Einfluß der Realisten auf die tschechische Delegation da» tschechische Volk weiter »n die Bahnen der alttschechischen Brotsamenpolitik zu drängen suche und daß es somit Pflicht aller gesinnungStüchtigen Patrioten sei, diesen Bestrebungen der Realisten in jeglicher Weise entgegenzutreten. In diesem Bekenntnis der jungtschechischen Radi kalen ist das Vorhandensein einer Kluft zwischen der realistischen und der radikalen Gruppe im jungtschechi schen Lager eingestanden und zugleich auch der Aus blick auf eine dauerhafte Fehde zwischen den beiden KindheitSerinnerungen zu versenken und stieg die Treppe zum oberen Geschoß vollends hinauf. Am Rande der letzten Stufe kam ihm ein Diener von mitt'eren Jahren, in einer schlichten, blauen Livree entgegen, den der Tritt des Kommenden von einem geöffneten Fenster deS oberen VorsaaleS hinwrgge- scheucht hatte, aus dem er eifrig in den überschneiten, parkähnlichrn Garten, der das Hau» umgab, hinunter- blickte. Jetzt stand er mit respektvollem Gruß bereit, dem jungen Manne den Pelz abzunehmen. Auf eine stumme Frage der braunen Augen des Ankömmlings antwortete er: „Gewiß, die Herrschaften sind drinnen im kleinen Salon und werden sich freuen. Der Herr Heinrich sind gar sehr vermißt worden am heiligen Abend und gestern beim Diner." Der Diener schien noch weitere vertrauliche Mit teilungen im Rückhalt zu haben. Da aber ein zweiter fragender Blick des jungen Herrn auSblieb, dieser nur kurz sagte: „ES ist gut, Martin — melden Sie mich bei den Tonten," so eilte er rasch an die mittelste der fünf Flügetthüren, die sich auf der Vorflur öffneten, rief hinein: „Herr Heinrich Hagen!" und ließ den Besucher eintreten, ohne erst ein „Sehr angenehm" von drinnen zu erwarten. Noch ehe Martin die Thür wieder schließen konnte, hörte er die Ausrufe der Überraschung, mit denen der Ein- tretende von drei Stimmen zugleich begrüßt wurde. Heinrich Hagen sah die Gesichter eines breitschultrigen und wohlbeleibten Herrn mit weißem Backenbart, der am Fenster stand, und zweier stattlichen Damen, die in beiden Ecken eines Divan» vou biaunem Sammet gesessen hatten, sich zugewandt und konnte auf allen drei Gesichtern eine wunderliche Mischung von er- Fraktionen eröffnet. Den der Realistengruppe von den Radikalen hingeworfenen Fehdehandschuh hat „CzaS", daS Prager Organ der tschechischen Realisten, auch sofort aufgehoben und in seiner Weihnachtsnummer Hrn. Vasaty und seinen Freunden eine Abfertigung zuteil werden lassen, worin den tschechischen Radikalen in der Politik des Tschechenvolkes der ihrer geistigen Minderwertigkeit angemessene Platz angewiesen und im übrigen die derzeitigen Verhältnisse im jung tschechischen Lager nach allen Seiten beleuchtet werden. In einer der Form nach maßvollen und durchaus sachlichen Auseinandersetzung legt „CzaS" an leitender Stelle dar, daß der Radikalismus in der Politik seine Berechtigung habe, daß aber das eben gegründete radikale Blatt nur den Radikalismus mißbrauche, indem es unter dem Schilde des nationalen und politischen Radikalismus lediglich die Bekämpfung und Beseitigung der realistischen Fraknon aus der jung tschechischen Partei sich zum Ziele gesetzt habe. Gegenüber dem Verlangen des Organs de» Hrn. Vasaty, daß die „tschechische Delegation im ReichSrate" eine entschieden radikale Politik betreiben solle, führt da» Realistenblatt auS, daß die mit der Vertretung eines ganzen Volkes betraute Partei bei Förderung der Interessen desselben nicht radikal, sondern maß voll, klug und besonnen vorgehen müsse, während die Aufgabe de» radikalen VorwärtSdrängenS einem ver hältnismäßig kleinen Bruchteil des ParteibestandeS überlassen werden sollte. Die Realisten, welche nach übereinstimmenden Meldungen der Wiener Blätter im jungtschechischen Klub derzeit die Mehrheit hinter sich haben, erklären sich somit — im Gegensatz zu den durch die „NeodviSlost" publizistisch vertretenen Radikalen, welche GesühlSpolitik machen wollen — zur Politik der Vernunft. Tas genannte Realistenblatt hat außerdem in einer polemischen Auseinandersetzung mit dem publi zistischen Hauptmacher der Jungtschechen und durch seine gegen den Dreibund gerichteien Reden berüch tigten Abgeordneten Eim die Grundsätze gekennzeichnet, von denen sich die Realisten in ihren Beziehungen zu der Regierung und den übrigen Reichsratsparteien leiten lassen. Diese Gründet billige der jung- tsck echische Klub, insofern er in der jüngsten Zeit für parlamentarische Aktionen größtenteils Vertreter der realistischen Gruppe inS Feld geschickt habe. Die Realisten hätten für ihre im Reichsrate gehaltenen Reder, nur dem Klub, nicht aber Hrn. Eim oder der Redaktion der „Narodni Listy" Rechenschaft abzulegen; sie seien nicht gesonnen, wegen ihrer angeblich maß vollen und persönlichen Haltung die hochnäsigen Maß- regelungen ihres Kollegen Eim in seiner Eigenschaft als Wiener Berichterstatter der „Narodni Listy" still» schweigend über sich ergehen zu lassen. Diese Zurecht weisung hätte Eim durch die Art und Weise, wie er in seinen Berichten den jungtschechischen Klub lehr meisterte, schon lange verdient, und nun wäre endlich einmal die Geduld der so bevormundeten tschechischen Volksvertreter ausgegangen. In dieser Zurechtweisung des genannten jungtschechischen Abgeordneten ziehen die Realisten die Grenzlinie zwischen ihrer Politik und der Politik der „Narodni Listy", welche dem jungtschechischen Klub die Politik der unversöhnlichen Gegnerschaft zur Regierung und den Parteien der Rechte» vorschreiben und eS ihnen als schwere« Vergehen anrechnen, wenn sie von dieser Politik auch »ur um eines Haare» Breite abgehen. Das Realistenorgan hat allerdings der „Nar. Listy"« Fraktion unter der Adresse des Hrn. Eim nur eine ernste Verwarnung zugehen lassen, wer indessen die Verhältnisse im Jungtschechenlager kennt, wird zugeben, daß ein offener Bruch zwischen dcm von den Realisten beeinflußten jungtschechischen Klub und dem persön lichen Anhänge de» Herausgebers der „Nar. Listy", freuter Überraschung und verhohlenem Unmut ent decken. Er rief, als ob er nichts von den grollenden Mienen bemerkte, mit wohlklingender Stimme: „Guten Morgen, Onkel Robert — guten Morgen, Tante Martha und Tante Cordula!" und hatte die Genug- tkuung, daß sich wenigstens der Onkel aus seinem Lehnsessel erhob, mit wesentlich erhelltem Gesicht bis in die Mitte des Zimmers kam und in die dar gebotene Hand einschlug. „Gut Junge, daß Du Dich wenigstens einen Feiertag noch sehen lässest! Seit wann verreist man denn just am Tag vor dem hei ligen Abend s Meine Frau und Tante Corde! sahen Dich schon in allen erdenklichen Gestalten wieder- kehren — Ihr seht aber, daß er wenigstens unverlobt zurückkommt." Der dicke Herr hatte sich dabei lachend von dem Ankömmling hinweg zu den beiden Damen auf dem Sofa gewendet, die jedoch in sein vergnügtes Lachen nicht einstimmten. Die Damen, die sich so auffallend glichen, daß auch der Ui kundigste Zwillingsschwestern in ihnen vermuten mochte, behielten den Ausdruck bei, mit dem sie dem Eintritt des jungen Mannes ent gegengeblickt hatten. Ja der Wiederschein verdrieß lichen Groll» war jetzt auf den vollen und roten Ge sichtern noch ersichtlicher, weil die Erscheinung de» Neffen bereit« keine Überraschung mehr war. Die Kommerzienrätin sah ihre Schwester Cordula und diese Frau Martha an und beide fingen dann zu gleicher Zeit, wie mit einer ursprünglich schrillen, jetzt aber von behaglichem Wohlleben gedämpften Stimme an: „Aber Heinrich, wie hast Du un» da- anthun können!" — Und plötzlich hielten beide wieder inne. Der Kommerzienrat hatte über den Zusammenklang der Herzen und Stimmen laut aufgelacht. Die link» vr. Julius Gregr, unvermeidlich sein wird, wenn letz terer durch seinen Wiener Berichterstatter die Rede» der jungtschechischen Delegierten realistischer Färbung in der biSderigen Weise weiterhin „berichtigen" sollte. Wie die Dinge zur Zeit liegen, hätte man es mit der Möglichkeit einer Dreiteilung der jungtschechische» Partei zu thun, und zwar mit der Bildung einer der Zahl und dem persönlichen Ansehen der Mitglieder nach ziemlich belanglosen radikalen Gruppe, ferner einer einflußreichen, weil über das einzige jung- tschechische Tageblatt verfügenden unversöhnlichen Frak tion Gregr-Eim, und schließlich mit der Emanzipation des übrigen Teiles des jungtschechischen KlubS von dem Terrorismus der „Nar Listy", der, unter der Führung der Realisten Masaryk, Kaizl und Kramarz vereinigt, immer noch die Mehrheit der jungtschechischen Vertreter, denen sich auch die versprengten Überbleibsel der alttschechischen Partei anfügen dürften, in sich schließen würde. Tagesgeschühk. Dresden, 2. Januar. Am gestrigen Neujahrs» tage spielte sich im Königl. Residenzschlosse ein glän zendes Hosfest ab. Von nah und fern waren die zum Erscheinen am Königl. Hofe berechtigten Herren herbei- geeilt, um Ihren Majestäten dem König und der Königin zu huldigen. Beide Königliche Majestäten kamen nach H 10 Uhr von Villa Strehlen inS Residenzschloß, wo zunächst Ihre Königl Hoheiten die Prinzen und Prinzessinnen deS Königl. Hauses zur Gratularion erschienen. Hierauf geruhten Ihre Königl. Majestäten eine Morgenmusik der Königl. Hoftrompeter — das her kömmliche N-ujahrSblasen — anzunehmen. Auf Trom peten und silbernen Pauken wurde von den Genannten zum Vortrag gebracht: Fanfare von A. Mörtzsch; Lulrum tue regvm von O. Zocher Nachdem Beide Majestäten vormittags um 10 Uhr den hochw. Bischof und die katholische Geistlichkeit, sowie Hil Uhr die Königl. Leibärzte zur Entgegen nahme ihrer Glückwünsche empfangen hatten, wohnten Allerhöchstdieselben von H11 bis 'z-12 Uhr dem Gottesdienste in der katholischen Hofkirche bei. Von Hl Uhr an rollte Wagen auf Wagen mit Gratulanten in den Schloßhof Besonder» prunkvoll nahmen sich die Königlichen Stcidtwagen auS, denen die Oberhofchargen entstiegen Zahlreiche- Publikum hatte sich in der Umgebung des Königl. Schlosses ausgestellt, um Zeuge der interessanten Auffahrt zu sei» Im Treppenhause paradierten SchloßportierS und auf den Treppen eine große Anzahl Hoflakaien und Haiducken in der bekannten gelben Galalivree, wäh rend in der 2. Etage vor dem Eingänge zur Galerie eine Paradewache vom Königl. Garderritrr-Regimente aufgezogen war, um die militärischen Ehrenerweisun- gen auszuführe». Die Herren »sm Civil versammelten sich im Ban- kett- und im Ballsaale, die Herren vom Militär in den Gobelin»zimmern der 2. Etage. Hl Uhr empfingen Ihre Majestäten der König und die Königin in Allerhöchstihren Gemächern die Glückwünsche Ihrer Durchlauchten de» Prinzen Leo pold und der Prinzessin Elisabeth zu Schwarzburg- SonderShausen und darauf die der Königl. Hofstaate«. Um 1 Uhr begaben Allerhöchstsich Ihre Maje stäten der König und die Königin, umgeben vom Königl. großen Dienste, in den Eckparadesaal und nähme« vor dem Throne Ausstellung zur Entgegennahme der Glückwünschungkcouren. In der Nähe deS Throne» waren der gesamte Königl. große Dienst und die Leibpagen in der kleid samen Rococotracht plaziert. im Sofa sitzende Dame wandte sich zur Rechten und sagte resigniert, die Hände faltend: „Sprich Du, Martha! Du bist die Verheiratete - also die Ältere von uns Schwestern!" Der verheirateten Zwilling»- schwester zuckte eS um die Lippen, als ob sie Lust hätte, gegen die Folgerung, daß sie die Ältere sei, Widerspruch zu erheben. Aber das vergnügte Lache» des alten Herrn und ein leichtes Lächeln auf dem ernsten Gesicht ihres jungen Gastes brachten sie zu« Gefühl ihrer nächsten Pflicht Und indem sie die großen grauen Augen so fest und so strafend als möglich auf die beiden Männer heftete, sagte sie etwas rascher als vorhin: „Es giebt nichs Lächerliches, Robert — Heinrich wild es selbst am besten wissen! Du hast die Familie wahrhaftig nicht verwöhnt, Heinrich, aber soweit, zwei Tage vor dem heiligen Abend zu verrcisen, man wriß nicht, warum und wohin — hattest Du e» doch noch nicht getrieben. Ich war am heiligen Abend ernstlich auf Dich döse — und ernstlich um Dich besorgt!" — „Ich danke Dir, daß Du beide» nicht mehr bist, Tante Martha!" entgegnete Heinrich, indem er näher trat und beiden Tanten über den Sofalisch hinweg die Hand reichte. „Stimm an, daß ich in unaufschieb baren Angelegenheiten eine» Freunde» verreisen mußte und über keine andere Zeit verfügte, als über die Tage vor Weihnachten! — daß e» mir herzlich leid war, den heiligen Abend nicht mit Euch zu verleben, und daß ich so früh zurückgrkommen bin, als e» nur immer möglich war." „Da» freut uns gewiß, aber wir konnten e» nach Deinem Briefe nicht voraussehen", sagte die Frau Kommerzienrätin verdrossen. „Und e» bleibt immer
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