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Liebesfeier. An ihren bunten Liebern klettert Die Lerche selig in die Luft; Ei« Jubelchor von Sängern schmettert Im Walde voller Bliit' nnd Duft. Da find, so weit die Blicke gleiten, Altäre festlich aufgebant, j Und all die tausend Herzen läuten Zur Liebesfeier dringeud laut. ! ' ' i Der Lenz hat Rosen angezttndet An Lenchtern von Smaragd im Dom; Und jede Seele schwillt und mündet Hinüber in den Opferstrom. Nikolaus Lenau. s — Der Baum von Morasko. Von Franz Stoy. (Nachdruck verboten.) Weithin, nach allen Seiten sichtbar, stanö er auf der Höhe, der uralte Pappelbaum. Am Fuße dieses Riesen lag geduckt ein kleines, polnisches Anwesen in seiner ganzen Armseligkeit. An -er einen Seite des Stammes war in Mannes höhe eine kleine, behauene Fläche, bedeckt mit verwach senen, unleserlich gewordenen Ziffern und polnischen Schristzeichen. Eine Rotte Kucznöre lagerte eines Ta ges im letzten Jnsurrektionsjahr im Schatten des Baumes auf der Höhe und sehnsüchtig schweiften ihre Blicke zu den Türmen der unfernen Stadt. Dann hie ben sie in den Stamm die Schriftzeichen und verschwan den im Walde. Die letzten Strahlen der scheidenden Sonne spiegelten sich in ihren blanken Sensen. Dann folgten lange Friedensjahre und oft zogen lange Marschkolonnen den Weg über die Höhe. Das blanke Messing der Pickelhauben gleißte in -er Sonne. Mit ehrwürdigem Blick maßen die Soldaten öen Nie sen im Vorbeidefilieren. Alle kannten sie ihn, das Stek- kenpferd des Herrn Obersten, sahen ihn fast täglich vom Exerzierplatz aus, weit, im blauen Dunstmcer auf der Da geschah etwas Unfaßbares. Der gestrenge Herr Oberst v. D. hielt eines Tages auf dem Wege zu den Scheibenständen eine kleine Abteilung an. Auf einer Landstraße, von der man seinen geliebten Baum bet guter Fernsicht besonders scharf mnrissen gewahrte. Doch ratlos irrten die Blicke der Grenadiere im Ge- länoe umher, ratlos, verschüchtert hingen ihre Augen dann an dem zornglühenden Gesicht des strengen Vor gesetzten. Bei -er Paroleausgabe des gleichen Tages lautete denn auch ein Regimentsbefehl, daß Sie soundsovielte Kompagnie, zu der besagte Schietzabteilung gehörte, am Sonnabend nachmittag einen Marsch nach den Morasko'er Höhen auszuführen habe, um sich den mar kanten Baum aus nächster Nähe zu betrachten. Die nächste Folge dieses Befehles war aber, daß Ser betreffende Kompagniechef, Hauptmann v. B., sich krank meldete. Die Führung nach dem bezeichneten "M' Zehntansend Volt in der Armbanduhr. Von einem Gelsenkirchener Erfinder ist eine „Arm banduhr" hergestellt worden, die in Wirklichkeit gar keine Armbanduhr ist, sondern ein ganz hervorragendes Mittel zur Selbstverteidigung. Die „Uhr" wird durch eine Batterie mit einem Jnduktions ström von 10 660 Volt Stärke gespeist. Unter der Einwir kung dieses Stromes wird der Angreifer auf Minuten hinaus durch Lähmung kampfunfähig gemacht. Punkt vuev daher dem ältesten Kompagnie-Offizier überlassen. Am Sonntag darauf schien sich HalwtmaM p. B. wieder wohl zu befinden, denn man sah Ssn, äls schwer reich bekannten, Offizier in seinem elegantest Wagen einen Ausflug unternehmen. Am Montag schwirrten dunkle Gerüchte durch die Kompagnien. Man sah auch Gruppen von jüngeren Offizieren beisammen stehen, sie tuschelten geheimnis voll und lachten. Diese dunklen Gerüchte verdichteten sich jedoch schließlich zu einer feststehenden Tatsache: der Baum von Morasko war verschwunden. Als die schrägen Strahlen Ser Spätnachmittags sonne auf dem win-zerzausten Strohdach der Bauern hütte auf Sen Morasko'er Höhen lagerten, hielten zwei Offiziere hoch zu Noß auf dem Wege. Sie VMchten Len dienstfreien Nachmittag um Sen Verbleib -es Baumriescn festzustellen. Da lag er am Boden, von Menschenhand gefällt. Noch lehnte die blanke Axt an seinem Niesenleib. Auf Lem braunen Acker ansgevreitet, lag das lange, grüne Geäst, in dem sich noch gestern die gefiederten Sänger gewiegt. Fn der Hütte aber saß der alte, polnische Bauer am Tisch in seinem schmierigen Schafspelz und zählte im mer wieder bedächtig viele harte Silverstücke in einen alten Wollstrumpf. Dann verbarg er seinen Schatz unter einem losen Brett des Fußbodens, leise Selbstgespräche führend. Ein guter Panje, dieser feine Herr Offizier, war so freundlich zu dem alten Dolata gewesen. Für Sen hätte er zehn solche Bäume aefällt am Sonntaa. Konnte das schöne Hölz behalten und bekam noch das vieles schöne Geld. Oberst v. D. trat einige Monate später in den wohl verdienten Ruhestand. Hohes Alter nnd sein Gesund heitszustand geboten dieses. Aber als der große Krieg entbrannte, war er zur Stelle. Vor Lomcza traf ihn Lie Todcskugel, als er an der Spitze seiner Brigade die Festung stürmte. l Scherz und Ernst. " tk. Die Körpertemperatur der Insekte». In sekten sind „wechselwarme" Tiere, das heißt ihre Körpertemperatur kommt immer der der Umgebung gleich oder ist nur um ein geringes höher. Ihr Körper besitzt keine Eigenwärme. Wenn aber Insekten sehr rasch fliegen, also eine Arbeit leisten, so kommt die durch diese entbundene Wärme in ihrer Temperatur ' zum Ausdruck. Bei Schmetterlingen stieg bei nur 17 Grad Celsius Lufttemperatur die Körperwärme auf 27 Grad. Bei manchen Faltern wird sogar der Zu wachs an Wärme derartig groß, daß die Tiere vor Hitze in Ohnmacht fallen. tk. Tie Wirkung des SeeklimaS ist für die, welche jetzt an der See Erholung suchen wollen, sehr wichtig. Sie beruht besonders auf der Sonnenstrahluug, wobel zu beachten ist, daß die bewegte See viele „ultraviolette" Strahlen zurückwirft, welche den menschlichen Körper , günstig beeinflussen, indem sie die Vcrbrennungsvov- ! a'-nge in ihm verstärken. Dies bewirkt eine lebhaftere Vermehrung der Zellen, Erhöhung des Stoffwechsels, i der Blutbiloung usw. Man erkennt die Wirkung der - ultravioletten Strahlen an der starken Bräunung der ' Haut, stärkerem Appetit usw. Auch der Seewind wirkt ; günstig, indem er die Lust reinigt und mit Salzwasser ! anreichert. Es ist klar, daß daher neben dem Seebad > auch Luftbäder hier sehr heilsam sind. Dt. Rundfunk. X Ter Europafunkvsrkehr ist nach dem Monats bericht der Reichspost für den Monat Mai infolge Luft- und Sendestöxungen etwas zurückgegangen, der Ueber- seefunkverkehr hingegen um 6 v. H. gestiegen. Der Zugang an Rundfunkteilnehmern hat im Mai wegen des geringen Nnterhaltungsbedürfnisscs in den Som mermonaten etwas nachgelassen. Er betrug nur 24 668 gegenüber 31 756 im April. Insgesamt waren Ende Mai 1 261 734 Teilnehmer angemeldet. X Tie Radio-Schreibmaschine kommt! Der welt berühmte italienische Erfinder Marconi wird in aller nächster Zeit die Menschheit mit einem neuen, großen Wunder überraschen. Er hat eine Nadioschreibmaschine erfunden, die unmittelbar vor ihrer Vervollkommnung steht. Mit dieser Schreibmaschine wird die Möglichkeit geschaffen werden, einen beispielsweise in Berlin dik tierten Text zu gleicher Zeit an jedem anderen Ort, z. B. Rom oder Madrid, aufzunehmen. Versuche, die mit der Maschine unternommen worden sind, haben bereits sehr erstaunliche Erfolge gezeitigt. Es sind lediglich noch einige kleine Mängel zu beheben, die ohne besondere Schwierigkeiten zu beseitigen sind, daß man in naher Zukunft mit dieser neuen, aufsehenerregenden Errungenschaft beglückt werden dürfte. (46. Fortsetzung.) Da entfloh er. . , Zu Haule angekommen, fiel ihm Kommerzienrat Schwert schlag ein. Eiligst rief er ihn an. Der Diener meldete sich Der Kommerzienrat sei verreist. Andreas Michael wurde blaß vor Wut. Ins Kursbuck sah er. Mil einem Fluche sprang er auf und rief nach den Diener, daß dieser erschrocken aus seinem Nickerchen auf ^Rasch. Autol Aber dalli, mein Söhnchen!" * * * Jetzt wußten sie aus dem Michaelshof, daß der Hof an 1. Januar seinen Besitzer wechselte. Das war den ganzer Tag ein Gerede und Getuschte, das nur verstummte, wem der Herr oder die alte Mamsell auftauchten. Gottlob, su konnten alle bleiben, der neue Besitzer übernahm alle. Ihr junger Herr tat ihnen weh. Wenn sie ihn in seine, jugendfrischen Schlankheit über die Felder gehen sahen, mit dem Schmerz in den Augen, da fühlten sie ein heiße, Mitleid mit dem Jungen, der gar so an der Scholle hing. * * * . Am andern Tag kam Andreas. Fast ohne Begrüßung leitete der Aelteste der Brüder das Gespräch ein: „Du hast den Hof verkauft?" Ja." ",Wer gab dir das Recht dazu?" „Bitte, unterlassen Sie das Du, Herr Kommerzienrat, und entsinnen Sie sich des Briefes, worin Sie mir den Verkauf über dreihundertundsünszigtausend Mart freistellten. Haben Sie mir sonst noch etwas zu sagen?" „Ich wünsche, daß der Kauf unter allen Umständen rück gängig gemacht wird." „Ich denke nicht daran. Haben Sie mir sonst noch etwas mitzuteilen?" „Bitte, unterlaß den Ton, den verbitte ich mir! Tust ja gerade, als hätte ich wie ein Rabenaas an dir gehandelt." „Du hast mich heimatlos gemacht, ohne daß du es brauch test. Deines Vaters letzten Willen hast du mit Füßen ge treten. — O. ich weiß, keiner von allen denen, die den End zweck ihres Daseins im Geldoerdienen sehen, wird d'ch tadeln. — Aber zwisck-en uns, die wir einen Vater haben, ist alles aus." Andreas hatte ein böses Wort auf den Lippen, aber als er In die Augen seines fünfundzwanzig Jahre jüngeren Bruders sah, hatte er das Empfinden, als sei er doch nicht io ganz im Recht. Und dieses Empfinden hatte er im Leben zum erstenma'. Dieses Unerhörte schloß ihm den Mund. Er schwieg. Als der Kommerzienrat nach dem Mittagsmahl Abschied ?on seinem Bruder nehmen wollte, ließ der ihm gute Reise wünschen. Klaus sah den Wagen mit dem Kommerzienrat weg- lahren. Es war ihm in diesem Moment, als stehe der Vater an einer Seite und fragte: Ist das mein Sohn? Aber Klaus schrie dem Bruder keinen Fluch nach, obwohl Ws bitterste Weh ihn quälte. O Heimat! Noch wenige Wochen — dann heißt's scheiden. « -jc * Und es mußte geschieden werden. ' 15. Als Werner geendet hatte, war einen Augenblick Still- , schweigen im Gerichtssaal. j Das Publikum war der Erzählung mit dem größten Jn- leresse gefolgt. Es zeigte in Blicken und Gebärden deutlich» »aß es mit den Angeklagten sympathisierte. Der Vorsitzende wandte sich wieder dem Zeugen zu: „Herr Kommerzienrat, haben Sie Einwände gegen den Bericht des Mitangeklagten Werner Michael zu machen?" Der Kommerzienrat überlegte eine Weile, dann schüttelte ,r den Kopf. „Nein, Werner hat die Wahrheit gesprochen." „Dann mache ich Sie darauf aufmerksam, Herr Zeuge, mß Ihre Anklage auf recht schwachen Füßen steht. Das Bericht kann sich bei -er Intelligenz der beiden Angeklagten ücht denken, daß sie, um wieder in den Besitz des Micharls- jofes zu gelangen, den Mord verübten. Die Angeklagten tonnten doch erst damit rechnen, in den Besitz größerer Lummen aus Ihrem Vermögen zu gelangen, wenn Ihre , Lochter gleichfalls starb und so der Weg zu Ihnen frei i vurde. Die Angeklagten konnten — nach der Auffassung ! »es Gerichts — unmöglich annehmen, daß nach der Cr- nordung Ihres Sohnes Ihre Tochter Selbstmord verüben vürde." t „Doch!" s Große Bewegung im Zuschauerraum und am Richtertisch. I „Wieso, Herr Zeuge?" ! Der Kommerzienrat schwieg eine Weile. Es schien ihm chwer zu fallen, die richtigen Worte gegenüber dem Rich er zu finden. „Meine Tochter liebte Klaus Michael — hoffnungslos." Das Erstaunen des Richterkollegiums wurde stärker, und mch im Publikum wuchs die Spannung. „Wenn ich Sie richtig verstanden habe. Herr Zeuge, hat Ühre Tochter aus hoffnungsloser Liebe zu Klaus Michael mm erstenmal zur Waffe gegriffen." „Ja. Ich suchte meinen Stiefbruder Klaus — meine Tochter lag noch krank darnieder — auf und bot ihm die Hand meines Kindes an. Ich — ich bin kein Rabenvater, Herr Richter." „Und was sagte der Angeklagte dazu?" „Ich bin ausgelacht worden, Herr Richter." Da stand Werner Michael zornbebend auf, und selne «ewige Jungmännerfaust traf hart die Barriere. „Erbärmlicher Lügner!" schrie er ihn an. Alle zuckten zusammen wie unter einem Schlage. Der Kommerzienrat wurde noch fahler. j „sprechen Sie weiter, Herr Zeuge." s „Als ich wieder bei meiner Tochter war. teilte Ich ihr mit, >aß mich Klaus abgewiesen hatte. Annette sah mich längs in und sagte dann kopfschüttelnd: Das durftest du nicht tun, Later. Jetzt hast du mir meinen einzigen Traum zerstört. Letzt wirst du mich nicht mehr lange bei dir haben." „Aus den Worten Ihrer Tochter entnahmen Sie eine reue Selbstmordabsicht." „Ja. und ich habe es Klaus geschrieben und ihn noche'm- nal gebeten." „Und wie lautete die Antwort Ihres Stiefbruders?" „Ich habe nie eine erhalten, Herr Richter." Der Vorsitzende wandte sich an den Angeklagten Klaus Michael und fragte: „Entsprechen die Mitteilungen des Zeugen den Tatsachen?" „Im Großen und Ganzen — ja. Ich hatte nie gewußt, >aß meine Kusine irgendwelche Empfindungen für mich »atte, denn ich habe sie nur einmal ganz flüchtig gesprochen, sie war ein bedauernswertes Geschöpf. Es ist eine Er- lärmllchkeit des Zeugen, zu behaupten, daß ich Ihn mit hohnlachen abgewiesen hätte. Seine Mitteilungen er- chütterten mich tief, und ich habe auf leinen Brief, in dem r mich nochmals bat, an seine Tochter selbst geschrieben." „Dieser Brief muß sich doch unter dem Nachlaß Ihrer öochtcr gefunden haben " „Er ist nicht gefunden worden, Herr Richter." „Nun gut Angenommen, die Angeklagten konnten da» nlt rechnen, daß Ihre Tochter sich nach der seelischen Er» chllttcrung, die durch den Tod des Bruders ausgelöst vurde. abermals Selbstmord verüben würde. Gut, nehmen vir das an. Die Angeklagten konnten doch aber nicht vlssen, daß sie in Ihrem Testament mit berücksichtigt vürden." „Doch!" Die Spannung unter den Zuhörern stieg von Minute zu Minute. Sie fühlten alle, daß es um die Entscheidung ging« „Warum, Herr Zeuge?"