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In Dresden wurden Hessenbergs Werke in den vergangenen zwei Jahrzehnten des öfteren aufgeführt, zuletzt vor allem durch Martin Flämig und den Chor der Dresd ner Kirchenmusikschule. Anfangs überwog in Hessenbergs Gesamtschaffen die Instrumentalmusik, später wandte sich der Komponist immer stärker dem Vokal schaffen zu. Wörner weist innerhalb der Hessenbergschen Instrumentalmusik auf den Wandel vom „konzertanten zum sinfonischen Musizieren“ hin, auf den Über gang von dem „zuerst vorherrschenden vital musikantischen Typus zur individuellen bekenntnishaften Aussage“. Das „Konzert für Klavier und Orchester“, Werk 21, entstand 1940 als Auf tragswerk für die „Gesellschaft der Musikfreunde“ in Baden-Baden, ihr wurde das Werk auch gewidmet. Es gehört neben dem von Furtwängler mehrfach aufgeführten „Concerto grosso“ zu den bedeutendsten Orchesterwerken des Komponisten. Der erste Satz ist im Sinne des Konzertanten sehr virtuos erfunden, allerdings nicht effektvoll äußerlich, dazu ist Hessenbergs Musik viel zu konzentriert, klangdicht und geistbetont. Vom Hörer wird ein intensives und waches Mitgehen verlangt. Interessant ist die schöpferische Verarbeitung von barocken und romantischen Ele menten. Die Ergänzung des Soloparts durch das Orchester wird vom Komponisten sehr ungleich gehandhabt. Der zweite Satz, ein Thema mit Variationen, zeichnet sich aus durch große Spannungsbögen und eine reiche Chromatik. Mit ihm wird die Richtigkeit von Hessenbergs persönlicher Verpflichtung bewiesen, bewußt eine tonale Musik zu schreiben, weil (nach des Komponisten Worten) „die Möglichkeiten der Tonalität noch nicht erschöpft sind.“ Johannes Paul Thilman schrieb seine 4. Sinfonie in den Monaten November 1953 bis Januar 1954. Mit ihr setzte er sich mit der klassischen deutschen Musik aus einander, jedoch nicht im Sinne einer Überwindung oder Verneinung dieses Erbes in Form einer experimentellen Zersetzung. Thilmans 4. Sinfonie ist viel eher ein Bekenntnis zu diesem Erbe, das die heute Lebenden eigentlich dazu verpflichten müßte, es zu hüten und im Sinne der humanistischen Tradition weiterzuführen. Im einzelnen sagte der Dresdner Komponist zu seiner „Vierten“, die seit ihrer Urauffüh rung durch die Dresdner Philharmonie unter Heinz Bongartz rund 25 Aufführungen erlebte, u. a. in Polen, in der CSR und in Rumänien: „Ob das, was ich persönlich empfand, auch volkstümlich ist, war ein schwieriges Problem. Vielleicht spürt man im ersten Satz, daß ich sehr darum gerungen habe und manchmal zu trotzigen und beinahe wütenden Ausrufen hingerissen wurde, weil es so schwer war, das Problem zu bewältigen. Das Anknüpfen an das deutsche klassische Erbe geschah nicht nur formal durch die Übernahme des klassischen Sinfonieschemas, sondern vor allem auch inhaltlich durch ein Hinneigen zu beethovenscher und brahmsischer Aussage, weiterhin in einer Vorliebe für Konflikte, die in der Sinfonie ihre Lösung erfahren. So ist der zweite Satz mit seinem pochenden Grundrhythmus und einer breiten me lodischen Entfaltung ein schwerblütiges Seelengemälde, der dritte Satz, das Scherzo, mit seiner rhythmischen Ausgelassenheit das Abbild eines noch etwas schwerfällig, aber doch schon lustig Tanzenden. Auch der vierte Satz malt in seiner langsamen Einleitung in dunklen Farben und befreit sich in seinem lebhaften Teil erst zum Schluß von den vorwiegend kämpferischen und dialektisch durchgeführten Inhalten. Befreiende Augenblicke gibt es an den Schlüssen des ersten und vierten Satzes, wo das schicksalhafte d-moll zum Dur gewendet wird. Im ganzen Werk ist demnach das Ringen um eine symphonische Aussage spürbar, schwerwiegende Fragen heischen Antwort, kraftvolles Zupacken hilft entwirren und klären. Meine Vorliebe für knappe und gedrungene Formen kommt darin zur Geltung, daß das ganze Werk ziemlich kurz ist und in präzisen Worten nur das Wichtigste zu sagen beabsichtigt.“ Die Tondichtung „Don Juan“ nach Nikolaus Lenau schuf Richard Strauss als opus 20 in den Jahren 1887/1888. Es war nach der sinfonischen Fan-