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l Beilage zur Weitzeritz-Jeilung Nr. 83 ' Sonnabend, am 10. April 1926 92 Jührgang Ger bedrohte Mainzer Dow. Hilfe in letzter Stunde. In bedrohlicher Weise sind mehrere deutsche Ka thedralen, durchweg Meisterwerke der alten, gotischen Laukunst, baufällig geworden. Als am meisten ge fährdet gilt der Mainzer Dom, der bereits vor einiger Zeit für die Besucher geschlossen werden mutzte. Auchj un Wormser und Kölner Dom müssen Stühungsarbei- ten vorgenommen werden, um einem weiteren Verfall« mrzubeugen. > Der Mainzer Dom, ein glanzvolles Meisterstück mmanisch-gotischer Baukunst, sucht in seiner hervor ragenden Bedeutung als Architekturdcnkmal in der ganzen Welt seinesgleichen: das Symbol einer grossen Zeit, ein lebendiger Zeuge deutschen Glanzes wie deut scher Heimsuchung. Eine lange Kette von Erdbeben, Belagerungen, Bränden und dergleichen kennzeichnet schon seit dem 10. Jahrhundert das Schicksal dieser deut schen Kathedrale, von der es fast scheinen mag, als sei an ihrer Wiege die düstere Vorbedeutung Patin ge wesen. Von der heutigen unheimlichen Feindin des Do mes, die in neuester Zeit in unheimlichster Weise ihr Zerstörungswerr betrieb, war Jahrhunderte hindurch nichts wahrzunehmen. Nunmehr aber trat von Woche i» Woche ständig bedrohlicher die beängstigende Tat sache in den Vordergrund, daß der Untergrund der Ka thedrale nicht mehr tragfähtg ist. Namentlich der Ost bau ist sehr stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Der Zersetzungsprozeß dürfte wohl bis auf etwa ein halbes Jahrhundert zurückgehen, wenn auch die stärkere Zersetzung erst in jüngster Zeit hervortrat. Zn der Hauptsache ist die fortschreitende Zerstörung der Funda mente darauf zurückzuführen, daß der Dom zum großen keil auf einem Pfahlrost stand. Diese Grundlage fiel chließlich immer größeren Beeinträchtigungen durch das Yrundwasser zum Opfer. Bis heute sind zur Ausbesserung der Fundament- chäden etwa 6500 Kubikmeter Beton unter das Bau- verk eingefügt worden. Vis zur völligen Beendigung ;es Betonmauerwerkes werden noch etwa 4500 weitere Kubikmeter erforderlich sein. Wie ungeheuer dringlich die Arbeiten waren, geht nn deutlichsten aus der Tatsache hervor, daß die beiden Seitenschiffe der Kathedrale erhebliche Außenneigung hatten, sodaß die Hilfe noch gerade im letzten Augen- Kick zurechtkam. Auch die weiteren Arbeiten werden mit größtem Eifer betrieben, sodaß man wohl anneh- uien kann, daß die Kathedrale in ihren Einzelteilen erhalten bleibt. KnrMMtz durch — Käfer. Selbst Blei und Gift wirkungslos. In Kalifornien wie auch in anderen Teilen von Amerika hat man die seltsame Beobachtung gemacht, daß durch die Tätigkeit von Käfern nn Telefonleitungen Kurzschluß hervorgerufen wurde. Der Schaden, den die Käfer anrichten, besteht ins besondere darin, daß sie in die Bleischutzdecken, in die man in Kalifornien die Telephondrühte eiu- bettct, kreisrunde Löcher im Durchmesser von etwa ein Zehntel Zoll bohren. Auf diese Weise kann cs aber geschehen, daß Feuchtigkeit in die Kabel eindringt, und sobald dies geschieht, erfolgt Kurzschluß. Die Folge hiervon ist natürlich eine sehr störende Unterbrechung des Telephondienstes und da durch ein einziges von dem Käfer gebohrtes Loch unter Umständen die Verbindun gen zwischen 500 und 600 Fernsprechapparaten gestört werden können, ist der durch die Insekten angerichtete Schaden nicht gering. Z Vom Anschneiden der Butter. Der Aberglaube, warum junge Leute nicht die Butter anschnciden dürfen oder wollen, da sie sonst sieben Jahre auf die Heirat ivarten müßten, hat eine historische Unterlage. Zur Zeit König Friedrich Wilhelm l. von Preußen waren in der Mark unter Leitung von Holländern große Lehranstalten errichtet, in denen die Kunst des But terns gezeigt wurde. Der Soldatenkönig war daraus bedacht, die Töchter seines Landes zu guten Haus frauen zu erziehen und so liebte er es, wenn seine Beamten ihre Töchter auf jene Butter-Schulen Mick ten. Am Schluß der Lchrzeit mutzten die jungen Mäd chen eine Probe guter Butter zubereiten, die der König selbst kostete. Fiel Lie Prüfung gut aus, so wurde den Mädchen ein Brautschatz von Einhundert Talern aus der königlichen Schatulle gezahlt. Wenn nun zu damaliger Zeit der Brautwerber, der meist zugleich -er Vater des Freiers war, sich mit diesem einstellte, so lag dem jungen Mädchen viel da ran, ihre Kunst alS angeheude Hausfrau zu zeigen. Sie bot daher vvu ihrer selbst zubereiteteu Butter dem Gast an, der als erster kostete. Als unschicklick' ja unbescheiden galt eS, wenn die jungen Leute zuerst vvu der Butter nahmen und es soll manche Werbung dadurch nicht zustande gekommen sein. — gl — Freiwillig taubstumm. Der geschworene Feind des Lärmes. Bor kurzem war auch in der deutsche» Presse von eurem alten Amerikaner die Rede, der auf seiner Lust- lacht gestorben war. Es handelt sich um den früheren Zeituugskönig Scripps. Dieser Mann hat in den letzten Jahren seines Lebens kaum jemals den Fuß aufs Laud gesetzt,' er brachte seine ganze Zeit ans feinem Schiffe zu. Bon seiner öffentlichen Tätigkeit hatte er sich vollständig zurückgezogen. Als Zeitungs mann hatte er das Getöse der Schnellpressen und Ro- tationsmaschiuen, sowie Sie ganze nervöse Umwelt des Zeitungsbetricbcö, dermaßen kennen und hassen ge lernt, daß er nun ein lärmloscs Dasein für Sic Folge zu sichren beschloß. Auf dieser Jagd waren daher das ganze Deck und . sämtliche Gänge mit Gummiplatten belegt, und jeder Befehl wurde in der Zeichensprache der Taub stummen gegeben. Scripps selbst, hielt sich äußerst selten auf Deck auf,' er weilte zumeist in der Bord bücherei. Mußte er wohl oder übel einmal an Land gehen, so ließ er sich von zwei Matrosen tragen, die auf gummibesohlten Schuhen gehen mußten, da er eS nicht vertragen konnte, wenn die Absätze sich auf dem Landsteg und ans der Straße hörbar machten. Er kehrte jedoch stets vor Einbruch der Nacht auf sein Schiff zurück, -a er niemals einen Gasthof fand, in dein cs für seinen Geschmack hinlänglich ruhig war. Sp. , .... » Strafrichter ohne Geschäftssinn. Ein Vorschlag zur Güte, der kein Ohr fand. Wie aus Chikago berichtet wird, ereignete sich dort kürzlich eine ebenso lustige wie einzigartige Geschichte vor Gericht. Bekanntlich zeichnet sich Chikago vor allen anderen Städten der Erde durch die hohe Ziffer der Verbrechertätigkeit aus. Die anständiae Bevölke-