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Dresdner Journal : 16.02.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-02-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189102169
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18910216
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18910216
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-02
- Tag 1891-02-16
-
Monat
1891-02
-
Jahr
1891
- Titel
- Dresdner Journal : 16.02.1891
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M 38. Montag, den 16. Februar, abends. L8SI. Ve»v»»pr»t» : für Vroiüov vx-rvolj-ürtiob > öS SO Kt., d« ckea L»»»«rl. Uvuttoboo ko»t»»it»lt»v viorttl- jLUiNed 3 tt, »u»»«rb»Ib ä»> NsutseU«» tritt ?o»t- uuä 8ttwpolrv«:t»I»<s lüv»u kü»«lll« AuMMvrll! tü kk. ^»kn>»alrui>rirvbanr>»: Kür a«u tt»uw «iv« ^»ip»»ite»SQ L«u« KI«i»»r Cebritt »0 ?L Vater Nie 2«iio LO ?f. Kei r»d«Il«a- ua6 2iüvrv»»tt eatepr. ^vkioUl»^. Lr»ek«laea r IDgUed »it ^»«aatuw! «ivr 8ovv- u ?«i«rta<se akeaäi. k'eraiprevk-XaovUlu»»: k^r. 1LVL. ' ' i DresdnerAMmal. ^ür di« Gesamtleitung verantwortlich: Hofrat Gtto Banck, Professor der Litteratur- und Kunstgeschichte. ,v» L,»»aalss»assea »»»tkkrt»» L«>p»jU! » ^raackrtrttrr, KowwiiiionLr <ie« I)re»Ua«r ^voraat», »»»dar, »«rUv Vt« 3»,«l ,r«a»a Nr»ad1«r1 ». ».! //aa»enÄe»»l <0 VvAkrr, I«rli»-Vi»» - S»»dar,- ^r», L«ts«t, -»r»»d1»rt ». ». »tacdea: .Vv««, kart« N«rUa »r»adkar» ». N. »tatt^rl: T>a»b« Co, »«rUo: /nrat»ckc»cka«t, >r*«l»a: LmU , »»aaeaer: V. Lcäü«ker, N»U« ». >.: Larct C» Uer»a»,edert Küoixl. Lrpeäittoa Ne, OreeUaer ^ouraala. vreeäea, 2viv^«r»tr. 20. korvuproeb -tvoeblo»«: tir. ILÜb. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben dem Postdirector Albert Heinrich Großmann in Leipzig das Ritter kreuz 1. Klasse vom Albrechtsorden Allergnädigst zu verleihen geruht. Nichtamtlicher Teil. GetegDaphische WacHrrichten. Pari-, 16. Februar. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Eine Meldung au- Bueno- Ayre- besagt, daß in Bolivia eine aufständische Bewegung zum Aut- bruch gekommen ist, die aber biS jetzt ohne jede Bedeutung zu sein scheint. Eine anderweitige Bestätigung dieser Nachricht liegt noch nicht vor. Madrid, 15. Februar. (Tel.d DreSdn.Journ.) Bei den gestrigen Srnatorenwahlrn wurden 13V Ministerielle, 1S Liberale, 7 Reformisten, 2 De- mokraten, 2 Carlisten und 1 Republikaner ge wählt; 19 Resultate stehen noch aus. Dre-den, 16. Februar. Da- Programm Rubinis. Als in Italien das Ministerium durch Rudini neu gebildet worden war, richtete der Ministerpräsident ein Schreiben an die Vertreter Italien- im Auslande, in welchem er, soweit es ihm unter den obliegenden Verhältnissen möglich war, Andeutungen über seine politischen Zukunftspläne machte; vor allem äußerte er, daß er bestrebt sein werde, auch fernerhin die Po litik des Friedens und die Erhaltung des Bestehenden durchzuführen. Da- eigentliche ausführliche Programm des neuen Ministeriums aber wurde am Sonnabend, wie es in Aussicht gestellt war, in der Sitzung der Kammer den Volksvertretern bekannt gegeben. Mit großen Erwartungen sah man selbstverständlich in Italien und auch jenseits der Alpen den Erklärungen des Marchese di Rudini entgegen; die Galerien des Parlamentsgebäudes füllten sich bis auf den letzten Platz; die Diplomaten und Deputierten waren in großer Anzahl vertreten. Auch der frühere Minister CriSpi erschien, sein Eintritt in den Beratungssaal vemrjachte einige Bewegung im Publikum Hierauf verlas der Ministerpräsident sein angekündigteS Pro gramm, dessen wesentlichen Inhalt wir im folgenden in Anlehnung an eine Drahtmeldung des Wölfischen TrlegraphenbureauS wiedergeben. „Die Regierung mache sich den von der Kammer in der Sitzung vom 31. Januar geltend gemachten Standpunkt der Ersparungen zu eigen, unter dieser Fahne werde sie kämpfen und siegen oder fallen; sie werde das Budgetgleichgewicht ohne neue Belastung der Bürger und zwar durch Ersparnisse in allen Bud gets, einschließlich derjenigen des Krieges und der Ma rine, sowie dos -kolomalbudgets Herstellen. Es würden mehrere Gesetzentwürfe beantragt werden, die dazu dienen sollten, dem Staatsschätze teils sofort, teils in naher Zukunft eine Erleichterung zu bringen. Als besonder- bringend erscheine ihm die Regelung dcS Umlaufs der Banknoten; es würden ferner Maßnahmen vorgeschlagen werden, um die Kreditverhältnisse dauernd zu bessern. Zur Abschaffung des Gesetzes über das Listenskrutinium tvcrde das Kabinett, obschon es die Aufhebung des fraglichen Gesetzes wolle, die Initia tive nicht ergreifen, das Kabinett werde vielmehr das Ergebnis der bezüglichen Erhebungen abwarten, welche die unter dem vorigen Kabinett ernannten Kom missionen und die von der Kammer gewählte Kommission angestellt hätten. Tas Kabinett wolle indessen erklären, daß nach seiner Ansicht eine Luust uu- Wissenschaft. Jessamiue. Lon H. ». Goetzendorff-GrabowSki. »« (Fortsetzung) „Ich habe nicht die Absicht, mich lange aufzu hallen, Mr. Tucker", sagte Jessamine, als sie in dem hübschen Empfangszimmer des „Falken" saß „Es lag mir aber daran, Mrs. Emily und Sie vor meiner Abreise zu sehen. Ohne alle Umschweife: Ich wünsche zu wissen, was zwischen Ihnen und Ihrer jungen Gattin vorgegangen! Oder gestehen Sie mir das Recht zu einer solchen Frage nicht zu?" „Wenn jemand daS Recht hat, sich um die inneren Angelegenheiten meiner Familie zu kümmern, so sind Eie eS, Miß! In der That, Sie allein!" sagte Clelius Tucker und verneigte sich in seiner steifen Manier vor Jessamine. „Sie haben allezeit eine wahr haft liebevoll« Teilnahme für uns alle an den Tag gelegt" „Nun wohl, Mr Tucker, ich freue mich, daß Sie an die Aufrichtigkeit meiner Gesinnung glauben, und hoffe, aus diesem Grund auf Ihr Vertrauen rechnen zu dürfen." Mr. Tucker strich sich bedächtig mit der gepflegten Hand über das sorgfältig gescheitelte Haar. „Sie sollen alle- wissen, Miß, alles bis aufs Hoar!" sagte er dann. „Und zwar sollen Sie es von mir vernehmen, bevor Emily von Ihrer Anwesenheit unterrichtet wird und bereinstürzt." Abändening der Wahlordnung nicht notwendigerweise sofortige Neuwahlen nach sich ziehen würde. Auch ein Entwurf, betreffend die Emissionsbanken, werde der Kammer zugehen, dagegen sollten für jetzt politische Vorlagen nicht gemacht werden, da die Regierung glaube, daß daS Land sich vor allem nach einer wirt schaftlichen Erholung sehne. —Was die auswärtige Politik anlange, so werde die Regierung der bei den letzten Wahlen laut und deutlich zum Ausdruck ge langten Stimme des Volker folgen: die Politik der Regierung werde einfach, offen und ohne Hinter gedanken sein, wie es einem Lande zukommt, das den Frieden wirklich will. Das Programm deS neuen Kabinetts sei glücklicherweise allen Hauptstaaten Europas gemeinsam: um den Wunsch und da- Be dürfnis nach Frieden vereinigten sich die Mächte, welche sich die absolute Sicherheit und Europa dauernde Ruhe verschaffen wollen. Die Regierung werde den Bündnissen feste und reine Treue halten; sie werde allen durch ihr Verhalten zeigen, daß Italien keine aggressiven Absichten hege. Da alle Zweifel, Ver dächtigungen und Ausstreuungen deS Mißtrauens in Italiens Beziehungen zu Frankreich unbegründet seien, so werde die Regierung sich bemühen, jede falsche Auf fassung in dieser Hinsicht zu zerstreuen. „Wir sind überzeugt, daß wir durch unser maßvolle-, offene- Verhalten da- Vertrauen einflößen werden, welche- wir zu verdienen glauben." Rudini erklärte zum Schlüsse, der Friede sei notwendig, um Italien aus seinem wirtschaftlichen Mißbehagen aufzurichten, und forderte ein promptes Vertrauensvotum für die dem nächst einzubringenden Gesetzvorlagen Aus dieser kurzen Inhaltsangabe ersehen wir zur Genüge, daß in der That das am Sonnabend ver öffentlichte Programm Rudinis im vollen Einklang zu seinen früheren Ankündigungen steht. Im großen ganzen hält auch das neue Ministerium an der von Crispi in Aussicht genommenen und bisher einge- schlagenen Politik fest. Zwei Punkte sind eS aber, auf welche Rudini im Gegensatz zu seinem Vorgänger offenbar einen größeren Nachdruck gelegt wissen will. Einmal nämlich soll auf dem Gebiete der inneren Ver waltung mit besonderem Ernst nach Sparsamkeit ge strebt werden; den von Jahr zu Jahr sich häufenden Defiziten soll ein Ziel gesetzt werden, und da dies bei der großen Erschöpfung des Landes und der Bevölkerung auf dem Wege neuer Steuern und Abgaben nicht durchgeführt werden kann, sollen an den Ausgaben deS Lande- erhebliche Streichungen vor genommen werden. Andererseits geht aus der Rede das offenbare Bestreben der neuen Regierung hervor, in der auswärtigen Politik die kühl gewordenen Be ziehungen zu Frankreich wieder unter deutlicheren Kundgebungen erwärmen und damit der Geneigtheit ter italienischen Nation nach einer solchen Anbahnung freundschaftlicher Beziehungen zum Nachbarlande en'- gegenzukommen. Tie Rede des Marchese di Rudini, die er später in derselben Form auch im Senate verlas, wurde an verschiedenen Stellen zustimmend ausgenommen und öfters durch Beifallsbezeugungen unterbrochen. Man war allgemein mit dem Inhalte derselben einverstan den und nur bei den Gegnern des Dreibundes könnten die Programmankündigungen des neuen Ministeriums Mißfallen hervorgerufen haben. Inwieweit die eben anfgeführten Neuerungen in der Politik des Ministeriums Rudini durchführbar sein werden, muß die Zukunft lehren. Die Pläne auswärtiger Politik werden sich voraussichtlich leichter verwirklichen lassen, wie die Reformen in der inneren Verwaltung. Wenn Crispis Nachfolger dessen aus wärtige Politik weiterführen, aber trotzdem ohne Steuern oder Anleihen Ersparnisse am Etat machen will, so wird er wohl vor allem genötigt sein, die „Schön! Nehmen Sie sich aber einen Stuhl, Mr. Tucker! Ich will die Geschichte ausführlich hören. Wann begann die Zwietracht zwischen Ihnen und Emily?" „An jenem Tag, der mir in mehrfacher Be ziehung bedeutungsvoll ist und bleiben wird: am Tage Ihrer Erkrankung, der zugleich Emilys Ge burtstag ist. Wir feierten diesen Geburtstag und mitten in unser harmlos fiöhliches Beisammensein trat dann plötzlich Master Charley Leighton mit der Schreckenskunde!" „Ich erinnere mich. Priscilla Sterne erzählte mir davon. An jenem Abend also begann die Trübsal auch bei Ihnen. Und wie?" „Ganz wie in den modernen Lustspielen, Ma'am! Mit einem Blättchen Papier, welches der „Zufall" dem arglosen Ehemann in die Hände spielte. Unsere Gäste verließen uns bald, nachdem Mrs. Sterne und Master Leighton sich entfernt. ES war uns allen unmöglich, die unterbrochene Feier w cder anzu- knüpsen. Wir, Emily und ich, blieben allein, nachdem ihre Eltern sich auch zurückgezogen. „„Nun will ich mir eine Pfeife anstecken, Kind,"" sagte ich zu ihr, und dienstfertig, wie sie ist, sprang sie davon, mir das Erforderliche herbeizuholen. Während ich mich in meinem Lieblingsstuhl, dem von Ihnen geschenkten, worin sich'S ein Prinz wohl sein lassen könnte, be haglich zurechtsetzte, fiel mein Blick ganz zufällig auf ein Blättchen Papier, was nahe der Thür auf Lem Fußboden lag, so, als ob eS Emily aus der Tasche verloren haben könne. Ich stand auf, nahm da- Blättchen und ging damit zur Lampe. Nun! WaS meinen Sie, da- et war, Miß? Etwa eine Rech- AuSgaben für die nationale Wehrkraft bedeutend ein zuschränken. Ob aber nicht durch diese Einschränkungen die Leistungsfähigkeit des italienischen HeercS — und von dieser hängt doch die Friedenspolitik lediglich ab — vermindert werden wird, da- ist eine Frage, deren Beantwortung allein in der Zukunft liegt. Noch am Sonnabend vertagte sich der Senat auf unbestimmte Zeit, die Kammer hingegen nur bis zum 2. März. Alsdann werden die parlamentarischen Arbeiten beginnen, von deren Verlauf das Schick sal des neuen Ministeriums abhängen wird. Tagesgeschichtr. * Blrlin, 15>. Februar. Se Majestät der Kaiser leistete am gestrigen Abend einer Einladung deS Chef- des MilitärkabinettS General v. Hahnke zu einer Ball festlichkeit nach dessen Wohnung in der Behrenstraße 66 Folge. Dort weilte Se. Majestät der Kaiser bis nachts gegen 1 Uhr. Am heutigen Vormittage wohn ten Ihre Kaiserlichen Majestäten dem Gottesdienste in der hiesigen Dreifaltigkeitskirche bei. Zur kaiserlichen Tafel hatten u A. der Oberpräsident der Provinz Wesfialen Studt und der Gouverneur von Ostafrika Frhr. v. Soden Einladungen erhalten. — Einer der offiziösen Wiener „Pol. Corr" aus Berlin über den Stand der Handelsvertrags verhandlungen mit Österreich-Ungarn zugehen den Meldung zufolge ist in den letzten Januarlagen die Beratung über die Position dcS deutschen Zoll tarifs zu Ende geführt worden, und die Konferenz wird nunmehr nach redaktioneller Feststellung einzelner Be stimmungen den österreichisch ungarischen Tarif in Ver handlung ziehen Allerdings könne, wie die besagte Meldung de- weiteren betont, von einer vollständigen Erlrdigung des erstgenannten TarifeS nicht gesprochen werden, da einzelne Positionen, darunter die Getreide- »ölle, über die noch keine Einigung erzielt worden sei späteren Beratungen Vorbehalten bleiben müßten — Die „Berl. Pol Nachr." schreiben: Dir offiziellen Einladungen der amrrikanischrn Regierung zur Teilnahme an der Chicagoer Weltausstellung sind nunmehr ergangen. AuS Paris wird der Empfang einer solchen Einladung gemeldet und man darf wohl annehmeu, daß Frank reich nicht der einzige europäische Staat ist, um dessen Unter- stützung deS transatlantischen WeltauSstellung-unternehmen- die FMttrfscnien dirieS Projektes sich bemühen Eine andere Frage ist eS, ob Frankreich und die mit ihm sich in annähernd gleicher Lage Amerika gegenüber befindenden europäischen Industrieländer ohne weiteres die Einladung der Amerikaner annrhmrn, bez. ihren einheimischen Industrien zumuten werden, ihr eigenstes Wes.n und Können den kritisch piüsenden Blicken von Leuten prei-zugrben, die von der erlangten Einsicht aller Wahrscheinlich keit nach einen Gebrauch machen dürsten, dessen Spitze sich unmittelbar gegen die LebenSinteressen der europäischen WeliausstellungSgäste in Chicago wenden würde Wir haben schon wiederholt die Gründe und Erwägungen aukeinanderaesetzt, welche gegen eine vorbehaltlose Be- teiligungSzusage der europäischen Jndustiiistaatcn an der amerikanischen Jubiläumsauestellung sprechen, sodaß ein noch, maliges Zurückkommen aus die Angelegenheit sich erübrigt. Wenn nun inzwischen auch die mit der Mac Kinley Tarissbill gemachten Ersahrungen aus weite Kreise der nordamerikanischen Politiker ernüchternd gewirkt haben mögen, so wäre eS doch außerordentlich gewagt, nunmehr sich der Zuversicht binzugeben, daß die Tendenz der Aussperrung des europäischen MitbewerbeS vom amerikanischen Markte ihrem Schicksal versallen sei Virl- mehr herrscht der, den europäischen Provenienzen grundsätzlich abholde prohibitionistische Geist d>üben nach wie vor. Das rcdendste Zeugnis sür dir Stärke dieser Strömung im gegen wärtigen wirtschastlichen Entwickeluno-stadium der Bereinigten Staaten liegt in dem unlängst erstatteten Jahresbericht deS Staatssekretärs im landwirlschaitlichen Rrssort, Mr. Rusk, vor. Wer sich die Mühe nimmt, in diesem umfangreichen Aktenstück eine etwas sorgsamere Umschau zu hallen, wird alsbald zu der Einsicht gelangen, daß die von Mr. Rusk ver folgte Tallik sür Europa mit der Zeit höchst bedenk lich werden muß, da sie, kurz gesagt, es aus nichts Geringeres abgesehen hat, als auf die abfolute Lahm legung der europä'fchen Einfuhr nach Amerika Hand in Hand nung, ein Brief, eine Wirtschaftsnotiz, ein Wäsche zettel, kindliche Hieroglyphen unseres Söhnchens, von der pietätvollen Mutter aufbewahrt? Fehlgeschossen! Das alles war's nicht, sondern ein Poi-m, Miß! Was sagen Sie dazu?" „Nun, dazu ist wahrlich nicht viel zu sagen Mr Tucker Warum sollte Emily nicht ebensowohl ein Gedicht als irgend etwas anderes aufbewahren? Vielleicht war es ihr von Freundeshand zum Geburts tag gewidmet?" Mr. Clelius Tucker lachte ingrimmig „Sehr wohl, Ma'am! So dachte ich auch, bevor ich las. Emily hatte von mehreren unserer Stammgäste Glück wünsche erhalten und einige schöne Blumensträuße. Das durfte an sich wohl angehen. Aber dieses Ge dicht! Es erging sich in den hochtrabendsten, über schwenglichsten Phrasen. „Angebetete", „lichter Engel", „bleiche Lilie" — nur ein Blinder könnte Emily eine „bleiche Lilie" nennen! — „Stern meiner Nächte" und dergleichen fand sich darin. Am Schluß hieß eS: „Berekrung weih!' ich Dir, so lange ich Dich kenne, Doch Liebe erst, feit ich Dein Herz durchschaut!" Nun, Ma'am! Wer zum Kuckuck darf sich erlauben, CleliuS TuckerS Gattin in solcher Weise anzurcden?! ... Inzwischen war Emily mit meiner Pfeife und allem Zubehör cingetreten. „Hast Du noch so spät einen Brief erhalten, CleliuS?" fragte sie. „Du siehst so sonderbar aus." — „Komm' einmal her und gieb mir Rechenschaft über dieses Höllenwerk, Emily", er widerte ich. Sie trat näher, schaute mir über die Schulter und fragte dann im unschuldigsten Tone der Welt: „WaS ist da-? Wo hast Du es her?" — „Ich fand daS Blatt hier im Zimmer: e- muß Dir mit diesem Programm geht aber rin zweite-: die Eroberung des europäischen Martirs sür dir amerikanischr Einfuhr. Auch da für, wie bei Ausführung dieser Pläne versahrrn wird, be ziehung-weise verfahren werden fall, girbt der Rusksche Bericht interessante Fingerzeige. So hat sich neuerdings ein Syndikat gebildet, welches mU einem Grundkapital von mehreren Millionen Dollars die unerschöpfliche Fleischproduktion der Prairirn drs sür den Export nach Europa auSbeuten will, der gestalt, daß die Koalition der daS Syndikat bildenden Kapitalisten sich zu einem „Ring" zusammensetzt, der die Preise vorschrerbi, zu Minimalfätzen ein- und zu verhältnismäßigen Maximalsätzen verlaust. Die Geselljchast hat mit dem Bau riesiger Schlacht- und Vorratshäuser in Philadelphia begonnen, alle neuesten Er sahrungen der Schlacht, KonservierungS und BrrschiffungSiechnik finden Berücksichtigung, so daß sich die Verluste brS zur An kunst iy den europäischen Einfuhrhäfen von den jetzigen lO Proz. aus höchstens s Proz herabmindern würden. Die Berechnung ist so gestellt, daß bei Feststellung eine- jeder ruro- päijchcn JnlandSkonkurrenz spottenden Berkaus-Preise- dennoch ein glänzender Gewinn sür den Ring der amerikanischen Fleisch- exporteure herautkoinml Ähnliche Ringbildungen zur Mono polisierung anderer Exporlzweige sind vorgesehen. Auch ist ge plant, dir amriikanische landwirtschastlichr Produktion durch Er richtung von Schulen, Versuchsanstalten, nussenschöstlichen Be obachtung-- und PrüsungSstationen ic zu unterstützen; im Au«, lande, d. h in Europa, sollen Sachverständige aus SlaalSkvstrn dauernd angestellt werden, um sich über alle- und jede- zu unterriäten, dessen keuntnir zur Beurteilung und Eroberung de» europäischen Absatzmarktes dienen, kann; da- Washingtoner Kabinett sucht sich gleichsam in den Besitz einer Generalstabs karte der wirtschaftlichen Lage und der materiellen Hilssquellen Europas zu bringen, um au der Hand derselben umso sicherer und gründlicher den EingriffSplan eniwersen zu können. Ja diesem Plan nimmt auch die Chicagoer Jubiläum-auSli-llung einen keineswegs untergeordneten Rang rin. Denn diese so l den amerikanischen Interessenten, wie man drüben offen au-sprechen l ört, Gelegenheit geben, die neuesten Vervollkommnungen der euro- päifchen Jnduflrielechnik an den Fabrikaten und Gerätschaften zu studieren, welche Europa gefälliger Weife den AuSstelluug-- besuchern al- feine Ausstellungsobjekte vorsührrn wird. Die Amerikaner, hö-t man. haben sich vorgenommen, trotz aller Überwachung hinter die allcrfrinsten Geheimnisse und Lunst- griffe ihrer europäischen Vorbilder zu kommen, wobei sie ihre Hoffnung nicht zum wenigsten mit auf die — Augrnblickt- photographien setzen. Ist einmal dieser Ziel erreicht, dann wird drüben eine Massenfabrikation in- Werk gefetzt werden, die sich mit der elementaren Macht der amriikanischen Riesen- ftröme auf die alte Welt stürzen und deren einheimische Pro duktion unter ihrer Last begraben soll Man mag den Plan alt ungeheuerlich bezeichnen, nichtsdestoweniger ist er vorhanden, und eil erscheint nicht unangebracht, iHv im Augenblick, wo die osfiziellcn Einladungrn ,ur Teilnahme an der Chicagoer Jubi läumsausstellung erlassen werden, den diesseitigen Interessenten-- kreisen mitzuteilen. — Über eine neue Legendenbildung läßt sich die deutsche volkswirtschaftliche Korrespondenz wie folgt auS: „Der Freihandel-Presse sind dir Erklärungen sehr unbequem grkommeu, in denen sich der Zentralverband Deutscher Indu strieller und andere hervorragende industrielle Korporationen zu der Solidarität der wirtschaftlichen Interessen von neuem bekannt haben Die „Franksurter Zeitung" hat sich da her ans Werk gemacht, der Cache deu Stachel abrubrechen, wat ivir ihr weiter nicht verdenken würden, fallt st« bei de, Wahr heit verblieben wäre Über die Absichten, welche die gedachten Körperschaften mit ihren Erklärungen verfolgen, nüt der Frei- handeltpresse sich zu unterhalten verlohnt nicht der Mühe. Wenn indessen zur Diskreditierung dieser Absichten behauptet wi d, die Initiative der deut chau Regierung zur Emieitung handelspolitischer Verhandlungen mit Österreich Ungarn gelte „in erster Linie der Erleichterung der volktervährung, wie Hr. v Caprivi erklärte", so ist daS emsach unwahr. Mit der an- gezogenen Erklärung deS Hrn. Reichskanzler- können nur seioe Bemerkungen im Reichstage beim Beginn der Verhandlungen über die Anträge Auer und Richter gemeint sein. Dort hat Hr. v. Cavrivi ausdrücklich abgelehnt, sich über die von den ver bündeten Regierungen versolgten Ziele und Absichten auch nur zu äußern, er hat aber dann, um die Reichsregierung von der sreihändlerischen Demagogie nicht in falschen Schein bringen zu lassen, betont, daß ihr die Sorge sür die VolkSernährnng ebenso sehr am Herzen liegt, wie irgend eimr Partei de- Reichstages. Dann aber hat Hr v. Caprivi die Pflicht betont und anerkannt, sür die Entwickelung derjenigen Erweitszweigc zu sorgen, die für d e Erhaltung deS Staate- von hoher Bedeutung sind, und als solchen ErwerbSzweig in erster Linie die Landwirtschaft ge nannt Wie man hieraus unterstellen kann, Hr. v. Caprivi hätte erklärt, bei den Verhandln gen mit Österreich gelie die Initiative der ReichSregierung .in erster Linie der Erle chtinmnH der VolkSnnährung., ist völlig unerfindlich vr v Eaprm wollte virmeiken, daß ein salscher Schein aus d'e Avlichteu der verbündelen Regierungen gewors.n werde, die Fc.idandelsvreff« aus der Tasche gefalle» sein." Sie erwiderte meinen durchdringenden Blick mit einer Keckheit und Ruhe, welche mir noch jetzt unbegreiflich ist. Ja, sie lachte sogar und streckte die Hand nach dem Blatt aus. „Gieb her! Laß mich sehen, wer es verloren haben kann." — „Setze Dich einmal zu mir, Emily," sagte ich darauf in meinem sanftesten Ton, „und laß un ruhig mit einander reden. Ich glaube, ich bin Dir immer ein guter Ehemann gewesen, aber Dn wirst mich auch als einen Menschen kennen gelernt haben, der nicht leicht zu hintergehen ist, weil er Welt und Menschen kennt! Ist es so, Emily?" Sie nickte treu herzig und faltete die Hände über meinen Arm, w.e sonst wohl in gemütlichen Plauderstunden. „Gewiß, lieber Clelius, Du bist ein kluger Mann, der die Leute nieist durch und durch schaut in der ersten Mi nute!" — „Gut, Emily! Wozu aber dann diese Komödie? Ich sage Dir, Du hast dieses hirnver brannte Machwerk heute erhalten und es vor mir verborgen, weil Du voranssahest, wie eS auf mich wirken würde Vielleicht fandest Du es zwischen den Blumen eines der Sträuße, die man Dir diesen Mor gen zugesandt? Nun, sei dem wie ihm wolle: ver stelle Dich nicht länger, sondern macke durch ein offe neS Geständnis alles wieder gut, sonst muß ich an- nehmcn, es sei Dir um Schonung jenes Wahnwitzigen zu chnn, der da zu sagen wagt, er habe Dein Herz „durchschaut"!" Emilys Gesicht war während meiner doch gewiß rücksichtsvollen Vermahnung ganz trotzig geworden. „Ich habe nichts zu gestehen", erwiderte sie, „son dern kann nur wiederholen, was ich Dir vorhin be reit- sagte: mir ist dieses Gedicht ganz unbekannt. Da mit müßt Du Dich zufrieden geben." — „Wenn ich
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