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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES H Y G I E N E - M U S E U M Dienstag, 3. April 1962, 19.30 Uhr Mittwoch, 4. April 1962, 19.30 Uhr i2. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Siegfried Geißler Solistin: Halina Czerny-Stefanska, Krakow Carl Maria von Weber Ouvertüre zu „Preciosa“ 1786—-1826 Edvard Grieg Konzert für Klavier und Orchester, a-Moll, op. 16 Allegro molto moderato Adagio Allegro moderato molto e marcato Fryderyk Chopin Konzert für Klavier und Orchester, e-Moll, op. 11 1810—1849 , „ Allegro maestoso Romanze (Larghetto) Rondo: vivace ZUR EINFÜHRUNG Nicht allzu häufig besteht Gelegenheit, Carl Maria von Webers Ouvertüre zum Schauspiel Preciosa zu hören. Dabei ist das Wcrkchen ein Kleinod Weberscher Ouvertürenkunst, das durch seine lebensvolle Einbeziehung volksmusikalischer Elemente immer wieder von schöner, sinnfälliger Wirkung ist. Der Hörer wird vom Komponisten glaubhaft in spanisches Zigeunermilieu geführt. Die Ouvertüre be ginnt mit charakteristischen, schwungvollen Bolero-Rhythmen. Dann folgt ein regel rechter Zigeunermarsch, der auf einer originalen Zigeunermelodie aufgebaut ist. Seine Rhythmik wird von der kleinen Trommel, Triangel und Tamburin reiz voll markiert. Zu diesem Marsch, der übrigens der Mittelpunkt des musikali schen Geschehens ist, tritt ein schlichter, melodisch prägnanter Seitengedanke. Die geistreiche Verarbeitung des thematischen Materials hält bis zum strahlenden Aus klang an. Der zu seiner Zeit auch als Pianist und Dirigent angesehene norwegische Kompo nist Edvard Grieg hatte in seiner Eigenschaft als erster Nationalmusiker seines Landes keine Vorgänger, keine Tradition, an der er hätte anschließen können. Er war der erste skandinavische Komponist, der die Volksmusik seiner Heimat in die Sphäre der Kunstmusik hob, nicht aber, indem er folkloristische Elemente wörtlich zitierte, sondern indem er sein eigenes Schaffen an der charakteristischen Wesensart norwegischer Volksmusik ausrichtete. Am Ende seines Lebens schrieb Grieg ein mal: „Künstler wie Bach und Beethoven haben auf den Höhen Kirchen und Tempel errichtet. Ich wollte . . . Wohnstätten für die Menschen bauen, in denen sie sich heimisch und glücklich fühlen . . . Ich habe die Volksmusik meines Landes auf gezeichnet. In Stil und Formgebung bin ich ein deutscher Romantiker der Schumann- Schule geblieben. Aber zugleich habe ich den reichen Schatz der Volkslieder meines Landes ausgeschöpft und habe aus dieser bisher noch unerforschten Emanation der nordischen Volksseele eine nationale Kunst zu schaffen versucht.“ Mit seiner boden ständigen Kunst, seinen schwermütig-lyrischen, aber auch kräftigen Liedern, seinen eigenwilligen, häufig tänzerisch profilierten kleinen Instrumentalformen eroberte Grieg die Gunst der Musikfreunde in aller Welt. Seine immer und im guten Wort sinne volkstümliche Musik ist gekennzeichnet durch eine sinnenhafte Melodik, eine herbsüße Harmonik, farbig-satte Instrumentation und eine aparte, von skandinavi scher Folklore beeinflußte Rhythmik. Unter Edvard Griegs wenigen größeren Kompositionen ragt das 1868, also mit 25 Jahren geschriebene Klavierkonzert a-Moll, op. 16, bedeutsam heraus. Der Kom ponist widmete es dem norwegischen Pianisten Edmund Neupert, der es 1869 in Kristiania erfolgreich uraufführte. Das Beispiel des Schumannschen Klavier konzerts a-Moll hat maßgeblich die Gestaltung dieses Griegschen Jugendwerkes