Volltext Seite (XML)
KONGRESS-SAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM Sonnabend, 28. Januar 1961, 19.30 Uhr Sonntag, 29. Januar 1961, 19.30 Uhr 6. Philharmonisches Konzert DIRIGENT Siegfried Geißler SOLIST Prof. Siegfried Rapp, Weimar Johannes Paul Thilman geb. 1906 Sinfonie in einem Satz, op.79 Adagio, allegro molto — andante quasi rezitativo — allegro molto Leos Janäcek 1854—1928 Capriccio für Klavier und 7 Bläser Allegro Adagio Allegretto Andante 0 Bohuslav Martinu 1890—1959 Concertino für Klavier und Orchester Allegro moderato Andante Allegro con brio PAUSE Ludwig van Beethoven 1770—1827 Sinfonie Nr. 7 A-Dur, op. 92 Poco sostenuto — vivace Allegretto Presto Allegro con brio Prof. Siegfried Rapp ZUR EINFÜHRUNG Der hier bekannte und weit über seinen Heimatort hochgeschätzte Dresdner Kompo nist, Nationalpreisträger und Hochschulprofessor Johannes Paul Thilman schreibt über seine Sinfonie (es ist die fünfte des Komponisten!) in einem Satz, opus 79: „Diese Sinfonie wurde 1956 komponiert. Die sonst bei Sinfonien übliche Folge des viersätzigen Zyklus wurde mit ihr vermieden. Das ganze Werk läuft in einem Satz ab. Aber in diesem Satz sind klare Gliederungen zu hören, die auf eine versteckte Dreisätzigkeit hinweisen. Da ist ein schneller, stürmischer erster Teil (Allegro molto), der mit seinen zwei Irraftvollen Themen den sonst üblichen ersten Satz darstellt. Darauf folgt ein Andante, das den zweiten Satz vertritt. Und das Allegro molto im Dreivierteltakt hat eindeutigen Scherzocharakter. Das sind gewissermaßen die drei Sätze in einem. Aber noch nicht genug. Vor dem stürmischen Allegro steht eine Adagio-Einleitung, die eine weitgeschwungene Melodie der Streichinstrumente ent hält, die von Akkordeinwürfen untermalt wird. Das Scherzo mündet wiederum in eine veränderte Wiederholung dieser Einleitungstakte, so daß die Sinfonie von diesem Gedanken eingerahmt wird. Das ist die Form. Der Inhalt hat etwas Stürmisches, Drängendes und Kraftvolles an sich. Die beiden Allegro-Themen zeigen dies ganz deutlich. Das erste (Zweihaibetakt) wird hart näckig immer wiederholt, jeweils von anderen Instrumentengruppen aufgegriffen. Das zweite Thema (Sechsachteltakt) führt diese drängende Stimmung weiter. Das Andante ist ein Rezitativ. Es wird also etwas „erzählt“ von gefühlvoller Ausdrucks kraft. Das Scherzo hat tanzmäßigen Charakter. Die letzten Takte vor Schluß machen den Eindruck von Fanfarenstößen, so, als wolle die Musik zu Aktivität und zu kraft vollem Tun aufrufen.“ Im Jahre 1926 schrieb Leosjanäcekdas Capriccio für die linke Hand allein, ein Werk, das ihm Gelegenheit gab, die Form des Klavierkonzertes auf seine Art zu lösen. Die Bitte des einarmigen Kriegsinvaliden und Pianisten Otakar Hollman an Janäcek, ihm ein Klavierkonzert für die linke Hand allein zu komponieren, gab den äußeren Anlaß. Janäcek lehnte zuerst ab, aber die Anregung ließ ihn nicht mehr los, und bald (am 11. November 1926) teilte er Otakar Hollman mit, das Capriccio sei fertig! Er fügte dem Briefe hinzu: „Wissen Sie, nur für die linke Hand zu schreiben, das wäre eine geradezu kindische Eigenwilligkeit. Da waren andere Gründe und sachliche und innere Motive notwendig. Als diese alle sich einstellten und verquickten — da entstand das Werk . . Janäcek schuf damit ein tschechisches Gegenstück zu den Werken von Richard Strauß, Maurice Ravel (für den einarmigen Pianisten Paul Wittgenstein geschrieben), Serge Prokofjew und Johannes Paul Thilman (der für Siegfried Rapp komponierte). Er machte wohl absichtlich keine näheren Ausführun gen, was er mit den „sachlichen und inneren Motiven“ meinte. In sachlicher Hinsicht bewogen ihn offenbar die gleichen Motive wie seine deutschen, französischen und russischen „Kollegen“, die kompositorischen Möglichkeiten trotz der Beschränkung auf nur eine Hand zu versuchen und zu erschöpfen. Und die inneren Motive? Janäcek bleibt beim sinfonischen, „absoluten“ Inhalt des Klavierkonzertes und