Hans Pfitzner (1869— 1949) Ouvertüre zu „Käthchen von Heilbronn“, op. 17a Hans Pfitzner schrieb seine Ouvertüre zu Heinrich von Kleist’s „Käthchen von Heilbronn“ im Jahre 1905. Das Werk beginnt kräftig, frisch und schnell. Ein romantisch verklärtes deutsches Mittelalter soll heiaufgerufen werden. Das ein- fache Mädchen aus dem Volke wird durch eine liebliche Melodie dargestellt, ebenso erscheint, musikalisch glänzend charakterisiert, der „hohe Herr“, der Käthchens Schicksal wird. Die Durchführung schildert das Walten dunkler Mächte, kündet von Not und Leid. Am Ende aber klingt eine kecke Fanfare auf, die zu einem rauschenden Schluß hindrängt. Pfitzner hat in dieser Ouvertüre das Ge schehen des Kleist’schen Dramas gleichsam wie in einem Brennspiegel zusammen gedrängt, großen Vorbildern, Beethoven und Weber folgend, und musikalisch das Drama im Kleinen, aber mit höchster Konzentration darstellend. Das Werk gibt die großen Vorzüge Pfitzners als Komponist aufs beste wieder und ist wunderbar geeignet, das Gedenken an den vor fünf Jahren im Elend in einem Münchner Altersheim Gestorbenen wachzurufen. Johannes Brahms (1833 — 1897) Klavierkonzert Nr. 1, d-moll Als das Klavierkonzert d-moll von Johannes Brahms am 27. Januar 1859 in Leipzig seine Uraufführung erlebte, war ihm nur ein kläglicher Erfolg beschieden, und in einer Kritik der damaligen Zeit las man, das Konzert sei „ein zu Grabe getragenes Produkt von wahrhaft trostloser Öde und Dürre — ein dreiviertel Stunden langes Würgen und Wühlen, eine ungegohrene Masse mit einem Dessert von schreiendsten Dissonanzen und mißlautendsten Klängen“. Wie halte sich der Kritiker getäuscht! Brahms war in Wirklichkeit seiner Zeit weit voraus geeilt. Hinzu kam, daß der Meister das Werk ursprünglich als Sinfonie konzipiert hatte, wie wir es in einem Brief an Robert Schumann nachlesen können: „Übrigens habe ich mich vergangenen Som mer (1854) an einer Sinfonie versucht, den ersten Satz sogar instrumentiert und den zweiten und dritten komponiert (in d-moll 6 /4'l an gsam).“ An die 30 Jahre hat es gedauert, bis sich das Werk durchsetzen konnte, Bülow und d’Albert haben als Solisten bahnbrechend gewirkt. Der 35-jährige Brahms wollte bei diesem Konzert, daß der Solist nicht allein als blendender Virtuose im Vordergrund steht, er sollte vielmehr Teil des sinfonischen Ganzen sein, sollte sich also unterordnen, Das war ein Bruch mit der bisherigen konzertanten Entwicklung und Überlieferung. Alles Neue braucht Zeit, sich durch zusetzen. Ganz besonders gilt das für Brahms d-moll-Konzert. Machtvoll und anstürmend beginnt das erste Thema des ersten Satzes, und selbst das Gegenthema ist seinem Charakter nach weniger lieblich als streng, herb und weihevoll. Wir erleben ein imposantes sinfonisches Ringen mit großartigen Stei-