Über das Konzert in g-Mollfür Klavier und Orchester von Antonin Dvorak berichtet der Biograph Otakar Sourek: „Das erste seiner Konzerte (das Klavierkonzert) schrieb D voräk zu einer Zeit (1876), als er bereits eine ansehnliche Reihe persönlich werthaltiger und, wie die Folgezeit erwies, dauernd lebensfähiger Arbeiten hinter sich hatte, von denen ihm aber nur wenig in einer Aufführung entgegengeklungen war. Der öffentliche Erfolg war für ihn vorderhand auch auf heimatlichem Boden eine Seltenheit. Es nimmt daher nicht wunder, daß er sich bei seinem ersten Konzert für ein Instrument entschied, das von einem bedeutenden Prager Virtuosen beherrscht wurde, vom Pianisten Karl von Slavkovsky .. .“Aber auch dieser Freund tschechischer Musik kam nicht dagegen an, daß das Klavierkonzert — wohl wegen der verhältnismäßig geringen Dankbarkeit des Soloparts, gemessen an seinen tech nischen und interpretatorischen Schwierigkeiten — gegenüber den späteren, bald berühmt gewordenen Violin- und Cellokonzert im Dunkel blieb. Erst in neuerer Zeit wurde dem Werk Genugtuung zuteil, hauptsächlich dank der Revision des Solo parts durch Vilem Kurz, Professor der Meisterschule am Prager Konservatorium (1872—1945). Bewundernswert bleibt die energische Schwungkraft, mit der das Werk vom stolzen Pathos des ersten Satzes (Allegro agitato) über die innige Beruhigung und melodische Ausschmückung des zweiten Satzes (Andante sostenuto) in die über mütige Laune des Finales (Allegro con fuoco) und damit ins helle G-Dur einläuft. „Ich möchte vor Neid aus der Haut fahren über das, was dem Menschen so ganz nebenbei einfällt!“ sagt Johannes Brahms keineswegs böse, sondern in ehrlich-echter Anerkennung über den jungen Dvorak. Es ist interessant, in unserem Programm sowohl I) vorak als auch Brahms in je einem Klavierkonzert zu hören. Gleich der Anfang des Brahmsschen zweiten Klavierkonzertes in B-Dur ist verheißungsvoll daseinsbejahend. Er beginnt mit einem Hornmotiv, „das uns in poesievolle Waldes frische hinausruft, uns in eine behagliche Stimmung sorglosen Frohmuts hinein führt“ (Pauli), und sogleich setzt auch das Klavier ein und beantwortet jeden Ruf des Orchesters mit einem Arpeggio. Dem Klavier wird hier nicht wie im klassischen Klavierkonzert (und bei Dvorak!) die Sonderstellung eines konzertanten „Gegners“ zum Gesamtorchester eingeräumt, sondern das Klavier wird mit dem Orchester auf die gleiche Stufe gestellt, musiziert munter und fröhlich als primus inter pares, als „erster unter gleichen“, wobei beim Pianisten, dem ein gewaltiger Teil des Ganzen anvertraut wird, äußerste technische Vollkommenheit und größte musikalisch geistige Veranlagung vorausgesetzt werden. Milde und Weisheit predigt der erste Satz, wer will, darf auch noch etwas von südlicher Sonne und nächtlichem weißem Marmor Italiens hinein- oder heraushören (Brahms war gerade in Italien gewesen). Nach dem tollen Scherzo (2. Satz) empfinden wir die reine Schönheit des Andante (3. Satz) doppelt schön. Ein Solo-Violoncello und die Klarinette führen in bedeu tender Weise das Wort. Ungarischer Geist sprüht aus dem Allegretto grazioso des Finales, das sich auch im Solopart volkstümlicher als die anderen Sätze gibt. Das meisterlich-eingängliche Werk hat Brahms „seinem teuren Freunde und Lehrer Eduard Marxen“ aus der Hamburger Lehrzeit gewidmet.