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2 —. OertNcheS ««» SichfischeS Am Donnerstag nachmittag in der fünften Stund« gingen die Pferde eines vor der Ratsmühle haltenden Geschirrs eines hiesigen gröberen Gutes durch und rasten durch die Weiberitzstraße nach der Post zu. Sie konnten bald auf gehalten werden. Einige junge Aepfelbäume an genannter Straße und die dazu gehörigen Pfähle fielen der wilden Jagd zum Opfer. — Stern-Lichtspiele. Am Sonntag wird der neue große Steinberg-Film „Fräulein Julie", dem aus allen Großstädten begeisterte Kritiken vorausgehen, aufgeführt. Mit Asta Nielsen in der Hauptrolle, ohnehin ein Schlager, ist der Film durch die ganz vorzügliche Arbeit aller beteiligten Künstler ein Meisterwerk deutscher Filmkunst geworden, das seinesgleichen zu suchen hat. 3m heiteren Teil erscheint Gerhard Dammann. Reinhardtsgrimma. Am Sonnabend den l 7. d. M. hielt d« Militärverein von Reinhardtsgrimma u U. sein 51. Stif tungsfest ab, wozu er die Kapelle des Musikmeisters Schreyer nebst 6 Kindern gewonnen hatte, die ausgezeichnet zum Konzert und Ball spielten. Nach der Begrüßungsansprache des Vor stehers Revierförster Hetze, der in kurzen, treffenden Worten den festen Zusammenschluß aller Deutschen forderte, um unser liebes Vaterland wieder zu Ansehen zu bringen, so wie es jetzt unsre Brüder imMuhrgebiet machten,'wurde eineEhren- tour für die Ruhrspende getanzt, die 15000 M. einbrachte. Als langjährige Kameraden konnten beglückwünscht werden dl. Gietzelt für 50jährige, Hugo Jungnickel für 40jährige, R. Uhlemann, Rob Gersdorf, O. Greif und A. Rüthrich für 25jährige Mitgliedschaft zum Ansporn fiir jüngere Kameraden, treu zum Verein zu halten. Allen Kameraden, die mtt zum Gelingen des Abends beitrugen, sowie allen Gebern herzlichen Dank. Lange bis nach Mitternacht hielten alle aus und gingen dann befriedigt nach Hause in dem Bewußtsein, einen genuß reichen Abend verlebt zu haben. Johnsbach. Bei Wirtschaftsbesitzer Göhler, Nr. 64, ist die Maul- und Klauenseuche unter dem Klauenviehbestande ausgebrochen. Die entsprechenden Maßnahmen sind getroffen worden. KrÄscha. Regierungs-Sekretär Lange- Dippoldiswalde hat die Wahl als Spar- und Girokassenkassierer abgelehnt. An seiner Stelle wurde Kassen-Aktuar Beyer—Pirna für diesen Posten gewählt und wird ihn am 15. 3. antreten. Weiter be schloß der Gemeinderat, den Vorsitzenden zu beauftragen, gegen die nicht unmögliche Aufhebung der hier abgehaltenen Gerichtstage die erforderlichen Schritte zu unternehmen.'- 3m Falle des Einverständnisses der übrigen beteiligten Gemeinden könnte die Zahlung eines Beitrages zur Herabminderung der dem Staate durch Abhaltung der Gerichtstage entstehenden Kosten in Erwägung gezogen werden. Poffendorf. Gendarmeriekommissar Mehner 1 hier wird unter dem I. März d. I. als Führer der Gendarmeriebrigade nach Wachwitz versetzt. An seine Stelle tritt der Gendarmerie wachtmeister Heyne aus Altstadt-Waldenburg. Grillenburg. Ein Raubüberfall wurde auf der Staats straße zwischen hier und Klingenberg verübt. Drei bisher un bekannt gebliebene junge Burschen haben der Wirtschafterin Pfeffer in die Augen gestreut und sie auch mit einem Stocke über den Kopf geschlagen, um ihr alsdann einen Beutel mit 35000 M. Bargeld zu rauben. Grimma. Hier brachen auf der schwachen Eisdecke des großen Schwanenteiches 7 Schulknaben ein, die sich leicht sinnigerweise hinausgewagt hatten. Während 5 davon sich selbst in Sicherheit bringen konnteu, wurden 2 erst nach vieler Mühe unter größter Gefahr von dem Hilfsheizer Norberger geborgen. Die Rettung gelang gerade in dem Augenblick, da der eine der Verunglückten schon ziemlich erstarrt war, als er aus dem kalten Wasser gezogen werden konnte. Meerane. Die Stadtverordneten genehmigten die Auf nahme einer Elektrizitätsanleihe von 100 Millionen Mark. Raschau bei Oelsnitz. 3n der Nacht vom Sonntag wußte sich eine 19 Jahre alte Fabrikarbeiterin vor den Bedrohungen ihres angeheitert heimkehrenden Vaters nicht anders zu retten, als daß sie das Wohnstubenfenster öffnete und in den zwei Stockwerke tiefer liegenden Hol hinabsprang. Wunderbarer weise ist das Mädchen bei dem gefährlichen Sturze ohne Schaden davongekommen. 350000 M. Das klinge viel, man beachte aber den heutigen Geldwert. Mit der herzlichen Bitte, der .Altershilfe" auch weiter nach Kräften zu Helsen, schloß der Bürgermeister. Hierauf nichtöffentliche Sitzung. (Es ist selbstverständlich das gute Recht eines Angegriffenen, sich zu verteidigen. Die Art und Weile aber, wie Auslassungen hiesiger Einwohner im Sprechfaul ihres Lokalblattes in öffentlichen Sitzungen hier — nicht nur gestern abend — behandelt werden, rechtfertigt schließlich einmal aber ein paar ganz sachliche und tatsächlich nicht bös gemeinte Worte. Man scheint in den Kreisen unserer Stadtverwaltung der Ansicht zu sein, daß jeder, der eine Meinung über irgend eine städtische Angelegenheit äußert oder eine solche wohl gar kritisiert, ein ausgemachter Bösewicht ist, der nur andere ärgern oder gar beleidigen will, daß er auf alle Fälle ein Unrecht begeht. Man stelle sich doch einmal auf den Stand punkt, daß es auch außerhalb der städtischen Kollegien Männer gibt, die Interesse an städtischen Angelegenheiten haben. Wenn ne das in einem Sprechsaalartikel zum Ausdruck bringen, so be handele man einen solchen doch nicht so von oben herab, so weg werfend. Manchmal steckt vielleicht ein Kopf dahinter, vor dem man sonst den Hut zieht. Und wenn das nicht immer in der richtigen Weise zum Ausdruck kommt, so nehme man doch nicht gleich das Schlimmste an, sondern greif« die Sache heraus. Persönliche Angriffe können ja trotzdem scharf zurückgewiesen werden, wozu aber Schimpfwort« auch nicht nötig sind. Es gibt große Gemeinden mtt hochstehender Verwaltung, wo solche schrist- lichen Aussprachen seit vielen Jahren zur stehenden Einrichtung gehören. Dort müllen sie wohl anders bewertet werden, sonst vielt sich die Einrichtung nicht. Man denke auch an Bahn und Post, di« jede Presseäußerung, die ihren Betrieb betrifft (und die sind manchmal sehr scharf und halten der sachlichen Kritik auch nicht immer Stand), tudiert, nicht um den Schreiber abzukanzeln, sondern um die Wünsche des Volkes kennen zu lernen, zu prüfen und zu erfüllen oder auch nicht, je nachdem. Auch unter der Spreu ist manchmal ein Melzenkorn. Und wenn der Name nicht darunter gesetzt wird, so macht man das anderwärts auch so. Und ist dieser denn so wertvoll? Man sollte meinen, daß eS doch lediglich auf die Sache ankommt. Der Name des Schreibers aber wird vielfach zur Hauptsache gemacht. Dann aber istS mit Ler sachlichen Beurteilung schon vorbei. Also mehr Duldsamkeit undnicht- für ungut! Der Berichterstatter.) WocheMMfick. Die kleine Schar der Reichstagskonnnunisien seht alles ' »arau, Aufseher: zu erregen. Da es ihnen nicht mit der Ver- i ^cudung der Redezeit gelingt, greift sie zur Noten Fahne, und I )er Abgeordnete Bartz schwenkte sie am Donnerstag beson- i sers heftig, indem er vor Eintritt in die Tagesordnung einen Artikel des Blattes verlas, wonach General v. Seeckt zum Bürgerkriege rüsten soll. Dieser Luge wurden alsbald vom keichswehrminister Geßler die kurzen Beine ge knickt, und er hielt es nicht einmal der Müh« für wert, dies Verfahren zu kennzeichnen; es kennzeichnet sich durch sich ielbst. Dagegen nahm er die von den Kommunisten maßlos »ngefeindete Reichswehr nachdrücklich in Schutz, lobte die gu- riickhaltung der Männer, die unter Verzicht auf alles, was Ihnen anerzogen war, sich dem Staate, d. h. dem deutschen Volke, zur Verfügung gestellt haben, und bezeichnete es al» rin Ruhmesblatt für unser kleines Heer, daß es trotz umn- zelnder Fürsorge zukeinerKlageAnlaß gegeben hat. Wie das Heer, ist auch die Technische Nothilfe beständig An- zriffen von radikaler Seite ausgesetzt, »md darum hielt es »er Innenminister Oeser für angezeigt, sich für diese zum Schutze notwendiger Betriebe und zum Schutze von Leben end Gesundheit der Bevölkerung geschaffene Einrichtung ins Zeug zu legen und den sächsischen sozialdemokratischen Mi nisterpräsidenten Buck als Zeugen dafür zu zitteren, daß di« Kothilfe uneigennützig und niemand zum Schaden ihre Tä tigkeit ausgeübt habe. Mit der Annahme des Notgesetzes im Rechts- »usschuß des Reichstags ist die Entscheidung über diese Ret tungsaktion in nächste Nähe gerückt und es dürste keinem Zwei- sei unterliegen, daß sich eine große Mehrheit dafür auch in »er Vollsitzung finden wird. Die Strafen, die auf Preis treiberei, Schleichhandel und verbotene Ausfuhr gesetzt find, sind so hoch (Zuchthaus bis zu 15 Jahren), daß sie ockschveckend wirken werden und der weiteren Verteuerung der Lebens- nnttel damit ein Riegel vorgeschoben ist. Mit dem Hinscheiden des früheren französischen Außen ministers Thsophtle Des lasss ist einer der größten Kriegstreiber und Deutschenhasser dahingegangen. Nament lich als Botschafter in Petersburg hat er jene verruchte Kriegspolitik getrieben, die nicht nur Deutschland, sondern auch Rußland so unheilvoll geworden ist. Kaum hat das Repräsentantenhaus in Washington das bereits vom Senat angenommene englische Schuldenfundie rungs-Abkommen ratifiziert, also einen Annäherungsschritt der beiden Großmächte gutgeheißen, als eine Kommission des- selben Hauses einen Schritt zurücktrat, indem fie sich einer re publikanischen Resolution widersetzte, wonach Präsident Har ding auf unverzügliche Begleichung der französischen Schul- den zu dringen hocke. Gleichzeitig hat jedoch Bonar Law in einem Verein der Englischsprechenden die Zurückziehung der Vereinigten Staaten nach dem Kriege beklagt und die Hoff- nung ausgedrückt, daß die amerikanische Regie- rung nicht mehr abseits der Schwierig keiten der Welt stehen werde. Es ist richtig: Amerika hat den Versailler Vertrag nicht ratifiziert, ist aus dem Völ kerbünde ausgeschieden und hat durch seinen Verzicht auf die amerikanische Stinnne in der Reparationskommission das Abstimmungsverhältnis verursacht, das Frankreich als Vor sitzendem bei Stimmengleichheit zwei Stimmen, d. h. di« Mehrheit verschaffte. Das bedeutete eine erhebliche i Schwächung der englischen Politik, und darum ist der Appell Bonar Laws zu verstehen; er sucht engeren Anschluß an Amerika gegenüber der französischen Uebermacht, und daß er dies in aller Oeffentlichkeit getan hat, zeigt, wie be- drückt sich England in seiner heutigen Lage fühlt. Haben sich die Räuber gegenseitig beim Kragen? Fast scheint es, wenn wir die französisch-belgischen Verhandlungen verfolgen. Der belgische Ministerprä- sident Theunis ist in Paris zur Besprechung mit Poinears eingetroffen, augenscheinlich, um Mann gegen Mann Meb nungsverschiedenheiten auszugleichen. Es handelt sich uw -verschiedene Punkte. Belgien lehnt die Einsetzung eine- 'eanzösischen Oberlommissars mit diktatorischen Vollmachten :b und verhält sich gegenüber der Schaffung eines Vertäufs- icmtors sehr skeptisch. Die Frage des Ausfuhrlizenzen macht Schwierigkeit, das Transportwesen, die Zollrcgelung, die Einführung einer neuen Währung gleichfalls. Mit einem Wort: es will nichts klappen, und Ordnung in diese Verhältnisse ist nicht hineinzubringen, weil man bei Aufstel- ung der Ausplünderungsrechnung nicht den deutschen Wi- »erstand in Ansatz gebracht hat. Der gehoffte Gewinn ist ausgeblieben, und statt in die Beute müssen sich die beiden Schnapphähne in den Verlust teilen. Daß dies schon nach der fünften Woche des Ueberfalls auf das Ruhrgebiet ge schieht, verdanken wir in erster Linie der unerschütter lichen Haltung der Ruhrbevölkerung. xn Lleberfall auf Bochum. Lin Warenhaus und zahlreiche Läden ausgeraubt. Donnerstag morgen nach 10 Uhr unternahmen starke fran- jvsischc Truppenabteilungen einen Borstoß von Essen nach Bochum. Da» große Warenhaus Alsberg und die in der Nachbarschaft liegenden Gebäude wurden von einem starken Truppen- zürtel umzogen. Zugleich fuhren Tanks mit Begleitmann schaften auf. Starke Truppenausgebote drangen in das Waren haus Alsberg und in die umliegenden Geschäfte ein und nahmen, was ihnen in die Hände fiel. Unterschrieben waren die Requisittonsscheine von dem General »er 40. Division, Odry. Aus den Requisitionsscheinen ging her vor, daß es sich um die Einrichtung von Offizierskasinos handelte. Besonder» beschlagnahmt wurden Alpakawaren, Silber- ! bestecke, Teppiche, Vasen und Porzellan aller j Art. Zn den anderen Geschäften wurden Möbelstücke, Tische, I Stühle, Sofas, Kredenzen usw. beschlagnahmt. Im Anschluß an I diese Requisitionen umstellten weiter« Truppen das Landgerichtsgebäude und drangen dort ein. Die Franzosen drängt«» die Beamt«» In einen Teil des Gebäudes zurück, andere beschlagnahmte» die Akten der Staatsanwaltschaft. Der Oberstaats anwalt Eiteldinger wurde verhaftet und abgeführt. Gegen 2 Uhr war der Raubzug beendet. Die Truppen schickten sich an, Bochum zu verlassen. Um die Tanks zu besichtigen, hatte sich auf dem Wilhelmsplatz eine große Menschenmenge angesammelt, die sich aber in einer Entfernung von zehn Metern hinter den Truppen hielt. Plötzlich fielen zwei Schüsse wodurch ein. 2 öjShriger Arbeiter getötet und ein zweiter A«b eiterlebens gefährlich verletzt wurden. Schon am Tage vorher war das Telegraphenamt Bochum überfallen worden. Nachmittag» 3X Uhr marschierten zahlreich« Trupp«», v Tank» usw. vor dem Postgebäude auf, 4 weitere Tank» bezogen die benachbarten Straßen, dann wurden di« beiden Fernsprechsäle und der Telegraphensaal besetzt und da» Perso nal mit Gewalt au» den Betrieb»räumen entfernt. Mehrere Be amtinnen bekamen Herzkrämpf« und wurden ohnmächtig. Gegen 88 Uhr zog «in Teil der Franzosen mit 2 inzwischen verhafteten Beamten durch die von einer ungeheuren Menschenmenge besetzten Straßen ab. Die Postenkette wurde von der Menge mehrfach durchbrochen und Hochruf, a»f di, D,rhaft,t,n aus- gebracht. Ueber Bochüm ist d«r verschärft« Belagerungszu stand verhängt worden. Ueber di« blutigen Vorfälle ist fest- gestellt worden, daß di« Schießrrei «insetzte, nachdem «in« Dame von einem sranzösischen Soldaten vom Bürgersteige in der Näh« des Landgerichtsgebäude» bedrängt worden war. Darauf er schollen Pfuirufe, und der Schuß krachte. Girafexpe-ition durch Reger. Di« Farbigen in Bürgerquariiere». I» Effe« ist ei» Regiment Kolonioltruppe« ein- getroffeu, die auf Kupferdreh, Velbert und Verde» per- teilt werden. Sin Kommando mit SO Reger« und 70 andere« Kolonialsoldaten ist vo« KuHferdreh »ach Velbert marschiert, um dort als Strafexpedi- tioa Wege« eines Vergehens, an dem angeblich Eisen bahner beteiligt gewesen st«d, verwendet zu werde«. Es soll sich »m das Durchschneide« vo« Lelephonleitu«ge« handel«. Die Einquartierung des zum größere» Teil aus Negern be stehenden 7. Kolonialregiments ln Verden, Kupferdreh und Del bert hat in diesen Ortschaften in allen Klaffen der Bevölkerung tiefste Erbitterung und Erregung hervorgerufen. Al» besonders empörend wird es empfunden, daß die Schwarzen nicht in abgeschloffenen Kasernen, Schulen usw. untergebracht sind, son dern in Privatquartieren, Wirtschaften usw. Die Bevölkerung ist darüber erregt, daß di« Neger auf den Straßen Dienst tun; so stehen z B. zwei Neger als Posten vor dem Rathaus in Velbert Die französischen Offiziere lassen sich von schwarzen Soldaten begleiten. Oer Irrtum von Gelsenkirchen. Don französischer Sette ist nunmehr gegenüber ausländische« Korrespondenten zugegeben worden, daß die Truppen, die in G«l- cnkirchen als Strafbesetzung eingezogen waren, den Befehl erhal len hatten, Paffanten auf der Straße anzuhalten, ihre Akten- ivschen auf Geldbeträge zu durchsuchen und öffentliche Gelder, die ,uf diesen. Weg« angetroffen würden, zu beschlagnahmen. Die iranzösischen Truppen hätten diesen Befehlmißverstan- )en und in emem Stadtteil von Gelsenkirchen einzelnen Per- ioncn auch Privatgclder abgenommen, ohne ein Empfangsbeschei nigung zu geben. Diese Gelder sollten den Besitzern wie der zur Verfügung gestellt werden. Freitag vormittag wurden nach kurzer Verhandlung der Oberbürgermeister von Gel senkirchen, von Wedelstedt, Postdirektor Bollermann und Fabrik besitzer Stern aus der Haft entlassen. Der verhaftete Bürger meister Antoni wird vor ein französisches Gericht ge stellt werden, weil er es abegelehnt hat, die Anweisung auf 100 Millionen Mark Geldbuße auszustellen. Polizeipräsident Stiecker und di« noch verhafteten Polizeibeamten bleiben als Geiseln für di« verwundeten Gendarmerieoffiziere in Recklinghausen in Haft. Fabrikbesitzer Böcker, Vorsitzender der Arbeitgebervereinigung in Gelsenkirchen, muß ebenfalls in Haft bleiben. Oie Franzosen tm Obdachlosen-Asys. Das Essener Asyl für Obdachlose, das neben der besetzten Kaserne der Schutzpolizei liegt, ist von den Franzosen gleichfalls besetzt worden. Di« 173 Insassen des Asyls wurden fe st gesetzt; die Beamten des Wohlfahrtsamts haben keinen Zutritt zu ihnen. Welchen Zweck die Franzosen mit der Besetzung des Asyls verfolgen, ist noch nicht ersichtlich. Wie jetzt durch genaue Feststellung bekannt wird, wurde der kriegsbeschüdigte Schreiner Georg W. von einem französischen Posten am 16. Februar zwischen 10 Uhr 30 Minuten und 11 Uhr abends auf dein Fahrweg in dex Gildenhofstraße an gehalten und mit dem Kolben vor die Brust geschla gen, so daß der Mann rücklings auf die Straße fiel. Da er ei» künstliches Bein hat, machte es ihm Schwierigkeiten, allein aufzu stehen. Als der Mann sich aufzurichten versuchte, wurde er von dem Posten von neuem mit dem Kolben geschlagen, worauf er abermals hinstürzre. Der Posten schlug den auf dem Boden Lie genden mehrfach so heftig gegen daskünstlich-Bein, daß der Riegel der Stahlschiene zur Feststellung des Beines mehrfach brach. Der Kriegsbeschädigte wurde in ein dunkles Zimmer ge schleppt und nach einiger Zett wieder aus die Straße ge bracht, wo er hilflos liegen blieb. Auf der Landstraße von Jülich nach Aldenhoven ist ein Gymnasiast von einem Auto der Besatzung über fahren. Er starb tm Krankenhaus an den hierbei erlittenen Verletzungen. Gegen die Raub-Beror-nungen. Ein Erlaß der R e i ch s r e g i e r u n g. Amtlich wird verlautbar: Die Interalliiert« Rheinlandkom mission und die Besatzungsbehörden haben ein ganzes System von Verordnungen erlösten, die da» Wirtschaftsleben 1» besetzten Gebiet und im Einbruchsgebiet erdrosseln und gleichzeitig Zahlungen erpressen sollen. Diese Bedeutung hat di« Beschlag nahme der Kohle, der Forsten, der Zölle, der Ausfuhrabgabe, der Devisen usw. sowie die Knebelung der Ein- und Ausfuhr. Dies« Verordnungen sind , völkerrechtswidrig u«d rechtsungültig, ihre Befolgung ist verboten. Wer sich den Verordnung«» unterwirft, macht sich zum Helfer der gegnerischen Gewaltpolitik