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Gebet „Allmächt’ger Allmächt’ger Vater, blick' herab! Hör’ mich im Staube zu dir fleh’n. Die Macht, die mir dein Wunder gab, Laß jetzt noch nicht zu Grunde geh’n! Du stärktest mich, du gabst mir hohe Kraft, Du liehest mir erhab’ne Eigenschaft, Zu helfen dem, der niedrig denkt, Zu heben, was im Staub versenkt. Vater“ aus „Rienzi“. Rieh. Wagner. Du wandeltest des Volkes Schmach Zu Hoheit, Glanz und Majestät! O Gott, vernichte nicht das Werk, Das dir zum Preis errichtet steht! Ach, löse Herr, die tiefe Nacht, Die noch der Menschen Seele deckt! Schenk’ uns den Abglanz deiner Macht, Die sich in Ewigkeit erstreckt! Mein Herr u»d Vater, o blicke herab, Senke dein Auge aus deinen Höh’n! Mein Gott, der hohe Kraft mir gab, Erhöre mein tiefinbrünstig Fleh’n! Der sterbende Soldat. Max Ettinger. Im Weizenfeld, in Korn und Mohn Durstüberquält und fieberwild, Liegt ein Soldat, unaufgefunden, Im Todeskampf den Kopf erhoben, Zwei Tage schon, zwei Nächte schon, Ein letzter Traum — ein letztes Bild — Mit schweren Wunden unverbunden. Sein brechend Auge schlägt nach oben. Die Sense rauscht im Aehrenfeld — Er sieht sein Dorf im Arbeitsfrieden. Ade, ade, Du Heimatwelt — Und beugt das Haupt — und ist verschieden. Detlev v. uiiencron. Der Freund. Wer auf den Wogen schliefe, Ein sanft gewiegtes Kind, Kennt nicht des Lebens Tiefe, Vor süßem Träumen blind. Hugo Wolf. Der lernt sich wacker rühren, Durch Nacht und Klippen hin Lernt der das Steuer führen Mit sich’rem, ernstem Sinn. Doch wen die Stürme fassen Zu wildem Tanz und Fest, Wer hoch auf dunklen Straßen Die falsche Welt verläßt: Der ist von echtem Kerne, 5i*?r<H5t zu -Luct-^md Ptin, Der glaubt an Gott und Sterne, Der soll mein Schiffmann sein. J- v. Eichendorff. Heimweh. Wer in die Fremde will wandern, Der muß mit der Liebsten geh’n, Es jubeln und lassen die andern Den Fremden alleine steh’n. Was wisset ihr, dunkle Wipfel, Von der alten schönen Zeit? Ach, die Heimat hinter den Gipfeln, Wie liegt sie von mir so weit! Hugo Wolf. Am liebsten betracht’ ich die Sterne, Die schienen, wie ich ging zu ihr, Die Nachtigall hör’ ich so gerne, Sie sang vor der Liebsten Tür. Der Morgen, das ist meine Freude! Da steig’ ich in stiller Stund’ Auf den höchsten Berg in die Weite, Grüß’ dich, Deutschland, aus Herzensgrund! J. v. Eichendorff. Preislied aus „Die Meistersinger“. Rieh. Wagner. Morgenlich leuchtend in rosigem Schein, von Blüt' und Duft Geschwellt die Luft, yoll aller Wonnen, nie ersonnen, Ein Garten lud mich ein, dort unter einem Wunderbaum, Von Früchten reich behängen, was höchstem Lustverlangen Erfüllung kühn verhieß, das schönste Weib: Eva im Paradies! Abendlich dämmernd umschloß mich die Nacht; auf steilem Pfad War ich genaht wohl einer Quelle reiner Welle, die lockend mir gelacht: Dort unter einem Lorbeerbaum, von Sternen hell durchschienen, Ich schaut’ im wachen Dichtertraum, von heilig holden Mienen, Mich netzend mit dem edlen Naß, das hehrste Weib die Muse des Parnaß! Huldreichster Tag, dem ich aus Dichters Traum erwacht! Das ich erträumt, das Paradies, in himmlisch neu verklärter Pracht Hell vor mir lag, dahin lachend nun der Quell den Pfad mir wies; Die, dort geboren, mein Herz erkoren, der Erde lieblichtes Bild, Als Muse mir geweiht, so heilig hehr als mild, ward kühn von mir gefreit, Am lichten Tag der Sonnen, durch Sanges Sieg gewonnen Parnaß und Paradies!