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Dresden. Dem Vernehmen nach hat im Laufe dieses Monat» im Ministerium des Innern eine Sitzung stattgefunden, zu welcher aus allen Theilen de- Lande- höhere Verwaltungs-Beamte nach Dresden beschieden waren. Gegenstand der Verwandlungen war einerseits die im Werke befindliches Umgestaltung der Verhaltungsbehörden, also namentlich Aufhebung der 2. Instanz der KreiSdi- rectionen, Trennung der Justiz von der Verwaltung in der untersten Instanz, andererseits die Vorbereitung einer Reihe der wichtigsten und tief eingreifendsten Gesetzentwürfe als Vorlage für den nächsten Landtag. Sämmtliche Vorlagen sollen in freiheitlichem Geiste abgefaßt werden. Namentlich wird das Preß- und das Vereinsgesetz den Grundsätzen des Liberalismus möglichst angepaßt werden. Wenn sich diese Nachricht, wie wir hoffen, bestätigt, wird unser Sach sen wie in Volks- und landwirthschaftlicher Beziehung so auch als constitutio- neller Musterstaat bald an der Spitze Deutschlands marschieren. Die Bestä tigung dieser Nachricht wäre aber gewiß das angenehmste Neujahrsgeschenk, welche- die Negierung dem Lande verehren könnte. Eine schwere Mordthat rief gestern in der Umgegend von Radeburg das Entsetzen wach. Der Gutsbesitzer Thieme in Dobra bei Radeburg, ein sonst geachteter und in guten Verhältnissen lebender Mann, der aber, wie man be merkt, in letzterer Zeit an Geistesstörnng gelitten, verließ vorgestern Abend zu Dobra die Schenke. Als um Mitternacht seine Leute sich in das Quartier begeben wollten, fanden sie das Hau« verschlossen und mußten bei dem Aus zügler Böhme im Gute übernachten. Früh Morgens stiegen sie auf einer Leiter am Fenster in die Höhe und sehen durch die Scheiben am Fußende deS Bettes den Thieme anscheinend todt. Man holte den Richter des Dorfes, eL wurde geöffnet und da fand man die Ehefrau Thieme's, eine geborene Lässig aus Schönefeld, todt und erschlagen in ihrem Bette liegen. Das jüngste, ein halbes Jahr altes Kind, war ebenfalls getödtet, die zwei andern Kinder, wo von das ältere 5 Jahre alt, hatten ebenfalls tödliche Verletzungen erhalten, befanden sich aber noch am Leben. Thieme saß todt am Bett, zwei Pistolen lagen auf dem Tisch und eines zu den Füßen Thieme's der sich damit durch den Mund erschossen hatte. Die Bestürzung war groß, man holte einen Arzt, um wenigsten noch die zwei andern Kinder zu retten. Die gerichtliche Unter- suchung wird das Weitere feststellen. Keuilleto«. Wer Wcharfrichier. (Fortsetzung.) Er benetzte Florians Schläfe mit kaltem Wasser und hielt ihm belebende Essenzen vor. Aber nur langsam kehrte das Bewußtsein zurück. Der unglück liche, junge Mann öffnete die Augen, lehnte sich an die Schults seines Schwie gervater« und brach in leidenschaftliche Thränen aus. Der Alte ließ ihn ge währen bis der erste Stnrm seiner Aufregung erschöpft war, dann sprach er ihm tröstend zu und fragte, ob er hören könne, was er ihm zu sagen habe. „Ja, Vater," entgegnete Florian mit Anstrengung. „Dann, mein Sohn, denke daran, daß Du unter Kem Schutze des Schwer te- sicher bist und öffne mir Dein Herz ohne Rückhalt. Du hast nichts zu fürchten. Zuerst sage mir offen und wahr, wie heißt Du?" „Ich führe den Namen, der Ihnen bekannt ist, mein Vater," sagte Flo rian mit zurückkehrender Energie, „ich war der Jugendfreund des Maunes, dessen Blut ich heute vergossen habe. — Aber," schrie er dann plötzlich wild, „ich will und muß klare Beweise der Verbrechen haben, deren er angekiagt war und wegen welcher er verurtheilt wurde. Die großen Augen mit dem stieren Ausdrück verfolgen mich vorwurfsvoll, wohin ich mich auch wende — in mir und außer mir — sie sind da, und wenn Sie mir nicht zu der Ue- berzeugung verhelfen können, -aß er dies Ende verdiente, so wird Wahnsinn mich verwirren." Der Verdacht, den die anerkannte frühere Freundschaft mit dem Hinge richteten in dem Scharfrichter erweckt hatte, verschwand wieder. Je mehr er sich der strengen Wahrheitsliebe und festen Ehrenhaftigkeit, die ein Charakter zug Florians war, erinnerte, desto ungerechter erschien ihm der so plötzlich ent standene Argwohn und je freier er von demselben wurde, desto lebendigerregte sich das Mitleid mit dem Gequälten. Er war überzeugt, daß nur Wahrheit, die ganze Wahrheit genügen könne, und entschloß sich, den Beichtvater des Enthaupteten aufzusuchen. Er gab Floria» beruhigende Tropfen, bestand da rauf, daß er sich niederlegte, und nachdem er die Wirkungen seiner Verord nung bewacht und sich überzeugt hatte, daß der erschöpfte, junge Mann Ruhe und Schlaf gefunden, entfernte er sich still. Als Florian nach einem mehrstündigen Schlaf gestärkter erwachte, blickte er in das ruhig gewordene Gesicht seines Schwiegervaters, der an seinem La ger saß. „Florian," begann derselbe, „ich bringe Dir gute Nachrichten. Ich habe den Beichtvater Bartholdi's gesehen. Der gute, alte Priester hat Theilnähme für Dich und wünscht Dich zu sprechen. Die Lebensweise und der Charakter des Hingerichteten sind ihm hinlänglich bekannt. Mehr wollte er mir nicht sagen, aber er will Dich diesen Abend in seinem Kloster empfangen, will Dir die Tröstungen unserer heilige» Religio» gebe» und so viel von dem' früheren Leben Bartholdy's offenbaren, als sein Beichtgelübde zulüßt. In der Zwi schenzeit, mein Sohn, mußt Du Dich aus der Betäubung, die Dich umfau- gen hält, emporraffen. Begleite mich auf einem Spaziergang um die Stadt." Die frische, kühle Luft that Florian gut. Etwas gekräftigt suchte er in Gesellschaft seines Schwiegervaters zur bestimmten Stunde das Jesuitenkloster auf. Bald standen Beide in der kleinen Zelle des Beichtvaters, eine- ehr würdigen, alten Priesters. Voller Verwunderung blickte dieser einige Augen blicke in das Gesicht des unglücklichen, jungen Manne-, legte die Hand auf die Schulder desselben und sagte endlich sehr erregt: „Barmherziger Himmel! Ist eS möglich? Florian, sehe ich Dich lebendig vor mir?" Der überraschte Florian schlug die Augen auf und fuhr erfreut empor, denn in dem Beichtvater Bartholdi's erkannte er den Vorsteher jene- Collegi um-, in welchem er seine Vorbildung empfaugen; denselben der ihn beglück wünscht hatte, als das rätselhafte Verschwinden seine» Jugendfreundes ihm Kummer gemacht. Diese Entdeckung war ein augenblicklicher und großer^Trost für Florian. Die Jahre, welche er unter der Aufsicht diese- alten, wohlwol lenden Mannes verlebt, breiteten selbst in der Erinnerung ihren heilenden Ein fluß über sein krankes Gemüth; und die kindliche Verehrung, welche das güti ge Gesicht de» ehrwürdigen Vaters plötzlich wieder in ihm erweckte, verscheuchte seine gewohnte Schüchternheit. Mit der kunstlosen und unwiderstehlichen Be redsamkeit eine« Herzens, da- kein Verbrechen drückt, und mit dem Vertrauen, welches das Kind znm Vater fühlt, erzählte er die Geschichte seiner Leiden, seiner Gewissensangst. Der Beichtvater lauschte mit warmem Interesse; keine Frage, kein Laut störte den Beichtenden. „Es freut mich," sagte der Priester, nachdem die Beichte beendigt war, „eS freut mich, zu vernehmen, daß Bartholdi, wie sehr er auch belastet fein mochte mit Verbrechen, doch frei war von einer Schuld, die ihm zur Last ge legt wurde. Die Einzelheiten seines Bekenntnisses kann ich nicht wiederholen, ohne mich einer Verletzung der geheiligten Pflicht, welche mein Amt mir auf erlegt, schuldig zu machen. Es muß dir genug sein, mein Sohn, aus meinem Munde zu vernehmen, daß der Hingerichtete ein schwerer Verbrecher war. Ohne übrigens der Uebelthaten seiner letzten Jahre im Einzelnen zu gedenken, kann ich Dir einige Enthüllungen über sein früheres Leben und über die An klage seiner Schuld an jenem Morde geben, der Dich zur Flucht getrieben, die hoffentlich hinreichen iverden, Dein Gewissen zu erleichtern und Dich mit dem Willen dessen zu versöhnen, der auch Dein Vater ist, Dein liebender, gütiger Vater, der in seinem unerforschlichen Rath Dich zu dem ausübende» Werkzeug seiner strafenden Vergeltung erkoren. So wisse denn, »lei» Sohn, daß Dein unwürdiger Jugendfreund ein Gefangener des Collegiums war, al« Du und alle übrigen Mitschüler ihn aus dcu Mauern desselben entwichen wähntet. Das Präsidium war von der Verbindung des grundsatzlosen Jüng lings mit einer Mordbreunerbande überzeugt worden, die in dem benachbarten Distrikte hauste. (Fortsetzung folgt.) ' Ofener Anekdoten. Der Pester Schuhmachermeister Anton Szpesy hatSr. Majestät bei dessen jüngster Anwesenheit in den Schwesterstädten ein Paar reich mit Gold verzierte ungarische Galastiefel überreicht, welche, nach Versicherung der „De batte" ein Meisterwerk in ihrer Art, den Beifall Sr. Majestät in so hohem Maße errangen, dass sie ihrem Verfertiger die Ehre einer a. h. Anerkennung und Auszeich nung eintrugen. Auf den Wunsch Sr. Majestät wird die Meisterarbeit ziuc Ausstel lung nach Paris gesendet. Zu bemerken ist »och, daß die Arbeit verfertigt wurde, ohne daß dem Meister irgend ein anderes Maß als bas seiner Augen zu Gebote ge standen wäre. Nichtsdestoweniger wird sie auch in dieser Hinsicht als gelungen be zeichnet. — Bei Ler letzten Hostafel in der Ofener Burg, zu der außer der nächsten Umgebung des Kaisers auch die letzte Serie der Teputirteu geladen war, erhob sich ei» Dcputirter gleich bei Beginn der Tafel in dem Momente, als Se- Majestät Platz nahm, und rief die in der Hofchronik bis jetzt wol noch nicht vorgekommenen Worte: „Euer Majestät! Ich wünsche Ihnen den besten Appetit!" Der Kaiser lachte, ver neigte sich vor dem höflichen Deputaten und erwiderte in magyarischer Sprache: „Ich wünsche Ihnen desgleichen!" — Ein in Pest lebender kaiserlicher Rath bat den Kaiser um die Erlaubniß, in Zukunft den Titel „königlicher Nath" führen zu dürfen. Am nächsten Tage erhielt er, wie das N. Frdbl. erzählt, bereits de» Be scheid, der also lautete: „Ihr Wunsch, de» Titel eines kaiserliche» Raths zu verlie ren, wird hiemit erfüllt." ' I» Barcellona «Siciliens hat ein Hr. Monturiol jüngst Versuche mit einein neuen Kriegsschiffe curgestellt, welche« den Namen „Jetinco" führt. Die Geschütze befinden sich außerhalb des Schiffs, und können von innen aus so abgefeuert und geladen werden, Laß das Schiff hcrmenqch verschlossen bleibt. Auf diese Weise gelang es Hrn. Monturiol mit seinem Schiff fünf Stunde» unter Wasser zu bleiben, wobei er eine Tiefe von l8 Metern erreichte und mehrere Schüsse abfeuerte. Hr. Molttu riol hofft eine Tiefe von 50 Metern erreichen zu können, um sein Schiff nicht nur als Kriegsmaschine sondern auch zur Untersuchung der MeereStiefe angewendet zu sehen. ' In der europäischen Türkei wendet man gegen die Cholera Meerrcttig (Kren) an. Sobald sich die ersten Symptome eiustellen, soll der Patient von dieser scharfe» Wurzel so viel als möglich genießen, gleichzeitig wird dieselbe in geriebenem Zu stande auf den Unterleib gelegt. Viele Hunderte von Menschen sollen durch dieses höchst einfache Verfahren vom sichern Tod gerettet worden sei». ' Berlin. 2» dem Stettiner „General-Anzeiger" vom 2l. Dec. befindet sich fol gendes Inserat: „Da ich an Trichinen nicht glaube, sondern die ganze Trichinen- Geschichtc für eine müstge, oder vielmehr für eine eigennützige Erfindung halte, so ersuche ich hiermit die Herren Aerzte oder Chemiker, ein trichinenhaltiges Schwei» zu beschaffen, und werde ich alsdann zur Aufklärung und Beruhigung des geehrte» Publikums mehre Portionen trichinenhaltiges Schweinefleisch roh verzehren. Stet tin F. Busch, Obermeister der Fleischer-Innung." ' Angestellte Vergleichungen haben ergeben, daß seit 90 Jahren die Güterpreise im preußischen Staate und in den nördlichen fruchtbaren Gegenden Deutschlands überhaupt über MV Proz. gestiegen sind, während die Steigerung der Getreidepreise eine Erhöhung von 60 Proz. noch nicht erreicht hat. Kirchennachnchteu aus Schneeberg. Ani Sonntag pred. früh 9 Uhr Hr. Arch. Schmidt, Abend» S Uhr Sylvestergot- tesdienst Hr. Arch. Schmidt. — Am Neujahrsfeste pred. früh 7 Uhr Hr. Diac. Flade um 9 Uhr Hr. Arch. Schmidt — Vom 30 Dec. — 6 Jan. hat die Woche Hr. Arch. Schmidt. — Veborne: 23 Dec. d. aus. B. u. Oekonom CH. F. Möckel ein S. — 24. Dec. d. Schneiderges. F. E. Schott eine T. — 25 Dec. d. B. ». Kaufmann 8.' A. von Großmann ein S. — Gestorbene: 22. Dec. CH. H. Döhler, B. u. Basthofs- besttzcr ein Ehemann im 56 I. — 24. Dec. Joh. Friederike, E. A. Naglers, Buch druckers ehel. T. im l I. Kirchennachrichten aus Lößnitz. Am S. n. Weihnacht prediget Hr. Diak. Förster Vorm. (Jac. 4, 13—15.) Die Beichtrede hält Hr. Sup. vr Meier. Abend- 5 Uhr Sylvestergottes dienst. Stiftung-Predigt gehalten vom Herrn Superintendenten vr Meier. — Am Neujahr-feste werden predigen Vorm. Hr. Sup. vr. Meier. (Römer 8, 24—28.) Nachm. Hr. Diak. Förster (Luc. 12, 5—9). Die — Beichtrede hält Hr. Diak. Förster. Den 2. Jan. früh 8 Uhr Anfang de- Schulunterricht-.