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tcn. Wie nämlich au» verschiedenen-AnreichenOzn schließen ist, sucht mau von Wien au» den Prinzen zu einer freiwilligen Entfernung au» den Her- zogthümern zu bestimmen, eine Bemühung, die schwerlich mislingen dürfte. — 3n Bezug auf die Duellangelegenheit zwischen den Herrn v. Bismarck und Virchow (vergl. unsere letztere NrI schreibt die Volks Zeitung unterm 9. Juni: „Es ist richtig daß schon am Sonnabend durch einen Offizier, Hrn. v. Puttkammer, vom Professor Virchow namens deS Ministerpräsidenten eine Ehrenerklärung oder eine Genugthuung im Wege de» Duells gefordert wurde. Virchow hat die erstere nicht abgelehnt, sondern nm zur Gegenbedingung der selben gemacht, daß der Herr Ministerpräsident seinerseits die Erklärung ab gebe, daß er durch seine Bezugnahme auf Hannibal Fischer weder den Refe renten noch die Mitglieder der Commissioü persönlich habe beleidigen wollen. Das Duell dagegen hat der Abg. Virchow mit Rücksicht auf seine parlamen tarische Stellung ganz entschieden — abgelehnt. Wir siyd überzeugt, daß dieser Cntschlnß den ungetheilten Beifall der großen Mehrzahl der Bevölke rung unserer Stadt wie deS ganzen Landes finden wird, und daß die Frei heit der Tribüne um so siegreicher auS dieser Anfechtung hervorgehen wird!" Frankreich Der Kaiser Napoleon ist von seiner Reise nach Afrika am 10. Juni glücklich wieder in Paris eingetroffen. Am 9. Juni hat er in Toulon wie der gelandet. Seinen vielgeliebten Herrn Vetter, den Prinzen Napoleon, wird der Kaiser freilich nicht sonderlich freundlich und vetterlich empfangen. Daß der Kaiser die Entlassung deS Prinzen von seinen hohen Aemtern ange nommen hat, haben wir bereits gemeldet. Der Prinz wird sich nun jeden falls in einen Schmollwinkel zurückziehen. Sein schönes Palais in Paris, genannt das „römische HauS", hat der Prinz bereits für 800,000 Fr. ver kauft. — Mexico will und wird der Kaiser Napoleon durchaus nicht im Stiche kaffen, denn am 15. Juni gehen 3000 und anfangs Juli 5000 Mann frischer Truppen von Frankreich nach Mexico ab. — Der wiener „Presse" wird auS Paris vom 7. Juni berichtet: „Klapka, der vorgestern hier ange kommen ist, hat ein Manifest an seine politischen Freunde veröffentlicht, in welchem er erklärt, daß er, angesichts der gegenwärtigen Bewegung der Gei ster in Ungarn, an der Sache der Revolution verzweifle und aufrichtig rathe, von allen unnützen Versuchen und Schlichen abzustehen." (Wir meinen, einen besseren Rath konnte Klapka seinen Landsleuten, den Ungarn, gar nicht geben.) Italien. Die Köln. Ztg. meldet als neuste Nachricht: „In Sicilien ist ein Auf stand ausgebrochen. Zwei ehemalige Generale Garibaldi's, Badia und Mo bile, stehen an der Spitze der Bewegung. Die Insurgenten haben sich in die Gebirge zurückgezogen. Die piemontesischen Truppen verfolgen sie. ES soll aber noch zu keinem Zusammenstöße gekommen sein. (Die Bestätigung die ser Nachricht ist abzuwarten.) In Neapel befindet sich die zahlreiche Studen tenschaft in Aufregung wegen einer Prügelei, welche gelegentlich einer Proces- sion stattfand und wobei einige Studenten ton den Lazzaroni derb tractirt wurden. Die Prügelei würde sehr gefährliche Dimensionen angenommen ha ben, wenn die Nationalgarde nicht energisch eingeschritten wäre — In Nea pel wurde eine zweite protestantische Kirche (besonders für Deutsche und Schwei zer) eingeweiht. Der schweizerische Generalconsul fördert dieses Unternehmen mit großem Eifer. Rußland. Der National-Zeitung schreibt man aus Petersburg vom 1. Juni: „Ein betrübender Fall, welcher dermal die kaiserliche Familie betrifft, ist die gestern im „Invaliden" veröffentlichte Streichung des Prinzen Eugen von Leuchten berg, achtzehnjährige» Sohnes der Großfürstin Marie, auS den Reihen der Armee. Da die Sache nun amtlich zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird, so läßt sich wol auch ohne JndiScretion von derselben sprechen. Der junge Mann unterhielt seit Beginn deS Winters hier eine Liebschaft mit einer fran zösischen Schauspielerin, Namens Letisier, die eigentlich schon zwei Jahre die Bühne verlassen hat und nur vom „Product ihrer Schönheit" hier lebte. Kurz bevor die Großfürstin Marie, etwa im April, von hier nach Florenz reiste, hatte der junge Mann, nachdem seine Mutttr alte seine Schulden be zahlt, versprochen, von der Letissier zu lassen, hielt jedoch dies Versprechen nicht, und befand sich nun, unter irgendeinem militärischen Vorwande, in Haus arrest. Die Mutter mochte ihn, als sie abreiste, wol nur hier gelaffen haben in der Meinung, seine Ueberwachung hier sei sicherer als im Auslande. Jn- deß zwei Tage nach dem Tode deS Thronfolgers, als alle Welt hier nur mit diesem Ereignisse beschäftigt war, wußte der Prinz die hiesigen Eisenbahnbe- amten zu täuschen und entkam über die Grenze in Begleitung gedachter Schauspielerin. In einer preußischen Station (Magdeburg, glaube ich) wurde er von einem Adjutanten des Königs gebeten, auf einen Augenblick aus dein Waggon zu steigen, worauf der Zug sich schnell in Bewegung setzte und Mlle. Letissier allein, jedoch mit der ihr anvertrauten Reisekasse, nach Paris weiter reiste. Der Prinz wurde hierhergebracht; seine erzürnte Mutter wollte ihn der ganzen Strenge des Militärgesetzes verfallen sehen." Königreich Sachsen. Am 12. Juni haben 24. Familien aus Zwickau und nächster Umgebung die Reise nach Amerika angetreten um sich dort eine neue Heimath zu gründen. Feuilleton. Wie Eochler -es dauquiers. (Fortsetzung.) „Nein, .Antwortete er daher kurz und entschlossen, „auch de» Kinde» ge dachte er in seh, warmen Worten." »Ah, ich wußte wohl, daß ein Mann wie Arthur Gervais meine arme Leontine nicht vergessen würde." „Dann sprach er auch von Ihrem Bruder, dem guten Pierre. Wo ist er denn?" Babette seufzte. „Er sollte schon längst hier sein," sagte sie traurig, „aber er hat einen Fehler: er liebt dem Branntwein." „Nun, das ist eine Schwäche, welche Sie nicht so genau nehmen müssen. Wenn sein Herz sonst nur gut ist —" „Er würde für mich durch'» Feuer gehen, aber diese Neigung zum Trünke hat mir doch schon viele Sorgen gemacht." „Wo pflegt er denn gewöhnlich sein Gläschen zu trinken?" „Im weißen Kaninchen." „So will ich gehen und mich ihm vorstellen, Für Sie Mutter Le Loup, aber habe ich noch einen besonderen Auftrag." „Welchen denn, mein Herr?" „Herr Arthur hat eS mir zur besonderen Pflicht gemacht' Ihnen und Ihrem Bruder einen frohen Tag zu bereiten. Er händigte mir zu diesem Zwecke Geld ein, und wenn eS Ihnen daher recht ist, so machen wir über morgen Nachmittags eine kleine Landpartie." Die Wittwe verbeugte sich. „Wenn es Herr Arthur so haben will," sagte sie verbindlich, „so nehme ich Ihr Anerbieten gern an." „Und Ihr Bruder wird es hoffentlich auch nicht ausschlagen? Sehen Sie, deswegen möchte ich ihn gern persönlich sprechen. Sie crlaubcr daher, daß ich mich beurlaube." Der Mattose hatte sich erhoben und reichte Babette die ganz treuherzig die Hand. Diese schüttelte dieselbe und sagte: „Suchen Sie Pierre zu bewegen, daß er nach Hause kommt, und übri gens bleibt eS bei der Verabredung: Ucbermorgen Nachmittags drei Uhr er warten wir Sie." „Ich werde pünktlich sein," entgegnete der Seemann und entfernte sich. Als er auf- die Straße trat, blickte er nochmals zu dem kleinem Hause empor. „Die Frau könnte man iu einen Sack stecken, ohne daß Sie eS bemerkte," murmelte er, „und wenn der Bruder ebenso einfältig ist, so hat mir mein Herr, der Dokter Morrion, eine leichte Aufgabe gestellt. Will mir ihn doch etwas genauer bettachten. Also morgen Nachmittag! ... Ja, ja, wir werden auf'S Land gehen und Pilze essen — wie häufig kommt es vor, daß Leute durch Pilze vergiftet werden, und wenn die gute Frau Le Loup dann in Krämpfen liegt, werde ich mich unter dem Vorwand einen Arzt zu suchen, entfernen, nnd Dank sei es dieser Kleidung und meinen falschen Bart, man wird dann vergebens bemüht sein, meine Spur aufzufinden." Mit diesen Worten betrat La Force, der Diener des Arztes, das „weiße Kaninchen" und bald darauf war er mit Pierre, dem er dieselbe Geschichte vorlog, in ein lebhafhaftes Gespräch verwickelt. Babette hatte unterdessen träumend dagcsessen. Durch die Botschaft von Arthur waren der guten redlichen Frau nochmals die Pflichten recht lebhaft vor Augen getreten, welche sie in Bezug auf die kleine Leontine übernommen und im Stillen hatte sie sich wiederholt das Gelöbniß abgelegt, dem Kinde eine treue, liebevolle Mutter zu schein. Sie erhob sich jetzt um die Lampe an zustecken, da es fast ganz finster geworden war, als zu ihrem Befremden von neuem, jetz aber leiser, an die Thüre geklopft wurde. Diesmal beeilte sie sich selbst,' zu sehen, wer da sei. Als sie öffnete, stand eine Frau in einfacher, bürgerlicher Kleidung vor ihr, welche fast ihr ganzes Gesicht in die weite Ka- putze ihres Mantels gehüllt hatte. Babette blieb anfangs zweifelnd stehen und betrachtete die Fremde mißtrauisch, als diese sich aber mit ruhiger, begütigen der Stimme erkundigte, ob sie die Wittwe Le Loup sei, schwand ihr Argwohn, und sie nöthigte sie vollends einzutreten. „Seit Ihr allein?" fragte die Geheimnißvolle, indem sie vorsichtig im Zimmer umherblickte. „Wie Sie sehen, Madame, doch wenn Sie erlauben, will ich Licht machen." „Nein," rief die Dame, „kein Licht, wenn Ihr nicht wollt, daß ich Euch augenblicklich ver/assen soll; ich habe meine Gründe, im Finstern zu bleiben." Babette zögerte, ihr Mißtrauen erwachte von neuen,. „Ihr könnt unbesorgt sein," nahm die Fremde wieder das Wort, „was mich hierher führt, ist reine Theilnahme für Euch." „Für mich, Madame? Droht mir denn irgend eiue Gefahr?" „Ja. Es handelt sich um nichts weniger als um Euer Leben." Frau Le Loup stieß einen Schrei des Schreckens aus und prallte zwei Schritte zurück. „Ich muß Euch bitten, daß Ihr Euch ruhig verhaltet," sagte die Verhüllte, „wenn Ihr nicht wollt, daß ich gleich wieder gehe." „Oh, mein Gott," seufzte die arme Babette, „ich wüßte doch nicht, daß ich irgend einen Feind hätte." „Aber Ihr seid die Mitwisserin eines Geheimnisses," entgegnete die Dame. „Nun, Ihr sehet wohl, daß ich gut unterrichtet bin." „Mein Gott, mein Gott, wer sind Sie?" „Der Name thut nichts zur Sache. Um Euch aber jeden Zweifel zu benehmen, will ich Euch noch mehr sagen. Jenes Kind, welches dort in der Wiege liegt, gehört Arthur Gervais, und seine Mutter ist Eugenie Maillard." „Das arme kleine Wesen," murmelte die Le Loup, möge es der Him mel beschützen!" „Das liegt in Eurer Hand. Ihr müßt fliehen." „Fliehen?" „Ja, bi» spätesten» morgen Nacht." „Und wenn ich eS nicht thue?" „So seid Ihr dem Tode verfallen und Ihr nehmt das Geheimniß der Geburt des Kindes mit in da» Grab." Die Mtwe stöhnte. „Hört weiter," sagte die Fremde. „Noch eben war ei» Seemann bei Euch."