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»MW Drucke« auf da- Gehirn aber nehmen ab und die Bewegung der Glieder ward frei. Es ist jedoch immer noch Grund zu Befürchtungen vorhanden. Amerika. New-Jork, 5. April. Ncäersoldaten, geführt von General Weitzel, waren die ersten der BnndeStruppcn, welche in die von den Führern des Auf standes schleunigst verlassene Hauptstadt und weiland feste Burg der Sklaven halter einrückten; von den zurückgebliebenen Einwohnern wurden die als freie Krieger der Union einzichendcn früheren Leibeigenen mit begeisterten Freuden bezeigungen empfangen. ES war am Montag den 3. April um 8^ Uhr als Weitzel an der Spitze seiner Schwarzen Richmond'S Stadtgebiet betrat; vicr- undzwanzig Stmüen vorher war Ely'S Brigade, unter Triumphnif in Peters burg einmarschirend, von den aus allen Straßen rind Hausern hcrvorströmen- den Negerscharen mit gleicher freudiger Aufregung begrüßt worden. Taschen tücher, Schürzen, Servietten, Tischdecken ließen die Ucbcrfrohcn als Zeichen des Willkommens in der Lnft wehen; sie verbeugten sich,' tanzten, schrieen, saugen Hymnen, schwenkten Hüte und Tnrbane, lachten und weinten vor Freude. Sie wußten, daß der Kampf, welcher von ihren Gebietern geführt worden, um sie in der Knechtschaft zu erhalten, nun anögespielt war. Und daß der Fall Petersburgs und Richmonds nnd noch mehr die gänzliche Niederlage der Haupt-Armec deS Süden- die Katastrophe des vierjährigen blutigen KricgS- schauspieleS herbeigeführt hat, bezweifeln auch in den südlichen Staaten wohl nur Wenige, im Norden fast Niemand. Ob cs dem General Lee gelingen wird, einen compacten Theil seiner in Verwirrung fliehenden Armee zusammen zu raffen und dem übermächtigen Gegner noch einmal in Verzweiflung Stand zu halten, oder sich mit Johnston zu vereinigen, werden spätere Nachrichten entscheiden. New Jork, 5. April. In einer jovialen Rede, welche in Washington der Staatssekretär Seward, von den Stufen des Staatsdepartements herab, an die versammelte Menge richtete, sagte derselbe: Er stehe eben im Begriff, seine Depeschen fürs Ausland zu schreiben, nnd bemerkte: indem er England erwähnte: „Lord Joh» Russell werde ich sagen, daß die britischen Kaufleute finden werden, daß die unter Vertrügen mit den Vereinigten Staaten ans unsern Häfen exportirte Baumwolle viel billiger sei, als durchs Blokadebrechen erlangte Baumwolle. WaS den Grafen Ruffell selbst betrifft, so brauche ich ihm nicht zu sagen, daß dies ein Krieg für Freiheit, nationale Unabhängigkeit nnd Menschenrechte, und nicht ein Eroberungskrieg ist, und daß, wenn Groß britannien nur gerecht gegen die Vereinigten Staaten sein will, Canada von uns unbehelligt gelassen werden soll, so lange dieses die Autorität der cdeln Königin freiwilliger Einverleibung in die Vereinigten Staaten vorzieht." (HurraHS und andere Beifallsbezengungen.) Nach einigen gutmüthigcn, große Heiterkeit erweckenden Scherzen ans seine eigenen Kosten, betreffend seine beim Ausbruch des Krieges gemachte Prophezeiung, daß derselbe in 90 Tagen zu Ende sein werde, schloß Seward: „Schließlich will ich, mit Genehmigung deS amerikanischen Volkes, sagen, das unser Motto im Frieden sein soll, was un ser Text im Kriege war. Jede Nation hat da- Recht ihre eigenen häuslichen Angelegenheiten nach ihrem Belieben zu regeln, und alle sind verpflichtet, sich so zu benehmen, daß der Frieden auf der ganzen Erde und die Freundschaft unter der ganzen Menschheit dadurch gefördert wird." 1« l.—1 —NvLk link ks» Hvs- ßen Sieges über die Südstaaten vom 1.—3. April schreibt man a»S New- Iork der Köln. Zeit.: „Richmond ist unser!" so erscholl am 3. der Jubelruf durch« ganze Laud vom atlantischen bis zum stillen Meere. Die Gundes- flagge weht wieder stolz über dem Capitol der ehemaligen Hauptstadt der ehe maligen Rebellion; die Hand eines ehemaligen Sclavcn nnd jetzigen schwarzen Unionssoldaten, der unter dem deutschen General Waitzel in der Frühe des 3. in die Stadt eingedrungen war, hatte sie dort anfgcpflanzt. Die Gerichte nnd Schule» wurden bei der Ankunft der Siegesbotschaft geschlossen, die öf fentlichen Behörden, Versicherungscompagnien und Banken machten Feierabend, die Glocken läuteten und die Siegesschüsse dröhnten an alle» Enden der Stadt, kurz, New-Jork hatte sein Festkleid angezogen und überließ sich übermüthig und frohlockend der Freude. Groß war am 3. April, als die Sicgesknndc eintraf, der Jubel auch in Washington. Von den Stufen des Staatsdepar tement- hielt Seward eine Rede an die versammelte Menge. Eine noch grö ßere Menschenmenge hatte sich aber vor dem Kriegsministerialgcbäude einge funden. Secretär Stanton wünschte dem Volke Glück zn dem großen Siege und dem herannahenden Ende der Rebellion. Die fremden Gesandten erschie nen im Staatsdepartement und gratnlirten der Regierung zum Fall von Rich mond. Der erste der erschienenen Gesandten war der von Oesterreich. Ein furchtbares Unglück zur See ist am 29. v. M. an der Küste von Nordcarolina geschehen. Das bundesstaatliche Transportschiff General Lyon, welches mit 600 Menschen an Bord auf dem Wege von Wilmington nach Monroe war, gerieth in der Nähe von Cap Hattcras in Brand ; die Flamme zu dämpfen gelang nicht und das Schiff war in Zeit weniger Stunden ein Wrack. Nur 29 Soldaten gelang es, die Küste zu erreichen; die übrigen — darunter 204 Mann des 56. Illinois-Regiments — kamen in den Wogen »m; denn auch die Rettungsboote konnten der stürmisch aufgeregten See nicht standhalten. Hinaus! Der Frühling kehrt wieder. Der düstere Wolkenschleier zerreißt; die Sonne leuchtet warm und hell; die Luft weht mild und lau. In Wald und Flur sammeln sich jene Schaaren, die mit Leben, Lust und Lied Alles erfüllen. Da zieht eS uns hinaus, hinaus in den Hellen Sonnenschein, hinaus zu den sprießenden Saaten, hingu- zu den blühenden Bäumen, hinaus in den duften den Wald, hinau» zu den sonnigen Bergen. Es wird un» im Haus« und im Herzen zu enge; wir wollen nach dem langen Winter die n«M FrühlingS- wollen die Bügel singen HSren, die Blumen blühen sehen und Theil haben an dem Leben, da» ringdmn erwacht ist. Mit eigene» Augen 378 müssen wir c- sehen, mit eigenen Ohren hören, mit unserem Herzen e-fühlen nnd erkennen, wie der alte Bund neu wird: So lange die Erde steht, soll nicht aufhören Sachen und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. — Ach! der Krankc, der auf seinem Lager seufzt, jetzt wird ihm sein Leid doppelt schwer, jetzt wird cS ihn, doppelt weh um'« Herz. - Ucberall, spricht er zu sich selbst, ist neues Leben erwacht; nur für mich nicht. Ucberall ist Freude; nur für mich nicht. Wie gern legte ich mit Hand an bei der Frühlingsarbeit; müßig und thatcnlos muß ich hier ruhen. Wie gern sähe ich auch die Bäume blühen und hörte die Vöglein singen! Aber stillzufriedcn muß ich sein, wenn eine liebende Hand draußen eine Blüthc bricht und mir an mein Lager bringt, oder wenn ein Sonnenstrahl zu mir dringt und ich von ferne die milde FrühlingSlnft athme. Was ist eS denn, was ihn so klagen läßt? Was ist es denn, was uns hinaus zieht und hinaus ruft? Ist es bloS der Frühling oder der Sommer? Ist cs blos das Singen nnd das Klingen? das Keimen und das Wachsen? das Leben und da- Jauchzen? Nein, cs liegt hinter diesem Sichtbaren und Hörbaren noch etwas Tieferes verborgen. Es ist. der Odem des höchstcn'Lc- benS, cs ist der Geist der himmlischen Liebe, cs ist die Macht nnd Weisheit Gottes, des Vaters, des allmächtigen Schöpfers Himmels nnd der Erde. Weil die Himmel von Gottes Ehre erzählen, weil die Peste sein Werk verkün digt, die Ehre und das Werk dessen, von dein, zu dein nnd durch den alle Dinge sind. — Darum zieht es dich hinaus, du Menschcnherz. Die Arbeit allein ist cs nicht; Genuß und Freude sind es auch nicht; eS sind die lauten nnd die stummen Propheten, die dort reden: Mich, rnft der Baum in seiner Pracht. Mich, ruft die Saat hat Gott gemacht. Gebt unserm Schöpfer Ehre! Feuilleton. Mus -em (Fortsetzung.) Siebentes Kapitel. Aus dem Grabe. Am Abend des Tages, an welchen: Adrian zum letzten Male die Besuche Rudolfs und Horst'« empfangen hatte, fand er, im Begriff schlafen zu gehen, ans dem Tischchen einen Brief mit seiner Adresse. Uebcrrascht erbrach er ihn nnd las die wenigen Worte: „Wenn es Herrn Adrian van der Werft darum zu thun ist, sein Brod dnrch Thütigkcit zu erwerben, so braucht er sich nur zum Schiffsbaner Brands zu begeben, wo er lohnende Arbeit finden wird." Keine Unterschrift. Die Handschrift war Adrian völlig unbekannt. „Eine seltsame Nachricht," sagte er zn sich selbst. „Jedenfalls aber werde ich morgen den Schiffsbauer «ufsuchen. Ist es wahr, daß er mir Ar beit geben will, nm so besser. Eine Frenndeshand, wenn auch eine mir un- bekanntc, zurückstoßc», wäre bei meiner Lage eine große Thorheit. Suchen mir also Arbeit, und. mahl mlv, m?»» ich w«lch« findel" Ehe noch am nächsten Morgen der Tag graute, stand Adrian auf, legte den Anzug eines gewöhnlichen Tagelöhners an, färbte sich das Gesicht mit brauner Tünche bis zur Unkenntlichkeit, nnd verließ ganz heimlich durch eine Hinterthür, die in cinc sehr einsame Straße anSmündete, das Hanö. Die Bcrklcidnng, die er in seinen leichtsinnigen Tagen oft bcmcht hatte, nm in Gemeinschaft seiner Genossen dumme Streiche unerkannt auszuüben, kam ihm jetzt recht zn statten. , Während der Nacht hatte er einen Entschluß gefaßt. Arbeiten wollte er, aber er wollte nicht, daß man in dem Tagelöhner den Sohn des verstorbene» reichen Jakob van der Werft vermnthc. Daruin hüllte er sich in armselige Kleider und machte sein Gesicht unkennbar. Der Schiffsbaner Brands wohnte eine halbe Stunde unterhalb Altona. Adrian schlug den Weg dahin ein, und kam mit Sonnenaufgang daselbst an. Er fand hier bereits eine Menge Leute in reger Geschäftigkeit. Als er nach Herrn Brands fragte, wies man ihn in das nahe gelegene Comtoir. „Was wünschen Sie?" redete Herr Brands, ein Mann in den mittleren Jahren nnd von wohlwollendem Aussehen, ihn freundlich an. „Arbeit," antwortete Adrian. „Wer sind Sie?" fragte der Schiffsbaner weiter. Adrian reichte ihm schweigend den Brief hin, den er Abends zuvor in seinem Schlafzimmer gefunden hatte. „Ach Herr Adrian van der Werft!" rief der Schiffbauer überrascht aus. „Nur Adrian," versetzte dieser. „Ich bin nicht mehr wcrth, den Na men meines Vaters zu führen, und lege ihn ab, bis ich ihn mit Ehren wieder tragen kann." Herr Brands betrachtete den jungen Mann mit einem durchdringenden Blicke. „Sind Sie in der That entschlossen, als — als — nun, grahe hinaus, als Tagelöhner in meine Dienste zu treten, — denn zu einem anderen Dien ste kann ich Sie nicht verwenden." „Fest entschlossen, Herr! Ich habe große Fehler begangen, aber ich bin bereit, sie zu sühnen durch rechtschaffene Arbeit." „Hm! das gefällt mir! Nur fragt eS sich, wie lange Ihr Entschluß vor halten wird? Sie, ein venvöhnter, junger Mann, — Sie werden, ich zweifle nicht daran, sehr bald müde werden, Sixt nnd Säge zn handhaben." „Stellen Sie mich auf die Probe, ich werde leisten, was in meinen Kräften steht." Herr Brands sann einige Augenblicke nach. „Folgen Sie mir," sagte er dann. „Ich werde mit meinem Werkmei ster sprechen."