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Mozart hat rund fünfzig Sinfonien geschrieben. Die Zeit hat eine Auslese getroffen, die man nicht als willkürlich verwerfen soll, so viel Wertvolles an Musik dabei auch zurück gedrängt worden ist. Mozart-Sinfonien — das sind die Sinfonien in Es-Dur, g-Moll und C-Dur, die Meistersinfonien des Jahres 1788, in anderthalb Monaten geschaffen, also irgend wie zusammengehörig, ein Triptychon der Mozartsclien Sinfonik, das auch das Rückgrat des Mozart-Beethoven-Zyklus im Musiksommer Dresden 1942 bildet. Den ,,Schwanengesang“ Mozarts haben die Romantiker die Es-Dur-Sinfonie ge nannt. Nein, der Schwanengesang des großen Meisters, das waren andere Töne, vom Hauch des Todes umwittert, das ,,Requiem“ für einen anderen, das eigene Begräbnislied. Hierin der Sinfonie ist nichts von derlei Abendstimmung zu merken. Sie ist höchst diesseitig, sie hat nichts von herbstlicher Schwere, auch rein kompositionstechnisch gesehen. Denn es ist viel Haydnsche Stimmung in dem Werk, das in vielen Bearbeitungen weit hinein in die musikalischen Kreise des deutschen Volkes gedrungen ist. Der erste Satz beginnt mit einer feierlichen Einleitung, pompösen Akkorden des ganzen Orchesters, die mit gleitenden Zweiunddreißigstel-Passagen der Streicher aneinander ge bunden sind. Ein viertaktiger verhaltener Nachklang (mit einer kanonischen Bildung zwischen den Melodie- und Baßinstrumenten) — dann geht es hinein in das Allegro, das mit seinem ersten Thema zunächst einen recht behaglichen Ton anschlägt. Im weiteren Verlauf werden die Konturen kräftiger, ja fast heldisch, doch lenkt das Seitenthema wieder in die Stimmung des Anfangs zurück. Dem entspricht auch die Kürze der Durchführung: sehr schnell sind wir wieder bei den uns nun schon vertrauten Klängen der Reprise angelangt. Das Andante könnte Teil einer Tanz-Suite sein: gemächlich schreitend hebt es an, man könnte sich in den Festsaal eines Rokoko-Schlosses versetzt denken, in dem geputzte Paare zum Tanz antreten. Verliert sich solche Vision wieder, so läßt uns der dritte Satz völlig auf gehen in einem glanzvollen Bild aus der Zeit der Puderperücken. Ein zierlich-kräftiges Menuett, das im Trio mit seinem ,,Gedudel“ der Holzbläser bukolische Züge annimmt. Fort setzung des Tanzes unter blühenden Bäumen. Der letzte Satz ein Allegro vom Haydnschen Typ, beginnend mit einem lustigen Kichern zwischen den ersten und zweiten Violinen, in das alsbald die Bläser mit unterstreichender Lustigkeit einfallen. Die geistvolle Variierung im zweiten Thema, die Verarbeitung in der Durchführung haben etwas von Eulenspiegelei an sich — man muß einmal erlebt haben, wie der Meister des ,,Till Eulenspiegels“ diesen Mozart interpretiert! Wenn am Schluß des Satzes im Unisono der Streicher noch einmal das Hauptthema des Satzes angehängt wird, sieht es so aus, als drehe uns der Schalk Eulen spiegel eine Nase. Diesen Schluß nannte der streitbare Nägeli, der Mann von ,,Freut euch des Lebens“: ,,So stillos umschließend,so abschnappend, daß der unbefangene Hörer nicht weiß, wie ihm geschieht.“ Und das ist für uns gerade das Schöne daran. Dr. Karl Laux. DRESDNER PHILHARMONIE Mozart - Beethoven - Zyklus Donnerstag, den 21. Mai 1942, 19 Uhr Gewerbehaus, Ostra-Allee 3. Konzert Hauptsaal RM 3.— 9. Reihe Nr. 11 Infolge der plötzlichen Programmänderung konnte eine Einführung zur 3. Sinfonie von Beethoven nicht mehr gebracht werden. M/0252