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384 DevtsAlayd. v Oesterreich. Wien, 4, April. Für die Unterzeichnung des Zollvertra- «es fehle» noch zustimmmde Antworten Württemberg» und der beiden Hessen. Mich Baien, soll nene, uuvermnthcte Ausstellungen erhoben haben. Preuße«. Ein merkwürdige» Gerücht theilt die „Wcser.-Ztg. niit, daß in Folge der bekannten Frankfurter Vorgänge binnen Kurzem 15000 Man» preußische VerstärkungStruppen über Hackburg nach SchleSwig-Holsteiu mar- schire» werden. Unmöglich wär'S eben nicht! Da Preußen die Sache als eine , Machtfrage" auffaßt nnd seine Stellnug in den Herzogthüniern ,nit allen Mitteln z» erhalten entschlossen sein soll. Ja BreSlau haben sich die Schncidergcsrllcn vereinigt, von Mitte veS Monats ab eine bestimmte Lohnerhöhung zn verlangen, öder, Falls diese nicht gewährt werden sollte, die Arbeit einzustellen. In Ruhrort hatten die Schiffs- zimmerlente die Arbeit ebenfalls eingestellt. Da aber die Arbeitgeber die ge forderte Lohnerhöhung bewilligt haben, so haben die Arbeiter ihre Beschäfti gung wieder ausgenommen nnd ist die Differenz anSgeglichcu. Berlin, 5. April. In der heutigen Sitzung de» Abgeordnetenhauses legte der KrWsmiuister einen Gesetzentwurf über die Marine vor; für die nächsten sechs Jahre verlangte er 19 Mist. Thaler (10 Millionen mittelst An leihe aufzubringen) zn Hafenbauten und Beschaffung von Kriegsschiffen; der Minister erklärte, Preuße» werde de« Besitz Kiels nicht aufgebe«. Die Be festigung Kiels und der Jahdemündnng und die prompte Beschaffung von Pauzerfregatten machten die geforderte Summe nöthig. Die Anleihe sei von 1872 ab mindestens I procentig zu tilgen. Der Entwurf wird einer besonder» Eommission überwiesen. ' Die Fraktion der deutschen Fortschrittspartei im Abgeordnetenhaus«: hat wirklich bezüglich der schlcSwig-holstcinischcn Angelegenheit beschlossen, dieselbe gegenwärtig nicht zur Sprache zu bringe»! Virchow, der gegc» die Annexion ist, hat sich alle Mühe gegeben, einen Ausspruch hcworznrnfe» — die Spal tung ist zu groß. — Einzelne Stcucrverwcigcrnngcn, aber anch nur sehr vereinzelt, werden an» verschiedenen Kreisen der Provinz Preußen gemeldet. ES sind aber anch schon einige Vcrurthcilnngcn gegen die Stencroeriveigercr von den Gerichte» ausgesprochen worden, die zu 20 bis 30 Thaler Geldstrafe lauten. Mecklenburgs Anstände stehen sicher einzig in ihrer Art in Deutschland da. So schreibt man der Volks-Zeit, an» Mecklenburg-Schwerin vom 2 April: In vorgestriger Sitznng des VolkSwirthschastlichc» Verein» zu Rostock, in wel cher die Bcrathnng über die Arbeiterfrage fortgesetzt wurde, bcthciligtc sich anch der Rittergutsbesitzer Rust auf Stassow bei der Debatte nnd thcilte mit, daß seine sümmtlichcn Hoftagelvhncr ihm gekündigt hatten, nm mit ihren Fa milien auszuwandcrn, nnd daß er auf der Reise begriffen wären, nm sich ncne Arbeiter zu suchen. Eine glänzende Illustration nnsercr Zustände! Mai» glaube übrigens wol in der Versammlung, daß die mecklenburgischen Gutsbe sitzer dumm seien. Da» wäre aber nicht der Fall, Pc wüßten sehr wohl, daß sie ihren Leuten den Brei dünner machen müßten, nm ihnen die Mittel zur Auswanderung zu entziehen. Hr. Moritz Wiggers entgegnete ihm darauf, daß man unsere Gutsbesitzer keineswegs für dumm halte und daß inan wohl wüßte, daß sie ihren Borthcil verstünden. Auch bezweifelt man nicht, daß manche von ihnen den guten Willen hätten, ihren Arbeitern „den Brei dünner zu ma chen". Man bezweifelte aber, daß sic bei dem herrschenden Mangel an Arbei tern die Macht Hütten, den Tagclohn nach ihrem Belieben hcrabznschran den. Die Auswanderung beginnt in diesem Jahre sehr früh. Zn Hnndcrten sind mecklenburgische Tagelöhner mit der Eisenbahn nach Hamburg gefahren, um sich mit den am 1. April abgehenden Schiffen nach Amerika einznschiffcn." Frankreich. In Bordeaux finden eben jetzt Unruhen statt infolge einer Arbcitösteltung seitens der Fabrikarbeiterinnen der TabackSmannfactur; 700 derselben haben zwar ihre Arbeit wieder ausgenommen, aber 7—800 weigern sich noch, wie der in» Geschäft zn gehen, und durchziehen die Stadt. Großartige polizeiliche Maßregeln sind getroffen morden. Anch die Hntmachcrgesellen von Bordeaux haben ihre Arbeiten eingestellt. Sic verlangen höher» Loh». England. In London circnlircn Gerüchte' von Differenzen zwischen der Königin Victoria und dem Thronfolger, dem Prinzen von Wale», welche durch den Wunsch deS Letzteren, nicht länger Unterthan zu bleiben, veranlaßt sind. Italien. ' Neapel, 28. Mürz. Von der öffentlichen Sicherheit in Palermo ent wirft ein dortiger Corrcspondeut des hier erscheinenden Indipendente vom heutigen Datum folgendes Gemälde: „Jeden Tag haben wir hier Diebstähle, Ermordungen und Erpressungen der gehässigsten Art. Bald ist cS ein Bür ger, der von den Briganten mittet» in der Stadt gefangen und als Geißel iveggeführt wird, bald ein reicher Bauer, den die Räuber mit Gewalt auf heben. Kein Landhaus ist sicher, keine Straße, welche nicht ihre blutigen Er innerungen von kürzlich verübten Ermordungen Hütte. Vor einigen Tagen wurde im englische» Garten von Palermo, dein besnchtesten Spaziergänge, der Cavaliere Gaccia überfallen und entführt. Tags darauf wurde ein anderer Bürger von Palermo am Triumphbogen von Cato, dicht vor dem Thore Vi cari, durch einen Pistolenschuß getödtrt. Am Abend des 26. d. eine neue, schaudererregende Mordthat: Als der Marchese Pilo Forcsta nach Hause zu rückkehrte, fand er seine Wohnnng anSgcplündcrt und seine sümmtliche Diener schaft, bis auf die Küchenmagd, ermordet. Einem kleinen Bedienten von zwölf Jahren hatten die Briganten beide Hände abgeschnittcn, um ungehindert ihre Bestialität an ihm auszulassen, und ihn dann erstochen. Die Magd hatte nicht wenige, al» fünf tödtliche Wunden erhalten. Heute Morgen wurden im KlosE Ma» Antonino die Leiche» von fünf in der Nacht Ermordeten, die man ist den Straßen gefunden hatte, ausgesetzt. Biele der ersten Familien, besonders hochgestellte Beamte, hab« in den letzten Tagen Drohbriefe erhal ten, worin ihnen, im Falle sie nicht die erheischten Summen zahlen, mit Er mordung gedroht wird." Die Briganten, welche das Gefcch» bei Lrttere mit den GcnSd'armen bestanden hatte«, sollen nun in die Provinz Salerno einge fallen sein, sind also in nächster Nähe von Neapel. Was die Briganten, die sich auf päpstlichem Gebiete befinden, betrifft, so hat die päpstliche Regierung kürzlich 40 der berüchtigtsten, die bisher cingcsperrt waren, befreit nnd völlig frei an die neapolitanische Gränzc führen lassen. Unter diesen befindet sich auch der Briganten-Hünptling Pilone, der von Fran; II. zum General ernannt worden ist, wie die von Mira entwandten Dokumente an» den, geheime» Archiv deS Exkönigs bewiesen haben, klebrigen» ist in »cncstcr Zeit zwischen dem französischen Commando in Ron, nnd den italienischen Truppcnführer» ein Ucbcreinkommen getroffen worden, demgemäß bei Verfolgung von Briganten die beiderseitigen Truppe» die respectiven Gränzc» überschreiten könne», so daß nicht mehr wie bisher ein Ränder gleich sicher ist, wenn er nnr das päpstliche Gebiet erreicht hat. Königreich Sachsen. Dresden, 5. April. Das „Dresdner Journal" publicirt eine allerhöch ste Verordnung, welche die Bundcsbcschlüssc von 1854, die Presse und das VereinSwesen betreffend, für Sachsen wieder außer Kraft setzt. Wie das Gerücht geht, beabsichtigt man sämmtlichcn Aktuaren in, Staats dienste das DicnshÄidicat „Assessor" beiznlegen. Weiter vernimmt man, daß den Registratoren und Expedienten da» Dicnstprädicat „Actnar", wie in an- derti Landern, beigelegt werden soll. Feuilleton. Mns -evl ZDrabe. (Fortsetzung.) HuhgenS sowohl, wie Adrian selber, waren im innersten Herze» von deS Letzteren ganz gründlicher Besserung überzeugt, Adrian besonder» in einem Grade, der auch nicht den mindesten Zweifel dagegen in ihm anfkommen ließ. Und doch, gerade wenn ein schwacher Mensch am festesten zn stehe» glaubt, erliegt er am leichtesten einer an ihn herantretendcn Versuchnng. Anch Adrian sollte diese schon so oft bestütigte Wahrheit dnrch seine eigene Erfahrung ken nen lernen. Als er sich innerlich ganz sicher, mwcnvundbar und gefestet glaubte, nahte ihm der Versucher in Gestalt eine» seiner früheren Freunde, welche er seit Jahr und Tag nicht ausgesucht, sondern eher gemieden hatte. Eines Sonntag» Nachmittag» wurde die Thüre seines Zimmers geöffnet nnd ein junger, äußerst elegant gekleideter Man» mit bleichem Gesicht uud, trotz seiner zwanzig Jahre, schon etwas schlaffen und verlebten Zügen, trat mit der Ungezwungenheit eines alten, guten Bekannten zn ihm ein. „He, Adrian, Dn lebst also noch!" rief er ihm entgegen. „Wahrhaftig, in unserem lustigen Krähen Clnbb wurde gestern Abend die Behanptnng anf- gestellt, daß Du, wenn nicht physisch, so doch jedenfalls moralisch todt und gestorben sein müßtest. Ich natürlich übernahm Deine Verthcidiguug nnd brachte jcde Lästerzunge zum Schweigen, indem ich mich vermaß, Dich heute zu besuchen nud Dich zu bestimmen, einer Sitznng des so lange von Dir ver nachlässigten ClubbS heute Abend bciznwohncn. Hoffentlich wirst Du meine Freundschaft anerkennen und nicht dmch Dein Wcgbleibc» Schande und Schmach auf mein Haupt häufen." Adrian blickte unsicher und fast bestürzt den jungen Man» an, der mitt lerweile nngenirt auf dem Svpha Platz genommen hatte und mit sichtlichem. Wohlbehagen eine Havana-Cigarre rauchte. „Por Allem heiße ich dich willkommen, Edwin," sagte er dann »ach einer kleinen Panse, wührend welcher er seine gewohnte Ruhe und Fassung wieder gewann. ,.Was aber den Krähcn-Elubb nnbctrifft, so entschuldige mich, wenn ich deine Einladnng auf heute Abend ablehne!" „Unsinn, ablehne»!" rief Edwin Barnewitz, der Sohn eines reiche» Ban- qnier», lachend au». „Ich habe »nein Wort gegeben, daß du kommen wirst, nnd es versteht sich von selbst, daß dieses Wort nicht gebrochen werden darf. Sei doch nicht närrisch Adrian! Alle deine Bekannten sehnen sich nach dir." „Und doch hat sich ein ganzes Jahr lang Keiner von Ihnen »in» mich bekümmert," versetzte Adrian mit eine»» Anfluge von Bitterkeit. „Warum soll ten sic jetzt auf einmal meine Gesellschaft wünschen?" „Du bist nngcrccht, mein Freund," sagte Edwin in ernsthafteren» Torte als bisher. „Nicht deine guten, alten Genossen haben dich gemieden, sondern du hast sie auf eine fast unverantwortliche Weise vernachlässigt. Aber wir kannten deine Beweggründe nnd dcßhalb verziehen wir dir gern nnd willig. Dein Vater nmrde vom Unglück verfolgt, c» war daher nnr ganz natürlich, daß dl» dich znrückzogest nnd deine Kräfte »md Talente allein deinem Vater widmetest. Jetzt aber stehe» die Sache» durchaus anders. Das Han» van der Werft ist reich und «»gesehen, wie mir je, nnd der einzige Soh» dieses Hauses müßte ein Narr sein, wenn er sich, anstatt de» Umgang guter Freunde z« genießen, wie eine Eule in einem alten Thurmc verkriechen wollte. DaS kann nicht so fortgchen, Adrian. Du weißt, »vir Alle halten große Stücke ans dich, lieben und schützen dichl Du bist cs uns nnd dir selbst schuldig, wenigsten» zuwei len deine einsiedlerische»» Gewohnheiten zu unterbrechen nnd in unsern Kreis znrückznkehren. Versprich mir daö, Adrian!" Der junge Mann kämpfte mit sich selbst; er fühlte wohl, daß Etwas i» den Worten Edwins lag, was er sich selber schon manches Mal heimlich zn- gestanden hatte. In der That, warum solle er immer und immer entweder iin Comtoir, oder zwischen den vier Wände» seines Zimmers stecken? Waran» allen und jede»» Umgang mit seinen Altersgenossen vermeiden? Die Noth- wcndigkeit zwang ihn zwar nicht mehr zn vollkommener Abgeschlossenheit von dem frisch pnlsircndcn Leben dranßcn in der Welt. E» fehlte ihn» nicht an Gelde zu erlaubten Vergnügungen, und dieses Geld hatte er zum großen Theile rechtschaffen durch seine Arbeit verdient. Eine kleine Zerstreuung durfte er sich wahrhaftig wohl vergönnen! „Nun, Adrian?" fragte Edwin. „Hast dn dir meinen Vorschlag nbcrlcgt