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Liebesreizwirkung der Augen. Jin menschlichen Gesicht ist es vor allein das Anne, des sen Blick uns anzicyt oder abstM. Die Dichter Haden den Annen auch alle möglichen Poetischen Namen gegeben, und diese „Seen des Wahnsinns und der Verführung" und „Talismane der Vergangenheit" sind cS denn auch, die dem Antlitz des Weibes den eigentlichen Liebesreiz verlei hen. Auch bei der von dem südnmerikaui'chen Arzt Delgado kürzlich erlassenen Rundfrage: „Welcher Teil zicbt Sie am am Gesicht der Frau am meisten an?" gaben 68 Proz. der Beantwortungen den Augen den Vorzug; und bet den Na turvölkern ist die Bedeutung des Anges und seines Blickes noch viel wichtiger. Worauf beruht es aber nun, das; gerad« das Auge des Menschen den stärksten Zauber auf ander« auSzuiiben vermag? Der Ursprung des Augenzaubers geht wie Delgado dar- legt, jedenfalls ans das frühe kindliche Seelenleben zurück Wenn die Augen der Mutter in warmer Liebe auf dein Kind« ruhen, so empfindet schon das kleinste Kind volle Befriedi gung, ebenso wie cs im Blick des Mutterauges Trost findet, wenn e« Schmerz oder Augst fühlt. Und dadurch kommt es das; mit der Zeit tu dem Kind ganz unwillkürlich eine Vor- liebe für das Auge der Mutter Wurzeln fasst, das« nichi die Gesichtsmimik der Mutter, sondern, besonders je älter das Kind wird, der gütige oder strenge Blick ihrer Anger das Kiird beeinflusst. Auch eine rein äußerliche Wirkun; kann hierbei in Betracht kommen, nämlich der Kontrast zwo scheu dem Weiß des Augapfels und der Farbe der Iril und dann wahrscheinlich muh die Erscheinung, daß die gläm zenden Augen plötzlich von den Lidern verdeckt Werder können. Außer den Augen übt muh der Mund auf die Pshch, des Menschen einen gewissen Einfluß aus, schon wegen bei Beweglichkeit der Lippen, und wegen der Zähne: doch spra chen sich bei der eingangs erwähnten Rundfrage gleichwvH nur 24 Proz. zugunsten des Mundes aus. In jedem Fak kommt also der Wirkung der Augen, wohl vor allem die an der Lust, sich beschauen zu lassen und selbst wieder zu schauen beruht, im Seelenleben des Kindes wie auch des erwachsene: Menschen die nachhaltigste Bedeutung zu. Wenn wir dies Tatsache anerkennen, scheint auch die faszinierende Wirkung ws Blickes im Verlauf der Hypnose leichter verständlich; denn «ach Bjerre stellt die Hypnose in ihrem psychologischen We- «n „eine zeitweise Rückkehr zum primitivsten Ruhezustand >es fötalen Lebens" dar; es würde somit in diesem Fall »er Blick des Hypnotiseurs dieselbe Wirkung wie der Einfluß »er Mutter auf das Kind ausüben. In einem engen Zu sammenhang mit dieser Erscheinung steht wohl auch der be« iannte Volksglaube vom „bösen Blick", der ursprüngich ver- nutlich auch aus der Angst des KindeL vor dem strengen lluge der Mutter hervorging. Scherz und Ernst. tk. Das Flugzeug im Dienste des BlumenhandelS Die Schnelligkeit, mit der das Flugzeug selbst bedeu tende Strecken gefahrlos überbrückt, führt mehr uni mehr dazu, es auch geschäftlichen Zwecken dienstbm zu machen und zum Warentransport zu benutzen. Da, bei kommen naturgemäß Waren von leichtem Getvichi am meisten in Betracht. Wie jetzt aus Amsterdam go schrieben w-ird, hat sicht ein Syndikat holländische: Blumenzüchter gebildet, um den sehr aufnahmefähige. Londoner Markt regelmäßig mit frrschen Blumen alle: Arten zu versorgen. Tie Blumen werden zu frühei Morgenstunde nach dem Flugplatz von Schipkool ii der Nähe von Amsterdam gebracht und von dort ii Flugzeugen nach London geschafft, wo sie schon an Nachmittagsmarkt zum Verkauf ausgestellt sind. v. tk. Der erste telephonische Liebesroman. Der kürz lich verstorbene Tr. Alexander Graham Ball, der ii angelsäftschen Ländern als Erfinder des Telephon-! gilt, obwohl er nur die Erfindung des Deutsche» Reih weiter ausbaute, erzählte gelegentlich einen Freunde, dem Maler Ernest Moore, von dem erste, Liebesroman, bei dem das Telephon als Vermittle: diente und dessen Held er selbst war. Ein vollständig taubes und fast stummes Mädchen wurde mit Wexan der Graham Ball bekannt und von dem noch junger Erfinder in seine Pläne eingeweiht. Ter noch iw Werden begriffene Apparat, den er entworfen unk angefertigt hatte, ermöglichte es ihr, — sie hieß Mis Gubbard — zum ersten Male in ihrem Leben der Ton einer menschlichen Stimme zu vernehmen. Sü wpr darüber so entzückt, daß sie ihren Vater, einer reichen Kaufmann in Boston, veranlaßte, sich für di« Erfindung zu interessieren. Ter Vater war ein Manr von weitem Blick, erkannte sogleich die Bedeutunx der Erfindung und gab Ball die Mittel, sie zu voll enden. Und er gab ihn: auch seine Tochter zur Frau die an der Seite ihres Gatten eine lange, gliicklich« Ehe führte. v. tk. „Sonne über Deutschland" betitelt sich das erst« vaterländische Tongemälde, das dem deutschen Volk« durch den deutschen Komponisten C. Morena nach den gro^n Völkerringen geschenkt wurde. Tie vaterlän dische Musikliteratur, deren Aufgabe es sein sollte, uns von ausländischem Kitsch zu befreien, erfährt einer neuen Aufschwung in der jüngsten Zeit. Schon allen die Tatsache, daß das Deutsche Reich zum ersten Mal« eine offizielle Nationalhymne, das Deutschlandlied, er. halten hat, ist geeignet, uns die Perlen deutsche: Musik wertvoller erscheinen zu lassen, als wir sie bishe: gelten ließen. Die reichen Schätze, die in deutscher Volksliedern und vaterländischen Gesängen cnthalter sind, verdienen besonders in Vieser Zeit, in der sr viel übertünchte und wertlose Ware auch den Musik, markt überschwemmt, gehoben zu werden. In diesen Sinne wird auch die „Sonne über Deutschland", di« allen Kreisen gerecht zu kverden versucht, ihr Gutci wirken. Klänge aus alter Zeit, aus den Tagen de: Jugend, aus denen rüstiger Arbeit vereinigen sich zr einem großen vaterländischen Sang, der uns auch rr diesen trüben Tagen Herz und Öhr erfrischen kann tk. Wer an« meiste:« sticht. Auf eine originell« und zugleich sehr lehrreiche Idee verfiel in Vochun ein Geschäftsmann, der einmal feststeUen wollte, wei eigentlich am stärksten von „Langfingrigkeit" befalle» sei. Zu diesen: Zweck verfertigte der Wißbegierig« 100 Päckchen, die er mit wertlosen Abfällen stillte Unauffällig legte, er diese Pakctchen am Eingang, seines Geschäftes nieder, der Tinge wartend, die d« konnnen sollten. Nichtig, es dauerte kaum etwas übe: einen Tag, da hatten sich schon 100 Mitglieder dei - Bereinigung „Klemm, Klau u. Lange" gefunden uni-' Lie 100 Päckchen rvaren verschwunden. Ter Kauf mann zählte bei diesen „Atassendiebstählen" 48 stiw gere Damen, 37 Frauen, 6 Herren und 9 Kinder Es war köstlich, so berichtet der schlaue Kaufmann anzusehen, wie diese Spitzbuben zu Werke gingen, stä unauffällig an das Pakctchen heranschlichen, es ir ihren Taschen, Marktkörben usw. verschwinden liyßer und schleunigst das Weite suchten. Wie mögen si< enttäuscht, ja erschrocken gewesen sein, als sie zu Haus, das Pakctchen öffneten. tk. Das crwächcnvc Jerusalem. Wer jetzt nach Jerusalem kommt, ist nicht wenig über das lebhafte Treiben der alten Stadt verwundert. Wie sich diese Stadt in den letzten vier Jahren veränderte, das ist beinahe märchenhaft. Im Jahre 1918 wurden der Ver ein „Pro Jerusalem" gegründet, um die Stadt zu neuer Blüte zu bringen. Fieberhaft arbeiten nun Architekten, Archäologen, Bank- und Kaufleute, — Ara ber, Juden, griechisch-Orthodoxe, Katholiken, Protestan ten und Armenier am Wiederaufbau. Das Stadtbild soll allnmhlich wieder sein altgeschichtliches Gepräge - bekommen; schon ist man bannt beschäftigt, die alte > Mauer freizulegen. Auch aus dem ersten Kreis jen- seit der Stadtmauer in den Vierteln Siloa und Geth- semmle sollen sollen Miethäuser niedergelegt werden. Dagegen werden Bauplätze in den Bezirken Vetanien und am Oclberg frcigegeben. Auch Parkanlagen wer den von dem Verein geschaffen, desgleichen Kinder spielplätze; ein stadtgeschichtliches Museum ist im Roh- - bau fertig. Das Geschäftsleben der Stadt steht in einer Blüte wie seit König Salomos Zeiten nicht. Das Handwerk sieht goldenen Boden, und fortgesetzt tauchen neue Banken, neue Gesellschaften für Ein-, Aus- und Durchfuhr auf. Die-neuesten Errungen schaften sind eine Wasserleitung, einige Tageszeitun gen und — selbstverständlich! — zwei Lichtbildbühnen. Das Gastwirtsgewerbe kommt weniger voran, da in ganz Palästina kein Alkohol ausgeschänkt »verden darf. tk. Die Empfindlichkeit des Magens gegen batte Flüssigkeiten. Jeder weih aus Erfahrung, daß sehr Frage der Kälteempfindlichkeit der Magenwand bis her große Unstimmigkeit, da einesteils angenommen wurde, daß nicht die Magenwand, sondern nur die Bauchhaut das Kältegefühl vermitteln könne, somit eine physikalische Fortleitung der Wärmeentziehung stattfinde, während man andererseits glaubte, die Kälteempfindung müsse infolge einer nervösen Verbin- i düng zwischen Magenwand und Haut zustande kommen. Die jüngsten Untersuchungen Ganters haben nun er- ' geben, daß die Magenwand selbst temperaturempfind- s lich ist. Allerdings handelt es sich hierbei um eiue mehr - oder weniger beschränkte Enrpftndlichkeit. Ist die Tcm- - peratur der genossenen Flüssigkeit nämlich nicht sehr ab- - weichend von der Körpertemperatur, so wird sie über- j Haupt nicht enchfunden. Dazu kommt, daß die z. B. durch die Kälteeinwirkung erzeugte Empfindung erst verhältnismäßig spät nach der Aufnahme der kalten Flüssigkeit wahrgenommen wird, also keineswegs un mittelbar und daß der Temperaturreiz sich auch in der Rogel nicht sehr intensiv äußert. Die Tatsache, daß die Magenwand selbst die Temperaturen fühlt, erklärt sich damit, daß sie von Nervenfasern durchsetzt ist; doch scheint die Zahl der Nervenenden, durch deren Vermittlung die Empfindung erfolgt, nur klein zu sein, überhaupt bet den einzelnen Menschen zu wech seln. Wahrscheinlich fehlen bei manchen di« Endorgane dieser Nervenfasern ganz, oder sie liegen an weniger exponierten Stellen. Für die Temper aturempfindlrch- kett der MagenwanL sprechen vor allem auch jene Versuche, die zeigten, daß einige Minuten nach dem Einnehmen kalter Getränke die Temperatur der Ma genwand um 2 Grad Celsius sank. tk. Humor des Auslandes. Sie: „Toch schön, daß Du Deine Gicht und ich meinen Magenkatarrh habe. So geht uns an den langen Abenden der Unterhaltungsstoff nie aus!" — „Sie sehen so nach- oenrruy aus, neoe Freunmnt" — „Ja, ich Vin miß trauisch. Mein Mann hat mir einen neuen Hut ge schenkt. Was "muß er da wieder ausgefressen haben?" Der Schutzmann zur Kraftwagenlenkerin: „Sahen Sie nicht, daß ich winkte?" — „Gewiß, aber ich ge höre nicht zu dieser Art Damen, die gleich kommen, wenn ein Mann winkt!" Im Paßbüro. „Haben Sie besondere Kennzeichen?" — ,Ja, mir fehlt der j Blinddarm seit voriaem Jabre." tk. Liebe und — Statistik. In der Sommerfrische i hatten sie sich kennen gelernt. Er war Statistiker, j nnd sie hatte auch etwas Geld. So war es Liebe auf > den ersten Blick. Tie Eltern gaben ihren Segen. Der junge Mann kaufte Ringe. Dann befragte er die z Angebetete, ob sie Statistik liebe. Sie hauchte etwas Begeisterndes. So erzählte er ihr: „Tu bist also jetzt j 17; rechnen wir die beiden ersten Jahre ab, so hast du bis jetzt verspeist 3 Ochsen, 14 Kälber, Schafe, Lämmer, 327 Hühner und Küken, 304 Enten, 12 Gänse, 824 Stück Wildbret, 160 Fische, 3124 Eier, 700 Bund Gemüse, 607 Körbe Obst, 1 Zentner Käse, 60 Säcke Mehl in Form von Brot oder dergl., 18 000 Tassen Kaffee. Tee, Milch oder derlei, 300 Liter Wasser —" Sie unterbrach: „Kannst du denn nur von meinem Munde sprechen?" Unbeirrt fuhr er fort: „Tu reißt den Mund beim Sprechen ziemlich weit auf. Rechnen wir alle Laute, die dein Mund bisher geformt hat, zusammen, so beträgt der zusammengelegte Abstand zwischen Öber- und Unterlippe während deines bis herigen Lebens 1 332143 Kilometer . . ." Die junge Dame löste die Verlobung. - Tote, welche lebend A Wiener Originalroman von A. Hott«er»Sr«fe.;M G. Fortfttzun^) ,,»u rannst m:r ja letzt altes felvsr erzcrylen, was da drinnen steht", sagte er müde. ,Hch — ich bin so grenzenlos abgespannt heute. Und dann möchte ich vor allem eines wissen: Wie kommst du jetzt plötz lich hierher? Ich glaubte dich endlich geborgen bei dem Grafen Sassen? ' „Geborgen?" Sie lachte bitter. „Ach! Ich bin wieder entlassen!" : Jrwein sprang auf. ! i „Weshalb?" Das junge Mädchen sah ihn an mit Augen Voll von Tränen. - - „Weshalb! Ach, es ist immer dasselbe! Zuerst werde ich auf meine großartigen Zeugnisse hin aus genommen. Ich nehme an und tue meine Pflicht, so gut ich's nur kann. Und schließlich kommen sie doch darauf, die vornehmen Leute, daß der Vater ihrer Erzieherin, — daß der Vater — im Strafhaus'^ — Sie konnte nicht weiter. Bitterlich schluchzend sank sie auf die Eckbank. Jrwein nahm sanft ihre Hand. „Na, ja," sagte er ergeben, „das alte Lied! Und wie hat die Gräfin Sassen die Kündigung etngekleidet?" „Ach — sehr nett! Sehr verbindlich! Viel Worte und der Sinn ist der gleiche wie sonst. Uebrigens ist sie durch einen anonymen Brief über Vaters Schick sal aufgeklärt worden. Ich weiß gar nicht, wem denn daran liegen kann, mich wieder von meinem Posten zu vertreiben." Sie hielt jählings inne. „Onkel, bist du allein im Haus? Ich meine, iS höre leise Schritte draußen." Jrwein stand schwerfällig auf und horchte bei der geöffneten Tür hinaus. Alles war ruhig. Er kehrte zurück und setzte sich wieder neben das Mädchen. „Wir sind allein", sagte er, „diese allen Dielen und Möbel krachen so oft." Aber es war, als sei über Hedwig eine Unruhe gekommen, eine sonderbare Angst. Immer wieder hob sie den schönen Kopf und horchte. Auch der Hund unten begann neuerlich zu winseln. Dann und wann bellte er dumpf auf. Es klang schauerlich in der großen Stille dieses toteinsamen Hauses. „Wenn nur Rolf da wäre!" sagte das junge Mädchen plötzlich. „Rolf?" Jrwein hob mit einem gespannten Ausdruck in den Augen den Kopf. — „Fürchtest du dich allein bei mir, Hedwig?" i Sie sahn ihn traurig an. „Nein. Aber ich bin immer nur dann voll ständig ruhig, wenn Rolf da ist. Du weißt es ja, Onkel, noch aus den Kindertagen her: Ich war immer ein bißchen furchtsam und schüchtern. Und Rolf war stets mein Beschützer. Rolf ist doch überhaupt der beste Mensch auf der ganzen, weiten Erde." Sie hatte abgerissen gesprochen, mit einer Stimme, in der ein tiefes Weh nachklang. Und jetzt saß sie da aus der harten Bank, regungslos, mit starren Augen vor sich hinbltckend ins Leere. Dieses Bild schnitt dem Manne ins Herz. Am liebsten hätte er gesagt: „Komm zu uns, Kino, und sei mir wie eine zweite Tochter! Du sollst eine Heimat haben, ein warmes Nest! Wir howen genug Arbeit für fleißige Hände." Aber nein! Das durfte er nicht! Seit seinen Jugendtagen, seligen Ktnderzeiten, hatte er eine starke Regung aufkeimen gesehen zwischen seinem Sohne Rolf und Hedwig Mirbach. Und so lieb er auch das Mädchen hatte, das wollte er nicht! Um keinen Preiss Er hatte selbst übergenug gelitten durch die FamiA Mirbach. Er wußte es, was es heißt, mit unlauteres Elementen verkehren zu müssen, wenn man gewöhnt ist, in reiner Luft zu atmen. Hedwigs Vater saß tm Zuchthaus und büßte dort den unseligen Leichtsinn der Mirbachs. ; - Und überdies: Rolf hatte so glänzende Aussichten. Die Tochter des Gutsnachbars, die Erbin eines Riesen besitzes, Grete Hermen, schien ein lebhaftes Interesse für ihn zu fühlen. Wenn Rolf das sehr hübsche, intelligente junge Mädchen heiratete, wenn man di« beiden Güter vereinigte, dann war er einer der größten Besitzer in der ganzen Umgebung. „Onkel", sagte Hedwig Mirbach plötzlich, „bitte, lieber Onkel, lies erst meinen Brief. Du trägst ihn ja in der Tasche! Und dann wollen wir reden», lieber Onkel, beraten. Ich bin doch nicht ohne jeder Grund zu dieser ungewohnten Stunde hierher g» kommen. Es war nicht bloß der Gedanke an meir eigenes Schicksal, welches mich antrieb!" Der Mann zog, etwas befremdet, den Brief aui der Tasche und begann zu lesen. Aber schon nach wenigen Minuten überzog eine tiefe Blässe sein Antlitz Was er immer geahnt, hier fand er es bestätigt Der Brief Hedwig Mirbachs lautete: UM»- „Lieber Onkel! '' Ich bin neuerlich entlassen. Die Gründe sind db alten, die Du ja ebenso genau kennst wie ich. Daj ich der Verzweiflung nahe bin — Du wirst es be greifen! Ich bin es auch so müde, mir immer Wiede: die Schuld meines Vaters vorwersen zu lassen! Uni ich möchte unter allen Umständen endlich heraus au: diesen unsicheren, aufreibenden Verhältnissen. Jä bitte Dich um Gottes willen, lieber Onkel, leihe mii fünftausend Kronen. Du wirst sagen, daß diese Bitt an Frechheit grenzt. Aber in Wahrheit ist sie nich gar so unbescheiden. Ich könnte eben jetzt ein seh gutgehendes Stickereigeschäft kaufen. Anzahlung: 300 Kronen. Du weißt: Mama und ich sind sehr geschicl in Handarbeiten aller Art. Wir würden fleißig sein und alles tun, was in unserer Macht steht, das Geschäft zu heben. Und wir würden Dir das Geld so bald als nur möglich zurückzahlen. ^Aeber Onkel, verzeihe mir meine Bitte. Das Geschäft ist nicht hier. Es ist in Graz. Auch das wäre gut — d. h. für Dich und Deine Pläne und — für Rolfs Lebensausstchten." Bis hierher hatte Jrwein gelesen. Jetzt blickte er jah auf. „Kind" sagte er schwer, „es gibt Dinge, die soll man nicht besprechen." Hedwig Mirbach war aufgestanden. Hoch und schlank stand sie dem alternden Manne gegenüber. Ueber ihr schönes Gesicht flammte ein tiefes Rot. mußte sie besprechen", sagte sie. - „Wenn ich nicht falsch und lügnerisch sein wollte. Denn, Onkel, iich weiß es: Rolf — Rolf soll doch reich betraten! Rolf soll sein Glück machen! Und ich — A da *m Wege! Ich bin überall im Wege! Ich bitte dich, Onkel, gib mir die Mittel, daß ich fort kann. Gan» fort!" lFortsetzung folgt.)