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Weitzeritz-Zeilung Tageszeitung unö Anzeiger sür DWol-iswaVe, Schmieöeberg «.N Merkegährllck ^MK.obneZir« ÄvgUtzJptelS. — Einzelne Nummer« Pf. — Fernsprecher: Amt Dippoldiswalde Nr. 3. Gunelndeverbands-Girokonto Nr. 3. — PMcheck- Konto: Dresden 12548. Aelleste Zeitung -e» Bezirk» Kieses Blatt enlhSU -te amMchen DekanntmachmiOe» -er Amlshauplmannfchast, -es Amtsgericht» un- -es Stavtrats zu Dippoldiswat-e Verantwortlicher Redakteur: Paul Jebue. — Druck und Verlag ' Larl Jehn« in Divvoldiswatde. . - < Nr. 159 Dienstag den 11. Juli 1922 88. Jahrgang Oertliches und Sachfisches Dippoldiswalde. Was am Sonnabend der Kraftsport verein «Stmson"-Frelkal im Schützenhaus in seinem Werbe- Sportabend (nicht «Merbesport"-Abend, wie die Einlaß karte besagte) bot, verdient lobende Erwähnung, nicht nur der Darbietungen selbst wegen, sondern auch der Aufmachung (Garderobe usw.) wegen. Mar es hier die Kraft, so war es dort die Gewandtheit, dann wieder beides, was Staunen er regte. Gleich die erste Nummer .Olympische Spiele' bot eigenartig Schönes. Bewunderung erregte besonders die exakte Aebung an einer von zwei Männern mit einem Arm Hochgehalkenen Reckstange. Und große Heiterkeit erregte der Abgang. Ein Balance-Akk zeigte, wozu gediegenes Ueben führt. 3hm folgten Kraftübungen, z. B. Hochstrecken von 180 Pfund mit 2 Armen, 135 Pfund mit einem Arm usw. Ein Zahnakt ließ auf ein erstaunlich gutes Gebiß schließen und brachte auch recht komplizierte Sachen. Kraft- und Kunstjongleure machten Staunen. Den Bogel schossxn wohl die Handstand-Akrobaten ab. Die peinlich sauberen Bor führungen, die besondere Anforderungen an Kraft und Ge wandtheit stellken, wurden mit einer Ruhe und Sicherheit ge boten, die geradezu verblüffte. Man wähnte sich in einem Großstadt-Barietee. Mit Beifall wurde denn auch nicht ge kargt. Biel Interesse fanden schließlich die Ningkämpfe (fünf Paare, Dauer jedes Kampfes je 5 Minuten, mehrere endeten ohne Entscheidung). Zum Schluß wurde noch ein Boxkampf geboten, 3 Gänge zu je 2 Minuten. Mirsch—Freital wurde im 3. Gange Sieger über Döhnat—Dresden, der schon im zweiten Gange einen tüchtigen «Puff" weggekricgt hatte. Alles in allem, was der „Simson" zeigte, war einmal «etwas anderes", verdiente den großen Beifall und hätte auch einen viel stärkeren Besuch verdient. Biel Arbeit steckte in dem umfangreichen Programm, dessen Abwicklung, trotzdem eine Nummer ausfallen mußte, 3 Stunden beanspruchte. — Eins werden viele wieder empfunden haben: Das Boxen hak etwas Andeutsches — um nicht zu sagen Anedles — an sich. Ganz anders ists mit dem Ringen. kj — Ein prächtiges Sommer-Sonnenweiter brachteZsder Sonntag-Morgen und lockte viele hinaus ins Freie. Die Morgenzüge nach Kipsdorf waren voll besetzt. Aber auch in entgegengesetzter Richtung herrschte lebhafter Verkehr. Dort lockte die Dresdner Vogelwiese gar manche. Freilich der Nach- inittag hielt nicht, was der Morgen versprochen. Nach >/24 Uhr gingen starke Gewitterregen nieder und trieben die Ausflügler aus der näheren oder weiteren Umgebung wieder heimwärts. Infolgedessen war der Nachmittagszug nach Hainsberg trotz seiner Höchstachsenzahl besonders in der 4. Klasse „gestopft voll". Umgekehrt brachte der Nachtzug viele, viele wieder aus Dresden herauf ins Gebirge. — Interessant ist aber jetzt so ein Sonntag-Vormittag an der Landesgrenze. An allen Ueber- gangsstellen kommen ungezählte Scharen von Böhmen her über die Grenze, um in Sachsen „einen billigen Sonntag zu verleben". Der schlechte Valutastand der deutschen Mark gegen über der tschecho-stovakischen Krone bringt es mit sich, daß die,Grenzbewohner von jenseits sich bei uns für wenig Kronen alles leisten können. Ist in Zinnwald schon ein riesiger Verkehr, so entsteht in Moldau, wenn der 10-Uhr-Zug von Eichwald- Teplitz her eingetrossen ist, eine wahre Völkerwanderung über die Grenze, um abends in umgekehrter Richtung zurückzusluten. Alle Gaststätten-, Ladeninhaber usw. sollten hier aber stets bedenken, daß immer erst die eigenen Landsleute und dann erst jene von jenseits kommen, wenn sie auch momentan des größeren Geldbeutels wegen zahlungsfähiger anftreten können. — Man schreibt uns: Während die Elternrats wahlen in Dresden weniger günstig für die christlichen Schulen ausgefallen sind, haben sie weit und breit im Lande und im Reiche einen Sieg der letzteren gebracht. In Ziltau errangen die christlichen Elternvereine 33 Elternratssitze gegen 12 Ler Bertreter der weltlichen Schule, in Zwickau 58 gegen 54 (zum ersten Male eine Mehrheit), Wurzen 4 gegen 3, auch LaS heiß umkämpfte Leipzig-Lindental 5 gegen 4, Limbach 12 gogeM 11 — alles Orte, in denen man unbedingt einen Sieg der weltlichen Schule erwartet hätte. In Preußen lasten die Elternrakswahlen ein gewaltiges Anschwellen der christlichen Elternbewegung erkennen. In Berlin haben die christlichen Eltern zwei Drittel aller Elternrakssihe erworben. Entsprechende Meldungen liegen aus Schlesien, Ostpreußen, Pommern, Schleswig - Holstein, Hannover, Brandenburg, Provinz Brandenburg, Provinz Sachsen, Westfalen, Rhein land vor. So meldet Breslau 816 christliche Sitze gegen 282 weltliche (d. i. 3:1), Greifswald 253 gegen 53 (5:1), sogar Halle 175 gegen 166, Solingen 99 gegen 18. Essen meldet K4 christliche gegen 22 weltliche an 6 Schulen, an 5 weiteren Schulen sind sämtliche Sitze den christlichen Elternvereinen zugefallen. So schreitet die christliche Elkernbewegung unauf haltsam vorwärts. — Aeber die auf dem Reichsmietengesetz beruhende soge nannte «gesetzliche Miete", die bei der in unserer Gegend wohl fast allgemein üblichen vierteljährlichen Miet zahlung erstmalig ab 1. Oktober berechnet werden kann (wenn der Hausbesitzer dies dem Mieter spätestens bis 4. Zuli mit geteilt hat, sonst je nach dem Zeitpunkt der Ankündigung immer V« Fahr später), herrscht noch viel Ankenntnis. Ge naueres über ihre Wirkung läßt sich erst jetzt sagen, nachdem die sächsische Ausführungsverordnung erschien. Hiernach gilt das Gesetz ohne weiteres in allen Gemeinden mit einem als berufsmäßig anerkannten Borskand (z.B. in Dippoldiswalde Schmiedeberg usw.). In anderen Gemeinden kann es in ! Geltung gesetzt werden durch die Kreishaupkmannschaft, und zwar auf Antrag der Amkshaupkmannschaft. Die Mieke wird, wie wiederholt erwähnt, berechnet nach der Mieke vom Zull 1914, der sogenannken «Friedensmiete". Bon ihr werden in ganz Sachsen 152° als damalige Betriebs- und Instand setzungskosten abgezogen: die verbleibenden 8522 bilden die sogenannte «Grundmiete". Bon 100 M. Friedensmiete be trägt also die Grundmieke 85 M. Hierzu kommen verschie dene Zuschläge, die jede Gemeinde für sich festseht (oder durch ihr Miekeinigungsamt festsetzen lassen kann) und für welche die Ausführungsverordnung nur untere und obere Grenzen vorschreibt. Wie jede Reglementierung, so bringt auch diese Ungleichheiten mit sich. Es ist unmöglich, Sähe zu be stimmen, die für alle Grundstücke gleichmäßig gerecht wirken. Wer z. B. 1914 niedrige Mieten hakte, ist im Nach teil gegenübr dem, der damals etwas höhere Mieten hakte. Solcher Angleichheiten gibb es noch mehr. Die Gemeinden können deshalb die Zuschläge nach Klassen und Gruppen ab stufen, was aber in der Praxis nur zu neuen Ungleichheiten führen würde. Und wo sind die verschiedenen Grenzen. Die Berhälknisse sind eben zu verschieden. Der erste Zuschlag be trifft den Zinsendienst für die Hypotheken. Die Beiordnung sieht 5—2522 der Grundmiete vor. Da aber die hypotheka rische Belastung sehr verschieden, auch der Zinsfuß nicht gleich ist (der der Sparkasse stieg von 4V« auf 62°), so können un möglich alle Grundstücke gleich getroffen werden. In nicht wenigen Fällen (hohe Belastung) reichen die höchstzulässigen 2522 nicht aus. Tritt gar ein Hypokhekenwechsel ein, so fehlt für die damit verbundenen nicht unwesentlichen Kosten jede Deckung. Nur bei sehr niedriger Belastung besteht die Mög- lichkeit, daß der Besitzer für seinen eigenen Anteil eine kleine Zinsenerhöhung mit wegschleppt, was aber zu den Selten heiten gehören, ihm auch als arge Sünde angekreidek wird — nur ihm! Der zweite Zuschlag betrifft die Betriebskosten. Hierher gehören sämtliche Steuern und Abgaben, Essenkehren, Abfahren von Zauche und Asche, 10—2022 der Grundmiete, die der Vermieter für Berwaltung des Grundstücks ein sehen darf, sowie die Kosten der Hausmannsarbeiten (auch wenn der Besitzer sie selbst besorgt) usw. Ferner gehören hier her Masserzins und Treppenbeleuchtung, falls sie in der Miete enthalten sind. Hierfür läßt die Ausführungsverordnung für den Zuschlag die Wahl zwischen 50—15022 der Grundmiete. Interessant wäre, den Ort kennen zu lernen, wo 50^ reichen. In gar vielen Fällen wird auch der Höchstsatz von 15022 nicht reichen. Verschiedene dieser Ausgabeposten steigen übrigens ständig. And mancher Hauswirt wird auch in Zukunft die Entschädigung für seine eigene Arbeit sich denken müssen. Neu ist ihm das nicht. Hier etwas «gut zu machen", wäre nur bei sehr hoher Friedensmiete möglich. Schließlich sind noch vorgesehen Zuschläge für Instandhaltungsarbeiten und zwar für laufende 60—18022 und für sogenannte „große In- standsehungsarbeiken" (wie z.B. Dachumdecken, Dachrinnen, Abputz, Erneuerung der Essenköpfe, Vorrichten des ganzen Treppenhauses, Tiefbauarbeiken, Erneuerung von Balken lage» usw.) 50—10022. Selbst die Höchstsätze, die in den einzelnen Gemeinden jedenfalls noch nicht einmal zugestanden werden dürften, sind — so unglaublich das manchem Mieter klingen mag — für die Mehrzahl der Häuser zu niedrig. Denkt man an die heutigen Kosten für das Bauen, die zudem noch beständig anziehen, so möchte das eigentlich sofort ein- leuchken. Bei den Inskandsehungsarbeiken handelt es sich ja lediglich um Bauarbeiten. (So zahlt z.B. die Landes brandkasse — irren wir nicht — jetzt das 41 fache der Ver sicherungssumme: und auch das hinkt weit hinter der Wirk lichkeit her.) Hierzu kommt, daß viele Grundstücke ohne Schuld der Besitzer — Ausnahmen bestätigen die Regel — besonders reparaturbedürftig geworden sind, weil während des Krieges die Materialien fehlten und nach dem Kriege das Geld, denn die von den Mieteinigungsämtern zugestandenen Erhöhungen reichten kaum zu den Betriebskosten. And so kann man schon Heuke sagen, daß der eigentliche Zweck des Reichsmietengesetzes, die Wohnhäuser in baulicher Hinsicht auf die Höhe zu bringen, nur teilweise erreicht werden wird. Da ist schon zuviel verpaßt. Vor zwei Zähren wäre noch viel zu retken gewesen. — Es bleibt nunmehr abzuwarten, welche Zuschläge die Gemeindeverwaltungen festsehen werden. — Wiederholt sei erwähnt, daß es Mietern und Vermietern nach wie vor freisteht, sich über die Miethöhe unter sich zm einigen, also von der gesetzlichen Miete abzusehen. — Am 6., 7. und 8. Zuli unternahm unsere Müllerschule die in jedem Semester übliche große Besichtigungsfahrt. Der 6. Zuli galt der Besichtigung der Roggen- und Weizenmühle sowie der Graupenfabrikation Lautenschläger in Weißenfels a. S. Am 3 Ahr nachmittags wurden die Teilnehmer (sechs Lehrer und 169 Schüler) am Bahnhof Weißenfels von Mühlenbesiher Lautenschläger (ehemaliger Schüler der An stalt) und dem Vorsitzenden der Mühlenvereinigung Weißen- fels-Skadt und -Land sowie deren zweiten Geschäftsführer empfangen. Da die Zahl für die gleichzeitige Besichtigung zu groß erschien, wurde mit Besichtigung und Bewirtung mit Kaffee und Kuchen abgewechselt. Der Mühlenanlage wurde allgemeine Anerkennung zuteil. Ein schöner Spaziergang führte die Teilnehmer nach Langendorf, wo ein gemütliches Beisammensein geplant war. Als erste Aeberraschung stellte sich am Dorfeingange eine Musikkapelle von 6 Mann ein, die den sich rasch bildenden Zug durch das Dorf zum Forsthause brachte. Hier erwartete die Teilnehmer die zweite Aeber raschung. Die Mühlenvereinigung hatte es sich nicht nehmen lasten, einen kräftigen Imbiß nebst Tafelmusik zu stiften. Die dritte Aeberraschung bildete die Aebernahme der Quartiere durch die Mühlenvereinigung. Noch eine vierte freudige Aeberraschung war die in der herzlichen Begrüßung der Teil nehmer durch Mühlenbesitzer Lautenschläger namens der Mühlenvereinigung Weißenfels bekanntgegebene Stiftung zum Umbau der Ankerrichksmühle in eine moderne Versüchs- mühle von 5000 M. Menn schließlich auch noch das erforder liche Getränk und der Rauchvorrat aus Stiftungen über nommen wurde, so kann man es verstehen, daß der Dankes- salamander auf ein weiteres Blühen und Gedeihen der Mühlenvereinigung ganz besonders gut geklappt hat. Nicht unerwähnt bleibe, daß einigen Teilnehmern auch die Besich tigung einer modernen Windmühle ermöglicht wurde und daß sich zum gemütlichen Beisammensein mehrere Mitglieder der Mühlenvereinigung eingefunden hatten, die im Kreise des jungen Nachwuchses einige frohe Stunden verleben wollten. Der 7. galt dem Besuche der großen Bäckereifachausstellung Leipzig, an der sich die Schule beteiligt hat. Die Ausstellung ist so umfangreich, daß an der ersten Besichtigung der Leip ziger Brotfabrik von Joachim Pätz L Co. nur 12 Herren unter Führung des Direktors leilnahmen, der mit der größeren Ab teilung der Teilnehmer am 8. Zuli morgens nach hier zurück kehrte, während der Rest noch den Vormittag des 8. Zuli in Leipzig verweilte und die Leipziger Brotfabrik unter Führung des Herrn Studienrat Wolf oder bestimmte Teile der Aus stellung oder Sehenswürdigkeiten von Leipzig besichtigte. — Vor 25 Jahren, während der großen Ferien, wurde in der Turnhalle die elektrische Beleuchtung eingerichtet. — Vielerorts werden jetzt von den Stadtparlamenten Straßen-Umbenennungenbeschlossen, doch hat sich der einzelne wohl noch nicht recht klar gemacht, welche Ausgaben und Arbeit damit verknüpft ist. Zunächst müssen die Eintragungen der Grundstücke im Grundbuchamt vorgenommen werden, weiter müssen in fast sämtlichen Abteilungen des Rathauses, vor allem im Melde-, Steuer-, Grundstücks-, Polizeiamt, die vorhandenen Eintragungen geändert werden, wodurch viel Arbeit entsteht, ganz abgesehen davon, daß auch den vielen industriellen und gewerblichen Firmen, die an der betreffenden Straße seßhaft sind, die gleichen Aenderungen aller Geschäfts- papiere, Briefbogen u. dergl. erwachsen würden. — Die Gefährlichkeit der Insektenstiche, denen man mit Eintritt der wärmeren Jahreszeit wieder ausgesetzt ist, scheint noch immer nicht genügend bekannt zu sein. Die Insekten, die sich auf unsere Haut setzen, nähren sich nicht nur von den Säften lebender, sondern auch toter Tiere, saugen also gelegentlich sogenanntes Leichengift. Durch die Insektenstiche kann derartiges Gist auf den Menschen übertragen werden, das oft den Tod zur Folge hat. Da hilft nun am besten Salmiakgeist, den man sofort in die Wunde reibt. Es empfiehlt sich daher, auf Spaziergängen stets ein Fläschchen Salmiak geist bei sich zu trage«. — Das Schöffengericht zu Lauenstein hatte den 50 Jahre alten Gastwirt Johann Karl August Wehr wegen Erpressung - zu l 5 000 Mark Geldstrafe verurteilt. Die dem Angeklagten