Volltext Seite (XML)
WeHeritz-Jeilung Tageszeitung unö Mzeiger sür DWottiswatte, Schmiedeberg «.L DeranlworÄch« Redaklmr: VsWl -- Dm» und Verlag- S«i y«tz«« tn Dtvp»M«val-<. Nr 6 Sonnabend den 7. Januar 1922 88. Jahrgang "MU.Vsl-MWWWMWiIW ! ! F -.^1 --------- >7---- - - Ij ! ! ! IMH IÜI ! ,WI _. ss-P7. .-_s - VertlicheS m» «Schßsches. — Am Montag Len 2. Januar ist der an der Reichstädter Skahe an einem Leitungsmaste angebrachte Stechkasten, ent- haltend zwei Stechschlüflel, von zwei Geschirr führern, die nach Reichstädt zu gefahren find, entfernt und mitgenommen worden. — Per Mandollnenklub Dippoldiswalde wird am 22. Ian. erstmalig mit einem Konzert in der «Aeichskrone' an die Oeffentltchketk treten. Wer einen Blick in die Vereins- und Uehungsabende geworfen hat, der ist überzeugt, daß man mit asten Kräften rastlos arbeitet, und ernstlich bemüht ist, etwas wirklich Gutes zu leisten. Durch Anschaffung neuer und neuartiger Instrumente in letzter Zeit hat man Lie Leistungs fähigkeit des Klubs bedeutend erhöht. Wir wünschen ihm .zum Löhn für die gute Arbeit ein gutes Gelingen. - Die Stern - Lichtspiele werden am Sonnabend und Sonntag mit einem großen Filmwerk .Glashausmädchen' und einem schönen Lustspiel aufwarten. Ein Besuch dürfte sehr lohnend sein. Rechenberg-Bienenmühle. Der seit 1920 hier amtierende Gemeindeoorstand Seung, dessen Amtszeit erst mit dem Jahre 1926 abläust, ist bereits jetzt, und zwar einstimmig ans weitere, '12 Jahre wiedergewählt morden. Dresden. Konzernprozeß Dresdner Spork-Institut Grune wald, Franke L Co. Wegen Betrugs hat sich der 39 Jahre alte Kaufmann Alexander Woldemar Franke vor der fünften Strafkammer des Dresdner Landgerichts zu verantworten. Der Angeklagte war zuletzt in der Stephanienstraße wohn haft, er hatte dort tm letzten Sommer während der Konzern- Hochflut auch ein solches Unternehmen ins Leben gerufen und mit dem Ramen »Dresdner Sport-Institut Grunewald, Franke L Co.' bezeichnet. Bei dieser Konzerngründung soll sich Franke des Betrugs schuldig gemacht, und nach dem Er- vffnungsbeschluß die Einzahler um insgesamt 171351 M. be trogen haben. Zur Aufklärung des Sachverhaltes waren eine Anzahl Zeugen geladen, auf die zum Teil verzichtet werden konnte, die Vernehmung derselben war ohne besonderes Interesse. Der Angeklagte gab vor Gericht eine ausführ liche Darstellung zunächst über seinen Bildungsgang. Er hat beim verstorbenen Vater in dessen Speditionsgeschäft gelernt und gearbeitet, dann will er längere Zeit als Postaushelfer und hierauf bei der Dresdner Paketfahrk als Botenmeister tätig gewesen sein. Später betrieb Franke Obst- und Brot handel, und zuletzt betrieb er einen Landesproduktenhandel, kam aber damit nicht vorwärts, der Geschäftsgang soll direkt schlecht gewesen sein. Vor etwa 3—4 Jahren begann Ange klagter zu sporteln; er will sich gute Kenntnisse verschafft haben, zumal er selbst zwei Pferde in seinem Geschäft be sessen hat. Mancherlei Verluste habe der Sport gebracht, mlh 1300 M. will er aber in Karlshorst und Grunewald 40 000 M. verdient haben, und mit diesem Betrag als Grund stock und Betriebskapital sei dann die eigene Konzerngrün- -ung erfolgt. Landgerichtsdirektor vr. Knoth brachte den Dom Angeklagten herausgegebenen Konzernprospekt zur Verlesung, der die gleichen hochtönenden Versprechungen enthielt, wie alle dergleichen Reklameschriften. In diesem Prospekt war von jahrelangen Erfahrungen, von besten Ver bindungen die Reder versprochen wurden in drei Monaten 200^ Vergütung! Weiter mußte angenommen werden, daß di^ Direktoren -es Unternehmens verschiedene Aenderungen treffen konnten, wenn es -er Geschäftsgang erforderlich machte. Zum letzten Punkte gab Franke an, daß kein ein ziger Direktor bei ihm'angestellt war, sondern daß er nur allein der Inhaber und die Seele des Geschäfts war. Auf Vorhalte, welcher Art die guten Verbindungen waren, führte Franke aus, daß er oftmals Gelegenheit hatte, neben oder in -er Nähe von Jockeys zu sitzen! Ausdrücklich betonte Ange klagter, daß er ehrliche Absichten hatte. Er wollte es nicht wie der bekannte Buchmacher Geßner machen, der den Jockeys bis zu Zehntausende von Mark in die Taschen ge schoben, um für sich dann zu schieben. Indirekt sei er ein Opfer der Manipulation der Buchmacher geworden, nur -eren unsaubere Geschäfte hatten ihn kaput gemacht. In der Droschke haben die Jockeys das Geld von der Rennbahn weggefahren. Die Höhe der Einzahlungen müsse er bestreiten. Einschließlich der in den Filialen tn Riesa, Heidenau-Mügeln «sw. elngegangenen Gelder kommen nur rund 157 000 M. in Frage, davon seien etwa 20000 M. zurückgezahlt, und 115000 M. als Tötallsator, weitere 15 000 M. in Bremen und Magdeburg verwettet worden. Die Verwaltung und Spesen haben gegen 25 000 M. Unkosten verursacht, dann sei der Lebensunterhalt für die Familie auch davon ge nommen wölben; dafür habe« er ja selbst 40 000 M. eigene Gelder im Konzern stecken gehabt. Staatsanwalt vr. Schu bert forderte in der Anklagerede die Bestrafung wegen Be trugs; dieser sei voll erwiesen. In scharfen Worten ging er dann auf den Prospekt ein, der geradezu unglaubliche Ver sprechungen und Angaben enthalten hat, wodurch viele Leute grob getäuscht worden find. Mancher der Einzahler ver diene kein Mitleid, andererseits seien viele Personen tn der bittersten Not um ihre letzten Ersparnisse gekommen. Der Angeklagte wurde im Sinne des Erösfnungsbeschlufles und dem Anträge -es Staatsanwalts entsprechend wegen Bettugs zu 0 Monaten Gefängnis verurteilt, ihm auch die bürger lichen Ehrenrechte auf 3 Jahre aberkannt. — Der Wohnungsbau in Sachsen. Nach zuverlässigen Mitteilungen wurden im Jahre 1021 etwa 5000 Wohnungen in Sachsen fertiggestellt. Dafür find ungefähr 420 Millionen Mark auf dem Wege -es Kredits aufgebrächt und ausge geben worden. Demnach beläuft sich der Aufwand für eine einzige Wohnung auf reichlich 80 000 M. ES werden gegen wärtig noch rund 50 000 Wohnungen in Sachsen gebraucht. Da wäre also tn 10 Jahren die Wohnungsnot tn Sachsen be hoben, wenn nichtlnzwischen ebensoviel Wohnungen neu an gefordert worden sind. . - Heber den Stand der Grippe im Freistaat Sachsen Und den angrenzenden Teilen Thüringens ist zu berichten, daß hier von einem epidemischen Austreten der Krankheit nicht gesprochen werden kann. In Leipzig, Dresden und in Halle, wo die Erkrankungen in den letzten Tagen immerhin einige Tausend betrugen, und auch eine Anzahl Personen der Grippe zum Opfer sielen, scheint der Höhepunkt bereits überschritten zu sein, sodaß, wenn nicht ein unerwarteter Rückschlag eintritt, augenblicklich von einem Abflauen der Grippe gesprochen werden kann. Aehnlich ist die Lage in den meisten anderen sächsischen Städten, wie Chemnitz, Plauen, Zwickau, Annaberg, Mtenburg usw. Wo hier Grippeerkrankungen vorkamen, nahmen sie in den meisten Fällen einen gutartigen Verlauf. Todesfälle ereigneten sich nur ganz vereinzelt. Aus Thüringen wird von einem Zunehmen der Grippeerkrankungen in Mei- ningerk, Sonneberg und Greiz berichtet. Es liegt auch hier zunächst keiy Anlaß zu Befürchtungen vor, da es sich meist um leichtere Fälle handelt. In anderen thüringischen Städten, u. a. Weimar, Jena, Gera, hält sich die Zahl der Erkrankungen in mäßigen Grenzen. In Eisenach verschied plötzlich infolge Grippe der erste Direktor der dortigen Filiale der Dresdner Bank, Isenberg. / Oschatz. Vor 30 Jahren, Anfang 1892, wurde die schmalspurige Eisenbahn von Oschatz nach Strehla in Betrieb genommen. Sie wurde seinerzeit zur Aufschließung der hiesigen landwirtschaftlichen Gegend gebaut. (Die Schmalspurbahn Hainsberg-Schmiedeberg wurde am 30. Oktober 1882 eröffnet.) Grimma. Der letzte Wochenmarkt brachte einen für unsere Hausfrauen erfreulichen Rückgang der Butterpreise. Dem Angebot entsprach nicht die Nachfrage, sodaß ein Rück gang von 5 M. für ein Stückchen einlrat. Es dürfte noch Ueberstände gegeben haben. Rochlitz. Eine Anzahl junger Burschen, die im Sommer vorigen Jahres in der Umgebung von Wechselburg und Rochlitz Einbrüche verübten, wobei ihnen zum Teil hohe Beträge in die Hände gefallen sind, wurden ausfindig gemacht und in Hast genommen. Ein Teil des Geldes konnte ihnen wieder abgenommen werden. Hochkirch. Durch Blitzschlag wurde am Silvesterabend der hiesige Kirchturm schwer beschädigt. Der Schlag, ein so genannter kalter, hatte keine Enkzündungskraft. Pegau. Am 30. Dezember besprach die Stadtverordneten versammlung die am 23. Dezember erfolgte Bestrafung des Bürgermeisters Naumann wegen Falschbeurkundung durch , das Chemnitzer Schöffengericht. Gegen 2 Stimmen der kom munistischen Fraktion wurde beschlossen, erst Stellung zu nehmen nach dem rechtskräftigen Abschlusse des Verfahrens. Der Rat hatte in einer vorhergehenden Sitzung einstimmig beschlossen, daß dem Bürgermeister bis zur endgültigen Er ledigung das Vertrauen nicht abzusprechen sei. Buchholz. Einige Tage vor dem Weihnachtsfeste war eine ältere Frau namens Hilarius von hier spurlos ver schwunden. Sie war abends im Bethanienstift gewesen und von einer anderen Frau ein Stück des Weges begleitet worden. Von da ab war die Spur der Vermißten verloren. Am 2. Januar wurde sie als Leiche in Schönbrunn aus der Zschopau gezogen. Sie war völlig entkleidet. Oberwiesenthal. Auf der Unterwiesenthaler Chaussee kam am Dienstag abend ein Privatauto aus Dresden ins Rutschen und fuhr in den Straßengraben, wobei es sich über schlug. Die Insassen wurden teils minder, teils schwer ver letzt. Eine Dame trug zwei komplizierte Knochenbrüche da-. von. Im nächsten Hause wurde den Verletzten ein Notver- band angelegt, worauf fie vorläufig in ein Hotel gebracht wurden.« Löbau. Zum Stadtverordnetenvvrsteher gewählt wurde in der letzten Sitzung der Stadtverordneten AmtsgertchlS- direktor Vr. Fritzsche. Die Sozialdemokraten haben unter Berufung darauf, daß fie die stärkste Fraktion im Parla ment seien, Steinmetz Randig vorgeschlagen. Da die Mirger- Uchen auf -lesen Vorschlag nicht eingingen, traten di» Links parteien in Opposition und erklärten, sich an der Wahl nich- mehr beteiligen zu können, schlugen auch den von den Bür gerlichen angetragenen Posten des Vizevorfiehers sowie Ler: übrigen Vorstandsämter aus. Dle Bürgerlichen wählten^ Randig zum Vlzevorfieher, der aber ablehnte. Somit be steht der Vorstand lediglich aus Bürgerlichen. Die Links parteien dürften ihre OpposittonSpolitik beibe-alten- — Finster ins neue Jahr hinübergegangen ist die Stadt Löbau. Bei einem Wintergewitter schlug der Blitz in Las- Schaltwerk im Staatswerk Hlrschfelde, wodurch Löbau von- Silvester bis Dienstag abend ohne Skom war. Die Stadt und die Ortschaften der Umgebung bts hin nach Weißenberg? lag drei Abende lang vollständig im Finstern. Wohnungen, Vergnügungslokale am Neujahrstage, öffentliche Gebäude usw. muhten mit Talglichten und anderer Notbeleuchtung» kümmerlich erhellt werden. Auch die gewerblichen Anlagen litten unter dem Uebelstand. Die hiesige Zeitung konnte nur im Handsatz erscheinen. Nach Mitteilungen des Merkes- sollte Ler Schaden bis Dienstag früh beseitigt sein, -och kehrt» der Strom erst Dienstag abend wieder. Briand bei Lloyd George, r Erste Besprechung In Sanne». Der französische Ministerpräsident Briand ist mn 4. Januar vormittags in Sanne» etngetroffen unp hatte bereits am Nachmittag mit Lloyd George eine Unterredung, zu der auch der französische Mi nister Loucheur und der englische Schatzranzler hinzu- aezogen wurden. Am Abend stattete Briand dem italienischen Mi nisterpräsidenten Bonomi einen Besuch ab. Hierauf! begab sich Bonomi zu Lloyd George. , Der erste Eindruck. Die offiziöse französische HavaSagentur mel det aus Cannes, es scheine nicht, als hätten sich die? Ansichten, die die beiden Premierminister in London ausgetauscht haben, merklich geändert, d. h. die eng lische Regierung soll immer noch von dem Wunsche beseelt sein, in erster Linie das Programm de» wirtschaftlichen Wiederaufbaues Europack in Angriff zu nehmen, das ihrer Meinung nach die ganze Reparationsfrage in einschneidender Weise beein flußt. Auf französischer Seite erkenne man gern, an, daß der englische Grundsatz in gewissem Wtaße> begründet sei. Die wirtschaftliche Krise, unter der die ganze Welt leide, habe auch ihre Rückwirkung auf Frankreich gezeigt, wo, um nur ein einziges Bei-- spiel anzuführen, die Ausfuhr von Metall und metal lurgischen Erzeugnissen beträchtlich geringer geworden, ist. Aber — so meint man auf französischer Sette — dieses Werk des Wiederaufbaues kann nur schrittweise vor sich gehen und braucht lange Fristen, bevor es die Ergebnisse zeitigen Wird, die man von ihm er- wartet. Frankreich ist entschlossen, im Einvernchmem mit seinen Verbündeten daran Mitzuarbeiten. In dessen ist die französische öffentliche Meinung der An sicht, daß die Frage der Reparationen^ die DeutschlanH-schuldet, unabhängig bleiben müsse von den Beschlüssen allgemeiner Art, die in dieser Hinsicht gefaßt wer den könnten. Frankreich hat ein Guthaben bet, Deutschland, dessen Höhe und dessen Zahlungsmoda litäten zwischen den Alliierten festgelegt und von, Deutschland angenommen worden sind. Von seiner" Regelung hängt in weitem Umfange das budgetär» Gleichgewicht Frankreichs ab. Es erscheint daher un möglich, daß man von Frankreich die Zustimmung zum Verzicht auf das, was ihm zukommen mustz? verlangt. Briand lehnt also von vornherein jede Revi sion des Londoner Reparationsplänes ab. Englands dagegen muß auf einer Abänderung der Reparation--^ bedingungen bestehen, wenn fein Wirtschaftsleben nichts völlig zerrüttet werden soll. Angesicht- dieser großen Gegensätze erscheint ein positive» Ergebnis der Kon ferenz in der Richtung einer Erleichterung der Lon doner Zahlungsbedingungen von vornherein ausge schlossen. ,