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Hochschul-Nachrichten
- Bandzählung
- 5.1961/62
- Erscheinungsdatum
- 1961/62
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- A 812
- Vorlage
- Universitätsbibliothek Chemnitz
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek Chemnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770832750-196100506
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- oai:de:slub-dresden:db:id-1770832750-19610050
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- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Projekt: Bestände der Universitätsbibliothek Chemnitz
- Saxonica
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Die neue Etappe der Entwicklung des sozialislischen Weltsystems erfordert die enge Wirischaitsgemeinscail der DDR mit der Sowjetunion / Von Ingeborg Sommer Fortsetzung von Seite 1 Den Woli an die Kette gelegt sehen Raketenwaffen sprach. Die Luftparade in Tuschino oder die Flottenparade bewiesen jedem sicht bar: der Friede ist gut bewaffnet. Zeugt es nicht von der Veränderung des Kräfteverhältnisses, wenn es ge lang, den Weltfrieden zu erhalten und die Kriegsfackel in Ägypten, Libanon, Laos, Kongo und Kuba aus zutreten? Auf dem XXII. Parteitag traten demokratische Politiker neu traler Staaten auf und versicherten im Namen ihrer Völker, daß sie in der Frage des Friedens nicht neu tral sind, sondern für ihn an unserer Seite kämpfen werden. So könnte man Tatsache um Tatsache aufzählen und alle würden das beweisen: Die Kräfte des Friedens sind mächtiger denn je! Auch in Deutschland zeigt sich das deutlich. Der 13. August 1961 war ein Ausdruck dieses neuen Kräftever hältnisses in der Welt und in Deutschland. Auf unsere Forderung nach Frieden wollten die westdeut schen Militaristen und Imperialisten mit Krieg antworten. Aber am Bran denburger Tor wurden ihnen deutlich und unmißverständlich die Grenzen ihrer Macht gezeigt. Diese Sprache verstanden sie, denn dort stand nicht nur die DDR, sondern hinter ihr die geballte Kraft des sozialistischen Weltsystems und aller Friedens kräfte. Der 13. August war ein Be weis dafür, daß man die Militaristen bändigen kann und gleichzeitig der Beweis, daß sie keinen Schritt frei willig von ihren Kriegsabenteuern abgehen, daß sie dazu gezwungen werden müssen. Oft wird noch gesagt: Nützt denn ein Friedensvertrag nur mit der DDR etwas, die Kriegstreiber sitzen doch drüben? Die Fragesteller vergessen, daß ein Friedensvertrag mit der DDR nicht nur Sache der DDR ist, sondern eine Sache aller Staaten, die ihn ab schließen und ihn mit aller Konse quenz einhalten werden. Wenn die Grenzen der DDR festge legt werden, die Westberlinfrage ge regelt, alle Hoheitsrechte — ohne Aus nahme — auf die DDR übergehen usw., dann ist das nicht nur die for male Bestätigung längst bestehender Tatsachen- Hinter diesen Abmachun gen steht dann das gesamte sozia listische Lager. Diese Erkenntnis dämmert langsam aber sicher in den Köpfen einer Reihe westlicher Poli tiker. Noch überdeckt von Hetztiraden und Kriegsgesängen, aber schon deut lich hörbar, ist der Ruf nach Ver handlungen. Die USA-Senatoren Mansfield und Humphrey, General Montgomery, der Kommentator W. Lippmann, sind beileibe keine Kom munisten, aber ihre Stellungnahmen sind ein Ausdruck des veränderten' Kräfteverhältnisses. Unter dem gleichen Gesichtspunkt muß man die Regierungskrise in Bonn betrachten. Die Bonner Politik, deren Ausgangs- Der XXII. Parteitag der KPdSU ver kündet den Beginn einer neuen Etappe in der Entwicklung des sozia listischen Weltsystems. Ihr Inhalt wird hauptsächlich durch den Wett bewerb der sozialistischen Länder um ihre allseitige Überlegenheit, auch hinsichtlich des absoluten Um fangs der Produktion, über den Kapi talismus bestimmt und erfordert die enge Wirtschaftsgemeinschaft aller sozialistischen Länder und die Nut zung aller inneren Reserven. Die Voraussetzung für die Herstellung der engen wirtschaftlichen Zusam menarbeit besteht in der Vertiefung der internationalen Arbeitsteilung, der Spezialisierung und Kooperation der einzelnen Wirtschaft. Sie ergibt sich gesetzmäßig aus den sozialisti schen Produktionsverhältnissen und dem Wirken der ökonomischen Ge setze des Sozialismus. Der gegenwär tig erreichte Entwicklungsstand des sozialistischen Weltsystems erfordert die Ausnutzung des Gesetzes der planmäßigen, proportionalen Ent wicklung der Volkswirtschaft im internationalen Maßstab, zwischen den einzelnen sozialistischen Län dern. Für die Deutsche Demokratische Re publik wird die Notwendigkeit der engeren Wirtschaftsgemeinschaft mit der Sowjetunion noch durch die nationale Situation in Deutschland verstärkt. Die Deutsche Demokra tische Republik verfügt über eine un genügende eigene Rohstoffbasis, sie ist als industriell hochentwickeltes Land stark vom Export abhängig und führt gegenwärtig einen hart näckigen Kampf um die Störfrei machung ihrer Wirtschaft vom west deutschen Imperialismus. Die Störfreimachung von West deutschland ist eine gesetzmäßige Er scheinung des Klassenkampfes gegen den westdeutschen Imperialismus, der durch Wirtschaftsboykott und Nicht einhaltung der Handelsabkommen unserer Wirtschaft Schäden zufügen und Störungen verursachen will. Die Richtigkeit und Notwendigkeit die ser Aufgabe wird durch das am punkt die Mißachtung der Kräfte des Friedens ist, erleidet Schiffbruch, daran wird auch der Personenkult um den „starken Mann“ Adenauer nichts ändern. Der Friedensyertrag wird ab geschlossen werden, die Militaristen werden gebändigt, weil das historisch notwendig ist und die Kräfte des Friedens stark genug sind, es zu er zwingen. Diese Gewißheit unterstrich der XXII. Parteitag aufs neue. 1. September 1961 in Westdeutsch land in Kraft getretene Außenhan delsgesetz bestätigt. Darin findet die von der Bonner Re gierung betriebene Politik des Wirt schaftsboykotts gegenüber der Deut schen Demokratischen Republik ihre gesetzliche Grundlage. Sie braucht nicht einmal zur Kündigung des Han delsabkommens zu greifen, sondern kann auf der Grundlage des neuen Gesetzes die Handelsbeziehungen aus politischen Gründen ein schränken. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der Sowjetunion beschränkt sich jedoch nicht auf Maßnahmen, die die Störfreimachung gewährleisten, auf den Bezug von Materialien und Er zeugnissen, die wir bisher von West deutschland bekamen. Sie erstreckt sich vor allem auf die direkte Zu sammenarbeit in der Produktion, auf die Spezialisierung beider Wirtschaf ten. Dabei muß sich das Produktions profil unserer Industrie ändern. Be trachten wir beispielsweise unsere metallverarbeitende Industrie. Hier werden von ca. 36 000 Typen des Weltsortiments der Erzeugnisse allein 30 000 produziert. Das ist ein Aus druck dafür, wie groß die Zersplitte rung unserer Industrie ist, die sich als gewaltiges Hemmnis bei der Stei gerung der Arbeitsproduktivität er weist. Wir müssen uns zukünftig auf solche Erzeugnisse und Industrie zweige spezialisieren, wofür die na türlichen und ökonomischen Bedin gungen vorhanden sind. Die Sowjet union verfügt über alle vorkommen den Reichtümer und ist in der Lage, uns fehlende Rohstoffe zu liefern. Sie gewährleistet außerdem auf Grund der Größe ihres Territoriums und der Bevölkerungszahl einen ständigen Absatz der spezialisierten Erzeugnisse, wodurch der Übergang zur Serien- und Massenproduktion bei den betreffenden Erzeugnissen möglich wird. Von entscheidender Bedeutung ist weiterhin die Vertiefung der wis senschaftlich-technischen Zusammen arbeit. Der Kampf um den wissen schaftlich-technischen Höchststand der Erzeugnisse und im Fertigungspro zeß kostet einen hohen materiellen und geistigen Aufwand. Bisher war es vielfach so, daß die Forschungs-, Entwicklungs-, Projektierungs- und Konstruktionsarbeiten für ein neues Erzeugnis so viel Zeit in Anspruch nahmen, daß das entsprechende Er zeugnis schon während seiner Ferti gung nicht mehr dem Weltstand ent sprach. Durch die wissenschaftlich- Die erste ausländische Absolventin der Hochschule für Maschinenbau, Fräulein Jekaterina Kulikowa, nach dem Diplomkolloquium im Institut für Textilmaschinenkon struktion und Technologie der Faserstoffe, wird vom Direktor des Instituts, Herrn Prof. Dipl.-Ing. Neumann, herzlich beglückwünscht. technische Zusammenarbeit wird ge rade die Zeitdauer für diese Arbeiten bedeutend verkürzt. Die wissenschaftlich-technische Zu sammenarbeit ist auch für unsere Hochschule von besonderer Bedeu tung. Es müssen jetzt Möglichkeiten gefunden werden, um Material, das diesbezüglich in der Sowjetunion vorliegt, ihr zugängig zu machen. Innerhalb der engen Wirtschaftsge meinschaft mit der Sowjetunion muß die Zusammenarbeit auf diesem Ge biet planmäßig und langfristig ge staltet werden. Dabei tritt ein ent scheidendes Hindernis auf, das in der ungleichen Normung und Typisierung der beiden Länder besteht, deren Unterschiede durch zusätzliche Ar beit beseitigt werden müssen. Deswegen wird die Weiterentwick lung der internationalen Standardi sierung erforderlich, die für uns die Angleichung der TGL an die GOST- Normen notwendig macht. Ergeben sich dabei Planumstellungen und kön nen zeitweilig auch Qualitätsminde rungen auftreten, so ist die enge Wirtschaftsgemeinschaft mit der So wjetunion der einzige und notwen dige Weg, um zur Stabilisierung un serer Wirtschaft zu gelangen. Die enge Wirtschaftsgemeinschaft mit der Sowjetunion ist die Grundfrage für unsere ökonomische und gesell schaftliche Entwicklung, sie erfordert ein schnelles Wachstum der Produk tivkräfte und einen höheren Reife grad des Bewußtseins unserer Werk tätigen, das sich besonders in ihrer Einstellung zur Sowjetunion und in der Klarheit über die Bedeutung des sozialistischen Internationalismus, der die Beziehungen der einzelnen Län der zueinander bestimmt, äußern muß. Diesbezüglich gilt es auch an unserer Hochschule eine intensive politische Überzeugungsarbeit zu lei sten. Es besteht vielfach noch die An sicht, daß man sich nach den west lichen Ländern orientieren muß, um die fortgeschrittenste Technik zu stu dieren. Viele setzen die Erzeugnisse von Westdeutschland gleich dem Weltniveau. Der Beitrag, den unsere Hochschule für die engere Wirt schaftsgemeinschaft mit der Sowjet union leisten kann und muß, besteht darin, Klarheit darüber zu schaffen, daß die Sowjetunion das Land ist, das die fortgeschrittenste Technik be sitzt und entwickelt. Man muß sich von der vielfach noch bestehenden Meinung der Westorientierung lösen. Nur in der engen Wirtscbaitsgemeinschait mit allen sozialistisdien Ländern, besonders mit der Sowjet union, kann die DDB ihre großen Aufgaben lösen, den technisdien Fortschritt erreichen und mit- bestimmen und den Lebensstandard erhöhen. Äug in Auge mit Amerika / Von Karl-Heinz Jakobs Jeden Abend um 17 Uhr wird in der Friedrichstraße, Ecke Zimmerstraße, in Berlin die amerikanische Fahne nieder geholt. 17 Uhr Westberliner Zeit. In Wirklichkeit ist es längst viel später. Offensichtlich richten sich die amerika nischen Gl nach der Uhr drüben an der vergammelten Apotheke, die 13 Minuten nachgeht. Und offensichtlich richtet sich in diesen Tagen noch einiges andere in Westberlin nach dieser Uhr. Amerika aber hat große und schöne braune Augen mit langen Wimpern. Sie blicken mich durch die Scheibe des Bus ses an, und ich blicke zurück. Ich kann das Weiße im Aug Amerikas erkennen. Aber ich zittre nicht, und Amerika zit tert auch nicht. So stehn wir Aug in Auge und warten. Amerika heißt Catherine und ist neun zehn Jahre alt. Sie trägt eine rote Jacke, und sie spielt mit ihrem Chiffontuch. Der blasierte junge Mann neben ihr trägt einen dunklen Anzug und Kra watte. Vor ihr sitzt eine ältliche und sehr gepuderte Dame mit großen gol denen Ohrringen. Catherine allerdings hat es nicht nötig, sich zu pudern. Und nun glaubt sie, daß sie es auch nicht nötig habe, dem Unterleutnant der Volkspolizei, der die beiden Busse hier in der Friedrichstraße, dicht an der Staatsgrenze, kontrollieren will, ihren Ausweis vorzuzeigen. Sie vertraut auf die zehn amerikanischen Panzer und die beiden amerikanischen Panzer schützenwagen. die auf der anderen Seite der Staatsgrenze, dort an der ver gammelten Apotheke mit der falsch gehenden Uhr aufgefahren sind. Sie ver traut auf den Maschinengewehrstand, der auf dem Erker im ersten Oberge schoß des Apothekergebäudes hinter Sandsäcken aufgebaut ist, vertraut auf die amerikanischen Gl, die auf den Dächern der anliegenden Häuser stehn und mit ihren automatischen Hand feuerwaffen hantieren, vertraut auf die anderthalb hundert Presseleute, die hinter den Panzern in dickem Wall stehen, vertraut auf Rias und Westfern sehen, deren Apparaturen über die Brüstungen der Balkons dort ragen. Denn Catherine und ihre Leute in den beiden Bussen sollen denen die heiß ersehnte heiße Story im kalten Krieg liefern. Im zweiten Bus sitzen neun Männer in amerikanischen Uniformen. Dieser Bus könnte sofort unkontrolliert in das de mokratische Berlin fahren. Er fährt aber nicht. Er steht hinter dem Bus, in dem Catherine sitzt. Der erste Bus ist voller Zivilisten. Nur auf dem Trittbrett des Busses steht einer in Uniform. Er wird von dem Dolmetscher mit Captain angeredet. Der Captain hat schwarze Biesen an der Uniform. Sein Gesicht ist mit Pockennarben übersät, und seine Augen blicken durch die randlose Brille über den Kopf des Unterleutnants der Volkspolizei hinweg. Der Dolmetscher wendet sich an den Unterleutnant: „Der Captain läßt fragen, ob Sie jetzt den Weg freigeben.“ Der Unterleutnant sagt: „Ich gebe den Weg frei, sobald ich die Ausweise dieser Zivilpersonen in die sem Bus kontrolliert habe. Wir gestat ten nur amerikanischen Militärange hörigen in Uniform die unkontrollierte Durchfahrt. Alle Zivilisten haben sich auszuweisen.“ Der Dolmetscher und der Captain spre chen miteinander. Dann sagt der Dol- matscher: „Der Captain wiederholt, daß in diesem Bus amerikanische Staatsbeamte sitzen, die unkontrolliert durchfahren dürfen.“ Donnerwetter, denke ich, und ich gehe zurück zu Catherine, während der amerikanische Captain und der Unter- leutnant der Volkspolizei ihre Unter haltung in dieser Weise weiterführen. Catherine, denke ich, neunzehn Jahre bist du, so jung und so schön und schon Staatsbeamter. Bist du Gouvernements- Sekretär in Tennessee oder Posthalter in Wisconsin, bist du Hilfssheriff in North Dakota oder Regierungsrat in Pennsyl- _vania? Ich beseh mir auch die andern amerikanischen Staatsbeamten. Die bei den jungen Leute hinten im Bus, die ich für ein Liebespaar gehalten hatte, da sie so eng aneinandergeschmiegt sit zen, welch hohe Ämter in welch hohem Amt mögen sie wohl in Amerika be kleiden? Er streichelt ihre Wange, sie blickt zu ihm hoch, sie sprechen leis miteinander. Sie verhandeln offenbar darüber, wie sie ihre beiden Ämter in Indiana in eins Zusammenlegen können. Da ist ein Fräulein mit einer Brille. Ich hielt sie für eine tüchtige Chemiestu dentin. Aber nein, welch ein Irrtum. Der junge Mann, der hinter der vorge haltenen Hand den Zahnstocher im Mund bewegt, ist nicht der Sohn eines Farmers, nein, nein. Und der ältere Herr auf dem ersten Sitz vorn ist kein Weinhändler. Er blickt nervös auf die Armbanduhr. Sicher erwarten ihn drin gende Staatsgeschäfte. Dieser Bus ist dicht mit amerikanischen Staats beamten in Zivil besetzt, jawohl, das sehe ich jetzt genau, mit pubertätspick ligen Ministerialräten, aufgetakelten Polizeichefs, albern kichernden Gouver- nementsdirektoren. Die Unterhaltung zwischen dem ameri kanischen Captain und dem deutschen Unterleutnant verläuft stockend. In den Pausen sitzt der Captain auf einem freien Platz im Bus, oder er sucht seine uniformierten Kameraden im zweiten Bus auf. Wenn er zurückkommt, fragt er immer wieder, und der Dolmetscher übersetzt: - „Ich frage Sie noch einmal, ob Sie nun den Weg freigeben.“ Und der Unterleutnant sagt: „Gestatten Sie, daß ich die Ausweise dieser Zivilisten in diesem Bus kontrol liere.“ Indessen fahren in langen Reihen Pkw und Omnibusse in beiden Richtungen über die Staatsgrenze, werden kontrol liert, fahren weiter oder müssen um kehren, wenn die Insassen keine ord nungsgemäßen Papiere haben. Pkw mit amerikanischen, englischen oder französischen uniformierten Militärper sonen fahren ungehindert über die Grenze. Und nun, da Catherine bereits eine Stunde in ihrem Bus wartet, unkontrol liert passieren zu dürfen, blickt sie sich nach ihren zehn Panzern und nach ihren zwei Panzerschützenwagen um, die dort an der Staatsgrenze bereit zum Durch stoßen stehen, nach den Maschinen gewehrnestern und den MP-Schützen, die feuerbereit sind. Wünschst du dir etwa, Cath, daß sie schießen? Catherine, liebe schöne Cath, wünsch es dir nicht. „Der Captain sagt, daß er jetzt eine Stunde gewartet hat, und er fragt zum letztenmal, ob Sie den Weg freigeben“, sagt der Dolmetscher, und der Unter leutnant sagt: „Ich gebe den Weg frei, sobald ich die Zivilpersonen in diesem Bus kontrol liert habe.“ „Let’s go“, sagt der Captain. Die Wagentür knallt zu. Die beiden Busse fahren los in Richtung Bahnhof Fried richstraße. Aber mitten auf der Straße steht der Unterleutnant. Eine Handbreit vor ihm stoppt der Bus. Die Wagentür knallt auf. „Der Captain sagt zum letztenmal, daß Sie den Weg freigeben sollen“, sagt der Dolmetscher. Der Unterleutnant ant wortet nicht. „Machen Sie doch den Weg frei“, sagt der Dolmetscher. „Nein“, sagt der Unterleutnant. „Soll ick ihm umschiehm?“ fragt der Kraftfahrer. Aber der Captain hört nicht hin. Er verhandelt mit dem Dol metscher. Lange. Dann beugt er sich aus dem Bus: „Der Captain sagt, Sie sollen den Weg freigeben, er läßt jetzt wenden.“ Der Unterleutnant macht auf dem Ab satz kehrt, marschiert zehn Schritt in das demokratische Berlin hinein, macht kehrt, steht dort mitten auf dem Fahr damm. Der Bus fährt in voller Fahrt auf ihn zu. Der Unterleutnant steht unbe wegt. Eine Handbreit vor ihm stoppt der Bus schaukelnd. „Der Captain sagt, daß er an der näch sten Straßenkreuzung wenden läßt“, schreit der Dolmetscher. „Damit bin ich einverstanden“, sagt der Unterleutnant. Er geht vom Fahrdamm, kontrolliert vom Bürgersteig. Die bei den Busse fahren los. Catherine fährt an mir vorbei. Cath, denke ich, liebe Cath, ihr werdet doch sofort wenden! Oder etwa nicht? Ich bitte dich, Catherine, mach mir hier keine Geschich ten. Aber da sehe ich bereits, wie an der Kreuzung der Schützenstraße die beiden Busse in großem Bogen wenden und zurückfahren. Und um 17 Uhr Westberliner Zeit geht drüben am Eingang zur amerikanischen Kolonie auf deutschem Boden die amerikanische Fahne nieder. Auf der deutschen Seite der Staatsgrenze stehn die Fahnen der Freien Deutschen Ju gend. die Fahne des ersten deutschen Arbeiter-und-Bauern-Staates und die rote Fahne der Arbeiterklasse. Eine sowjetische Fahne sehen ich hier nir-
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