Volltext Seite (XML)
verantwortlichen Tätigkeit in der Abteilung verbunden sein. Es wird sich dabei auch herausstellen, auf welchem Gebiet die besonderen Neigungen und Fähigkeiten des Jungingenieurs liegen, so daß er dann in seiner weiteren Entwick lung entsprechend eingesetzt werden kann. Da in einer ganzen Reihe von volks eigenen Industriebetrieben sowohl die Produktionstechnik als auch die Organisation der Produktion den Anforderungen einer sozialistischen Produktionsweise noch nicht ent sprechen, machte der rachricntungs- leiter weitere Ausführungen, um in großen Umrissen die Aufgaben auf zuzeigen, die den jungen Diplom ingenieur erwarten, wenn er in die Praxis kommt. Vor allem wies er auf den engen Zusammenhang zwi schen der Organisation der Produk tion und der Produktionstechnik hin und daß man die eine nicht los gelöst von der anderen betrachten kann. Demzufolge muß der Tech nologe in beiden Gebieten zu Hause sein und jede in der Produktion zu lösende Aufgabe im Zusammenhang von diesen zwei Gesichtspunkten aus beurteilen. Ausgehend von diesen Gedanken gängen, die in großen Umrissen die Hauptaufgaben aufzeigten, die den Jungingenieur in der Praxis erwar ten, führte der Fachrichtungsleiter aus, in welchen Abteilungen ein Absolvent der Fachrichtung Techno logie in der Hauptsache arbeiten kann: In erster Linie, von der Struktur des Betriebes ausgehend, in allen technologischen Abteilungen; dazu gehört auch die Vorrichtungs konstruktion im weitesten Sinne des Wortes, vom Werkzeug bis zur Son dermaschine; ferner in allen Abtei lungen, die mit der Produktions- Planung und -lenkung Zusammen hängen, selbstverständlich auch in allen Abteilungen, die mit der Nor mung zu tun haben, sei es technische Normung oder Arbeitsnormung, ebenso die betriebserhaltenden Ab teilungen, also der Bereich des Hauptmechanikers. Sicher wird auch später mancher, wenn er genügend praktische Er fahrungen erworben hat, in leitende Funktionen auf steigen können: als Haupttechnologe oder Produktions leiter, Hauptmechaniker, schließlich auch Technischer Leiter oder Leiter der Vorrichtungskonstruktion. Auch werden die Fähigsten in den tech nischen Abteilungen der neu er stehenden VVB ein geeignetes Ar beitsfeld finden; denn diese haben als wichtigste Aufgabe die Betreu ung und Anleitung der angeschlosse nen Betriebe hinsichtlich der tech nischen Weiterentwicklung. Auch werden sie dann in zentralen Pro jektierungsbüros bei der technologi schen Projektierung kompletter Fabrikanlagen maßgeblich mitwirken können. Zum Schluß wies der Fachrichtungs leiter eindringlich darauf hin, daß der Absolvent nur auf Grund seines Diploms keinen Anspruch darauf hat, mit einer leitenden Funktion betraut zu werden. Der Fachrichtungsleiter schloß seine Ausführungen mit folgenden Wor ten: „Erst kommt das Lernen in der Praxis, dann die Bewährung in der Praxis und dann erst der ent sprechende Einsatz in der Praxis.“ Die Vertreter der Industrie unter stützten in ihren Diskussionsbei trägen die grundsätzlichen Ausfüh rungen des Fachrichtungsleiters aus ihren Erfahrungen heraus und er gänzten sie durch Schilderung von Beispielen aus der Zusammenarbeit mit Jungingenieuren, die die gene rell gemachten Ausführungen des Fachrichtungsleiters unterstrichen. Der Verlauf des Forums war für beide Teile — sowohl die Studenten als auch die Vertreter der Industrie — aufschlußreich und pefriedigend, da die Aussprache von beiden Seiten verantwortlich und sachlich geführt wurde. Prof. Dr.-Ing. Nebel Institut für Mathematik und darstellende Geometrie: Antrittsvorlesung von Herrn Professor Erich Göllnitz Am 25. Februar 1958 hielt Herr Göllnitz, Professor mit Lehrauftrag, seine Antrittsvorlesung über das Thema „Die Entwicklung der Mathematik seit 1900“. Prof. Göllnitz hatte aus dem sehr umfangreichen Thema einige Bei spiele ausgewählt, an denen er den Fortschritt der Mathematik sowohl bezüglich des Inhalts als auch be züglich der Darstellungsweise zeigte. Ausgehend von einer Gegenüber stellung des Euklidischen und des Hilbertschen Axiomensystems der Geometrie wurde besonders heraus gestellt, daß Hilbert von jeglichen anschaulichen geometrischen Begrif fen absieht und sein Axiomen- System rein abstrakt formuliert. Der Vortragende erläuterte dann die Ent wicklung der Darstellungsweise, in dem er die Vorteile der Benutzung von homogenen Koordinaten und Matrizen in der analytischen Geome trie behandelte. Den Schluß der geometrischen Betrachtungen bilde ten einige Bemerkungen zur Rie mannschen Geometrie. Das Bestreben der modernen Mathe matik, Begriffe und Sätze möglichst abstrakt zu formulieren, worauf schon beim Hilbertschen Axiomen- System hingewiesen wurde, kam auch bei der der Erörterung des Gruppen- und des Verbandsbegriffs zum Aus druck. An Beispielen wurde gezeigt, daß der Gruppenbegriff, der ja zu nächst in der Algebra entstanden ist, jetzt in fast allen Gebieten der Mathematik Anwendung findet. Eine entsprechende Behandlung erfuhr der Begriff des Verbandes. Hierbei wurde auch die Bedeutung der fort schreitenden Abstraktion in der Mathematik klar, die darin besteht, daß man die verschiedensten Pro bleme unter einem einheitlichen Ge sichtspunkt betrachten kann. Dipl.-Math. Dümmel Grenzen der „Freiheit christlichen Glaubens" Nicht wenige Studenten unserer Hochschule stellten bei den letztlich durchgeführten Grundsatzdiskussio nen über die Wege zur Entwicklung einer sozialistischen Hochschule als Verfechter der „notwendigen“ oder „wünschenswerten“ Westreisen schon den Gedanken einer Möglichkeit in Abrede, ein Student würde etwa Geldzuwendungen bestimmter west deutscher Organe oder Organisatio nen jemals annehmen. Wie sagte man doch in einer Zusammenkunft im 10. Semester? Ein Student, der so etwas tut, ist ein Charakterlump! Aehnliche Meinungen wurden und werden auch sicherlich noch von anderen Hochschulangehörigen ver treten. Die Praxis sieht ganz anders aus. Nämlich so, daß beispielsweise die Studenten Chromik und Klimke aus dem 10. Semester kürzlich nach Westberlin fuhren, um dort bei einer Einrichtung der Katholischen Kirche an einer „R i 1 k e - F e i e r“ teil zunehmen. Beide wußten zwar kaum, wer Rilke war und was er geschaffen hatte, aber zu dieser Veranstaltung mußten sie natürlich „unbedingt“ fahren. Im Westen des geteilten Berlins — das muß man den Patres lassen — ist man bei solchen Unternehmungen auch wirklich sehr großzügig; denn unsere Rilkesachverständigen hatten nicht nur drei Tage lang Verpfle gung und Unterkunft frei und er hielten noch ein Tagegeld, man dachte selbstverständlich auch an die Fahrtkosten, die man den beiden gleich in DM der Deutschen Notenbank erstattete. Es kam weder Chromik noch Klimke irgendwie verdächtig vor, daß man ihnen in Westberlin Geld in der Währung der DDR aushändigte. Sie hatten auch fast gar keine Beden ken, daß sie Bücher für ihren Pfar rer mitnehmen sollten. Diese Schrif ten stellten sich bei einer Zugkon trolle als mit unseren gesetzlichen Vorschriften unvereinbar heraus und wurden deshalb eingezogen! Um so erstaunter waren unsere Reise lustigen und peinlich berührt von den Ausführungen der Angehörigen staatlicher Sicherheitsorgane ob der Ungesetzlichkeit ihres Verhaltens. Man hatte doch nichts Böses im Schild geführt, um Gottes willen, man wollte sich doch nur einmal „entspannen“, an einem Vortrag teilnehmen bzw. die Verwandten in Westberlin besuchen. Natürlich wußte man, daß es eine Anweisung des Staatssekretariats für Hoch schulwesen und auch einen Senats beschluß gibt, die solche Reisen untersagen, aber — ja das berühmte große „Aber“ mußte herhalten, wie So oft in ähnlichen Situationen — man hatte sich so eine kleine Privat auslegung zurechtgezimmert, nach der man die Gültigkeit dieser Vor schriften, zeitlich begrenzt, ledig lich für die Ferienmonate glaubte anerkennen zu müssen.