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Archivexemplar in‘gmexsyirbv8 Das Berufspraktikum 1958 - ein Schritt auf dem Wege zur sozialistischen Hochschule Welche Hindernisse stehen einem fruchtbringenden Praktikum im Wege? Die durchaus ansteigende Tendenz auf den verschiedensten Gebieten bei der Erfüllung der Aufgaben des Berufspraktikums soll nicht über die noch bestehenden ernsthaften Schwä chen hinwegtäuschen. Ich berühre allerdings hier einen Punkt, wo weniger die Schuld bei den Studen ten zu suchen ist. Nach den Erfah rungen, die in den vergangenen Praktika gemacht wurden, ist es an der- Zeit, die bestehenden Ausbil dungspläne zu überarbeiten. In dem fünfmonatigen Vorpraktikum sollen die Studenten u. a. eine Grundausbildung von 4 Wochen in der Lehrwerkstatt erhalten. Dieser Forderung kann kaum ein Betrieb nachkommen, da die meisten Be triebe nicht über eine eigene Lehr werkstatt verfügen oder’ diese voll und ganz mit Lehrlingen ausgelastet ist. Diese Arbeiten können besten falls in der Reparaturschlosserei oder in der Montage ausgeführt werden, allerdings sind diese Arbeiten dann nur Nebenbeschäftigung ohne jeg liche gründliche Anleitung; denn dazu stehen im Betrieb keine Ar beitskräfte zur Verfügung. Noch wesentlich schlechter sieht es in der mechanischen Abteilung aus. Der Ausbildungsplan sieht folgende Ausbildung vor: eine Woche Bohren, eine Woche Hobeln, eine Woche Fräsen, zwei Wochen Drehen, zwei Wochen Arbeiten am Bohr werk, Karusselldrehen, Langhobeln, Schleifmaschinen. In den seltensten Fällen ist eine praktische Mitarbeit an den Maschi nen möglich, da sämtliche Maschinen voll besetzt sind und die betreffen den Arbeiter, die im Leistungslohn stehen, nicht soviel Zeit aufbringen, um sich ausreichend den Praktikan ten widmen zu können. Die Studen ten sind zwangsläufig nur zum Zu sehen verurteilt, und dafür ist die vorgesehene Zeit viel zu lang. Die an sich schon kurz bemessene Zeit der Praktika wird bei weitem nicht voll ausgenutzt. Das führt sehr oft völlig ungewollt zu Unannehmlichkeiten, hervorgerufen durch langes Herum stehen. Ein Einsatz in der Montage ist immer lohnend und betrieblicher seits auch leichter zu ermöglichen. Ähnlich ist es mit dem Ausbildungs programm im 1. Berufspraktikum. Die aufgezeigten Schwächen und Mängel lassen sich von betrieblicher Seite aus nicht grundlegend ändern. Die Kenntnis der Dinge verlangt aber von der Hochschule, andere ent sprechende Formen zu finden. Der größte Mangel besteht meines Erachtens darin, daß die Studenten in der Unterstufe keine konkreten Aufgaben von der Hochschule er halten. Es müßte ihnen ein Leit faden von Fragenkomplexen der ein zelnen Fertigungsgebiete gegeben werden, mit denen sie sich beschäf tigen sollen. Eine andere Möglichkeit sehe ich darin, die Studenten in der Ober stufe möglichst in Gruppen in die Betriebe einzusetzen und mit be stimmten Aufgaben zu betrauen. Daher sollten vorher Absprachen mit den Betrieben geführt werden, um die Aufgaben auch den betrieblichen Verhältnissen entsprechend stellen zu können. Mit diesen wenigen Anregungen erhebe ich nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Eventuell könnten die hier aufgewor fenen Fragen auch Anregungen für die Fakultäten sein. Schmidt Seminargruppenbetreuung In der im September durchgeführten Assistentenversammlung wurde u. a. auch die Frage der Seminargruppen betreuung erörtert. Dabei zeigte sich, daß offenbar einem Teil unserer "“Assistenten, diese Aufgabe weder in ihrer prinzipiellen Bedeutung noch in bezug auf ihre praktische Lösung klar ist. Es erscheint uns deshalb er forderlich, noch einmal an dieser Stelle darzulegen, warum und wie die Assistenten unserer Hochschule als Betreuer der Seminargruppen ar beiten sollen. Zunächst zur Bedeutung dieser Auf gabe. Hier muß man von zwei wich tigen Tatsachen ausgehen. Die erste ist die nach 1945 eingetretene grund sätzliche Veränderung in der sozia len Zusammensetzung der Studen tenschaft. An den Hochschulen und Universitäten der DDR studieren heute in erster Linie die Kinder der Arbeiter, Bauern und Werktätigen, also jene Klassen, denen unter der Herrschaft' des Kapitals die höhere Bildung kaum zugängig war. Jetzt halten sie jedoch bei uns die Macht in ihren Händen und haben nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, im Interesse der Entwicklung des gesellschaftlichen Fortschritts, alle Möglichkeiten zur Entfaltung ihrer schöpferischen Kräfte voll zu nutzen; Dazu gehört auch die Aneignung der Wissenschaften an den Hochschulen und Universitäten. Man muß aber berücksichtigen, daß die Auswirkun gen der früheren geistigen Unterdrük- kung nicht von selbst verschwinden, sondern nur durch gründliche und systematische Erziehung der Werk tätigen überwunden werden können. Wohl hat die Arbeiterklasse ganz be sonders inzwischen bewiesen, zu welch großartigen Leistungen auf allen Gebieten des Lebens sie fähig ist. Das zeigt die ganze bisherige Ent wicklung der DDR, die unter ihrer Herrschaft vor sich ging. Die neue Etappe, die wir begonnen haben und die die Vollendung des sozialistischen Aufbaus zum Ziel hat, erfordert jedoch vor allem von den Werktätigen, ihre Anstrengungen nicht nur in der Produktion, sondern auch auf wissenschaftlichem Gebiet zu erhöhen. Aus diesem Grund hat der V. Parteitag der. SED erklärt, daß eine besondere Förderung des Studiums der Kinder, die aus den Reihen der Arbeiterklasse und der werkätigen Bauern kommen, erfor derlich ist. In dem Komplex aller Maßnahmen unseres Staates zur schnelleren Entwicklung der gei stigen Potenzen der Werktätigen ge hört nun auch die Betreuung der Seminargruppen. Es mag manchem Assistenten als etwas bisher an Hochschulen nicht Übliches erscheinen, daß die Studie renden eine solche Hilfe erhalten. Gewiß, die Formen, die wir dabei anwenden, sind neu und müssen unter unseren Bedingungen wohl auch neuartig sein. Jedoch gab es auch früher Formen einer konkreten Hilfe für Studenten seitens der Lehr kräfte. Allerdings diente diese dann engen Klasseninteressen der Bourgeoi sie und traf vielleicht kaum einen sich mühselig durchs Studium pla genden Werkstudenten. Nun zur zweiten Tatsache, die darin besteht, daß sich mit den sozial ökonomischen Veränderungen in der DDR auch die Stellung der Intelli genz allgemein und damit auch der wissenschaftlichen Lehrkraft ge ändert hat. Im Zusammenhang mit unserer Frage sei hier nur auf eine Seite dieser Veränderung eingegan gen. Das ist die Aufgabe, die allen Lehrkräften an unseren Hochschulen und Universitäten heute unter den Bedingungen des Aufbaues des Sozia lismus konkret gestellt ist. Wenn vom V. Parteitag gesagt wird, daß das Hauptkettenglied des sozialisti schen Aufbaues jetzt die Entwick- lung des sozialistischen Bewußtseins ist, so heißt das, das Bewußtsein auch der Studenten in dieser Rich tung zu verändern. Wem aber- dürfte gerade diese Aufgabe in erster Linie zufallen als jenem Teil der Hochschullehrkräfte, der in der