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Einführung Ludwig van Beethovens Sinfonie in F-dur, die „Pastorale" genannt, weist mit ihrer Überschrift, mit den erläuternden Satzbezeichnungen, die Phantasie des Hörers in ganz bestimmte Bahnen, sie grenzt also an die Programmusik an. Sie sagt außer dem etwas über den Komponisten aus: der sie schrieb, war ein Jünger Jean Rousseaus, jenes französischen Philosophen, dessen Ruf „Zurück zur Natur' sich in Beethovens Ausspruch „Mir geschieht nur dann wohl, wenn ich in der freien Natur bin" wieder holt. ln dieser, seiner sechsten Sinfonie, setzt er seine Naturverbundenheit in Töne um. Im ersten Satz erleben wir das „Erwachen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande". Auf ihn trifft besonders zu, was der Komponist von der ganzen Sinfonie behauptet, sie sei „mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei". Im zweiten Satz aber, der „Szene am Bach", hören wir das Wasser murmeln (in den Begleitstimmen), und am Schluß stimmen gar die Vögel ein lustiges Terzett an, Nachtigall (Flöte), Wachtel (Oboe) und Kuckuck (Klarinette). Der dritte Satz, das Scherzo, schildert das „Lustige Zusammensein der Landleute". Die Mädchen eilen zum Tanz herbei, die Kirmismusikanten spielen auf (und blasen auch einmal einen falschen Ton), nacl^^ einem Trompetensignal beginnt der Tanz, ein kräftiger Walzer mit Stampfen un^^B Jauchzern. Auf dem Höhepunkt wird innegehalten. Ein Uberleitungssatz künde^^ „Gewitter, Sturm". In der Ferne grollt der Donner. Ängstliches Durcheinander. Dann bricht auch schon das Wetter los. Der Donner rollt, die Blitze zucken, der Regen rauscht. Nachdem sich das Unwetter verzogen hat, atmen Mensch und Natur auf, befreit und erquickt zugleich. Ein Dankgebet steigt zum Himmel und ein Flötensolo leitet ohne Pause über zum Schlußsatz: „Hirtengesang. Frohe Gefühle nach dem Sturm". Die Sonne scheint wieder. Dankbar freut sich der Mensch der holden Natur. Diese Gefühle darzustellen, diese Stimmungen widerzuspiegeln, ist die Absicht des Komponisten. Dr. Karl Laux. Heinz Bongartz „Verwandlungen und Fuge über ein Thema aus Mozarts .Don Giovanni“ , op. 32, sind durch ein weltberühmtes Musikstück angeregt, das auch schon den jungen Chopin zu brillanten Variationen für Klavier und Orchester op. 2 inspiriert hatte. (Und der junge Robert Schumann hat darüber seine erste große Kritik geschrieben!) Das Duettino zwischen Don Giovanni und Zerline „La ci darem la mano" (Reich mir die Hand, mein Leben) ist zum Gegenstand einer Variationenreihe gemacht, die —und hierbei ist Max Regers großes Vorbild wohl ebenso unverkennbar wie un- umgehbar! — in sieben Charakterstücken (man könnte auch von sinfonischen Szenen sprechen) die melodischen, harmonischen, rhythmischen Entwicklungsmöglichkeiten des Themas aufgreift und in einer wirbelnden Fuge ausklingen läßt. Das aus dem Duettcharakter des Stückes abgeleitete instrumentale Frage-und Antwortspiel, das schon bei der Aufstellung des Themas betont ist, wird in den sich anschließenden Variationen folgerichtig fortgesetzt und abgewandelt. So geben der Hornklang und die Echo wirkungen der Oboe der ersten Variation die besondere Färbung: so ist die zweite aus motivischen Zerlegungen und Umstellungen der Melodie gewonnen und vor alle^^^ den Holzbläsern anvertraut; so zeigt die dritte Bläser und Streicher in kontrastreiche^^ Klangspiel, wobei chromatisch dahinjagende Triolenfiguren mit Trillerketten ab wechseln und aus dem Seitengedanken des Duetts ein Triosatz entwickelt wird. Die langsam dahinschreitende vierte Variation, in der sich Englischhorn und Klarinette in der thematischen Führung ablösen, versetzt durch die feierliche Grandezza des Ausdrucks und die melodischen Arabesken der Solobläser das Thema aus der heiteren Mozartsphäre in ein spanisch-maurisches Lokalkolorit. „Frisch und lustig" werfen sich in der fünften Variation die Instrumente flüchtige Erinnerungen an die melodische Urgestalt zu; alles ist hier in ruhelos treibende Chromatik aufgelöst, die auch in der folgenden Variation dem luhigfließenden Gesangston den Charakter verleiht. Im von der Haupttonart B-dur am weitesten sich entfernenden Fis-dur der siebenten Veränderung wird der von Trompeten und Posaunen vorgetragene thematische Einfall schwungvoll vom ganzen Orchester umspielt. Dann setzt die Schlußfuge ein, die aber überraschend ihre Triebkraft nicht aus dem Hauptthema gewinnt, sondern aus dem neu auftauchenden Kopfmotiv der berühmten „Champagnerarie des Don Giovanni”. Die moussierende Sektstimmung wird im viel stimmigen Spiel des Orchesters kunstvoll kontrapunktiert, bis dann mit dem Eintritt der schweren Blechbläser das Hauptthema in der Vergrößerung dem Champagner thema „die Hand reicht" zu einer wirkungsvollen Krönung des Ganzen. H. FI. I)r. 34. 600 RI 450 1147